Die einbringende Fraktion der NPD ergreift erneut das Wort. Das Wort hat der Abg. Schimmer. Sie haben noch anderthalb Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss noch eine sicherlich unverdächtige Stimme zitieren, nämlich den Parlamentspräsidenten der Slowakei Richard Sulik, der in der „Jungen Freiheit“ vom 8. Oktober 2011 Folgendes gesagt hat, was Sie sich alle ins Stammbuch schreiben sollten: „Verglichen mit dem, was im Begriff ist zu entstehen, war der von der Sowjetunion diktierte sozialistische Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) nur ein Kaffeekränzchen. Hat jemand überhaupt die Leute gefragt, ob sie das wirklich wollen? Sämtliche Umfragen haben ein eindeutiges Ergebnis: Die Leute möchten keinen EuroRettungsschirm.“
Mit dieser Stimme von Richard Sulik, einem Parlamentspräsidenten einer anderen europäischen Nation, möchte ich schließen. Diese Stimme bestärkt mich in der Auffassung, dass die wirklichen Verteidiger der Freiheit im heutigen Europa die Nationalen sind, die nicht hinnehmen wollen, dass von Brüssel oder von Luxemburg aus ein Diktat über alle europäischen Völker gestülpt wird.
Dagegen wird sich die NPD immer aussprechen. Wir treten für das Europa der Vaterländer, für ein freies Deutschland, für ein freies Europa ein.
Für die einbringende NPD-Fraktion sprach der Abg. Schimmer. Wir haben jetzt keinen Redebedarf mehr aus den Fraktionen. Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Das Wort ergreift für die Staatsregierung Herr Staatsminister Prof. Unland.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Dass finanzpolitische Themen in der Öffentlichkeit diskutiert werden, kommt relativ selten vor. Aber seit über drei Jahren merken unsere Bürger, dass auf diesem Gebiet etwas passiert, was sie vollumfänglich nicht mehr verstehen. Sie sind beunruhigt. Sie wissen auch nicht genau, was auf sie zukommt.
Seit über drei Jahren schwelt die Finanzkrise, manchmal unterhalb der Oberfläche, aber manchmal bricht sie auch
wieder aus. Wenn ich ganz ehrlich sein soll: Die Finanzkrise ist auch noch nicht gemeistert. Die Ursachen sind inzwischen bekannt und die Analyse ist abgeschlossen. Ich möchte ganz einfach nur auf zwei Hauptursachen hinweisen.
Es sind Bankgeschäftsmodelle erlaubt worden, die über das hinausgehen, was vor einigen Jahren üblich war, und es sind neuartige Finanzprodukte zugelassen worden.
Eine zweite Hauptursache war und ist die verstärkte öffentliche Verschuldung. Wenn man sich das weltweit anschaut, dann ist es zum Teil nicht nur die öffentliche, sondern auch die private Verschuldung, wenn wir uns beispielsweise die USA anschauen. Das hat inzwischen auch in Europa zu gewaltigen finanziellen Verwerfungen geführt und als Reaktion darauf auch zu zahlreichen Rettungsmaßnahmen. Wenn diese schiefgehen, dann ist nicht nur die junge Generation betroffen, sondern alle Bevölkerungsschichten haben dann die negativen Auswirkungen zu tragen.
In der Zwischenzeit sind aber wichtige Maßnahmen beschlossen worden, um die Finanzkrise zu meistern. Wir wissen, sie sind noch nicht ausreichend, aber sie gehen in die richtige Richtung.
Ich möchte in dieser Rede nur auf zwei Dinge eingehen. Im Grunde genommen müsste man hier vertiefend länger sprechen.
Die erste Maßnahme ist die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Das Europäische Parlament hat am 28. September 2011 beschlossen, dass die Sanktionen für unsolide Haushaltspolitik verschärft werden. Die Sanktionen können sich inzwischen zu Geldstrafen auswachsen. Diese Sanktionen können nicht nur allein von der Kommission ausgesprochen werden, sondern sie laufen inzwischen automatisch. Sie können nur noch mit Zweidrittelmehrheit des Finanzministerrates gekippt werden.
Eine zweite Maßnahme ist die Schuldenbremse. Hier haben sich die europäischen Staaten verpflichtet, eine Schuldenbremse in nationales Recht umzusetzen. Bisher ist das in Deutschland erfolgt, aber auch in Ländern wie Spanien. Deutschland hat hierbei eine Vorbildfunktion übernommen. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn das auf Länderebene auch umgesetzt wird. Wir machen uns nichts vor: Langfristig kann die Überforderung der jungen Generation nur verhindert werden, wenn wir das Schuldenmachen verbieten. Eine Schuldenbremse kann deshalb auch ein wichtiges Argument für mehr Generationengerechtigkeit sein.
