Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der LINKEN ist eine Mischung aus Dilettantismus und Unverfrorenheit, was es einem relativ schwer macht, sich mit diesem Antrag sachlich auseinanderzusetzen.

Ich beginne mit dem halbgaren Ansinnen, in Sachsen eine unabhängige Untersuchungskommission zur Aufklärung der Mitverantwortung sächsischer Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden zu bilden. Hier muss ich ausnahmsweise die Fragen meines Vorredners aufgreifen. Was soll eine derartige unabhängige Untersuchungskommission denn konkret überhaupt leisten? DIE LINKE macht ja nicht einmal Vorschläge, wer in dieser ominösen Kommission Mitglied werden soll. Wie sollen Landtag und Staatsregierung gemeinsam eine Kommission einsetzen, die es in der Verfassung des Freistaates Sachsen gar nicht gibt und die nicht vorgesehen ist? Was soll dieses informelle Gremium als zahnloser Tiger, wenn DIE LINKE mit ihrer eigenen Fraktionsstärke auch einen Untersuchungsausschuss beantragen könnte?

(Beifall bei der NPD)

Das ist nämlich die wirkliche Kernfrage: Warum haben Sie nicht genügend Schneid, mit Ihrer Mann- und Frauenstärke den Untersuchungsausschuss, den Sie mit Ihrem Quorum einrichten könnten, auch zu beantragen? Stattdessen dieser zahnlose Tiger und das Werfen mit Nebelkerzen. Sie wissen doch ganz genau, dass ein klassischer Untersuchungsausschuss, den Sie mit dem nötigen Quorum einrichten könnten, sehr viel mehr Kompetenzen hätte und viel mehr Licht ins Dunkel bringen könnte als diese halbgare Kommission, deren Einforderung übrigens schon überholt ist, weil vergangene Woche beschlossen wurde, eine solche Untersuchungskommission mit vier Vertretern aus Bund und Ländern zu bilden.

Auf Bundesebene sollen die GRÜNEN in die vierköpfige Untersuchungskommission eingebunden werden, damit sie nicht auf die Idee kommen, eventuell mit den LINKEN einen Untersuchungsausschuss im Bundestag zu beantragen, was aber noch offen ist. Auf jeden Fall ist dies wieder ein Beispiel für politische Kungelei und geht zulasten eines wirklichen Aufklärungswillens.

Wie skeptisch nicht nur die NPD-Fraktion diese Kommission sieht, zeigt übrigens auch eine Aussage des GrünenBundestagsabgeordneten Ströbele gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 10. Dezember 2011. Dort erklärte er: „Wir sehen in der Kommission den Versuch, die Öffentlichkeit zu scheuen. Damit sind wir nicht einverstanden.“

Genau diesen Eindruck hat man auch bei den LINKEN, die ebendieses „scheue“ Verfahren hier in den Landtag einbringen wollen. Doch was Ihr Vorturner Gysi auf Bundesebene längst vorhat, nämlich einen Untersuchungsausschuss, das will die sächsische LINKE überhaupt nicht. Den LINKEN hier im Hause geht es gar nicht um die Aufklärung von Geheimdienstmachenschaften, vor allem nicht um die Aufklärung der Machenschaften des Verfassungsschutzes, der, wie jeder kritische Bürger weiß, nicht etwa die Verfassung schützt, sondern die Herrschenden vor unliebsamen Oppositionskräften.

(Beifall bei der NPD)

DIE LINKE will auch in diesem Landtag nur eines: antirechte Agitation betreiben und ein NPD-Verbotsverfahren mit allen haarsträubenden Begründungen und Scheinbegründungen herbeiführen.

Frau Köditz kann sich trotz ihres beträchtlichen Körpergewichtes vor Freude kaum noch auf ihrem Stuhl halten wegen des massenmedialen Interesses, das sie plötzlich als angebliche Rechtsextremismusexpertin erfährt. Dabei spielt es gar keine Rolle, welchen verschwörungstheoretischen Schwachsinn sie konkret absondert. Die rote Miss Marple hat in ihrem Übereifer selbst ihren eigenen Genossen keinen Gefallen getan, als sie in der letzten Woche auf der Internetseite ihrer Fraktion ein Dossier über eine politisch ziemlich zwielichtige Figur veröffentlichte, eine Person, die angeblich NPD-Mitglied gewesen sein soll, obwohl diese Person immer wieder gegen die NPD agitiert hat. Wie Sie wissen, sind wir dagegen vorgegangen. Mittlerweile haben Sie dieses verleumderische und unwahre Dossier auch von Ihrer Fraktionsseite entfernt. – So viel zu Ihrer Vorgehensweise.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Er war NPD-Mitglied!)

