Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Mit dem damaligen Gesetz war bereits der flagrante Versuch unternommen worden, das Trennungsgebot unter der Hand aufzuweichen, es umzuschreiben, indem der Verfassungsschutz als Geheimdienst generell für bestimmte Fragen der Bekämpfung und der Vorbeugung der organisierten Kriminalität – einer klaren Polizeiaufgabe – zuständig gemacht worden war.

Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil unter anderem ausgeführt – nachzulesen auf den Seiten 17 ff. – ich zitiere: „Artikel 83 Abs. 3 Satz 1 der Sächsischen Verfassung untersagt nach seinem Wortlaut, dem Verfassungsschutz polizeiliche Befugnisse zu übertragen. Dem Verfassungsgebot des Artikels 83 Abs. 3 Satz 1 der Sächsischen Verfassung ist jedoch auch zu entnehmen, dass Polizei und Geheimdienste prinzipiell so weit wie möglich voneinander abzugrenzen sind.“ – Das ist der Kernsatz dieses Urteils.

Das Verfassungsgericht führt in seinem Urteil weiter aus: „Die Vorschrift ist Ausdruck der entsprechenden historischen Erfahrungen mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR. Zentrales Regelungsziel der Beratungen im Verfassungs- und Rechtsausschuss war es, die Trennung von Geheimdienst und Polizei auf der Landesverfassungsebene festzuschreiben.“

Auf Seite 18 ist zu lesen: „Mit dieser Trennung hat der Verfassungsgeber des Freistaates Sachsen an eine Diskussion angeknüpft, die bereits im Schreiben der alliierten Militärkommandeure vom 14. Mai 1949, sogenannter Polizeibrief, ihren Ausgangspunkt hatte.“

Der Verfassungsgerichtshof hat aus dem Gebot möglichst weitgehender Trennung von Polizei und Geheimdiensten das Gebot organisatorischer Trennung beider Einrichtungen abgeleitet. Die Integration der Arbeitsabläufe innerhalb einer Organisation hätte die Umgehung des Gebotes

weitgehender Trennung von Polizei und Geheimdienst zur Folge.

An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass Artikel 83 Abs. 3 der Sächsischen Verfassung „aus der Konsequenz der historischen Erfahrungen vermeiden will, einen Geheimdienst zu schaffen“ – so das Verfassungsgericht –, „der mit nachrichtendienstlichen Mitteln in weite Bereiche der Gesellschaft ausgreifen kann“. So heißt es in der weiteren Begründung.

Herr Staatsminister Dr. Buttolo, Sie müssen doch diese Rechtssätze des Verfassungsgerichtshofes schon fast auswendig können. Erst am vergangenen Freitag hat sie Ihnen der Sächsische Datenschutzbeauftragte mit seiner Beanstandung der verfassungswidrigen Weiterführung von Beobachtungskomplexen im Bereich der organisierten Kriminalität ohne erkennbare Relevanz für die Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wiederum auf der Basis des damaligen Urteils des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juli 2005 und in der Reichweite der neuen gesetzlichen Regelungen seit dem 28. Mai 2006 deutlich vorgehalten.

Wir sind gespannt, was Sie heute zu unserem Antrag sagen. Wir sind gespannt, ob dieses erneute Privatissimum, das Ihnen der Datenschutzbeauftragte mit seiner Beanstandung vom 6. Oktober gewährt und auch die Erwägungen für den Landtag deutlich dargelegt hat – Drucksache 4/6639 –, wenigstens zu einem Umdenken bei der Staatsregierung in puncto Antiterrordatei und Verfassungslage in Sachsen geführt hat.

Wir sind tatsächlich erwartungsvoll, was Sie heute dem Landtag in puncto Vereinbarkeit dessen, was Schäuble & Co. mit dem inzwischen in der Welt befindlichen Entwurf des Gemeinsame-Dateien-Gesetzes – so die Kurzfassung – vorhaben, mit Artikel 83 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung eben auch in der Reichweite dieser Normauslegung vermelden können.

Herr Dr. Buttolo, Ihnen war vom Datenschützer und von uns gemeinsam mit anderen Oppositionsfraktionen dieses Hohen Hauses nach Ihrer Rückkehr von der SonderInnenministerkonferenz am 4. September in Berlin ob dieser unbedarften Zusage der Beteiligung des Freistaates Sachsen sowohl an der geplanten sogenannten Antiterrordatei als auch an der Ausweitung der Videoüberwachung oder an der, wie es dort heißt, „Verbesserung des Ausländerrechts zur Gefahrenabwehr“ – schon die Wortwahl ist ein Bonmot – geplanter Verfassungsbruch vorgeworfen worden. Darauf hatten Sie in der Presseerklärung vom 05.09.2006 besänftigend formuliert – ich zitiere –: „Wir sollten jetzt erst einmal alle abwarten, wie der Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums aussieht. Dieser Entwurf wird mit Sicherheit auch mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten abgestimmt, sodass es letztlich ein ordentliches, juristisch einwandfreies Bundesgesetz geben wird, was dann im Übrigen über dem Landesrecht steht.“

Der letzte Halbsatz ist verfassungsrechtlich nicht haltbar. Dazu sage ich später etwas.

