Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Frau Jähnigen, ich muss Sie unterbrechen und möchte Sie auf Folgendes hinweisen: In Anlage 5 Punkt 9 unserer Geschäftsordnung heißt es: „Der Fragesteller ist berechtigt, wenn die Anfrage mündlich beantwortet wird, bis zu zwei Zusatzfragen zu stellen. Bei den Zusatzfragen darf es sich nur um eine einzelne, nicht unterteilte Frage handeln. Zusatzfragen dürfen keine Feststellungen oder Wertungen enthalten.“

Ich bitte Sie, entsprechend der Geschäftsordnung, hier Anlage 5, so zu verfahren. Sie haben jetzt noch die Möglichkeit, eine weitere Nachfrage zu stellen, und der Herr Staatsminister hat die Möglichkeit, wenn er das möchte, diese Frage zu beantworten.

Frau Jähnigen, stellen Sie bitte jetzt Ihre zweite Nachfrage, sofern Sie das möchten.

Herr Präsident, ich würde die zweite Nachfrage gegebenenfalls stellen, wenn die erste Frage, die Sie auch zugelassen haben, beantwortet worden ist.

(Unruhe)

Frau Jähnigen, die Interpretation der Geschäftsordnung müssen Sie mir als amtierendem Präsidenten überlassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich habe entsprechend Anlage 5 der Geschäftsordnung auf der Grundlage von § 53 der Geschäftsordnung gehandelt. Sie haben nur noch die Möglichkeit, eine zweite Nachfrage zu stellen. Sollten Sie von Ihrem Recht als Abgeordnete nicht Gebrauch machen, sind die beiden Anfragen entsprechend Anlage 5 Punkt 9 aufgebraucht, und Herr Ulbig ist, sofern kein weiterer Abgeordneter Nachfragen hat, zu diesem Punkt erst einmal entlassen.

Herr Präsident, nur damit ich das richtig verstehe: – –

Da gibt es keine Diskussion! Frau Jähnigen, entweder Sie stellen jetzt noch eine zweite Nachfrage oder ich entziehe Ihnen das Wort.

Ich stelle sie gleich. Sie haben – –

Frau Jähnigen, ich entziehe Ihnen das Wort!

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Lebhafter Widerspruch bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es besteht die Möglichkeit, dass ein anderer – –

(Anhaltende Unruhe bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie können ruhig bleiben. Wir führen nur das fort, was die Geschäftsordnung uns vorschreibt. Es besteht die Möglichkeit, dass ein anderer Abgeordneter außer Frau Jähnigen von seinem Fragerecht Gebrauch macht. Ich frage: Möchte das ein Abgeordneter?

Ich weise noch einmal darauf hin, dass die gleiche Verfahrensweise auch für weitere Fragen an Mitglieder der Staatsregierung gilt. Sie können also zwei Nachfragen stellen. Die Entscheidung hierüber obliegt mir. Ich brauche auch keine weiteren Fragen zuzulassen.

(Zuruf des Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Herr Lichdi, Sie dürfen gern eine Frage stellen.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Sie hat sie nicht stellen können!)

Vielen Dank. – Herr Staatsminister, können Sie ausschließen, dass die zu strafprozessualen Zwecken erhobenen Daten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, in irgendeiner Form, aus welchem Rechtsgrund auch immer, der Polizei am Tage des 19. Februar zu Einsatzzwecken zur Verfügung gestellt wurden?

Ich kann Ihnen auf diese Frage keine konkrete Antwort geben und würde eine schriftliche Antwort nachreichen.

Dafür würde ich mich sehr bedanken, wenn Sie das tun würden. Können Sie vielleicht einen Zeitrahmen angeben?

Ich kann im Moment den dafür erforderlichen Aufwand nicht überblicken und kann Ihnen deshalb auch keinen Zeitrahmen benennen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Frage 13. Herr Lichdi, bitte.

(Unruhe)

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Frage bezieht sich auf den Einsatz von sogenannten IMSI-Catchern am und um den 19. Februar 2011.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Inwiefern wurden im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen am 19. Februar 2011 in Dresden, am 19. Februar 2011 bzw. im Nachgang des 19. Februar 2011 sogenannte IMSI-Catcher a) eingesetzt, b) die erworbenen Daten, insbesondere IMSI und IMEI, mit jeweils welchen Datensätzen abgeglichen, c) gespeichert bzw. zwischenzeitlich gelöscht? Ich bitte um Angabe der Anzahl und der Standorte der IMSI-Catcher und der jeweiligen Rechtsgrundlagen.

2. Wurden mittels IMSI-Catcher und entsprechender Software die ausgehenden Gespräche der eingebuchten Mobiltelefone abgehört?

