Protokoll der Sitzung vom 16.06.2010

Deshalb unterstütze ich das Ziel der Bundesregierung, den Bundeshaushalt zu konsolidieren. Die Verschuldung muss zurückgeführt werden.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Aber wie?)

Die Beschlüsse sind eine Mischung aus Ausgabenkürzung und Abgabensteigerung. Die Maßnahmen setzen überwiegend an der richtigen Stelle an, nämlich die Ausgaben zu kürzen. Eine wirksame Konsolidierung ist nur möglich, wenn die Ausgabenseite deutlich reduziert wird. Unter den beschlossenen Sparmaßnahmen sind auch mehrere Steuermehreinnahmen angestrebt worden. Nach meiner jetzigen Einschätzung werden diese Steuermehreinnahmen allerdings wenige Auswirkungen auf die Steuereinnahmen der Länder und damit auch auf Sachsen haben.

Ich begrüße grundsätzlich die Überlegung, die Finanzmarktbranche an den Kosten der Krise zu beteiligen. In diese Überlegungen sollte man auch eine Bankenabgabe oder eine Finanztransaktionssteuer einbeziehen.

(Thomas Jurk, SPD: Richtig!)

Wie diese ausgestaltet werden könnten, darüber ist sicherlich noch zu diskutieren.

Lassen Sie mich zum Abschluss zusammenfassen: Um Einsparungen kommt der Bundeshaushalt nicht herum. Das erwarten auch die Menschen in Sachsen. Bei den Einsparungen darf es keine Tabus geben. Das gilt auch für die Sozialausgaben des Bundes, denn sie machen inzwischen den Großteil der Bundesausgaben aus. Es ist leicht, Steuererhöhungen zu fordern, aber kein öffentlicher Haushalt wird auf Dauer zu sanieren sein, wenn nicht die Ausgabenseite entsprechend angepasst wird. Kürzungen sind deshalb erforderlich, damit auch unsere Kinder morgen noch eine Zukunft haben.

Deshalb zusammengefasst: Wer heute Schulden macht, zahlt morgen doppelt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. – Am Mikrofon 3 gibt es Redebedarf. Frau Abg. Hermenau, bitte.

Ich mache von meinem Recht auf eine Kurzintervention Gebrauch. Herr Finanzminister, es gibt auch gesellschaftliche Hypotheken. Diese gibt es in Sachsen zum Beispiel im Bereich Bildung und Jugend. Geboten wäre jetzt ein Maßnahmenmix aus Angebots- und Nachfragepolitik. Sie konzentrieren sich nur aufs Einsparen. Das ist einseitig. Der Mix macht’s: Einsparung, Effizienz und Einnahmenerhöhung in einem ausgewogenen Maß. Da muss man viel Arbeit reinstecken, damit es am Ende auch passt.

Ich finde nicht, dass man mit dieser Monstranz „Wir müssen einsparen, einsparen, einsparen“ – ohne die anderen Aspekte zu beachten – aus Angst vor dem Tod politischen Selbstmord begehen darf.

Herr Schäuble hat sich in der Pressekonferenz zum Sparpaket zur FDP und zur Frage der Erhöhung des Spitzensteuersatzes eindeutig geäußert. Er hat gesagt: Aus

Rücksicht auf die FDP mussten wir darauf verzichten. – Er hat also die Richtigkeit dieser Maßnahme zugegeben.

