Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

erwarteten 100 Asylbewerberunterkünfte, die in Sachsen bis Jahresende errichtet sein sollen, ist das ein nicht zu verantwortender Skandal. Im Landkreis Görlitz kam es bereits im letzten Jahr zu einer Haushaltssperre, nur um die ausufernden Asylkosten tragen zu können – wohlgemerkt: durch einen CDU-Landrat.

Sachsen benötigt anstelle einer Eurorettungspolitik einen Antizuwanderungsschutzschirm und endlich demokratische Bürgerentscheide, die über die Errichtung von Asylbewerberheimen befinden.

(Beifall bei der NPD)

Sachsen benötigt vor allem eine Regierung, die sich weniger um die Unterbringung von Scheinasylanten als vielmehr um den Standort Sachsen und die Kultur des Landes kümmert.

Bei ausreichender Redezeit wäre es ein Leichtes, noch Ausführungen zur explodierenden Grenzkriminalität, einer verfehlten Polizeireform, gravierendem Verfassungsschutzversagen im NATO-Drehkreuz Leipzig und vielen anderen Dingen auszuführen.

(Zuruf des Abg. Peter Schowtka, CDU)

Es stellt sich die berechtigte Frage, was denn überhaupt Ihre Errungenschaften waren: im Koalitionsvertrag angekündigte Regionalbudgets, die, ähnlich der Feuerwehrrente, niemals Wirklichkeit wurden, oder Kürzungen des Erziehungsgeldes in mehrfacher Millionenhöhe, die leider sehr wohl Wirklichkeit geworden sind, sowie die Privatisierung der Landesbühnen und des Staatsbetriebes Schlösser, Burgen und Gärten.

Weiter wäre das Versickern der Regionalisierungsmittel im Prestigeprojekt „City-Tunnel Leipzig“ zulasten eines Ausbaus des ÖPNV in der Fläche zu nennen, eine an Stuttgart 21 erinnernde infrastrukturelle Fehlplanung, unter der die Regionalverkehrszweckverbände litten und nach wie vor leiden.

Dafür können Sie sich die Sonntagsöffnung von Autowaschanlagen und Videotheken ans Revers heften – immerhin eine tolle Politik, Herr Tillich und Herr Morlok.

(Beifall bei der NPD)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie glaubwürdig ein solides Fundament für eine erfolgreiche Zukunft anstreben, dann erkennen Sie endlich, dass Sachsen nicht zur regionalen Fremdverwaltungseinheit, nicht zur bloßen Umsetzungsinstanz von Direktiven der Brüsseler EU-Administration herabgewürdigt werden darf, sondern die souveräne, die selbstbestimmte Heimat seiner angestammten Bürger bleiben muss.

(Beifall bei der NPD)

Wessen politisches Alphabet allerdings nur aus den zwei Buchstaben A wie Asyl und B wie Brüssel besteht, ist ein funktionaler politischer Analphabet, Herr Tillich. Wer nur Brüssel im Kopf hat, der kann die Heimat nicht im Herzen haben.

(Peter Schowtka, CDU: So ein Unsinn!)

Herr Ministerpräsident, das Fundament Sachsens erodiert. Die Zukunft ist kein Glücksspiel. Europa, Deutschland und nicht zuletzt Sachsen benötigen eine politische Wende, und zwar so schnell wie möglich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD – Peter Schowtka: Aber ohne euch!)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Wir treten in eine zweite Runde ein. Ich frage die Fraktion DIE LINKE: Besteht Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Für die CDUFraktion wurde vorhin schon Herr Abg. Michel angekündigt. Herr Michel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Ihnen aufgefallen ist, dass es während der Rede des Ministerpräsidenten aus den Reihen der Opposition außer bei der Passage zur NPD keinen Beifall gegeben hat. Das hat mich etwas gewundert. Denn selbst bei der Darstellung der reinen Fakten, der sicherlich positiven Entwicklung, sogar bei der Nennung des Wachstums des Bruttoinlandsproduktes konnten Sie sich nie dazu durchringen, Beifall zu zollen. Als dann Kollege Gebhardt in den Raum schmetterte, das Zukunftsmodell für Sachsen sei Rot-Rot-Grün, gab es allerdings auch keinen Beifall.

(Lachen und Beifall bei der CDU und der FDP)

Da war ich wieder beruhigt: Wahrscheinlich fällt es Ihnen grundsätzlich schwer, Beifall zu zollen, und sie halten es mit Fred Ammon, der sagte: Opposition findet aus Prinzip Gutes schlecht.

So viel zu meinen Eindruck. Ansonsten habe ich hier die Aufgabe, einiges klarzustellen. Wir hatten uns schon gedacht, dass hier ein paar Missverständnisse und gegebenenfalls andere Interpretationen der Faktenlage vorgebracht werden.

Ich möchte damit beginnen, dass Sie uns immer wieder unsere vermeintliche Lust am Kürzen und Sparen vorwerfen. Dann haben Sie uns vorgeworfen, wie schlecht wir in den Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2009 alles gemacht haben.

Ich möchte an dieser Stelle einfach nur in Erinnerung rufen, wie sich die reinen Einnahmen entwickelt haben. 2008 hatten wir noch Einnahmen in Höhe von 10,86 Milliarden Euro. 2009 waren es 10,2 Milliarden Euro. 2010 betrugen die Einnahmen bereits nur noch 9,975 Milliarden Euro. Das sind die reinen Ist-Zahlen. Das bezieht sich nicht auf Steuerschätzungen oder Ähnliches. Das bedeutet, die jährlichen Einnahmen sind innerhalb von zwei Jahren um rund eine Milliarde Euro zurückgegangen. Das haben diese Koalition und diese Regierung gestemmt.

Ich muss Ihnen sagen: Wir würden auch gern als Weihnachtsmann durch das Land ziehen. Aber für uns ist

Verantwortung wichtig. Für uns ist es wichtig, dass sich die Menschen im Land auf uns verlassen können und dass wir letztendlich keine Bewirtschaftungsmaßnahmen

ergreifen müssen, sondern eine Entscheidung des Parlaments fällen können. Mir ist es lieber, dass der Landtag mit einem Haushaltsplan eine demokratisch legitimierte Entscheidung trifft.

Ich möchte mich als Finanzer bei den Kollegen bedanken, die die Verantwortung getragen haben. Sie haben politische Verantwortung übernommen. Sie haben es nicht der Regierung mit Bewirtschaftungsmaßnahmen überlassen, sondern wir haben klar Prioritäten gesetzt. Deshalb nenne ich das verantwortungsvolles Regieren und verantwortungsvolles Handeln.

(Beifall bei der CDU)

Auch unser Umgang mit den Staatsbediensteten und Kronzeugen wurde hier angesprochen. Das sind die 5 000 Beamten, die eine Klage gegen den Freistaat eingereicht haben. Wofür ist das Beleg?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dass sie unzufrieden sind mit ihrem Arbeitgeber!)

Vielleicht ist es auch ein Beleg dafür, dass sie einen hohen Organisationsgrad in ihrer Standesorganisation haben. Wäre es wirklich so, dass der Freistaat ein so verheerend schlechter Arbeitgeber ist, dann wäre, glaube ich, die Anzahl der Urteile gegen den Freistaat schon viel höher. Alle haben auf das EuGH-Urteil geschielt. All die Befürchtungen haben sich in Luft aufgelöst. Im Gegenteil, der Freistaat Sachsen ist das einzige Bundesland, das überhaupt eine Rückwirkung eingebaut hatte. Wir sind letztendlich sogar noch besser. Das ist es! Der Freistaat Sachsen ist eines der vier Länder, die das Tarifergebnis umgesetzt haben. Das haben Sie vergessen zu erwähnen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ein Hinweis sei mir noch gestattet: Laut DGB-Besoldungsreport 2014 ist der Freistaat Sachsen mit Blick auf die Besoldung nach Bundesländern nach Bayern das Land mit der besten Besoldung, real betrachtet abgestellt auf A 9-Jahresbruttobesoldung bei einer Annahme von 40 Stunden pro Woche.

Meine Damen und Herren! All das haben Sie vergessen zu erwähnen. Aus dem Grund war es schon richtig, dass wir uns aufgeteilt haben, um noch einmal einige Dinge klarzustellen, die so nicht im Raum stehenbleiben dürfen.

Ich möchte weiter fortfahren: Kollege Dulig ist nicht im Raum, aber die 2,75 Milliarden Euro, die wir bedauerlicherweise für die Landesbank bezahlen müssen, haben Sie jetzt schon fünf- oder sechsmal ausgegeben.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wenn Sie immer wieder sagen, wir geben es für die Bildung aus, dann möchte ich noch einmal daran erinnern: Sachsen hat schon die dritthöchsten Bildungsausga

ben überhaupt. Das können Sie im Bildungsfinanzbericht 2013 nachlesen. Das ist erst einmal gar nicht so schlecht. Wenn Sie aber dann darauf abstellen, wie wir das Land weiterentwickeln müssen, möchte Martin Dulig die Löhne erhöhen. Das wollen wir auch. Das ist ein großes Ziel. Aber wir unterscheiden uns diametral vom ideologischen Ansatz.

Während hier gesagt wird, Sie wollen Tariflöhne, Sie wollen das Tarifsystem weiter erhöhen, dann, glaube ich, haben wir wirklich völlig unterschiedliche Ansätze. Wir stimmen überein, dass das verfügbare Einkommen in Sachsen mit 15 800 Euro noch ausbaufähig ist. Wir sind zwar im Osten schon ganz gut aufgestellt, aber zu 18 700 Euro pro Einwohner in Rheinland-Pfalz ist das noch ein Unterschied. Wie kommen wir dahin? – Kommen wir dadurch dahin, dass sich das Land für Tarifsysteme einsetzt? Oder kommen wir dahin, indem wir etwas tun, um die wirtschaftlichen Bedingungen auszubauen? Kommen wir dorthin, indem wir als Freistaat zum Beispiel in Forschung und Entwicklung investieren?

Sachsen hat im Anteil am Bruttoinlandsprodukt und den staatlichen Ausgaben die dritte Stelle. Ich glaube, das ist eher der Weg. Wir entwickeln Forschung und Entwicklung. Wir haben sehr viel Geld ausgegeben, um Forschungszentren – Fraunhofer, Helmholtz, Max-Planck – in Sachsen zu installieren. Wir möchten, dass sich das wieder in die Wirtschaft transferiert. So werden wir auch das Einkommen erhöhen. Ich glaube, das ist zukunftsfähiger.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ganz toll fand ich auch in der Rede der SPD die Formulierung: „Wir wollen den ländlichen Raum weiter stärken.“ Das können wir alles unterschreiben. Wir wollen die Infrastruktur weiter ausbauen. Das ist alles richtig. Ich frage mich nur, wie Sie das mit Rot-Rot-Grün machen wollen. Ich möchte an die Haushaltsberatungen erinnern, die wir beim letzten Doppelhausalt hatten. Da gab es – Kollege Heidan hat es schon gesagt – Anträge auf Kürzungen beim Straßenbau –

(Frank Heidan, CDU: Massive Kürzungen!)

ja, massiv –, 150 Millionen Euro wollten die GRÜNEN dort decken. Wie passt das zusammen? – Diese Aussage ist Rot-Rot-Grün hier schuldig geblieben.

Es sei mir noch ein kurzes Eingehen auf die NPD gestattet. Was Sie zu den FAG-Gesprächen gesagt haben, dass man die Kommunalfinanzen letztendlich noch um die Asylbewerbergelder kürzt – dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das ist falsch. Der Asylanteil läuft außerhalb des FAG. Das ist ein ad on, ein Obendrauf.

(Jürgen Gansel, NPD: Das ist für den Steuerzahler auch nicht besser!)

Sie sind noch nicht so lange im Landtag, aber das ist kein Bestandteil. Das FAG und der Aufwuchs im FAG sind ohne diese Asylaufstockung.

(Holger Szymanski, NPD: Aber Sie geben das Geld aus!)

Leider hat mir Kollege Zastrow etwas vorweggenommen, das mir auch aufgefallen war. Martin Dulig hat das schon sehr einprägsam gemacht. Ich habe bei zwölfmal „Ich“ aufgehört zu zählen. „Mein Sachsen“ – das war auch ganz toll. Jetzt hoffe ich nicht, dass „mein Sachsen“ dann unter Bundesverwaltung steht, weil der Zoll eine Bundesaufgabe ist und bleibt – aber davon einmal abgesehen.

(Beifall bei der CDU)