Nun haben wir aber, nachdem die Koalitionsmehrheit eine Befassung mit der Materie durch die Ablehnung unseres Dringlichen Antrags im September verhindert hat, mit Ihnen abgewartet. Nun ist der entsprechende Gesetzentwurf, der Entwurf dieses Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer Dateien für Polizeibehörden und Nachrichtendienste des Bundes und der Länder, kurz GemeinsameDateien-Gesetz, da und jetzt fragen wir: Wie sieht es aus? – In diesem Gesetzentwurf ist doch alles drin, was die Sonder-Innenministerkonferenz im Bulletin vom 04.09.2006 angekündigt hatte. Es ist nichts weggelassen worden, im Gegenteil. Ich komme noch darauf zu sprechen.

§ 1 bestimmt die Einrichtung der gemeinsamen standardisierten zentralen Antiterrordatei, an der neben dem BKA und der Bundespolizeidirektion auch die Landeskriminalämter, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst und das Zollkriminalamt zu beteiligen sind. Die IMK-Presseerklärung vom 04.09. sprach damals so wunderschön – und gleich sechsmal auf zwei Seiten – von „Sicherheitsbehörden“, also verbal schon verdammt nahe dran an den „Sicherheitsorganen“ der DDR. Da haben wir schon wieder Sicherheitsbehörden. Wenn wir richtig gezählt haben, sind es insgesamt 38 beteiligte Behörden, die künftig diese Dateien speisen – schön paritätisch, 19 von der Polizei und 19 von Geheimdiensten.

§ 3 bestimmt mit 20 zu speichernden Datenarten sogar noch ein paar mehr, als die Sonder-IMK seinerzeit angekündigt hatte. In der Datenart 1 werden beispielsweise neben den Stammpersonalien, Geburt etc. pp., Wohnort, gegenwärtigen und früheren Anschriften, gleich noch besondere körperliche Merkmale – das kann eine Behinderung sein, was auch immer –, Sprachen, Dialekte – bei mir auffällig –, Lichtbilder usw. aufgeführt.

Bei Datenart 2 geht es um die Datenerhebung zu Kontaktpersonen, um eigene oder von Kontaktpersonen genutzte Telekommunikationsanschlüsse, Telekommunikationssendegeräte, Adressen für elektronische Post, Bankverbindungen, Schließfächer, auf die als Sicherheitsrisiko ausgemachte Person zugelassene oder von ihr genutzte Fahrzeuge, um Familienstand, Volkszugehörigkeit, um Angaben zur Religionszugehörigkeit – wo jeder sagt: Die Verfassungswidrigkeit schaut aus jedem Knopfloch –, zum Schulabschluss, zur berufsqualifizierenden Ausbildung etc. pp.

Besonders schön: Gespeichert werden auch „besuchte Orte oder Gebiete“, an denen sich Personen, die einer terroristischen Vereinigung angehören oder diese unterstützen, treffen. Da nicht ausgeschlossen sein dürfte, dass Mohammed Atta gegebenenfalls auf der Hamburger Reeperbahn gewesen ist und sich mit anderen traf, lässt sich natürlich dieses Speichermerkmal exklusiv extensiv auslegen.

(Zuruf: Das macht er nicht!)

Natürlich macht oder machte er es. – Der Entscheidung der IMK folgend, sieht der Gesetzentwurf auch vor, dass in dieser Datei – ich zitiere –: „nach pflichtgemäßem Ermessen der einstellenden Behörde darüber hinausreichende relevante Daten, wie beispielsweise eigene Einschätzungen und Bewertungen,“ abgelegt werden können. Da darf also noch jeder Mitarbeiter des Verfassungsschutzes oder des Staatsschutzes oder der Kriminalpolizei oder wie auch immer weitere Daten, die er jetzt aus seinem Notizbüchlein heraus für wichtig hält oder aus seinem Zuträger heraus gewissermaßen noch als Kriterium sieht, zusätzlich in diese Datei einspeisen. Alles, was das Schlapphütchen im Notizbuch hat, kommt in die Datei, wenn er es pflichtbewusst als antiterrorgemäß ermisst. Das ist praktisch die Botschaft. Und das bei unserer deutschen Gründlichkeit. Da wissen wir genau, wo wir landen.

Alle beteiligten Behörden dürfen nach § 5 – Zitat – „die in der Antiterrordatei gespeicherten Daten im automatisierten Verfahren nutzen, soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zur Aufklärung oder Bekämpfung des internationalen Terrorismus erforderlich ist.“

Noch ein bisschen mehr und das ist jetzt wirklich der Gipfel: Man darf unter bestimmten Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Daten, auf die abfragende Behörden Zugriff erhalten, sogar noch zu anderen Zwecken als zur Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe zur Aufklärung oder Bekämpfung des internationalen Terrorismus verwenden, nämlich zum Beispiel dann, wenn dies – Zitat – „zur Verfolgung einer besonders schweren Straftat“ – vielleicht noch okay – „oder zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person erforderlich ist und die Behörde, die die Daten eingegeben hat, der Verwendung zustimmt.“

§ 6 Abs. 1 Satz 2. Das ist doch die blanke Öffnungsklausel, Herr Dr. Buttolo. Nun erklären Sie mir doch mal – meinethalben auch Sie, Herr Staatsminister der Justiz –, wo denn dann noch eine Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendienst vorhanden ist, wenn jede Kriminalpolizeiinspektion, wenn sie ein stinknormales Delikt der allgemeinen Kriminalität hat, das meinethalben im Bereich der Kapitalen liegt, zum Beispiel eine Raubstraftat, eine Betäubungsmittelstraftat oder einen geplanten Banküberfall, wenn sie dieses verfolgt, auch auf die vom Verfassungsschutz eingespeicherten Daten zurückgreifen kann,

(Jürgen Gansel, NPD: Dann haben wir ja die Über-DDR!)

wenn das logischerweise das eingebende Verfassungsschutzamt genehmigt. So kooperativ wird das eingebende Amt für Verfassungsschutz von Niedersachsen bestimmt sein – oder die BND-Dienststelle in Pullach oder die Dienststelle des Staatsschutzes sonst wo –, wenn das sächsische LKA höflich anfragt.

Das ist nun aber genau im Kernbereich dessen, was Leipzig entschieden hat, nur noch ein Stück weiter. Jetzt

geht es nicht bloß um OK, jetzt geht es um andere schwere Kriminalität. Ich kann demzufolge nach der Öffnungsklausel Informationen, die der Verfassungsschutz oder wer auch immer in die Datei eingespeichert hat, auch zur allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung abrufen. Das ist doch, ganz klar auf der Hand liegend, nie im Leben mit Artikel 83 Abs. 3 Satz 1 zusammenzukriegen. Da muss man doch in der fünften Potenz ignorant mit dem Urteil vom Juli 2005 umgehen.

(Heiterkeit bei der NPD)

Kommt das in die Welt, bedeutet dies, dass wir in Bund und Ländern eine Datei haben, die von 38 Sicherheitsbehörden gespeist, gepflegt und verwendet wird, Schulter an Schulter, ohne Rücksicht auf Verfassung und Gesetz oder auf die nach Verfassung und Gesetz den einzelnen Behörden ansonsten zugeordneten ganz speziellen Zuständigkeiten. Einfach Schulter an Schulter. Im Antiterrorkampf sind alle gleich, und da sind wir bei den „Sicherheitsorganen“, beim Zusammenwirken à la DDR, und da wächst etwas zusammen, was eben nicht zusammengehört.

Es bleibt dabei: Wenn sich der Freistaat Sachsen widerspruchslos daran beteiligt, geht das nur zum Preis des Bruchs der Sächsischen Verfassung. – Das hat der Sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig am 05.09. anhand der IMK-Verkündungen so bewertet und im Maßstab des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs gilt das umso mehr.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Verfassungswidrig ist das für unsere sächsischen Verhältnisse deshalb, weil erstens Polizei und Geheimdienste prinzipiell so weit wie möglich abzugrenzen sind. Dazu gehört auch die informationelle Trennung beider Institutionen.

Weil zweitens dementgegen diese Antiterrordatei die systematischen Erkenntnisse von Polizei und Nachrichtendienst von Bund und Ländern miteinander verzahnen soll, nachgerade verzahnen soll.

Weil drittens die intern im Aufbau, der Nutzung, Speicherung und Pflege angelegte Integration der Arbeitsabläufe zwangsläufig den Grundsatz der weitgehenden Trennung von Polizei und Geheimdiensten umgeht; genau das, was der Verfassungsgerichtshof Ihnen mit der entsprechenden Nichtigkeitserklärung ins Stammbuch geschrieben hat.