An Ihrer Stelle hätte ich in Sachsen das Landeserziehungsgeld gestrichen, auch wenn es für Sie programmatisch anstrengend ist; denn Sie opfern etwas, was ich verstehe. Aber ich hätte das Geld genutzt, um die Beratung im Sozialbereich zu stabilisieren, denn die Menschen brauchen in der Krise Rat zur Hilfe und Selbsthilfe. Das ist wichtiger, als auf einem ideologischen Posten zu beharren. Man muss auch mal eine Position räumen können.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Frau Hermenau. – Meine Damen und Herren! Die Fraktionen DIE LINKE, die CDU und die FDP haben jeweils noch Redezeit. Wird das Wort gewünscht? – Für DIE LINKE Herr Abg. Dr. Hahn. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, Sie haben eben gesagt, der Titel unserer Aktuellen Debatte hätte Sie ins Grübeln gebracht. Ich meine, Sie sollten nicht nur grübeln, sondern Sie sollten vielmehr intensiv nachdenken und dann vor allem die richtigen Entscheidungen treffen.

Herr Kollege Unland, wenn Sie jetzt wieder über zu geringe Steuereinnahmen sprechen, dann kann die Konsequenz – das hat Frau Hermenau auch gesagt – doch nicht nur im Kürzen bestehen, sondern man muss endlich über eine grundlegende Steuerreform nachdenken, damit mehr Geld in die Kassen kommt. Hier hätten Sie die Gelegenheit, sich einzubringen. Hierzu aber vermisse ich von Ihnen jegliche klare Aussage.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die demokratischen Oppositionsfraktionen, meine Damen und Herren, haben heute eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet; Herr Scheel hat die Vorschläge der Linken deutlich gemacht.

Wir hatten vor wenigen Tagen die Pressekonferenz zur Vorstellung des sogenannten Sparpakets der Bundesregierung. Die am meisten zitierte Äußerung der Bundeskanzlerin war der Satz: „Wir haben jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt.“

(Lars Rohwer, CDU: Das ist richtig!)

Dazu, Herr Rohwer, habe ich einen sehr schönen Kommentar von Stephan Ueberbach aus dem ARDHauptstadtstudio gefunden, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte – ich zitiere –: „Liebe Bundesregierung, sehr geehrte Frau Merkel, wen meinen Sie eigentlich, wenn Sie sagen, wir hätten jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt?... Wer war wirklich maßlos? Meinen Sie vielleicht die Arbeitslosen und Hartz-IV-Bezieher, bei denen jetzt gekürzt werden soll? Meinen Sie die Zeit- und Leiharbeiter, die nicht wissen, wie lange sie ihren Job noch haben? Oder meinen Sie die Normalverdiener, denen immer weniger Netto vom Brutto übrigbleibt?

Haben die etwa alle ‚über ihre Verhältnisse’ gelebt? – Nein, maßlos waren und sind ganz andere: zum Beispiel die Banken, die erst mit hochriskanten Geschäften Kasse machen, dann Milliarden in den Sand setzen, sich vom Steuerzahler retten lassen und nun einfach weiterzocken, als ob nichts gewesen wäre. – Mehr Beispiele gefällig?

Zum Beispiel ein beleidigter Bundespräsident, der es sich leisten kann, Knall auf Fall seinen Posten einfach hinzuwerfen – sein Gehalt läuft ja bis zum Lebensende weiter, Dienstwagen, Büro und Sekretärin inklusive. Zum Beispiel die Politik, die unfassbare Schuldenberge aufhäuft und dann in Sonntagsreden über ‚Generationengerechtigkeit’ schwadroniert, die von millionenteuren Stadtschlössern träumt und zulässt, dass es in Schulen und Kindergärten reinregnet, die in guten Zeiten Geld verpulvert und in der Krise dann den Gürtel plötzlich enger schnallen will, aber immer nur bei den anderen und nie bei sich selbst.

Liebe Frau Bundeskanzlerin, nicht die Menschen, sondern der Staat hat dank Ihrer tätigen Mithilfe möglicherweise über seine Verhältnisse gelebt – ganz sicher aber wird er unter seinen Möglichkeiten regiert.“

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Jürgen Gansel, NPD – Antje Hermenau, GRÜNE: Sehr schön!)

