Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

Innenminister Friedrich macht auch den Unterschied zwischen Deutschland und den klassischen Einwanderungsländern Kanada und Australien deutlich, indem er sagt: „Der Ingenieur, der keinen Arbeitsplatz in seinem Beruf findet, muss Taxi fahren, sich irgendwie durchschlagen, weil kein üppiges Sozialnetz auf ihn wartet“ – wohlgemerkt bezogen auf Kanada und Australien.

Mit Bezug auf Deutschland sagt der CSU-Mann: „In Deutschland hingegen steht den Zuwanderern die Segnung eines ausgefeilten und von den Arbeitnehmern in Deutschland finanzierten Sozialsystems zur Verfügung.“

Das ist genau der Punkt. Deswegen habe ich Ausführungen dazu gemacht, wie weit sich die sächsische CDU von Positionen entfernt hat, in denen es wirklich einmal um originär konservative und gleichzeitig sozialpatriotische Positionen geht. Skandalös – Herr Krauß hat das Thema nur gestreift – ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Staatsregierung kaum Anstrengungen unternimmt, um abgewanderte Sachsen zur Rückwanderung zu bewegen. Dabei wäre das doch ein probates, naheliegendes Mittel, um die behauptete Fachkräftelücke sogar noch mit eigenen Landsleuten zu schließen.

Dass die Staatsregierung in dieser Hinsicht kaum aktiv wird, zeigt im Übrigen die Antwort von Staatsminister Morlok auf eine Kleine Anfrage der NPD-Fraktion. Die Antwort des Ministers ging am 24. März 2011 ein. Auf unsere konkrete Frage, welche Strategien die Staatsregierung zur Förderung der Rückkehrbereitschaft abgewanderter Sachsen verfolge, heißt es in der Antwort ausweichend: „Durch solide Entscheidungen in allen politischen Bereichen werden sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, die Infrastruktur und die Bildung auch in Zukunft positiv entwickeln. Damit bleibt der Freistaat Sachsen ein attraktiver Standort für Investitionen zum Arbeiten und zum Leben.“ – Blabla, etc.

(Christian Piwarz, CDU: „Blabla“ hat er nicht gesagt! – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Das war die Antwort des Ministers auf unsere Frage, welche Anreizsysteme die Staatsregierung entwickelt hat, um abgewanderte Sachsen – in der Regel nämlich wirkliche Fachkräfte – zu einer Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen. Es fehlt der Staatsregierung aber schon am bloßen Erkenntniswillen; denn auf die Frage nach Daten zur Rückkehrbereitschaft der seit 1990 abgewanderten Sachsen antwortet die Staatsregierung am 24. März 2011: „Der Sächsischen Staatsregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse bzw. demoskopischen Daten zur Rückkehrbereitschaft vor.“

Ich kann Ihnen an dieser Stelle helfen. Nach einer Untersuchung des Nexus-Instituts aus dem Jahr 2006 lag der ermittelte Wunsch zur Rückkehr bei den abgewanderten Sachsen bei deutlich über 50 %. Die Daten des HansBöckler-Instituts aus dem Jahr 2009 bestätigen diesen Trend ebenfalls.

Doch anstatt durch steuer- und arbeitsmarktpolitische Hilfen oder Anreizsysteme die Rückkehrbereitschaft der

abgewanderten Sachsen zu fördern, setzt die Staatsregierung lieber auf die vermeintlich einfache Lösung, die dem Landtag mit der Fachregierungserklärung vom 19. Januar 2011 mitgeteilt wurde, die da lautet: die Zuwanderung ausländischer „Fachkräfte“.

Meine Damen und Herren! Mit der Zustimmung zum vorliegenden Antrag könnten Sie zeigen, dass Sie die Schutzinteressen sächsischer Arbeitnehmer und Arbeitsuchender vor ausländischer Arbeitsplatzkonkurrenz noch nicht ganz vergessen haben. Sie könnten Ihr Abstimmungsverhalten sogar damit rechtfertigen, dass der Bundesinnenminister, zumindest in dieser Sache, eine ähnliche Intention vertritt wie wir.