Wie sieht nun die Realität in Sachsen aus? Seit 2006 werden keine neuen Schulden mehr aufgenommen. Nein, es werden sogar Schulden getilgt. Wir versuchen den Schuldenstand pro Kopf der Bevölkerung konstant zu halten. Weiterhin haben wir den Generationenfonds eingerichtet. Damit finanzieren wir zukünftige Lasten auf Pensionsverpflichtungen ab.
Um es deutlich zu machen: Sachsen tut heute schon sein Mögliches, um die zukünftige Generation davor zu schützen, dass die eingegangenen Verpflichtungen nicht weiter auf die zukünftige Generation abgewälzt werden.
An diesem generationengerechten Kurs werden wir festhalten, und zwar trotz der Schuldenkrise, trotz der Finanzkrise oder, ich will es vielleicht noch härter formulieren, gerade wegen der Schulden- und Finanzkrise.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir treten in eine 45minütige Mittagspause ein – darauf haben wir uns im Präsidium verständigt – und sehen uns 13:00 Uhr hier wieder.
Als Einbringerin spricht zuerst die Fraktion DIE LINKE. Es folgen in der ersten Runde CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau Klepsch, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen – zumindest die, die da sind! Ihnen ist das Thema Kinder und Jugendliche wichtig. Das ehrt Sie. Ich denke, wir fangen trotzdem einfach an, vielleicht kommen einige der Kolleginnen und Kollegen noch im Laufe der Rede dazu.
Als das „Jugendpolitische Programm“ vor 15 Jahren unter dem damaligen Sozialminister Hans Geisler beschlossen wurde, befand sich die Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen noch in der Aufbauphase. Der Übergang von einem zentralstaatlichen Netz an Jugend- und Fürsorgeeinrichtungen zu einer durch Trägervielfalt geprägten Struktur nach dem modernen und erst wenige Jahre alten SGB VIII prägte den Beginn und die Mitte der Neunzigerjahre.
Eingebettet in diesen gesellschaftlichen Transformationsprozess der Neunzigerjahre wurde in Sachsen die Kinder- und Jugendhilfelandschaft bekanntlich neu aufgestellt, nicht zuletzt auch durch das konstruktive Ringen der verschiedenen politischen Lager um den richtigen Weg. Trotzdem ist Sachsen wie auch die anderen Bundesländer
im Osten noch heute durch eine kleinteilige Trägerlandschaft an Vereinen geprägt und unterscheidet sich damit deutlich von Bundesländern wie Bayern und BadenWürttemberg.
Bei allem Stolz auf das Erreichte, den einige im Saal, wenn sie anwesend wären, empfinden könnten, gilt es doch Bilanz zu ziehen und zu evaluieren, was die Gegenwart und Zukunft der Kinder- und Jugendpolitik angeht.
Weil die Anzahl der Kinder und Jugendlichen gerade im ländlichen Raum bekanntlich zurückgeht – wir haben es heute früh in der Aktuellen Debatte diskutiert – und sich die Zahl der unter 27-Jährigen in der demografischen Debatte als Minderheit wiederfindet, müssen wir aus unserer Sicht verstärkt auf ganzheitliche Konzepte setzen und nicht nur den Rückbau und Wegfall von Strukturen als Selbstlauf hinnehmen.
Der Vergleich der sozialen Standards in Sachsen mit anderen Bundesländern auf Anregung meiner Fraktion hat erst kürzlich deutlich gemacht, dass in Sachsen die Armutsgefährdungsquote höher ist als in benachbarten Ländern wie Thüringen und Brandenburg. Davon sind insbesondere der Landkreis Görlitz und die Stadt Leipzig betroffen. Die Kinder- und Jugendhilfe und damit der Freistaat als überörtlicher Träger hat hier eine besondere Verantwortung, was die Bereitstellung von Angeboten und Einrichtungen und deren Weiterentwicklung betrifft.
Im „Jugendpolitischen Programm“ von 1996 stellte sich die Staatsregierung noch das Ziel, die bis dato überwiegend in öffentlicher Trägerschaft befindlichen Dienste
und Einrichtungen in die freie Trägerschaft von Vereinen und Verbänden zu überführen. Dieser Schritt ist längst gelungen und auch das benötigte Fachpersonal konnte dafür qualifiziert oder neu ausgebildet werden.
Heute – 15 Jahre später – ist die viel beschworene Trägervielfalt durch finanzpolitische Entscheidungen und durch eine jugendpolitische Konzeptionslosigkeit in die Schieflage geraten. Teilzeitbeschäftigung und untertarifliche Bezahlung müssen zur Haushaltskonsolidierung der Träger beitragen. Befristete Stellen nehmen immer mehr zu und machen das Arbeitsfeld unattraktiv, wie eine Umfrage der AGJF (Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeit- stätten) im Rahmen des Projektes „Respekt“ unter acht freien Trägern ergab.