Recht hat der Mann. Ich füge aber hinzu: Nicht nur der Bund wird unter seinen Möglichkeiten regiert, sondern auch der Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gerade die gestern veröffentlichten Kürzungspläne haben es wieder gezeigt, und ich bleibe dabei: Diese Kürzungspläne sind ein Frontalangriff auf die Kommunen, die Bildung und die innere Sicherheit.

Ich will zu Herrn Krauß noch etwas sagen: Sie haben sich vorhin darüber beklagt, dass es zu hohe Sozialausgaben gebe und diese in den letzten Jahren immer weiter gestiegen seien. Die Sozialausgaben steigen, weil immer mehr Menschen in Armut geraten und immer mehr Menschen Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch nehmen müssen. Das ist die Wahrheit und das ist nicht zuletzt auch Ergebnis völlig falscher Weichenstellungen in der herrschenden Politik.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich möchte eine letzte Bemerkung machen, die an das anschließt, was Herr Mann gesagt hat. Nachher werden wir eine, wie ich denke, wichtige und zahlenmäßig starke Demonstration vor dem Landtag erleben. Ich halte es für das Mindeste, dass sich der Ministerpräsident, der Fraktionschef der FDP und der Finanzminister gemeinsam mit den Vertretern der Opposition vor den Landtag begeben und sich dort den Demonstranten stellen. Verteidigen Sie Ihre Politik, wenn Sie es denn können! Wir sind dazu nicht da. Unsere Aufgabe ist eine andere. Aber Ihre Politik ist so falsch, dass sie kritisiert werden muss.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war Herr Dr. Hahn für die Fraktion DIE LINKE. – Ich frage die Fraktion der CDU, ob noch einmal das Wort gewünscht wird.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP, in Richtung Linksfraktion – Dr. André Hahn, Linksfraktion, in Richtung FDP: Das macht Herr Tillich!)

Die FDP, Herr Zastrow? War das eine Wortmeldung? – Nein. Meine Damen und Herren! Die Debatte ist abgeschlossen und damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 4

Sie erinnern sich: Wir haben die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder des 2. Untersuchungsausschusses gewählt. Die Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des 2. Untersuchungsausschusses obliegt gemäß § 6 Abs. 1 des Untersuchungsausschussgesetzes ebenfalls dem Landtag.

(Unruhe bei der FDP)

Gemäß § 6 Abs. 2 des genannten Gesetzes müssen der Vorsitzende und sein Stellvertreter verschiedenen Fraktionen angehören – Herr Zastrow; ich bedanke mich –,

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Er will Vorsitzender werden!)

unter denen sich eine Regierungsfraktion und eine Oppositionsfraktion befinden müssen. Bei der Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses ist unter den Fraktionen

zu wechseln. Das Stärkeverhältnis der Fraktionen untereinander ist hierbei zu berücksichtigen.

Nach der gesetzlichen Regelung fällt der Vorsitz in diesem Ausschuss der Fraktion DIE LINKE zu. Es liegen Ihnen hierzu folgende Vorschläge vor: für den Vorsitzenden Herr Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE, und für dessen Stellvertreter Herr Patrick Schreiber, Fraktion CDU. Ich verweise hierzu auf die Drucksache 5/2699.

Meine Damen und Herren! Auch hier verweise ich zunächst, wie üblich, auf die Bestimmungen unserer Geschäftsordnung, wonach die Wahlen geheim stattzufinden haben. Allerdings kann stattdessen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter widerspricht. Möchte jemand widersprechen? – Es ist widersprochen worden. Damit kommen wir zur geheimen Wahl.

Hierzu berufe ich aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission mit folgenden Mitgliedern des Landtages: für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Roth, die in bewährter Weise die Leitung der Wahlkommission ausüben wird, für die Fraktion der CDU Herrn Abg. Colditz, für die Fraktion der SPD Frau Abg. Dr. Deicke, für die Fraktion der FDP Herrn Abg. Hauschild, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abg. Jennerjahn und für die Fraktion der NPD Frau Abg. Schüßler.