Das ist er definitiv nicht gewesen. Warum ist das Dokument dann von Ihrer Netzseite verschwunden? Diese Type aus Thüringen war niemals NPD-Mitglied. So viel zu Ihrer „seriösen“ Arbeitsweise. Sie können sich ja gleich noch zu Wort melden oder Ihren SED-StasiAdvokaten beauftragen. Sehr geehrte Damen und Herren! Beim Vorwärtstreiben eines NPD-Verbotes können geheimdienstliche Verwicklungen natürlich nur stören.

Deswegen unternimmt DIE LINKE in diesem Landtag auch gar keinen ernsthaften Versuch zur Aufklärung, sondern schlägt reihenweise untaugliche Mittel vor.

Was sagt Frau Köditz eigentlich – ich habe bisher dazu noch nichts vernommen –, was sagt Miss Marple dazu, dass nach neuesten Ermittlungen und einem Bericht des „Tagesspiegels“ ein V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes im dringenden Verdacht steht, 1999 Kontakt zur Terrorzelle unterhalten und sie sogar mit 500 DM unterstützt zu haben? Zu dieser offensichtlichen V-MannVerstrickung hört man natürlich auch vonseiten der Linksfraktion nichts.

Wo die Linksfraktion ausnahmsweise etwas Sinnvolles fordert, hat sie es von der NPD abgekupfert. Ich komme jetzt auf unseren Antrag zu sprechen, den wir bereits am 24. November 2011 eingebracht haben. Gut und richtig ist nach NPD-Auffassung immerhin der Abschnitt II im Antrag der LINKEN. Insbesondere teilen wir die Forderung der Suspendierung des Verfassungsschutzchefs Reinhard Boos. Wir teilen auch die Forderung nach einem Ausschluss weiterer VS-Bediensteter von der Untersuchungstätigkeit im Zusammenhang mit der Terrorzelle.

Genau das haben wir, meine Damen und Herren, schon in unserem Dringlichen Antrag vom 24. November 2011 in der Drucksache 5/7547 gefordert. Das haben auch die Abgeordneten der Linksfraktion im Ausschuss mit der denkbar schlichten bornierten Begründung abgelehnt, der Antrag komme von der NPD. Dümmer geht es nun wirklich nicht. Sie sollten nicht davon ausgehen, dass diese sachfremde Destruktionshaltung von Ihren Wählern honoriert wird.

Statt zumindest über unseren Antrag sachlich zu diskutieren, übte sich DIE LINKE am 24. November 2011 wie alle anderen Blockparteien in einer fast schon unpolitischen Verweigerungshaltung. Im konkreten Fall eint alle scheindemokratischen Fraktionen natürlich das heiß ersehnte Ziel eines NPD-Verbotes. Das ist natürlich in Ihrer ganz eigenen machtpolitischen Logik. Denn gäbe es irgendwann einmal ein NPD-Verbot, dann gäbe es keine lästige unbequeme Opposition von Rechts mehr, die die Finger in die Wunden Ihrer antideutschen Politik legt und das anspricht, was die Menschen in diesem Land wirklich umtreibt: nämlich Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne, Schuldenkrise, Inflationsangst, Eurowahnsinn und die Auspressung des deutschen Steuerzahlers für südeuropäische Pleitestaaten.

Alles das, was unser Volk wirklich bewegt, was durch die etablierten Parteien im Bundestag und in den Länderparlamenten politisch verbrochen und was durch die etablierten Medien verschleiert wird, alles das würde dann in den Parlamenten selbstverständlich nicht mehr zur Sprache gebracht werden, wenn Ihnen eines Tages das NPDVerbot gelingen würde. Aber ich bin absolut zuversichtlich, dass Ihnen das niemals gelingen wird; denn eine Partei, die nichts Verbotenes tut, kann auch nicht verboten werden, so lange jedenfalls nicht, wie alles rechtsstaatlich zugeht.

