Die Koalition wird sich dafür einsetzen, dass zusätzliche Stellen für Spezialisten beim Landeskriminalamt geschaffen werden. Es muss uns gelingen, grenzüberschreitende und insbesondere Bandenkriminalität gezielt zu bekämpfen. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, anderen Sicherheitsorganen des Bundes wie dem Zoll, mit anderen Bundesländern, Brandenburg, Thüringen und Bayern, und insbesondere und nicht zuletzt – das ist zu unterstreichen – mit den Sicherheitskräften Polens und Tschechiens. Europäische Sicherheit ist eine internationale Zusammenarbeit und ein Thema, das uns in den nächsten Jahren als Daueraufgabe bleiben wird.
Die Koalition wird die Staatsregierung beim Aufbau einer grenzbezogenen Sicherheitsarchitektur im Freistaat Sachsen unterstützen. Staatsminister Buttolo hat ein 15Punkte-Programm vorgestellt, das mit der Bundespolizei abgestimmt ist. Aus diesem Programm geht eindeutig hervor, dass der Freistaat Sachsen seine Anstrengungen zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit weiter verstärken wird.
Als eine der wesentlichsten Ausgleichsmaßnahmen halte ich die Schleierfahndung im grenznahen Raum für notwendig. Dazu werden gemeinsame Kontrollgruppen der sächsischen Polizei und der Bundespolizei gebildet. Diese deutlich erhöhte Präsenz der Streifen dient zum einen der Prävention und damit vorbeugend vor Straftaten und zum anderen erzeugt sie einen hohen Verfolgungsdruck auf potenzielle Straftäter. Natürlich wird es eine ständige und intensive Überwachung der Verkehrswege im Grenzraum geben.
Dazu brauchen wir neben der Bundespolizei aber auch das Bundesamt für Güterverkehr und den Zoll, denn der technische Zustand der Lkws auf unseren Straßen muss garantiert werden, um sicherzustellen, dass es nicht zu Unfällen kommt, insbesondere wenn es um Gefahrguttransporte geht.
Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble hat Ende des Jahres 2006 erstmals über die Neuorganisation der Bundespolizei informiert und angekündigt, noch diesen Monat dem Freistaat Sachsen einen Besuch abzustatten, um vor Ort selbst die Bevölkerung zu informieren.
Durch eine Vielzahl geänderter Rahmenbedingungen ist dies notwendig geworden. Die Bedrohung durch Terrorismus, die dynamische Entwicklung der Verkehrsströme und die Bekämpfung illegaler Migration im Hinblick auf die Schengen-Erweiterung durch den Beitritt von Polen und der Tschechischen Republik stellen die Bundespolizei vor neue Herausforderungen.
Daher hat das Bundesinnenministerium auf der Grundlage der am 16. November 2006 bekannt gegebenen Eckpunkte auch Veränderungen der Organisationsstruktur vorgestellt. Die CDU-Fraktion hat nach Bekanntwerden der Überlegungen, die in den Medien mit Personalabbau kommuniziert wurden, Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern im Bundesinnenministerium geführt.
Diese Woche haben wir uns erneut vergewissert, wie die Pläne aussehen. Mit Blick auf die besondere Situation im Freistaat mit einer Außengrenze von 566 Kilometern haben wir gefordert, dass es der besonderen Situation im Freistaat Sachsen geschuldet ist, dass es eine personalstarke Bundespolizei geben muss, die über die notwendige Ausstattung verfügt. Landes- und Bundespolizei
Ich gehe davon aus, dass wir in den Gesprächen deutlich machen konnten, wie wichtig die Präsenz des Bundes nach dem Wegfall der unmittelbaren Personenkontrollen sein wird. Ich bin zuversichtlich, dass diese Bemühungen auch Früchte tragen werden. Es ist zu erwarten, dass bislang an den stationären Grenzkontrollen tätiges Personal, dessen Aufgaben mit der Schengen-Erweiterung wegfallen, weil es keine Pass- und Ausweiskontrollen mehr gibt, in die Ausgleichsmaßnahmen einbezogen wird.
