Aus historischen Gründen sagen wir – und auch das haben wir intensiv innerhalb der Koalition besprochen und werden diese Diskussion auch weiterführen –, dass eine Steuer dort nicht geeignet ist. Wir haben uns im Vertrag von Amsterdam – das wissen Sie – extra die Gebühr europarechtlich schützen lassen. Ich denke mir, dass Herr Kirchhoff, der Verfassungsrechtler, der das Gutachten gemacht hat, nicht im Verdacht steht, vom Verfassungsrecht oder Steuerrecht nichts zu verstehen. Wir haben bei der Wohnung, in der man unabhängig von der Geräteart öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen kann, bei einer Betriebsstätte, in der dasselbe der Fall ist, und beim Auto typisierte Abgabentatbestände, bei denen man sehr gut nach draußen vertreten kann, dass das eine steuerrechtliche oder eine abgabenrechtliche Systematik ist, die trägt.
Ich denke, dass mit dem am 21. Oktober durch die Regierungschefs der Länder in Deutschland geeinigten Entwurf des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages – er wird erst im Dezember unterschrieben – ein gewaltiger Schritt nach vorn getan worden ist. Das Ziel – viele haben es angesprochen –, die Konvergenz der Medien, die die Rundfunkfinanzierung bisher hat veralten lassen, entsprechend einzubeziehen, das Beitragssystem, auch mit Bezug auf die Demografie, gerecht und zukunftssicher zu gestalten, wird erreicht. Nicht zuletzt ist es ein Verdienst von Ministerpräsident Tillich, dass auch erreicht wurde, dass Beitragsstabilität für den Bürger herrscht. Die Chancen stehen gut, dass mit der Systemumstellung keine Beitragserhöhung einhergeht. Auch nach 2013 wird der Beitrag, wie die Gebühr vorher, 17,98 Euro betragen.
Nach der großen Flughöhe in der Ziffer I Ihres Antrages komme ich nun zur Ziffer II, zu dem, was vorhin schon als „Teufel im Detail“ beschrieben wurde. Die Details, die Sie ansprechen, haben mit der Organisation der Umstellung zu tun. Ich möchte einmal vorausschicken, dass das, was wir machen – die Umstellung eines Systems –, wenn man sich dafür entschieden hat, natürlich auch ein Versuch im Echtbetrieb ist. Das heißt, mehr als 40 Millionen Daten müssen in die neue Zeit überführt werden, und wir
befinden uns in einem Bereich, in dem es darum geht, dass wir – auch das wurde dankenswerterweise schon gesagt – schauen müssen, auf der einen Seite die Beitragsgerechtigkeit – das heißt, dass jeder, der unter den Abgabentatbestand fällt, auch wirklich die Abgabe leistet – und auf der anderen Seite natürlich den Datenschutz entsprechend in eine Reihung zu stellen. Auch dabei, denke ich, haben wir alle dasselbe Bemühen.
Aber zu den Details. Wenn wir alle Kraftfahrzeuge, also nicht nur die privaten, sondern auch alle Dienstkraftfahrzeuge, Lieferwagen, Fahrzeuge, die von Betrieben verwendet werden, von einer Rundfunkgebühr ausnehmen würden, hätten wir ein Finanzdefizit von über 350 Millionen Euro. Dies würde für die Firmen eine Erleichterung des Status quo bedeuten, da bislang Autoradios voll gebührenpflichtig sind. Da die Mindereinnahmen aber in dieser Höhe nicht kompensierbar sind, hat man sich auf den jetzt vorliegenden Kompromiss einer Drittelgebühr geeinigt, der, denke ich, auch der tatsächlichen Rundfunknutzung und der Tatsache, dass man, entsprechend typisiert, im Auto öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen kann, gerecht wird.
Im privaten Bereich, lassen Sie mich das auch gleich sagen, ist die Nutzung wie bislang in der Wohnungspauschale enthalten. Im nicht privaten Bereich ist für jede Betriebsstätte ein Fahrzeug frei, für jedes weitere gilt die Drittel-Rundfunkgebühr. Ich denke, das ist ein gangbarer Weg, zumal nur so die Beteiligung der Wirtschaft am Gesamtgebührenaufkommen ungefähr gleich bleibt, und das sollte sie auch, meine ich. Das Gebührenvolumen von etwa 7,5 Milliarden Euro wird zu über 90 % von Privaten aufgebracht, von Bürgerinnen und Bürgern. Der Beitrag der Wirtschaft liegt bei etwas über 8 %. Das, muss ich ganz ehrlich sagen, halte ich nicht für unzumutbar.
