Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

Es wurde noch einmal ausdrücklich festgestellt, dass die Behandlung der Einwilligung des Patienten bedarf. Dies gilt selbst, wenn der Patient geschäftsunfähig ist; denn er kann trotzdem einwilligungsfähig sein. In der Anhörung

des Landtages wurde betont, dass ein Großteil der Patienten auch aktiv an seiner Behandlung mitwirkte.

Wir sind uns bewusst, dass damit die Rechtsgrundlage für empfindliche Eingriffe gelegt wird. Diese Regelung erfordert Weitsicht und eine entsprechende Kompetenz der Ärzte. Aber wir müssen die Möglichkeit eröffnen. Wir setzen auf diese Kompetenz und die ethische Verantwortung der Ärzte. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Patienten therapie- und perspektivlos in den Krankenhäusern verweilen. Es ist aus psychiatrischer Sicht in der Anhörung ausdrücklich betont worden, dass diese Regelung Rechtssicherheit schafft – für die Betroffenen, für die Ärzte und für die Richter.

Vor dem Hintergrund der Schwere möglicher Eingriffe sind die erweiterten Kompetenzen der Besuchskommission sehr zu begrüßen. Das gesetzlich normierte Zutrittsrecht – auch gegen den Willen des Hausrechtsinhabers – ist zu Recht verankert worden. Es bietet die Transparenz, die man hier erwarten kann. Jeder Zweifel an den Maßnahmen, jeder noch so kleine Verdacht muss ausgeräumt werden. Dafür ist ein uneingeschränktes Zutrittsrecht die Voraussetzung.

Ein wesentlicher Punkt des Gesetzes ist die Psychiatrieberichterstattung. Der größte Aufwand steckt hierbei in der Erhebung der Daten. Mit dem neu eingeführten § 8 a bis h wird die Basis für die Datenerhebung geschaffen. Er dient als Grundlage, um in einem fragmentierten und feingliedrigen System der Versorgung von psychisch Kranken eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen.

Wesentliche Änderungen ergeben sich nun im Maßregelvollzug. Aus den Vorgaben des Verfassungsgerichts an ärztliche Zwangsmaßnahmen resultiert die Anforderung einer unabhängigen Prüfung, die die Genehmigung des Amtsgerichts notwendig macht. Die Fachaufsicht des Maßregelvollzugs obliegt – wie bereits bei der Bestellung ausgeführt – dem Ministerium. Die Kontrolle, vor allem die politische Kontrolle durch das Ministerium, ist in der Anhörung begrüßt worden.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Änderungsantrag eingehen. Wie bereits erwähnt, sind hier die Anregungen und Vorgaben des Datenschutzbeauftragten umgesetzt worden. Sie beziehen sich auf den Datenschutz im Maßregelvollzug. Mit dem Änderungsantrag erfolgt nun noch mal eine Anpassung der Anonymisierung. Ich danke den Ärzten, dem medizinischen Personal, den Einrichtungen und den Selbsthilfegruppen für die aktive Beteiligung im Entscheidungsprozess.

Dies ist das wichtigste Gesetz, das wir heute beschließen werden. Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 4

Abschlussbericht sowie abweichende Berichte (Band I bis IV) zu

Drucksache 5/2482, Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß

Artikel 54 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen zum Thema:

„Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung und von ihnen

beauftragter leitender Behördenvertreter für etwaige schwerwiegende

Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver

Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz,

Polizei und sonstigen Landes- und kommunalen Behörden in Sachsen,

für das Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und

Vorbeugungsmechanismen und für die unzureichende Aufklärung sowie

gezielte Desinformation gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit im

Umfeld der Debatten um den sogenannten Sachsen-Sumpf

(Kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen) “

Drucksache 5/14700, Unterrichtung durch den

2. Untersuchungsausschuss der 5. Wahlperiode

Ich darf darauf hinweisen, dass der Abschlussbericht aus vier Bänden besteht. Die Bände I und II enthalten den Verfahrensteil, den Sachbericht und den Bericht der Koalitionsfraktionen, die vom Ausschuss mehrheitlich beschlossen worden sind.

Der abweichende Bericht der Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE, SPD und GRÜNE ist in dem Ihnen vorliegenden Band III enthalten. Die Aussagen dieser Unterlagen können auch Gegenstand der öffentlichen Aussprache sein. Die Fraktion GRÜNE hat zusätzlich einen abweichenden Berichtsteil erstellt, der als geheim eingestuft ist. Dieser Band IV der Drucksache konnte von den Mitgliedern des Landtages unter den bekannten Bedingungen eingesehen werden. Für die Aussprache gilt das gestern erläuterte Prozedere.

