Kollegin Hermenau hat in ihrer eigenen Art gerade versucht, den Eindruck zu erwecken, als wäre es neu, dass der EU-Finanzkommissar gerade einen Haushalt vorgelegt hat, in den das nicht eingepreist worden ist. Sie haben dabei auf Ihre Vorredner Bezug genommen. Ich bin nun einer Ihrer Vorredner und lege ausdrücklich Wert darauf, darüber gesprochen zu haben.
Meine Damen und Herren! Wir fahren mit der Aussprache fort. Für die Fraktion der NPD spricht Herr Abg. Schimmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Idee einer Besteuerung von Finanztransaktionen ist nun bereits 39 Jahre alt. Im Jahr 1972 schlug der Wirtschaftswissenschaftler James Tobin vor, eine weltweit einheitliche Lenkungsabgabe auf spekulative internationale Devisentransaktionen, die sogenannte Tobin-Steuer, zu erheben. Der von Tobin vorgeschlagene Steuersatz würde auf alle grenzüberschreitenden Geldtransfers weltweit einheitlich erhoben und läge zwischen 0,01 und 1 %. James Tobin, der 1981 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, ging es nach eigener Aussage darum, etwas Sand in das Getriebe der Finanzmärkte zu streuen.
Der Vorschlag der Einführung einer derartigen Steuer trug mehr zum Nachruhm Tobins bei als der Nobelpreis; denn sie wurde im Jahr 1997 von der linken französischen Zeitung „Le Monde diplomatique“ aufgegriffen und
Es steht für uns Nationaldemokraten ganz außer Frage, dass die Tobin-Steuer an sich eine gute Idee ist. Zitiert sei hier nur der Wormser Ökonomieprofessor Max Otte, der in einer Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zu dem Ergebnis kam – ich zitiere –: „Die Finanztransaktionssteuer hat genau die beabsichtigte Lenkungswirkung. Sie dämpft Spekulationen und behindert Geschäfte mit einem Bezug zur Realwirtschaft wenig.“
Aus diesem Grund unterstützt auch die NPD grundsätzlich die Einführung der Finanztransaktionssteuer. Realistischerweise muss man allerdings auch feststellen, dass das Projekt Tobin-Steuer gerade von der politischen Linken in den vergangenen 15 Jahren zerredet wurde und deshalb mittlerweile in der Öffentlichkeit ein Image als alter Hut hat, mit dessen Einführung niemand mehr rechnet. Selbst die LINKEN-Politikerin Juliane Nagel stellte schon vor einigen Jahren in einem Interview mit der „Leipziger Internetzeitung“ fest, dass die Tobin-Steuer nicht mehr wirklich in der Debatte ist. Das hat sich in diesem Jahr natürlich durch die Debatten auf EU-Ebene etwas verändert.
Das liegt schlicht und einfach daran, dass die LINKE die Einführung der Tobin-Steuer an unerfüllbare Voraussetzungen knüpft. Es ist einfach unrealistisch, wenn viele linke politische Initiativen und Parteien bisher fordern, dass die Tobin-Steuer nur im vollständigen internationalen Einklang eingeführt werden soll. Gerade Spekulationsökonomien wie die USA und Großbritannien, deren Wirtschaftsleistung stark vom Finanzsektor abhängt, werden sich einer solchen Initiative immer verweigern. Aber die heutige Debatte hat durchaus auch gezeigt, dass meine Vorredner der linken Parteien, ich nenne nur Kollegen Scheel, von der SPD Herrn Pecher oder von den GRÜNEN Kollegin Hermenau, durchaus bereit sind, darüber nachzudenken, dass man die Finanztransaktionssteuer erst einmal nationalstaatlich einführen kann. Wenn die Linke sich dem Nationalstaatsgedanken öffnet, werden wir Nationaldemokraten uns dem selbstverständlich anschließen.
Auch James Tobin hat übrigens in einer Studie aus dem Jahr 1995 die Auffassung vertreten, dass seine Finanztransaktionssteuer auch von einer begrenzten Anzahl von Ländern ohne weltweiten Konsens eingeführt werden kann. Tobin hat ebenfalls immer betont, wie wichtig ihm der Aspekt der Unterstützung nationaler Autonomie in der Geld- und Fiskalpolitik bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist. Tobins Intention war es, einzelnen Spekulanten einen Angriff auf nationale Währungen durch den gezielten Aufbau eines Auf- oder Abwertungsdrucks zu verunmöglichen.
Bisher wollten die linken Befürworter der Tobin-Steuer die Einnahmen aus einer solchen Finanztransaktionssteuer allerdings dazu verwenden, um damit beispielsweise den
Das alles mag gut gemeint sein, ist aber nichts als pure Traumtänzerei, denn man mag sich gar nicht den bürokratischen Albtraum einer globalen Behörde vorstellen, die eine derartig ausgestaltete Tobin-Steuer einziehen und dann mehr oder weniger willkürlich verteilen würde. Ein Blick auf das supranationale bürokratische Monstrum namens Europäische Union reicht schon, um sich mit Grausen von einer solchen Idee abzuwenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion! Mit Ihrem heute hier eingebrachten Antrag scheinen Sie deutlich machen zu wollen, dass Sie sich geistig und mental schon im Sommerloch befinden und Ihnen die Themen schon vor der Sommerpause ausgegangen sind. Wirklich abnehmen mag man Ihnen Ihr Engagement für eine Finanztransaktionssteuer nicht; denn niemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – ich habe in meiner Kurzintervention darauf hingewiesen – wurden der Spekulation und Raffgier vom Gesetzgeber derart weit Tür und Tor geöffnet wie unter der rot-grünen Bundesregierung des Kanzlers Gerhard Schröder und seines Finanzministers Hans Eichel,
der den Banken die Verbriefung von Kreditforderungen deutlich vereinfachte und die Zulassung von Hedgefonds in Deutschland genehmigte.
Die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung auf finanzmarktpolitischem Gebiet lässt sich kurz und bündig so zusammenfassen, dass man es im Grunde genommen nur geschafft hat, der Derivate-Spekulation, den Heuschrecken und den außerbilanziellen Schwindelgeschäften Tür und Tor zu öffnen, worüber auch Ihr heutiger Antrag nicht hinwegtäuschen kann. Deswegen und weil Ihr heutiger Antrag handwerklich schlichtweg grottenschlecht ist und man nach der Lektüre des Antrags nicht einmal weiß, ob Sie die Finanztransaktionssteuer auf nationaler, auf europäischer oder auf globaler Ebene einführen wollen und ob die aus dieser Steuer generierten Einnahmen der Bekämpfung abwechselnd des Hungers oder abwechselnd der Abfederung der Folgen der Finanzkrise dienen sollen, wird sich die NPD-Fraktion heute der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Redebedarf? – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abg. Pecher. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es macht richtig Spaß, dieser Debatte zuzuhören und diesem Winden des Kollegen Löffler zuzusehen. Ich fange einmal mit der Frau Hermenau-schlau-schlau-schlau an.
Frau Hermenau, beim letzten Plenum haben Sie in der Aktuellen Debatte versucht, das Vertrauen der Verbraucher und den Euro gleichzeitig zu retten.
Das war eine sehr spannende Debatte. Ich denke, sich mit einem Antrag auf eine Finanztransaktionssteuer zu konzentrieren ist schon sehr konkret. Es ist nicht vermessen, über den Tellerrand der Finanzmarktpolitik zu schauen. Diesbezüglich gebe ich Ihnen recht.
Ich komme zu Herrn Löffler. Das ist einseitig, diesbezüglich gebe ich Ihnen recht. Es ist ziemlich konkret. Ich verstehe nicht, wie Sie sagen können: Das ist einseitig und wenig konkret. Ich meine, die Konzentration auf eine Finanztransaktionssteuer ist schon legitim und sehr konkret.
Ich komme zu dieser sächsischen Lösung. Die andere Redewendung mag ich gar nicht in den Mund nehmen. Ich will Ihnen einmal Folgendes sagen: Wenn ein Finanzminister im letzten Plenum die Steuerabschläge mit den Ereignissen in Nordafrika begründet oder ein Wirtschaftsminister Eierschecke an der Autobahn verteilt, um Leute zurückzuholen, dann ist dieser Antrag hier verdammt konkret
und mit Sicherheit in Sachsen zu gestalten und notwendig. Von daher kann ich auch sagen: Frau Hermenau, Ihr Änderungsantrag, den Sie sicherlich noch einbringen werden, ist durchaus vernünftig, und wir werden diesem auch zustimmen. Er macht Sinn und ergänzt unseren Antrag positiv.
Noch ein Wort zu Herrn Schmalfuß. Es ist immer wieder schön in der Debatte. Wir müssen erst einmal konkret die ganze Welt umspannend eine Lösung präsentieren. Das ist immer der Trick dabei, zu sagen, dass es am besten überhaupt nicht kommen soll. Das war natürlich hier die Aussage. Bei der Begründung mit der Flucht in die Steueroasen ignorieren Sie völlig, dass es diese Steuer in vielen Ländern in einzelnen Bereichen auf Eigentum, auf Börsenaktivitäten, auf Aktien etc. gibt. Dass das Leben dort trotzdem weitergeht, wird völlig ignoriert. Das bringen Sie überhaupt nicht an. Sie wollen diese Steuer nicht, Sie bekämpfen sie im Bund, Sie bekämpfen sie in der EU, weil es Ihrer radikalen Steuerung entspricht. Ich denke, das im Sächsischen Landtag zu thematisieren gehört auch zum Ernst der Debatte.
Das war die zweite Runde. Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Bei der CDU? – DIE LINKE? – FDP? – GRÜNE? – NPD? – Ich gehe davon aus, dass es auch keinen Wunsch nach einer
dritten Runde gibt. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Prof. Unland, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es wurde von einem der Vorredner schon gesagt, dass unser Ministerpräsident einer der Ersten war, die diese Finanztransaktionssteuer angeregt haben,
Heute ist dieser Vorschlag in aller Munde und auch Gegenstand des vorliegenden Antrags der SPD-Fraktion. Die grundlegende Richtigkeit dieser Forderung ist, glaube ich, unstrittig. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass der Finanzsektor angemessen an den Kosten der Finanz- und Wirtschaftskrise beteiligt wird. Dazu strebt sie neben der Bankenabgabe möglichst eine und mindestens auf europäischer Ebene abgestimmte Finanztransaktionssteuer an. Weil das so ist, halte ich den Antrag im Landtag für unangebracht.
Nun geht es um die genauen Modalitäten bei der Umsetzung des Vorschlags. Hierzu möchte ich klarstellen: Die Staatsregierung wird die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht bedingungslos und um jeden Preis unterstützen, sondern sich für eine zielgenaue und sachgerechte Lösung einsetzen. Dazu müssen folgende Fragen geklärt werden: Erstens. Welche Transaktionen sollen besteuert werden? Zweitens. Welche räumliche Reichweite soll die Steuer haben? Drittens. Wem soll das Steueraufkommen zustehen?
Ich komme zur ersten Frage, was besteuert werden soll. Ich stimme mit Ihnen überein, das Spekulationen mitursächlich für die Finanz- und Wirtschaftskrise sind. Die Spekulation greift auch hemmend in marktwirtschaftliche Prozesse ein – mit nachteiligen Folgen für die Wirtschaft und die Verbraucher. Nicht zuletzt erschwert sie erheblich die Gesundung der staatlichen Haushalte in einigen unserer europäischen Partnerländer. Ich denke, heute haben wir wieder einmal gehört, was in anderen Ländern passiert.
Unter diesem Aspekt kann eine Steuer auf Finanztransaktionen hilfreich sein, weil sie den Kapitalfluss entschleunigt – zumindest wäre sie dazu geeignet. Das Verständnis von einer Finanztransaktionssteuer geht allerdings über die Spekulationseindämmung weit hinaus. Sie besteuert jegliche Geschäfte auf dem Finanzmarkt und belastet die dort gehandelten Produkte. Wie weit eine besteuerbare Finanztransaktion greift und wo die Grenzen der Besteuerung gezogen werden, ist heute noch nicht absehbar.
Neben der Finanztransaktionssteuer wird eine Finanzaktivitätssteuer diskutiert. Sie würde sich auf Gewinne und Gehaltssummen einschließlich der Boni beziehen. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile und unterschiedliche
Befürworter. Welcher Weg der richtige ist, werden wir in Sachsen nicht entscheiden. Wenn es zwei Optionen gibt, um das Ziel, die Beteiligung der Banken an den Kosten der Beseitigung der Finanzkrise zu erreichen, dann werde ich eine Option nicht ausschlagen, wenn sich die andere als nicht erfüllbar erweisen sollte.
Ich komme zur zweiten Frage, dem räumlichen Geltungsbereich. Eine Finanztransaktionssteuer macht aus der Sicht der Staatsregierung nur dann einen Sinn, wenn sie möglichst weltweit eingeführt wird. Eine Begrenzung auf nur wenige Länder oder nur die Europäische Union hätte ein Ausweichen auf andere internationale Börsen- und Finanzmarktplätze zur Folge.
Damit bestünde die Gefahr, dass deutsche und andere wichtige europäische Finanzplätze geschädigt würden. Dies kann nicht in unserem Interesse sein. Ich hielte es jedenfalls für unerträglich, wenn der Kleinsparer von einer Zusatzsteuer getroffen würde, nur weil er für sein Alter vorsorgt, während der mit großen Beträgen jonglierende Spekulant, der sein Geschäft beispielsweise von Singapur aus betreibt, von der Finanztransaktionssteuer verschont bliebe.