Die Staffelung für Betriebsstätten wurde hier bereits erörtert. Dazu wurde das Notwendige gesagt. Sie erlauben mir, dass ich darauf verweise.
Zu den Anliegen bezüglich des Datenschutzes. Ich möchte nochmals betonen, dass der Datenschutz auch den vertragsführenden Ländern bei der Aushandlung des Staatsvertrages ein großes Anliegen war. Wir müssen ihn aber im Spannungsfeld mit der Beitragsgerechtigkeit sehen. Die Beitragslast muss auf alle Beitragspflichtigen verteilt werden, um die Belastungen des Einzelnen so gering wie möglich zu halten. Die bestehende Datengrundlage ist die Basis dafür. Es gibt dazu keine Alternative. Dies ist erst einmal zu sichern.
Angesichts der Notwendigkeit – ich habe Ihnen vorhin die Anzahl genannt –, Millionen Teilnehmerkonten zu überprüfen, ist das eine echte Herausforderung, der wir uns gegenübersehen, und das müssen wir erledigen.
Wir sind mit dem neuen Beitragssystem doch einen entscheidenden Schritt weiter, was die vorhin angesprochene GEZ-Schnüffelei betrifft. Das Betreten von Wohnungen, das Suchen nach Empfangsgeräten im Wohn- oder Schlafzimmer gehört endgültig der Vergangenheit an. Das gibt es nicht mehr, muss man ganz deutlich sagen.
Herr Staatsminister, ich habe das Gefühl, das Beschreiben einer solchen Übertragung klingt sehr einfach. Stimmen Sie mir aber zu, dass die Wohnungen sozusagen den Personen bisher überhaupt nicht zugeordnet sind und dass dies im Grunde das Problem bei diesem ganzen Daten-Switch und bei endgültigen, also abschließenden Erhebungen der Beitragszahler(innen) bedeutet?
Dass die Frage der Zuordnung der Wohnungen eine nachgelagerte Frage ist, bringt ja nicht die Datenerhebung in Verruf, sondern um das vorzunehmen, was Sie beschreiben, muss ich erst einmal eine Datengrundlage haben, aufgrund derer ich vorgehe. Das ist das, was gerade, das wissen Sie, in den verschiedenen Bereichen versucht wird zu organisieren.
Zur Frage des Ankaufes von Adressen durch die GEZ ist zu unterstreichen: Das war bisher schon so, zumal die Vorstellung herrscht, die GEZ würde mit Adressen handeln. Das ist nicht so. Sie kauft an, um alle Beitragspflichtigen zu erfassen, und das auch nur in dem Maße, wie es notwendig ist; denn Adressen gibt es nicht für umsonst, die kosten Geld. Zurzeit wird überprüft, ob der Ankauf von Adressen während des Umstellungszeitraumes, insbesondere während des Meldedatenabgleichs, ausgesetzt werden kann. Das werden wir aufmerksam und kritisch weiterverfolgen. Auch dabei haben sich die verhandelnden Länder ein Ziel gesetzt, und ich denke, das wird auch dort noch einmal Entlastungen bringen.
Eine Änderung an der bisherigen Praxis bezüglich der Trennung der Datenbestände, was die regionale Zuständigkeit betrifft, ist mir nicht bekannt. Ich höre immer wieder das Gerücht, dass bundesweit eine Megadatenerfassung erfolgt. Das ist nicht so. Die nach Rundfunkanstalten getrennten Datenbanken bleiben auch künftig getrennt. Für etwas anderes gibt es keine entsprechende rechtliche Grundlage.
Bei der Löschung der Daten und den betreffenden Fristen, die Sie ansprechen, tauchen wir ganz tief in die Praxis ein. Da, muss ich sagen, gibt es ein dichtes Geflecht auch anderer gesetzlicher Vorschriften. Nehmen Sie zum Beispiel die Frage der Datenspeicherung im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten; sie ist im dortigen Gesetz geregelt. Wenn die Angelegenheit erledigt ist, werden die Daten dort entsprechend gelöscht. Darüber
hinaus werden die Daten zu festen Fristen gelöscht. Das dient nach Ansicht von Datenschützern dem Datenschutz, da so bei großen Datenmengen eine zuverlässige Löschung programmiert und entsprechend nachkontrolliert werden kann.