Es ist eine Aussprache vorgesehen: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Es ist vorgesehen, dass der Berichterstatter in die erste Runde geht. Herr Abg. Bartl, bitte, als Berichterstatter.

Der Untersuchungsausschuss hat seither im Auftrag und stellvertretend für den Landtag, für das Plenum als Träger des Untersuchungsausschussrechts, alle ihm möglichen Anstrengungen unternommen, die ihm im Einsetzungsbeschluss bestimmten Gegenstände zu untersuchen.

Mit der Vorlage des heute zur Debatte gegenständlichen Abschlussberichtes des Ausschusses sowie dem hierzu

unterbreiteten abweichenden Bericht der drei ursprünglich die Einsetzung des Untersuchungsausschusses begehrenden Oppositionsfraktionen kommt der Ausschuss der ihm durch § 23 des Sächsischen Untersuchungsausschussgesetzes auferlegten Verpflichtung nach, dem Landtag nach Abschluss seiner Untersuchungen Bericht zu erstatten. Die insgesamt in vier Bände gegliederte Berichtsdokumentation umfasst 994 Seiten. Zu deren Entstehen werde ich noch etwas sagen.

Um seiner Rechenschaftspflicht gegenüber dem Plenum genügen zu können, hat der Untersuchungsausschuss am 27. Mai 2014 beschlossen, seine Beweisaufnahme zu beenden, obgleich noch Beweisanträge in erheblicher Zahl – darunter die von bereits beschlossenen Vernehmungen weiterer 18 Zeugen – nicht abgearbeitet waren.

Der Ausschuss hat bereits in seiner konstituierenden Sitzung, die am 25. Juni 2010 stattfand, erste Beweisbeschlüsse gefasst, darunter den, sämtliche Unterlagen des 2. Untersuchungsausschusses der 4. Wahlperiode des Sächsischen Landtages über den Präsidenten des Landtages beizuziehen, um so auf die Erkenntnisgewinnung und Beweissicherungen des vorherigen mit zu Teilen gleichem Beweisgegenstand befassten Untersuchungsausschusses „Kriminelle und korruptive Netzwerke“ des letzten Landtages zurückgreifen zu können.

Mit dem gleichen Anliegen wurden mit diesem Beweisbeschluss alle im Bestand der Verwaltung des Sächsischen Landtages einschließlich der Geheimschutzstelle vorhandenen Unterlagen abgefordert. Nach einem weiteren in der konstituierenden Sitzung beschlossenen Beweisantrag erfolgte unverzüglich, noch vor Eintritt in die Sommerpause des ersten Parlamentsjahres dieser Legislaturperiode, die Anforderung von Unterlagen des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie sämtlicher Unterlagen, die nach Maßgabe des Beschlusses der Parlamentarischen Kontrollkommission des Sächsischen Landtages der

4. Wahlperiode vom 15. Mai 2007 an die zuständige

Staatsanwaltschaft durch eben das Landesamt für Verfassungsschutz herauszugeben waren bzw. herausgegeben worden sind.

Bei diesem und dem weiteren Herangehen an seine Untersuchungen hatte der Untersuchungsausschuss im Grundsätzlichen von Beginn an zu beachten, dass sich schon aus dem Thema des Einsetzungsauftrages als grundlegender Untersuchungsauftrag ergab, die Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung und von ihnen beauftragter leitender Behördenvertreter in Bezug auf vor allem drei Schwerpunkte zu untersuchen:

Erstens, auf etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Polizei und sonstigen Landes- und Kommunalbehörden in Sachsen;

zweitens, auf etwaiges Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen sowie

drittens, auf die unzureichende Aufklärung sowie etwaige gezielte Desinformation gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit im Umfeld der Debatte um den sogenannten „Sachsen-Sumpf“. Im Einsetzungsbeschluss waren darüber hinaus 14 verschiedene Einzelpunkte der Untersuchung zu entnehmen, die jeweils unter die vorgenannten drei Hauptschwerpunkte zu subsumieren gewesen sind.

Bereits in seiner zweiten Sitzung am 11. August 2010, unmittelbar nach Wiederaufnahme der Arbeit im Anschluss an die parlamentarische Sommerpause, verständigte sich der Ausschuss einvernehmlich dahin gehend, dass zunächst der gesamte unter Buchstaben j des Einsetzungsbeschlusses formulierte und konkretisierte Untersuchungsauftrag betreffend den Umgang der Staatsregierung und ihrer Mitglieder mit der Prüfmitteilung des Sächsischen Rechnungshofes, Prüfung von Grundstücksgeschäften mit der Stadt Leipzig und der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) sowie der in diesem Zusammenhang ausgereichten Zuwendungen, Mitteilungen über die Prüfung des Sächsischen Rechnungshofes gemäß § 109 SäHO vom Juli 2009 untersucht werden soll. Dies nicht zuletzt deshalb, weil erst im jetzigen 5. Sächsischen Landtag im Herbst 2009 bekannt geworden war, dass der Sächsische Rechnungshof, beginnend im Frühsommer 2007 und veranlasst durch die öffentlichen Debatten um die „Sachsen-Sumpf“-Affäre, eine umfängliche Sonderprüfung von Grundstücksgeschäften in der Stadt Leipzig und in den Bereichen der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) vorgenommen hatte, die sich bis in das Jahr 2009 erstreckte.

Dabei waren im Besonderen die Vorgänge um die Veräußerung und Sanierung des Immobilienobjektes Riemannstraße 52 vom Rechnungshof untersucht worden. Dieses Immobilienobjekt wiederum stellte seinerseits eine wesentliche Verbindung zu dem Beobachtungskomplex „Abseits III“ des ehemaligen OK-Referates des Landesamtes für Verfassungsschutz dar. Es galt zudem als Ausgangspunkt für das Attentat auf den früheren Immobi

lienmanager bzw. Leiter der Rechtsabteilung der LWB, Dr. Martin Klockzin, vom 16. Oktober 1994.

Im Folgenden benannten die Koalitions- als auch die Oppositionsfraktionen im Ausschuss in erheblicher Zahl Zeugen zu diesem Komplex; deren Vernehmung bildete in den monatlichen Sitzungen des Ausschusses zwischen dem 29.10.2010 und dem 30.11.2011 den Schwerpunkt.

Anfang des Jahres 2012 begann der Ausschuss auf der Grundlage einer ebenfalls vorangegangenen fraktionsübergreifenden Verständigung mit der Untersuchung des gesamten Komplexes um die Einrichtung, das Agieren und Wirken sowie die Erkenntnisgewinnung des ehemaligen OK-Referates 33/34 des Landesamtes für Verfassungsschutz, die Zusammenhänge seiner Schließung im Mai 2006, der Verfahrensweise hinsichtlich der Verarbeitung bzw. der Speicherung gewonnener Daten und der personalen Abwicklung dieses Referates.

Mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen aus dem früheren Arbeitsbereich des OK-Referates, auch der bis Juni 2007 verantwortlichen Hausspitze des Landesamtes für Verfassungsschutz selbst und des dann von der Staatsregierung Mitte Juni 2007 neu eingesetzten Präsidenten des LfV Reinhardt Boos, befasste sich der Ausschuss in seinen Sitzungen ab Februar 2012 bis hinein in den Frühherbst 2013.

In diesem Untersuchungskomplex war zugleich die im Ausschuss gestellte Schwerpunktaufgabe der Untersuchung möglichen Versagens rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen sowie des Verhaltens der Staatsregierung bzw. der jeweils zuständigen Ministerien im Zuge der Einstellung der Beobachtungstätigkeit des Referates 33/34 und in Reaktion auf die öffentlich bekannt gewordene Beanstandung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten vom

Herbst 2006 betreffs der vermeintlich rechtswidrigen Weiterbeobachtung der organisierten Kriminalität sowie ungenügender Vorkehrungen hinsichtlich Speicherung, Verwendung und Sicherung hier gewonnener Daten gegenständlich.

Die Vernehmungen diesbezüglicher Zeugen, darunter des früheren Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz, Rainer Stock, der früheren Leiterin des Referats, Simone Skroch – vormals: Henneck –, des damaligen Abteilungsleiters Christoph Hindinger und des Abwesenheitsvertreters des Präsidenten, Dr. Olaf Vahrenhold, sowie mehrerer im OK-Referat als sogenannte Beschaffer bzw. als Quellenführer oder als Auswerter tätig gewesener Beamter, die – anders als im 2. Untersuchungsausschuss der 4. Wahlperiode, soweit sie seinerzeit überhaupt für diesen erreichbar waren – nunmehr in den meisten Fällen öffentlich vernommen werden konnten, zogen sich bis zum Frühherbst 2013 hin.

Daran anschließend konzentrierte sich der Ausschuss einvernehmlich auf die ihm als dritte Schwerpunktaufgabe zugewiesene Untersuchung der Frage, ob der Staatsregierung eine unzureichende Aufklärung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung herausgehobener

Persönlichkeiten vorzuwerfen sei bzw. eine sachwidrige Einflussnahme auf den Gang der Ermittlungen bzw. auf den laufender Strafverfahren stattgefunden hat.