Meine Damen und Herren! Auch mit dem letzten Punkt des Abschnitts II ist die NPD-Fraktion einverstanden. Eigentlich sollte es nämlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Landesbediensteten Aussagegenehmigungen gegenüber Untersuchungsgremien des Bundes und der Bundesländer bekommen. Durch die Verweigerung von Aussagegenehmigungen ist schon jetzt der ungute Eindruck entstanden, dass die Staatsregierung gar kein Licht ins Dunkel der sogenannten Döner-Morde bringen will, geschweige denn, dass die Staatsregierung den Geheimdienstsumpf trockenlegen will. Es pfeifen doch längst die Spatzen von den Dächern, dass der Sächsische Verfassungsschutz viel mehr über das jahrelange Treiben des Mördertrios weiß, als der biedere Herr Boos öffentlich und auch hinter verschlossenen Türen der PKK zugibt.

Da der Antrag der LINKEN durchaus unterstützungswerte Forderungen enthält, Forderungen, die wir erwähnterweise schon am 24. November 2011 zur Sprache gebracht haben, beantrage auch ich eine getrennte Abstimmung über den Punkt II. Wir werden der Suspendierung des Verfassungsschutzpräsidenten natürlich zustimmen. Bei allen anderen Punkten werden wir uns enthalten, weil ganz offensichtlich ist, dass die Linksfraktion kein wirkliches Aufklärungsinteresse hat, da sie auf bestimmte Art und Weise – darauf kommen wir morgen noch in unserer Aktuellen Debatte zu sprechen – das schmutzige Geschäft des Sächsischen Verfassungsschutzes mit betreibt.

(Beifall bei der NPD)

Herr Abg. Gansel, ich behalte mir vor, gegen Sie einen Ordnungsruf auszusprechen. Ich werde dazu aber erst noch die Niederschrift einsehen. Ich habe Sie im Vorfeld ermahnt, keine persönlichen Beleidigungen gegenüber Abgeordneten auszusprechen. Sollte das hier der Fall gewesen sein, mache ich von meinem Recht, einen Ordnungsruf zu verhängen, Gebrauch.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Ich frage: Gibt es weiteren Redebedarf seitens der Fraktionen? – Herr Abg. Gebhardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Herr Bandmann, es hat mich nicht wirklich überrascht, welche Argumente Sie vorgetragen haben, eine Untersuchungskommission zu verhindern – bei allem Respekt davor, darüber habe ich ja gesprochen, dass wir abwarten müssten, was uns die Untersuchungsergebnisse sagen werden. Klar aber ist doch eines: Wenn der Verfassungsschutz etwas gewusst hat und wir haben elf Jahre lang zusehen müssen, dass Morde in diesem Land passieren, dann hat der Verfassungsschutz versagt. Wenn der Verfassungsschutz aus Sachsen nichts wusste, dann hat er auch versagt. Es ist relativ eindeutig, dass diese Behörde in dem Fall bei den Aufklärungsmöglichkeiten, die sie hat, völlig versagte.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Wenn Sie so gern darum bitten, dass sich die Mitte der Gesellschaft endlich dazu äußern möge und nicht zuschauen soll, wie sie das in den letzten Jahren gemacht hat, Herr Bandmann, dann will ich Sie noch einmal daran erinnern: Ihr Ministerpräsident, der Ministerpräsident aller Sachsen, war am 18. November 2011 in Zwickau. Was macht der Ministerpräsident in der Stadt Zwickau? – Er schaut sich ein Werk an. Was macht er an dem Tag nicht? – Er äußert sich überhaupt nicht zu den Vorfällen, die es in Zwickau gab. Die Antwort der Staatsregierung darauf ist:

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das hat er doch vor dem CDU-Landesparteitag gemacht. Na toll! Das heißt also, der Ministerpräsident sagt vor ausgewählten CDU-Politikern in diesem Land seine Meinung zu der Terrorzelle. Das ist ja toll! Das ist das, was in der Mitte der Gesellschaft ist, und wir wollen uns dazu äußern.

Wenn Sie die Mitte der Gesellschaft einfordern, Herr Bandmann, dann tun Sie das bitte beginnend bei Ihren Bürgermeistern, die in den letzten Wochen noch abgestritten haben, dass es in Limbach-Oberfrohna rechtsradikale Übergriffe gegeben hat. Der Oberbürgermeister hat sich hingestellt und gesagt, das sind Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Jugendlichen. Aber es hat mit Rechtsradikalen nichts zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt fordert er plötzlich ein Verbot der NPD. Wie absurd ist das denn?

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Es ist relativ einfach, der NPD geistige Brandstiftung zu unterstellen. Darin sind wir uns relativ schnell einig. Aber wenn wir gemeinsam sagen, das sind die geistigen Brandstifter, machen wir uns frei davon, dass wir damit nichts zu tun haben.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Wir sind in diesem Land auch dafür verantwortlich, dass es diese Morde gegeben hat.

(Zurufe von der NPD)

Ruhe da drüben! – Ich will Ihnen noch einmal die wichtigsten Fragen in Erinnerung rufen, warum wir der Meinung sind, dass wir diese Untersuchungskommission brauchen:

(Jürgen Gansel, NPD: 17 Millionen habt ihr eingekerkert!)

Was wussten die sächsischen Behörden seit Anfang der Neunzigerjahre bzw. von welchem Zeitpunkt an über die Mitglieder der NSU und deren Kontakte zur rechtsextremen Szene? Welche im Freistaat Sachsen begangenen bzw. nachweislich von diesen ausgehenden strafrechtli

chen Handlungen konnten ermittelt werden? Mit welchen Ergebnissen wurden die Ermittlungen betrieben bzw. aus welchen Gründen blieben sie erfolglos?

Wann, auf welcher Grundlage und zu welchem Tatverdacht unter wessen Ermittlungsleitungen führten sächsische Strafverfolgungsbehörden Ermittlungshandlungen, Überwachungsmaßnahmen und Ähnliches gegenüber dem Zwickauer Trio und seinen Unterstützern durch? Warum kam es, obwohl es gelang, am 15. Mai 2000 in Chemnitz Zielfotos und am 29 September wiederum in Chemnitz Printfotos per Videoaufzeichnung von Vertretern des Trios anzufertigen, nicht zum finalen Zugriff?

Haben sich Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe ähnlich, wie bereits Ende 1999 in Thüringen geschehen, direkt oder über ihre anwaltlichen Vertreter an Mitarbeiter der sächsischen Justiz oder der Polizei gewandt, um in Verhandlungen zur Rückkehr aus der Illegalität in die Legalität zu treten, und wie wurde darauf reagiert? Welche Hinweise für organisatorische und strukturelle Defizite von Behörden und ihrer Zusammenarbeit sind ersichtlich? Hat sich das im Jahr 2003 von der damals allein regierenden CDU per Gesetz geschaffene Referat für die Beobachtung organisierter Kriminalität beim Landesamt für Verfassungsschutz, das UK-Referat 33/34,

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

bis zu seiner Auflösung im Jahr 2006 auch oder gerade mit der Beobachtung dieses kriminellen Phänomenen gerechten Terrorismus der NSU befasst, und wenn nein, warum nicht? Wenn dieses UK-Referat beim Verfassungsschutz, das in den Debatten bei dem vermeintlichen Sachsen-Sumpf stets mit der Erklärung gerechtfertigt wurde, man beobachte Strukturen der organisierten Kriminalität, die eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellten, eine Daseinsberechtigung hatte, war das wohl doch, solche Leute zu beobachten, wie die von der rechten Terrorzelle, der NSU.

Wir fordern eine grundlegende öffentliche und nachvollziehbare Aufklärung der Vorfälle und des Versagens der zuständigen Behörden. Zentral dabei ist, dass der Charakter der Aufklärung nicht geheim unter Einbeziehung, sondern die Einbeziehung von unabhängigen Fachleuten – – Genau das ist der Unterschied, lieber Kollege Biesok –, dass die PKK nichts aufklären kann. Sie können sich Akten vorlegen lassen. Aber in der PKK wird nichts aufgeklärt.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abg. Bandmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das, was Sie noch einmal zusammengefasst haben, geht nicht über das hinaus, was wir gemeinsam hier im Parlament im Entschließungsantrag festgeschrieben haben. Ich denke, die Zielrichtung ist klar. Aber über eines müssen Sie, meine Damen und Herren,

sich auch im Klaren sein: Wenn es an die Veränderung der Strukturen geht, kann das bedeuten, in Bezug auf die Grundrechte und Freiheitsrechte zu überprüfen, ob wir mit diesen Möglichkeiten den starken Staat in die Lage versetzen, dass er die Vorratsdatenspeicherung hat, dass er in der Lage ist, auf Telefondaten zurückzugreifen und dass er die Möglichkeit hat, mit entsprechenden Telekommunikationsauswertungen diese Strukturen zu erhellen.

Diese Frage wird auf den Prüfstand kommen.