Über die Möglichkeit, Inkassounternehmen einzusetzen, haben die Rundfunkanstalten schon bisher, wie viele andere Unternehmen auch, verfügt. Wenn man die Wahl hat, ob man ein Inkassounternehmen nimmt oder selbst eine entsprechende Abteilung der Verwaltung ausbaut, denke ich mir, sollte es bei den Inkassounternehmen bleiben.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Kontrollrecht des Landesdatenschutzbeauftragten sagen, weil auch das in Ihrem Antrag eine Rolle spielt. Sie haben, Herr Gerstenberg, zu Recht darauf hingewiesen, dass die Staatsferne des Rundfunks ein ganz erhebliches Gut ist. Gehen wir einmal davon ab, dass der MDR als DreiLänder-Anstalt überlegen müsste, welcher Landesdatenschutzbeauftragte die Aufsicht übernimmt, möchte ich Sie für folgenden Gedanken gewinnen: Wir haben in der Trennung von Staat und Rundfunk auch ein Kontrollsystem, ein System, das nicht unmittelbar von der Verwaltung, also von uns oder von Ihnen als Parlament, wahrgenommen wird, sondern über den Rundfunkrat, über den Verwaltungsrat, über Systeme, die entsprechend staatsfern sind. Dorthin berichtet auch der Datenschutzbeauftragte des MDR. Ich denke, dass, unabhängig davon, ob ein Landesdatenschutzbeauftragter mehr beim Parlament oder mehr bei der Verwaltung angeordnet ist, dies auch eine staatliche Instanz ist.
Deswegen bin ich persönlich der Meinung, dass wir beim jetzigen System bleiben sollten, das heißt, auch die Datenschutzkontrolle staatsfern zu organisieren – im MDR selbst, wie es jetzt der Fall ist, vielleicht mit einer etwas stärkeren Betonung – sowie die entsprechenden Berichtspflichten, die gegenüber dem Rundfunk- und dem Verwaltungsrat bestehen und damit auch diese Verantwortung zu stärken.
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Das, was Sie in Ziffer I vorgelegt haben, freut mich sehr. Ich würde mich daher freuen, wenn die Ziffer I eine breite Zustimmung in diesem Hause findet. Die Ziffer II, das habe ich Ihnen auseinandergesetzt, bedarf noch einiger Weiterarbeit und einiger Details.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Ich frage in die Runde: Gibt es noch einmal den Wunsch zu einer Stellungnahme? – Herr Neubert, vom Saalmikrofon? – Nummer 1, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Nur eine kurze Anmerkung zu Herrn Dr. Beermann: Ich habe dem Entwurf vorgeworfen, dass er unsystematisch sei, und nicht, dass er verfassungswidrig sei. Unsys
tematisch ist es tatsächlich, weil nach einem Systemwechsel aus der gerätebezogenen Gebühr Dinge übernommen worden sind, wie zum Beispiel das Autoradio und der Zweitwohnungsbeitrag.
Das sind Dinge, die passen mit der neuen Logik nicht zusammen. Sie sind ungeeignet bei der Haushaltsabgabe hinsichtlich der Erhebung der Daten. Das werden wir uns in den nächsten Jahren anschauen müssen, denn ich kann Sie anscheinend nicht davon überzeugen. Aber wir werden ein Erhebungs- und Abgrenzungsproblem bei Haushalten bekommen. Das wird nicht unbedingt zur Ruhe in dieser Fragestellung führen. Das ist auch das Problem der Legitimität von öffentlich-rechtlichem Rundfunk.
Ich habe noch eine Frage an die FDP, da es mir bisher nicht möglich war, Herr Herbst, Ihren Redebeitrag zu lesen, denn darauf habe ich mich am meisten gefreut. Ich wollte schon wissen, inwieweit die Sommerlochmeldung Ihrer Fraktion zum personengebundenen Beitrag als auch die Wortmeldung der ostdeutschen Fraktionsvorsitzenden noch relevant sind;
der ostdeutschen Fraktionsvorsitzenden der FDP ohne Holger Zastrow, und möchte daraus zitieren, um es noch einmal zu vergegenwärtigen: „Der derzeitige Entwurf eines 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der eine Haushalts- und Betriebsstättenabgabe enthält, ist keine geeignete Grundlage, um den grundlegenden Systemwechsel hin zu einem einfachen, fairen und transparenten Finanzierungsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erreichen. Daher muss das Inkrafttreten verschoben werden.“
So viel aus dem Statement. Wie gesagt, im Sommer hatten Sie sich in Sachsen dazu noch geäußert. Meine Frage lautet: Gibt es noch beabsichtigte Änderungen oder ist das schon die Kapitulation?