(Beifall bei der NPD)

Wird weiter von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die Staatsregierung möchte sich nicht äußern. Dann rufe ich Sie zum Schlusswort auf. – Gut, dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich stelle die Drucksache der NPD zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. Die Gegenstimmen? – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 9

Fragestunde

Drucksache 5/5824

Mir liegen 13 Fragen vor und wir beginnen mit der Frage von Herrn Kosel; Frage Nr. 3.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Frage bezieht sich auf die Störung der Totenruhe und des Gedenkens auf dem Ehrenfriedhof für die gefallenen sowjetischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges in Bautzen.

Durch Bürgerinnen und Bürger von Bautzen wurde am 08.05.2011 festgestellt, dass auf dem Ehrenfriedhof für die gefallenen sowjetischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges in Bautzen Blumen und Kranzgebinde, die dort aus Anlass des Gedenkens an den Tag der Befreiung vom NS-Regime niedergelegt wurden, im Laufe des Tages zerstört worden waren. Ebenso sollen weitere Friedhofsgegenstände auf diesem Ehrenfriedhof zerstört worden sein.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über diesen Vorfall?

2. Wie wertet die Staatsregierung solche Fälle von Störung der Totenruhe bzw. Grabschändungen auf Ehrenfriedhöfen gefallener sowjetischer Soldaten des Zweiten Weltkrieges und wie gedenkt sie, dagegen vorzugehen?

Für die Staatsregierung Herr Minister Ulbig.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abg. Kosel! Die Antwort zu Frage 1 lautet: Der Sachverhalt wurde von der Polizei am 10. Mai 2011 im Rahmen des Anzeigedienstes in Bautzen aufgenommen. Demnach hatten Unbekannte auf dem Friedhof Am Ziegelwall ein Grablicht und zwei Blumenvasen zerstört. Der finanzielle Gesamtschaden beträgt

circa 25 Euro. Von der Polizei wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen § 303 StGB, also Sachbeschädigung, eingeleitet. Hinweise auf einen politisch motivierten Tathintergrund liegen derzeit nicht vor. Die Ermittlungen dauern noch an.

Die Antwort zu Frage 2 lautet: Die Staatsregierung verurteilt alle Fälle von Störungen der Totenruhe bzw. Grabschändungen auf Ehrenfriedhöfen des Zweiten Weltkrieges. In Anbetracht der besonderen Bedeutung wird jedem derartigen Fall mit der gebotenen Intensität und Sorgfalt nachgegangen.

Herr Kosel, Sie haben eine Nachfrage?

Frau Präsidentin, ich habe eine Nachfrage. Herr Staatsminister, hat es um den 8. Mai dieses Jahres vergleichbare Fälle in anderen sächsischen Gemeinden gegeben, und wenn ja, in welchen?

Das kann ich Ihnen ad hoc nicht beantworten und würde es Ihnen gern schriftlich nachreichen.

Darum würde ich bitten, Herr Staatsminister.

Bitte.

Herr Kosel, Ihre zweite Anfrage, bitte; Frage Nr. 13.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Frage bezieht sich auf die Situation der Schulen im sorbischen Siedlungsgebiet.