Weil viertens die vom Landesamt für Verfassungsschutz mit seinen speziellen nachrichtendienstlichen Instrumentarien ausgespähten Daten dann zumindest teilweise Behörden zur Verfügung gestellt werden, die von Gesetzes wegen im Interesse der Schonung der Freiheitsrechte der Bürger eben gerade nicht derart weitreichende besondere Mittel der Erkenntnisgewinnung zugeordnet erhalten haben.

Indem praktisch jetzt über diese zentrale Datei das LKA in Sachsen auf Daten zugreifen kann, die der Verfassungsschutz unter dem Einsatz von Mitteln der Erkenntnisgewinnung erzielt hat, die der sächsischen Polizei nicht

zugänglich sind, gehen sie definitiv gewissermaßen über den Schritt hinaus. Sie haben ganz andere Erkenntnisquellen und machen damit alles in einem Topf gleich.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Damit ist auch das Polizeigesetz im Kern verletzt. Dieser Widerspruch zum Sächsischen Polizeigesetz ist doch evident, Herr Staatsminister. Das muss Sie doch umtreiben. Da hilft Ihnen auch Artikel 31 Grundgesetz mitnichten weiter, um auf Ihre Presseerklärung zu kommen. Nein, Bundesrecht bricht Landesrecht nämlich nur dann und so lange, wie der Bundesgesetzgeber auch tatsächlich nicht in Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder eingreift.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Landespolizei ist natürlich Landessache. Da bringe ich Ihnen nachher Beiträge aus Kommentierungen von Maunz/Düring bis von Mangoldt rauf und runter. Da bekommen Sie Schwierigkeiten, das argumentativ zu entlasten. Ich bringe es Ihnen exakt auf den Punkt.

Um für den Bund die Sache so halbwegs in den Griff zu bekommen, bedurfte es im gemeinsamen Dateiengesetz schon dreier Artikelgesetze – Antiterrorismusbekämpfungsgesetz, BND-Gesetz, MAD-Gesetz –, damit BND und BKA überhaupt in zulässiger Weise Daten an die Antiterrordatei übermitteln dürfen. Das heißt aber im Klartext: Damit wir es dürfen, damit die Landespolizei es darf, müssen Sie ins Polizeigesetz und in das Verfassungsschutzgesetz hinein. Wie Sie das nun wieder geändert bekommen in der Reichweite des Leipziger Urteils, da bin ich wirklich gespannt.

Herr Minister, Sie haben ein Problem. Auf diese Gesetzentwürfe darf das Hohe Haus mit großem Interesse warten.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die Fraktion der GRÜNEN. Herr Abg. Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir waren alle schockiert, als wir von den nur zufällig nicht zur Explosion gekommenen Bomben in Regionalzügen gehört haben. Dies hat die Debatte über die Einrichtung einer Antiterrordatei entscheidend befeuert. Niemand möchte in den Verdacht geraten, die Gefahr zu verharmlosen. Da wird schnell ein Gesetz auf den Weg gebracht, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Schnell geraten grundrechtliche Positionen in den Verdacht, die terroristische Gefahr nicht ernst zu nehmen.

Ich möchte daher zuallererst klarstellen, dass auch meine Fraktion, möglicherweise im Gegensatz zur Position der Linksfraktion.PDS, eine erhöhte terroristische Gefährdungslage sieht und die Einrichtung einer Antiterrordatei als Indexdatei befürwortet.

Herausgekommen ist jedoch ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, dem auch der sächsische Innenminister bei einem Treffen seiner Kollegen seine Zustimmung erteilt hat. Nicht beachtet hat er die besondere sächsische Verfassungsrechtslage, die ein eindeutiges und vom Verfassungsgerichtshof operationalisiertes Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst vorsieht.

Wir können nun spekulieren, ob der Innenminister juristisch falsch beraten war oder absichtlich in Kauf genommen hat, dass die Sächsische Verfassung durch das neue Bundesgesetz ausgehebelt werden würde. Jedenfalls hat er keine Unterstützung vom Justizminister bekommen, der es sich offensichtlich zum Ziel gesetzt hat, diesen Fakt zu verschleiern.

Dies alles lässt für uns nur den Schluss zu, dass die Staatsregierung eigentlich ganz froh ist, dass sie die ungeliebte Verfassungsrechtslage so elegant über den Umweg des Bundesrechts los wird, ohne den Verfassungstext ändern zu müssen. Dies befriedigt dann auch den rechtspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Herrn Kollegen Schiemann, der es liebt, mit dem Verfassungstext in der Hand hier an das Rednerpult zu treten und hoch emotional den Verfassungskonsens von 1992 zu beschwören.

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Einen ähnlichen Einsatz für die Geltungskraft des Artikels 83 der Sächsischen Verfassung habe ich bei Ihnen, Herr Schiemann, bisher leider noch nicht bemerken dürfen.