Die Fragen an die Staatsregierung sind gestellt. Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Herr Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Lichdi, ich möchte im ersten Teil die Fragen 1 und 2 zusammenfassen und dazu das wiederholen, was ich gestern schon ausgeführt habe.

Die Polizeidirektion Dresden hat am 19. Februar 2011 in Dresden keine IMSI-Catcher im Einsatz gehabt. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass durch andere Dienststellen ein IMSI-Catcher eingesetzt wurde.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Durch welche denn?)

Mir liegt eine Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Dresden vor. Da ich sie gerade zur Kenntnis bekommen habe, möchte ich Ihnen diese Information nicht vorenthalten und zitiere jetzt aus dieser Presseerklärung:

„Aufgrund der heutigen Presseberichterstattung, die bedauerlicherweise auf konkrete Ermittlungshandlungen in einem bei der Staatsanwaltschaft Dresden geführten Verfahren eingeht, teilen wir mit: Die Polizeidirektion Dresden hat nach unserer Kenntnis keinen IMSI-Catcher im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen am 19. Februar 2011 eingesetzt. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Dresden wurde in einem seit längerer Zeit beim LKA Sachsen geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ein IMSI-Catcher am 19.02.2011 zur Lokalisierung von zwei konkret bekannten Funknummern aufgrund richterlichen Beschlusses eingesetzt. Mit dem IMSI-Catcher wurden Gesprächsinhalte oder SMS weder erhoben noch mitgehört oder mitgelesen. Aufgrund weiterer richterlicher Anordnung erfolgte zudem die Überwachung dieser beiden Nummern hinsichtlich der Gesprächs- und Nachrichteninhalte. Diese Maßnahmen erfolgten unabhängig von den gerichtlichen Anordnungen am 22./23.02.2011 und 25.02.2011 zur Zulassung von Funkzellenabfragen zur nachträglichen Sicherung von Verkehrsdaten.

Der IMSI-Catcher wurde nicht in dem bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren wegen des

schweren Landfriedensbruches am 19.02.2011 eingesetzt. Der Einsatz des IMSI-Catchers und die Überwachung der zwei Funknummern wurden heute auf Bitten des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa nochmals durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten überprüft, der danach aus seiner Sicht keine Bedenken gegen die Maßnahmen im Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung erhoben hat.

Bisher durfte der oben genannte Sachverhalt nicht öffentlich gemacht werden, weil dies die Ermittlungen gefährden konnte. Darauf haben wir das Sächsische Staatsministerium für Justiz und Europa ausdrücklich hingewiesen. Nach den heutigen Veröffentlichungen ist dieser Zweck entfallen. Weitere Auskünfte können aufgrund der laufenden Ermittlungen weiterhin nicht erteilt werden. Wegen des Gegenstandes des Verfahrens verweise ich auf unsere Pressemitteilung vom 12.04.2001.“ Sie war dieser Pressemitteilung als Anlage beigefügt.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Am 12.04.2001?)

Entschuldigung, da habe ich offenkundig etwas nicht korrekt gesagt: am 12.04.2011.

Das ist das Ende. Dann hat es noch der Oberstaatsanwalt als Pressesprecher unterzeichnet.

Herr Lichdi, Sie möchten jetzt gern noch eine Zusatzfrage stellen? Dazu haben Sie natürlich Gelegenheit.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Staatsminister, für die Verlesung der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. Darauf haben Sie selbstverständlich keinen Einfluss. Aber ich gehe davon aus, dass das Landeskriminalamt Ihnen unterstellt ist. Von daher frage ich Sie: Haben Sie sich mit diesem Sachverhalt, den jetzt die Staatsanwaltschaft Dresden mitteilt, in eigener Zuständigkeit vertraut gemacht und sich dazu eine eigene Einschätzung gebildet?

Nein, das habe ich nicht getan. Sie wissen, wie das in solchen Verfahren ist. Entsprechend § 161 der Strafprozessordnung ist die Staatsanwaltschaft federführend und die Kollegen des Landeskriminalamtes sind dort entsprechende Ermittlungsbeamte. Ich habe mich über diesen Sachverhalt nicht unterrichten lassen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Herr Lichdi, Sie können jetzt noch eine Zusatzfrage stellen, wenn Sie möchten.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wenn ich Sie bzw. die Staatsanwaltschaft Dresden recht verstanden habe, bestreitet die Staatsanwaltschaft Dresden, dass im Zuge dieses IMSI-Catcher-Einsatzes zur Lokalisierung von zwei Mobilfunknummern Inhalte –

Gesprächsinhalte und SMS-Inhalte – aufgenommen und verwertet wurden. Habe ich Sie da richtig verstanden?