Wir fordern die Einbeziehung dieses Personals aufgrund seiner fachlichen Kompetenz beim Einsatz der Mobilen Kontrollgruppen. Diese Leute kennen sich mit der Passtechnik aus, sie sind sprachkundig und ich denke, dass uns das erhalten bleibt.
Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages will eine verstärkte Schleierfahndung durch die Einrichtung von Kontrollgruppen der Bundespolizei unter Beteiligung der sächsischen Polizei im grenznahen Raum etablieren und damit den Aufbau eines ständigen Verfolgungsdrucks auf potenzielle Täter. Wir wollen den Ausbau der verdachtsunabhängigen Kontrollen. Wir halten länderübergreifende Aktionen von Kontrollgruppen auf Autobahnen und Fernstraßen für unabdingbar. Gleichzeitig ist der Ausbau des Fahndungspotenzials der Polizei im Internet notwendig und sinnvoll.
Ich bin zuversichtlich, dass es uns mit unserem Koalitionspartner gelingt, die rechtlichen Grundlagen im Polizeigesetz für den zukünftigen Einsatz vollautomatisierter Fahndungssysteme über die Kennzeichenerkennung zu schaffen. Wir wissen, dass es gerade bei schwersten Straftaten, wie bei Banküberfällen mit Waffengewalt oder bei Kindesentführung und Ähnlichem, wichtig ist, den Täter zeitnah zu lokalisieren.
Genauso wichtig ist ein verstärkter Informationsaustausch zwischen den mit der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität befassten Sicherheitskräften. Eine Abstimmung der Einsatzplanung zwischen sächsischer Polizei, Bundespolizei und Zoll auf der Ebene der Polizeidirektionen zum optimalen Polizeieinsatz der Kontrollen ist der richtige Weg. Wichtig ist die Förderung zur Erlernung der polnischen oder der tschechischen Sprache der beteiligten Beamten. Es gilt, die bestehenden Sprachbarrieren zu überwinden.
Es sind ein ständiger Informationsaustausch und damit abgestimmte Maßnahmen unter Einbeziehung der Bundespolizei in eine Kooperation mit den Nachbarländern notwendig. Es darf keine Sicherheitslücken nach dem Wegfall der Grenzkontrollen geben. Die Bevölkerung darf nicht mit höherer Kriminalität konfrontiert werden.
Daher fordern wir die Intensivierung der polizeilichen Zusammenarbeit mit der Republik Polen und der Tsche
chischen Republik; insbesondere den unmittelbaren und aktuellen Austausch von Fahndungsdaten. Die Durchführung gemeinsamer Streifen beiderseits der Grenze mit den Nachbarpolizeien und der weitere Ausbau der Kontakte von Polizei und Justiz sind eine entscheidende Voraussetzung dafür.
Die Sächsische Sicherheitswacht soll in den Grenzgemeinden verstärkt einbezogen werden; Bürgerpolizisten in den grenznahen Dienststellen werden in Schulungen auf die neue Situation vorbereitet. Der Meldeaustausch über die Grenze hinweg muss zeitnah sichergestellt werden.
Ich bin überzeugt, dass es gelingen wird, mit den vorgesehenen Maßnahmen nicht nur dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in den Grenzregionen Rechnung zu tragen, sondern tatsächlich auch Sicherheit zu garantieren.
Die Reform der Bundespolizei soll dazu führen, die sichtbare Präsenz der Polizei im grenznahen Raum zu erhöhen. Genau das ist es, was den Bürgern in den Grenzregionen wichtig ist. Sie sehen sächsische Polizisten und die Bundespolizei bei ihren Streifengängen und haben einen Ansprechpartner. Man darf nicht außer Acht lassen, dass mit der Ansiedlung einer neuen Bundespolizeidirektion in Sachsen am Standort Pirna und dem Erhalt der Standorte der Bundespolizei entlang der sächsischen Grenze dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis Rechnung getragen wird.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die personelle Untersetzung des Konzepts zur Neuorganisation der Polizei noch nicht abgeschlossen. Sowohl unser Ministerpräsident Georg Milbradt als auch unser Fraktionsvorsitzender Dr. Fritz Hähle haben sich eindringlich an den Bundesinnenminister gewandt und gefordert, keinen Personalabbau bei der Bundespolizei im Freistaat zuzulassen. Diese Forderung unterstützen wir.
(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und der Staatsminister Dr. Albrecht Buttolo und Thomas Jurk)
Der Beifall zeigt, wer politisch im Landtag letztlich dahintersteht und wer nicht. Die CDU-Fraktion begrüßt auch die bereits vom Sächsischen Staatsministerium des Innern ergriffenen Maßnahmen. Dr. Buttolo ist auf InfoTour in den Grenzregionen, um mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Sorgen und Ängste im grenznahen Raum zu sprechen.
Der Innenminister wird mit Landräten, mit Bürgermeistern und mit Journalisten entlang der Grenze zu Tschechien und Polen sein Sicherheitspaket vorstellen – bzw. er hat es zum Teil schon getan – und erklären, wie auf den Wegfall der Binnengrenzkontrollen und die Befürchtun
gen der Bevölkerung reagiert werden soll. Das ist der richtige Weg: Information und aktives Handeln.
Die CDU-Fraktion hat immer gefordert, dass die Aufhebung der Grenzkontrollen erst dann erfolgen kann, wenn ein funktionierendes Informationssystem im gesamten Schengen-Raum eingeführt ist.
Wir machen uns stark für das Schengen-Informationssystem SIS II. An unserer Forderung, dass dem Wegfall der Grenzkontrollen ein funktionierendes Info-System folgen muss, und zwar zeitgleich, halten wir fest. Nach uns vorliegenden Informationen besagt dies, dass die Übergangslösung des SIS I – one for all – nach vielen Probeläufen ein zunächst geeignetes Computernetzwerk darstellt.
SIS II dürfte allerdings frühestens 2009 einheitlich eingeführt werden. Die CDU-Fraktion wird die Entwicklung nach dem Wegfall der Binnengrenzkontrollen im Freistaat sehr kritisch und aufmerksam beobachten und unverzüglich weitere Ausgleichsmaßnahmen beim Bund einfordern, wenn die geplanten Ausgleichsmaßnahmen nach Wegfall der Grenzkontrollen nicht ausreichend sind, um die innere Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat zu gewährleisten.
Es ist richtig, wenn ein gemeinsames Zentrum deutscher und tschechischer Sicherheitsbehörden im Freistaat Sachsen angesprochen wird. Es war die ureigenste Forderung der Union, dies hier im Grenzraum Sachsen oder Tschechien anzusiedeln. Ich sage ganz deutlich: Es ist aus meiner Sicht sogar besser, wenn es als Außenstelle von Schwandorf in Tschechien angesiedelt wird.
Wir sind der Ansicht, dass ein solcher Antrag, wie ihn heute die FDP vorlegt und noch versucht, durch eine Reklame in der Zeitung den Eindruck zu vermitteln, als ob es ihre Idee wäre, das zu popularisieren, zu spät kommt. Die Entscheidung für ein gemeinsames deutschtschechisches Zentrum, für grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist längst gefallen, meine Damen und Herren. Es wird ein solches Zentrum mit einer Arbeitsstelle im Raum Breitenau, möglicherweise sogar auf tschechischer Seite, geben, und die Hauptstelle bleibt in Bayern. Das heißt, dies ist die Informationsstelle für die tschechische Grenze. Für die polnische Grenze befindet sich dieses Informationszentrum in Frankfurt an der Oder. Dies bedeutet, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, der Austausch zwischen polnischen und deutschen sowie zwischen deutschen und tschechischen Beamten ist damit garantiert. Der Arbeitsbeginn dieses Zentrums mit seinen Arbeitsstellen ist vor der Schengen-Erweiterung, also vor dem Wegfall der Binnengrenzkontrollen, für den 17. Dezember 2007 vorgesehen.
Der Bund sowie die betroffenen Länder Bayern und Sachsen sowie die Tschechische Republik stehen in engem Kontakt und haben bereits entsprechende Vereinbarungen erarbeitet, die noch zu Ende verhandelt und unterzeichnet werden müssen. Dies wurde uns in einem
Gespräch am Montag im Bundesinnenministerium bestätigt. Die CDU-Fraktion begrüßt diese Entwicklung, zumal das gemeinsame Zentrum in seinen Arbeitsstellen mit einer rund um die Uhr besetzen Mannschaft arbeiten soll. Das Zentrum bietet die Möglichkeit, Informationen zu Angelegenheiten, die die Grenzgebiete beiderseits betreffen, auszutauschen, zu analysieren und weiterzuleiten sowie die Zusammenarbeit zwischen den Partnern zu intensivieren. Das ist das neue Europa, das unsere Zukunft ist, und wir lassen uns diese Zukunft von Kriminellen nicht verbauen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt der heutigen Debatte sind die Planungen des Bundesinnenministers, die Bundespolizei neu zu strukturieren. Anknüpfungspunkt meiner Fraktion in dieser Frage ist nicht primär, mit welchen Maßnahmen man nun versuchen soll, die Sicherheitsdefizite, die Dr. Schäuble schaffen will, zu kompensieren; denn vieles, was an Maßnahmen aktuell in die Debatte gestreut wird, ist für meine Begriffe schon zu 95 % geübte Praxis und nicht unbedingt tauglich, die von Herrn Dr. Schäuble geplanten Einschnitte aufzufangen.
Deshalb müssen wir in der augenblicklichen Lage darüber sprechen, wie wir den Bundesinnenminister davon überzeugen können, seine Planungen noch einmal zu überdenken. Es gibt nämlich noch keine gesetzliche Grundlage für diese Bundespolizeireform; soll heißen: Der Deutsche Bundestag hat der Änderung des Bundespolizeigesetzes noch nicht zugestimmt. Ich habe die Hoffnung, dass unser Koalitionspartner sowie Herr Staatsminister Dr. Buttolo hierbei auf ihren Parteifreund einwirken können und zu dem Versprechen stehen, Eingriffe in die gemeinsame Sicherheitsarchitektur von Bund und Freistaat zum Nachteil Sachsens nicht zuzulassen.
Meine Damen und Herren! Die Reform der Bundespolizei wird zum einen – Kollege Bandmann hat bereits darauf hingewiesen – mit der veränderten Sicherheitslage im Zuge des weltweiten Terrorismus und zum anderen mit dem fortschreitenden europäischen Integrationsprozess begründet. Insbesondere die Tatsache, dass Deutschland ab dem nächsten Jahr nur noch von Staaten umgeben ist, die den vollen Schengener Besitzstand anwenden, und somit an den Landgrenzen die letzten unmittelbaren Grenzkontrollen wegfallen, ist für den Bundesinnenminister Anlass, die bisherigen Strukturen der Bundespolizei umzubauen. Der Vollständigkeit halber und auch, um dies
richtigzustellen, sei gesagt: Die Schweiz bildet im Moment noch eine Ausnahme, aber auch dort werden alsbald die Personenkontrollen wegfallen.
Wenn jedoch die vom Bundesinnenminister immer wieder behauptete Gefährdungslage tatsächlich stimmt, dann ist es doch geradezu paradox, einen funktionierenden Sicherheitsapparat in eine gefährliche Umbruchsituation zu führen. Ich habe heute in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ eine interessante Meinungsäußerung des Verfassungsrichters Udo di Fabio gefunden, dem man nicht unbedingt eine besondere Nähe zur SPD unterstellen kann. Richter di Fabio äußert sich zur aktuellen Politikstrategie von Dr. Schäuble und wird dabei unter anderem mit folgenden Aussagen zitiert, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: „Die Bürger wollen nicht den totalen Überwachungsstaat, sie wollen eine effektive Polizei.“