Gegenwärtig ist eine ungeklärte Situation der Sorbischen Mittelschulen Ralbitz und Räckelwitz aufgrund augenscheinlich widersprüchlicher Aussagen der Verantwortlichen auf der Landes- und Kreisebene zu konstatieren. Während der Kultusminister Anfang April 2011 öffentlich Bestandsschutz für das ohnehin schon stark geschrumpfte sorbische Schulnetz versprach, erfolgte wenige Tage danach die Mitteilung des Kultusministeriums über die Nichtzulassung der 7. Klasse an der Sorbischen Mittelschule Ralbitz. Nunmehr hat dem Vernehmen nach die Landkreisverwaltung des Landkreises Bautzen auf Anfragen von Kreisräten hierzu erklärt, dass es momentan wohl keine Schulschließungsabsicht und/oder Nichtzulassung von Schulklassen im sorbischen Siedlungsgebiet gibt. Wegen der nicht akzeptablen Planungsunsicherheit für die betroffenen Schüler, Eltern, Kommunalpolitiker und Vertreter der Sorben ist Aufklärung dringend geboten.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Festlegungen für 2011/2012 hat die Sächsische Staatsregierung und/oder nachgeordnete Behörden in Bezug auf die Schulen im sorbischen Siedlungsgebiet explizit getroffen und welche Absprachen/Festlegungen gibt es schon für die zukünftige Entwicklung und Planung der Bildungseinrichtungen im sorbischen Siedlungsgebiet?

2. Wie steht die Sächsische Staatsregierung zu ihren Aussagen in Bezug auf den Erhalt des Systems der vorhandenen sorbischen Grund- und Mittelschulen?

Herr Staatsminister Wöller, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abg. Kosel, ich beantworte Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1. In Vorbereitung des Schuljahres 2011/2012 zeigte sich, dass sich die Zahl der Schüler an der Sorbischen Mittelschule Ralbitz auf nunmehr zu erwartende elf Schüler in der Klassenstufe 7 verringern würde. In der unweit gelegenen Sorbischen Mittelschule Räckelwitz werden in der zukünftigen Klassenstufe 7 noch 16 Schüler erwartet. Aus diesem Grunde stellte mein Haus das öffentliche Bedürfnis für diese Klassenstufe an der Sorbischen Mittelschule Ralbitz infrage und hörte den Schulträger und auch den Landkreis Bautzen dazu an. Gleichzeitig wurde nochmals den beiden Schulträgergemeinden Ralbitz und Räckelwitz eine vertiefte Zusammenarbeit im schulischen Bereich nahegelegt.

In Gemeinderatsitzungen am 19.05.2011 beschlossen die Gemeinderäte beider Gemeinden die Zustimmung zu einer Vereinbarung über eine abgestimmte Klassenbildung an den Sorbischen Mittelschulen Räckelwitz und Ralbitz. Die Klassenstufe 7 wird danach an beiden Mittelschulen fortgeführt. Mit dieser Vereinbarung ist auch eine langfristige Regelung über die Klassenbildung an diesen Mittelschulen getroffen.

Zu Frage 2: Die Position der Sächsischen Staatsregierung ist unverändert. Bei den sorbischen Grundschulen und den sorbischen Gymnasien ist aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die Entwicklung der sorbischen Sprache eine Fortführung, unabhängig von der Zahl der Anmeldungen, notwendig. Bei den sorbischen Mittelschulen ist das öffentliche Bedürfnis mindestens über das begonnene Jahrzehnt hinaus zu erwarten. Die erwähnte Vereinbarung zwischen den Gemeinden Ralbitz und Räckelwitz dient dem Ziel der Bestandssicherung beider Schulstandorte.

Möchten Sie eine Nachfrage stellen, Herr Kosel?

Ja, Frau Präsidentin. – Herr Staatsminister, was ist der konkrete Inhalt der Vereinbarung zwischen den Gemeinden?

Das würde ich Ihnen nachliefern. Es sind deutliche Verbesserungen gegenüber den jetzt bestehenden Bedingungen, um den besonderen Bedürfnissen im sorbischen Schulbereich Rechnung zu tragen.

Vielen Dank.

Frau Dr. Stange, bitte; Frage Nr. 4.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich frage zum Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes – UNESCO.

Seit 2006 ist das UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes in Kraft. Mit Stand von Februar 2011 sind dem Übereinkommen 134 Länder beigetreten. Derzeit prüft die Bundesregierung in Abstimmung mit den Bundesländern die Ratifizierung und den Beitritt. Eine Entscheidung werde in diesem Jahr angestrebt.

Fragen an die Staatsregierung: