Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es verwundert nicht, dass sich die selbsternannten linken Friedensparteien in dieser Debatte nicht zu Wort gemeldet haben. Ich kann das verstehen: Wenn ein Konsens getroffen wird, jeden Antrag der NPD abzulehnen – ganz gleich, was dieser beinhaltet –, dann muss man entweder schweigen oder sich mit Pseudoargumenten die Wahrheit zurechtbiegen, die für eine solche Begründung herhalten muss.

CDU und FDP wie auch SPD sollten daran denken, dass in Deutschland nicht nur der Ausstieg aus der Atomenergie eine große parteiübergreifende Volksbewegung hervorgebracht hat, sondern die atomare Bedrohung Mitteleuropas durch amerikanische und sowjetische Atomraketen Anfang der Achtzigerjahre sogar zur größten deutschen Demonstration und letztlich zum Ende der Regierung Schmidt/Genscher geführt hat.

Die Präsenz amerikanischer Atomraketen ist spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges in Europa obsolet geworden. Diese Forderung, wie oftmals aus den Reihen

der CDU zu hören ist, ist kein primitiver antiamerikanischer Reflex, sondern ein Gebot der Stunde, und dies nicht nur aus innenpolitischen Gründen.

Peter Scholl-Latour, der mit seinen außenpolitischen Analysen seit mehr als drei Jahrzehnten recht behalten hat, hat in seinem letzten Buch im Jahr 2009 eindringlich vor einem erneuten Kalten Krieg, der diesmal eindeutig von den USA gegen Russland vorbereitet wird, gewarnt. Wir können uns dieser Warnung nur anschließen, denn für uns ist Russland kein Gegner, sondern ein potenzieller Verbündeter und ein wichtiger Handelspartner, insbesondere was Gas- und Ölvorkommen betrifft, auf deren verlässliche Lieferungen Deutschland nach dem Ende der Atomenergie umso stärker angewiesen sein wird. Auch deswegen bedarf es keiner weiteren Atomwaffen, weder in Polen noch in Deutschland. Sie, meine Damen und Herren der Union, werden sicherlich noch viele andere Gelegenheiten finden, Ihren amerikanischen Freunden die Stiefel zu küssen.

Es ist bekannt, dass keine der in diesem Landtag versammelten Parteien über genügend Rückgrat oder Selbstwertgefühl verfügt, um einen offenkundigen Mangel an Souveränität des eigenen Landes zu heilen.

Wenn Ihnen schon das nicht möglich ist, dann sollten Sie zumindest die Konsequenzen eines Einsatzes taktischer atomarer Waffen vom Typ der Freifallbomben im Auge behalten, von denen sich noch über 20 Stück auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz befinden. Jede dieser Bomben hat die sechsfache Sprengkraft der Hiroshima-Atombombe. Eine einzige dieser Bomben in dicht besiedelten Gebieten Mitteleuropas hätte ähnliche Folgen wie die Havarie der japanischen Atomreaktoren.

In diesem Zusammenhang sollten verantwortungsvolle Politiker auch den Abzug der in Ramstein und Spangdahlem stationierten amerikanischen Erdkampfbomber einfordern.

(Beifall bei der NPD)

Diese seit Jahrzehnten in Einsätzen befindlichen Unterstützungskampfflugzeuge für Bodentruppen haben in vielen illegalen völkerrechtswidrigen Kriegen der NATO Verwendung gefunden. Ich erinnere nur an den Krieg gegen Serbien 1999, wo deutsche Soldaten zum ersten Mal feige Luftangriffe fliegen ließen, und das ausgerechnet mit den GRÜNEN und unter der Führung von SPDKriegsminister Rudolf Scharping, dem ein halbwegs vernünftiger Mensch nicht einmal das Kommando über eine Kompanie der Heilsarmee anvertrauen würde.

(Beifall bei der NPD – Thomas Jurk, SPD: Das muss einen Ordnungsruf geben, Herr Präsident!)

Die Amerikaner setzten dort wie auch in Afghanistan und im Irak vom Flugzeug aus mit 30-Millimeter-Geschützen panzerbrechende Munition ein, die mit Uran 238 angereichert war und deshalb auf Sprengstoff verzichten konnte. Bereits im ersten Irak-Krieg 1991 wurden Hunderttausende dieser Uran-Geschosse abgefeuert, die tödlich strah

lende Nanopartikel mit erheblicher Strahlenbelastung freisetzten. Die Zivilbevölkerung im Irak war diesen Geschossen genauso schutzlos ausgeliefert wie die im Kosovo oder in Afghanistan. Diese Munition, von der allein ein Geschoss 270 Gramm Uran 238 enthält, steht im Verdacht, Ursache für radioaktive Verseuchung zu sein, für schwer heilende Wunden, Immunschwäche, Blutarmut, Krebs und Fehlbildungen bei Neugeborenen.

Aber nicht nur die von den Amerikanern völkerrechtswidrig angegriffenen Völker der Dritten Welt sind dieser mit dem Genfer Protokoll unvereinbaren Munition schutzlos ausgeliefert; auch die Deutschen mussten schon mehrfach unliebsame Bekanntschaft machen. Auf dem Truppenübungsplatz der amerikanischen Streitkräfte im oberpfälzischen Grafenwöhr kam es mehrfach zu Unfällen mit dieser Uran-Munition. 1987 und im Jahr 2001 wurden – angeblich irrtümlich – Uran-Geschosse auf deutschen Übungsplätzen verschossen. Am 8. Dezember 1988 stürzte ein Kampfflugzeug in Remscheider Wohnhäuser, wobei sieben Menschen ums Leben kamen und über 50 verletzt wurden. In der Folgezeit wurde in Remscheid eine Häufung von Krebserkrankungen, Leukämie und Erkrankungen des Immunsystems diagnostiziert.

Dies wären jedoch Ereignisse der Vergangenheit, wäre nicht am 1. April 2011 in der Nähe von Bernkastel-Kues wieder ein solcher Jet abgestürzt. Der mit Raketen und mehreren tausend Schuss uranverseuchter Munition bestückte Kampfjet war etwa 300 Meter vor dem Dorf Laufeld und 500 Meter von der Autobahn 11 entfernt in Flammen aufgegangen. Es ist ein Anschlag auf die Souveränität unseres Landes, meine Damen und Herren, wenn fremde Streitkräfte nach einem Flugzeugabsturz deutsches Territorium absperren und die Presse willfährig über dieses Ereignis völliges Stillschweigen bewahrt.

(Beifall bei der NPD)

Die Absturzstelle befindet sich übrigens direkt in der Einflugschneise von Spangdahlem, von wo aus amerikanische Kampfflugzeuge – mutmaßlich mit der besagten Uran-Munition – tagtäglich zu ihren destabilisierenden Kampfeinsätzen nach Libyen aufbrechen. Auch die libysche Bevölkerung hat ein Recht darauf, vom Einsatz dieser Munition verschont zu bleiben.

Aus diesem und den anderen vorhin genannten Gründen bitte ich Sie noch einmal eindringlich um die Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wünscht noch ein Abgeordneter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Dann das Schlusswort. Herr Gansel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die NPDFraktion diese ziemlich klägliche Debatte zusammenfas

sen: Immerhin hat ein Vertreter der anderen Fraktionen – Herr Schneider – genug Mark in den Knochen gehabt, sich überhaupt der Debatte zu stellen. Er hat zwar die altbekannten Phrasen christdemokratischer US-Hörigkeit vorgetragen, aber immerhin hat er die CDU-Position noch einmal klargestellt.

Verräterisch und entlarvend ist hingegen wieder einmal das Schweigen im linken Walde, obwohl doch links von mir angeblich die Anti-AKW-Parteien sitzen. Man merkt, dass auch auf atompolitischem Gebiet bei den Linksparteien die Auslandshörigkeit derart groß ist, dass sie sich selbst auf diesem Gebiet um jede klare Positionierung herumdrücken und ihre Glaubwürdigkeit verspielen.

Wir haben in den letzten Debatten schon gehört, dass die vereinte LINKE die Kritik an ausländischen Meilern – Schrottmeilern! – an Sachsens Grenzen scheut. Wir haben in den letzten Wochen erfahren, dass DIE LINKE vor Kritik am Euratom-Vertrag des Jahres 1957 zurückschreckt, weil man natürlich keine Kritik an den EUMächten äußern will. Atomkritik darf nicht geäußert werden, wenn atompolitische Entscheidungen von Brüssel diktiert oder abgesegnet werden. Wir haben soeben gehört, dass die Atomwaffenbedrohung durch die Amerikaner auf deutschem Boden für DIE LINKE keine Rolle

spielt, weil auch sie außenpolitisch längst im Banne der USA gefangen ist. DIE LINKE gibt ihre friedenspolitischen Grundsätze, die sie sonst rauf- und runterbetet, preis, sobald es darum geht, den großen Bündnispartner USA zu kritisieren. Sie sind also auch auf atompolitischem Gebiet Kapitulanten; Sie können die weiße Flagge hissen.

Sie alle müssten sich konsequenterweise Westernstiefel anziehen und einen Cowboyhut aufsetzen. Das wäre zwar eine besondere Form der Narrenkappe, aber die steht Ihnen.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, ich stelle Ihnen nun den Antrag in der Drucksache 5/6130 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einigen Dafür-Stimmen ist der Antrag in der Drucksache 5/6130 mehrheitlich nicht beschlossen worden.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 10

Fragestunde

Drucksache 5/6151

Die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtages liegen Ihnen als Drucksache 5/6151 vor. Die Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist Ihnen die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden. Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen hatten angeregt, die Fragen schriftlich zu beantworten. Die Staatsregierung hat dies so vorbereitet.

Mir liegt die Information vor, dass sich die Fragesteller zu den Fragen mit den laufenden Nummern 1 bis 10 diesem Vorschlag angeschlossen haben. Die Frage 12, gestellt von Herrn Lichdi, wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Damit werden nur die Fragen 11 und 13 hier im Plenum gestellt.

Ich bitte Frau Jähnigen, ihre Frage mit der laufenden Nummer 11 zu stellen.

(Unmutsbekundungen bei der CDU – Christian Piwarz, CDU: Super! Klasse!)

Bitte schön.

Meine Frage richtet sich auf die Überwachung des Fernmeldeverkehrs am 19. Februar 2011 durch die Polizei.

(Zurufe von der CDU: Ah!)

Hat die Polizei im Vorfeld, am und nach dem 19. Februar 2011 den Fernmeldeverkehr (insbesondere durch Telekommunikationsüberwachung, Funkzellenab- fragen etc.) zu präventiven Zwecken und/oder ohne richterliche bzw. staatsanwaltschaftliche Anordnung überwacht?

Herr Staatsminister Ulbig antwortet für die Staatsregierung.

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Jähnigen, die Antwort kann ich kurz machen: Nein. Im Sächsischen Polizeigesetz ist keine Rechtsgrundlage für eine präventive Telekommunikationsüberwachung vorgesehen.

Es gibt eine Nachfrage von Frau Jähnigen.

Ich möchte gern nachfragen. § 477 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 der Strafprozessordnung sieht vor, dass Daten, die in einem Ermittlungsverfahren zur Strafverfolgung erhoben worden sind, ohne richterliche Anordnung zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit an andere Stellen weitergeleitet werden können. Können Sie ausschließen, dass das mit solchen Daten geschehen ist, die in diesem Zusammen

hang vor oder am oder nach dem 19. Februar 2011 erhoben worden sind?

Frau Jähnigen, ich kann im Moment nicht erkennen, was diese Nachfrage mit Ihrer Ausgangsfrage zu tun hat.

Das kann ich erklären. Es geht in meiner Frage um die Verwendung von Daten zu präventiven Zwecken durch die Polizei. Da gibt es nicht nur Normen im Polizeigesetz, sondern auch – –

Frau Jähnigen, ich muss Sie unterbrechen und möchte Sie auf Folgendes hinweisen: In Anlage 5 Punkt 9 unserer Geschäftsordnung heißt es: „Der Fragesteller ist berechtigt, wenn die Anfrage mündlich beantwortet wird, bis zu zwei Zusatzfragen zu stellen. Bei den Zusatzfragen darf es sich nur um eine einzelne, nicht unterteilte Frage handeln. Zusatzfragen dürfen keine Feststellungen oder Wertungen enthalten.“