Vielen Dank, Herr Neubert. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht feststellen. Wir kommen zum Schlusswort; Herr Dr. Gerstenberg, bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die drei Minuten Schlusswort reichen naturgemäß nicht aus, um über die aufgeworfenen Fragen zu diskutieren. Ich versuche es einmal ansatzweise.
Zuerst zur Frage der Beteiligung von Unternehmen, die Herr Gemkow und auch Dr. Beermann angesprochen hatten. Die jetzt getroffenen Veränderungen sind positiv. Wir sind aber der Überzeugung, dass im Gegensatz zur derzeitigen Beteiligung große Unternehmen nach wie vor entlastet werden. Das muss angesichts des ohnehin geringen Anteils der Unternehmen an der Gesamtfinanzierung nicht sein.
Zum Datenschutz. Das ist der Kern unseres Punktes II. Auch dazu haben sich Herr Gemkow und Dr. Beermann geäußert. Ich will nur zur Frage des Landesdatenschutzbeauftragten und der Stärkung der Kontrollrechte etwas sagen: Vermeidung jedweden staatlichen Einflusses wird hier postuliert. Ich beobachte aber andererseits eine ganz klare Abwehrhaltung der Rundfunkanstalten gegen eine solche Forderung, eine Abwehrhaltung wie sie auch im Gutachten von Prof. Bull deutlich wird, in dem alles, aber auch wirklich alles schöngeredet wird. Das ist für mich ein deutliches Zeichen, dass Anstalten dort, wo es um den Datenschutz geht, eher dicht machen.
Ich erinnere mich an die lange Debatte, ob die Landesrechnungshöfe Prüfungsrechte bei den Töchtern des MDR haben sollten. Diese ist positiv ausgegangen. Ich vertraue auf die weitere Diskussion, dass sich auch die Landesdatenschutzbeauftragten künftig stärker einbringen können.
Drittens, zur Rundfunksteuer, die von Falk Neubert angesprochen wurde. Natürlich gibt es Schwierigkeiten. Es wäre völlig illusorisch zu glauben, dass diese Mühen der Ebene bei der Einführung des Modells nicht kommen. Aber ich bitte die Linksfraktion wirklich um Konsistenz in der Politik. In der letzten Legislaturperiode wurde pay per view gefordert, also Grundverschlüsselung, was mit dem Grundauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt nicht vereinbar ist. Jetzt gibt es einen neuen Sprecher, jetzt wird die Steuer gefordert. Diesbezüglich müssen wir nicht erst das Kirchhoff-Gutachten lesen, dass dann keine Unabhängigkeit des Rundfunks besteht. Was gibt es Hoheitlicheres als die Finanzämter? Die Finanzämter sind mit Sicherheit der falsche Ort, um diese Steuer einzutreiben.
Herr Beermann, ich würde gern noch etwas zur Beitragsstabilität sagen. Das Silvesterkonzert war so ein Beispiel, wo ich sage: Die Anstalten mögen sich koordinieren. Ich kann da nicht eingreifen. Aber das lässt sich auch nicht über den Rundfunkauftrag regeln. Ich sage einmal: Frisch und fröhlich lese ich von Ihnen in “pro Media“, im Oktober: Brauchen wir die dritten Programme? Ich frage: Brauchen wir den Föderalismus? Brauchen wir diesen Sächsischen Landtag? Föderalismus hat seine Kosten auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Ich glaube, deutschlandweit 21 Fernsehsender, über 50 Rundfunkprogramme für 18 Euro pro Monat sind ein super Angebot, das nicht zu schlagen ist. Sie haben bei „pro Media“’ auch gefragt, wozu wir die Orchester brauchen. Jetzt haben Sie bei Radio 1 diese Frage noch einmal positiv unterstützt und gefragt, ob „3sat“ überflüssig ist. Das erweckt in mir wirklich den Verdacht: Aufgaben definieren heißt für Sie vor allen Dingen Kulturauftrag abbauen. Da werden wir mit Sicherheit nicht mitgehen und ich hoffe auch die anderen 15 Länder nicht.