Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Sind weitere Wortmeldungen seitens der Fraktionen gewünscht? Herr Weichert, Sie haben noch 50 Sekunden. – Das ist nicht der Fall. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Herr Staatsminister Prof. Dr. Unland, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist klar: Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat im sächsischen Haushalt in Form von enormen Steuerrückgängen in den Jahren 2009 und 2010 deutliche Spuren hinterlassen. Zur Bewältigung dieser Steuerausfälle und zur Sicherstellung des Haushaltsausgleiches stehen dem Finanzminister verschiedene haushaltsrechtliche Instrumente zur Verfügung.

Ein Nachtragshaushalt ist dann erforderlich, wenn die Regierung den vom Parlament beschlossenen Haushalt auch bei Nutzung aller haushaltsrechtlich zulässigen Instrumente nicht mehr vollziehen kann. Die bestehenden Instrumente reichen jedoch aus. Schauen wir uns diese Instrumente einmal an.

Erstens. Im Jahr 2009 gab es eine Haushaltssperre in Höhe von 94 Millionen Euro, wenn wir die Einzelpläne 14 und 15 einmal außer Acht lassen. Im Jahr 2010 wird es eine Sperre in Höhe von 100 Millionen Euro geben. Die Sperre wird die laufenden Ausgaben betreffen. Bei welchen Haushaltstiteln diese Beträge im Einzelnen erbracht werden, wird den Ressorts obliegen und steht derzeit somit auch noch nicht fest. Ausgenommen von den Sperren sind jedoch die Investitionen.

Zweitens. Ergänzend zur Sperre von Ausgaben wird es eine Sperre von Verpflichtungsermächtigungen geben. Das bedeutet, dass ein Teil der Verpflichtungen, die im Jahr 2010 abgeschlossen werden sollen, aber erst in künftigen Jahren zu Ausgaben führen, nicht eingegangen werden kann. