Wir hatten Ende 1997/Anfang 1998 versucht, eine Antwort auf die sich abzeichnende Globalisierung zu finden, die aber damals noch fern am Horizont war. In der Regierung diskutierten wir den Vorschlag einer vertikalen Fusion zwischen Sparkassen und Landesbank. Ich stehe dazu; denn dieses Modell ist das Erfolgsmodell der Baden-Württemberger. Die Baden-Württemberger sind deshalb so stark, weil dort als dem einzigen Standort in Deutschland die vertikale Fusion gelungen ist. Dafür gibt es historische Gründe; denn dort gab es schon seit Langem eine Landes-Girokasse, die die Sparkassenfunktion wahrgenommen hat.
Einen Moment! Die Landesbank Baden-Württemberg – Herr Kollege, Sie reden oft von Dingen, von denen Sie keine Ahnung haben –
(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Dort gab es Vertrauen von Sparkassen und der Bank! Das hat hier gefehlt!)
Noch einmal: Das ist auch der Weg – das wissen Sie, wenn Sie die Zeitungen der letzten Tage gelesen haben –, den die Nordrhein-Westfalen gehen wollen. Die dortige Regierung unter Ministerpräsident Rüttgers will eine vertikale Fusion und Kooperation als Antwort auf die horizontale Kooperation oder Fusion finden. Das war ja die einzige
Chance: entweder vertikal oder horizontal kooperieren. Meine ursprüngliche Lösung war eine vertikale Kooperation. Wir alle wissen, dass das nicht mehr möglich war. Deswegen blieb die horizontale Lösung als einzige Möglichkeit übrig.
Natürlich ist das Schnee von gestern. Aber wenn Sie jetzt über Verantwortlichkeiten in der Vergangenheit, bezogen auf mich, sprechen, Herr Nolle, dann ist dies sehr wohl wichtig.
Im Jahr 2005 ist, wie gesagt, der Weg in Richtung auf eine vertikale Kooperation bzw. Fusion eingeschlagen worden. Im selben Jahr hat es einen Bericht gegeben – daraus ist mehrmals zitiert worden –, der sich kritisch mit dem Risikomanagement in der Bank, insbesondere mit dem Handelsrisiko, beschäftigt hat. Dieser Bericht ist abgearbeitet worden. Im Herbst 2006 ist das BaFin durch die Wirtschaftsprüfer davon informiert worden, dass die Fehler abgestellt worden sind. Also können sie nicht kausal für die Schwierigkeiten des Jahres 2007 gewesen sein.
Doch, es wird doch immer gesagt, ein Bericht sei nicht abgearbeitet worden; da stand schon alles drin.
(Karl Nolle, SPD: Herr Milbradt, das ist schlicht unwahr! – Dr. Jürgen Martens, FDP: Kein Wort wahr!)
Wir haben – auch dies zu der Frage der Verantwortlichkeit von Vorständen – für das Jahr 2005 einen geprüften Jahresabschluss, der zumindest das Jahr, in dem die alten Vorstände abberufen worden sind, bewertet. Von weiteren Risiken oder Fehlverhalten ist dort nicht die Rede.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zu Ihren Bewertungen des Vertrages, weil auch hier meines Erachtens einige Dinge schief interpretiert worden sind.
Nachdem – der Finanzminister hat das dargestellt – die Option Nord/LB nicht möglich war, haben wir uns die Option LBBW angesehen. Das Ergebnis ist – das betone ich ausdrücklich –, dass, wenn der Übergangszeitraum bis zur Integration vorbei ist, die Bank in einem sicheren Hafen ist, der Standort Leipzig gerettet ist und die Risiken und Chancen gerecht verteilt sind. Horst Metz hat über die wichtigsten Punkte des Vertrages unterrichtet. Die LBBW will die Geschäfte hier in Sachsen ausbauen, und die Äußerungen des neuen Chefs, Herrn Jaschinski, sind eindeutig und machen Mut. Dasselbe gilt für den Besuch des Finanzministers Strathaus gestern im Vogtland. Wir haben eine wirklich stabile Lösung gefunden. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Fraktionsvorsitzenden, die diesen Weg mitgegangen sind. Der Weg war schnell und
Nun zu den Risiken. Es gibt zwei unterschiedliche Arten von Risiken in diesem Vertrag, die wir auf die Schnelle nicht übertragen konnten. Das eine ist das Risiko, dass die Bank in den nächsten Wochen nicht die Kennzahlen erwirtschaftet oder zeigt, die wir vereinbart haben. Das ist aber ein außerordentlich unwahrscheinlicher Fall, denn was sollte die Baden-Württemberger veranlassen, 250 Millionen Euro in eine Operation zu stecken und am Ende sich herauszuziehen und die 250 Millionen Euro in den Schornstein zu schreiben? Das macht man doch nur – auch aus baden-württembergischer Sicht –, wenn man den Eindruck hat, dass dieser Worst Case nicht eintreten wird. Insoweit, meine Damen und Herren, ist es auch unredlich, immer damit zu argumentieren, die Vertragsparteien auf beiden Seiten gingen nicht davon aus. Trotzdem kann man es nicht völlig ausschließen. Das wissen wir in den nächsten Wochen, denn spätestens mit der Einbringung am 31.12. ist dieses Kapitel erledigt. Meine Informationen gehen dahin, dass die Baden-Württemberger diesen Prozess schneller durchführen wollen, um das ständige Gerede um die Risiken zu vermeiden.
Der zweite Punkt ist die sogenannte Gewährträgerhaftung. Gewährträgerhaftung heißt, wenn die Bank umfällt, muss der Gewährträger haften. Das heißt, wenn die LBBW umfällt, haben wir zu haften. Ich glaube, dass dieses Risiko im Augenblick überschaubar und auf jeden Fall besser ist als eine Stand-alone-Lösung.
Es gilt die Gewährträgerhaftung. Wir haben nur im Vertrag die Gewährträgerhaftung akzeptiert. Gewährträgerhaftung heißt, wenn die Bank umfällt – nur unter diesen Umständen, denn die Landesbank Sachsen gibt es ja nicht mehr, sie ist mit der LBBW fusioniert –, kommt es zu Leistungen. Ich finde, dass dieses Ergebnis ordentlich ist.
Dann kommen wir zum Kaufpreis: 300 Millionen Euro im Normalfall als Untergrenze plus einer Summe, die man sich vorstellen kann. Um nun die Frage zu beurteilen, was die ganze Sache wert gewesen ist und möglicherweise gekostet hat, muss man den endgültigen Bewertungspreis kennen. Dagegen ist das zu rechnen, was an Steuergeldern in diese Bank hineingegangen ist. Das sind nach meinen Informationen 692 Millionen Euro.
Das Land hat alle Anteile der Landesbank aufgekauft, nur das Land. Das heißt, keine Sparkasse ist mehr an der Landesbank beteiligt. Sehen Sie, Ihre ganzen Befürchtungen, in der Sparkassenszene innerhalb oder außerhalb des Verbandes gäbe es Risiken aus der SLB, sind falsch. Die Sparkassen waren ursprünglich beteiligt. Im Rahmen der Verbundlösung hat der Freistaat zunächst denjenigen, die im Verbund waren, die Landesbankanteile abgekauft – das wurde eingebracht – und später freiwillig auch denjenigen, die außerhalb des Verbundes waren, die Anteile abgekauft, sodass auch für diejenigen, die nicht im Verbund waren, die Beteiligung weggefallen ist. Das ist die Realität. Deswegen bitte ich Sie, dies bei der weiteren Beurteilung auch zur Kenntnis zu nehmen. Die Sparkassen sind nicht beteiligt. Deswegen können sie dadurch auch nicht gefährdet werden.
Meine Damen und Herren! Noch einmal: Es nützt nichts, in dieser Situation aufgeregt über weitere Risiken zu spekulieren, denn es kommt im Augenblick darauf an, die notwendigen Maßnahmen in der Bank weiter fortzusetzen, damit es zu der Fusion kommt.
Das Zweite – ich darf es noch einmal wiederholen: Bevor man Schuldzuweisungen persönlicher Art erhebt, muss man den Ablauf in der Bank und das Geschehen genau analysieren. Dazu sind aber Fachleute notwendig. Deswegen haben wir zusammen mit den anderen Anteilseignern beschlossen, unabhängige Wirtschaftsprüfer, die bisher nicht drin waren, genau mit der Klärung zu beauftragen, nämlich: Was ist geschehen, worauf ist es zurückzuführen und welche Fehlentscheidungen oder Fehlhandlungen gibt es? Dieser Bericht, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird Ihnen früh genug vorliegen. Dann können Sie in aller Ruhe über die Verantwortlichkeiten und die Konsequenzen reden, aber bitte nicht vorher aufgrund von Gerüchten.
Noch einmal – darum bitte ich auch die Oppositionsparteien: Wichtig ist, dass die gefundene Lösung tatsächlich Bestand hat und nicht in den nächsten Wochen und Monaten bis zum 31.12. zerredet wird und die BadenWürttemberger möglicherweise die Lust an der ganzen Sache verlieren. Die Fusion ist das, was wir im Augenblick wollen und was uns auch sichert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung – das sage ich in aller Deutlichkeit – hat einen Kraftakt gestemmt. Wir haben die Verantwortung für diese Lösung übernommen, die hat nicht der Landtag. Wir haben sie übernommen, und wir werden gemeinsam alles tun, um die beste Lösung für Sachsen zu erreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie nur anzuerkennen – unabhängig davon, was Sie von der Vergangenheit halten –, dass diese Lösung unter den gegebenen Umständen im sächsischen Interesse und dass dieser schnelle Weg richtig war und von der Verfassung und vom Gesetz gedeckt und dass die Staatsregierung
deswegen eine richtige Entscheidung getroffen hat, die sie im Übrigen auch einstimmig getroffen hat.
Wir beginnen mit der zweiten Runde. Die Linksfraktion hat wieder das Wort. Frau Mattern, bitte. – Die Redezeiten für die Opposition haben sich um 6 Minuten erhöht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es bleibt für mich nach wie vor ein Rätsel, wie der Ministerpräsident hier von einer besten Lösung, von einer guten Entscheidung sprechen kann. Meine Fraktion bleibt dabei: Wir haben in Form eines Notverkaufes unsere Landesbank verloren, und zwar in einem so zügigen Tempo, dass sämtliche Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, auch alle rechtlichen Erfordernisse nach Sächsischer Haushaltsordnung – nämlich rechtzeitig das Parlament zu informieren und in die Entscheidung einzubeziehen –, verspielt worden sind.
Herr Milbradt, wenn Sie sagen, Sie haben diese Entscheidung lange vorbereitet, dann frage ich mich, warum Sie uns in dieser langen Zeit einfach außen vor gelassen haben.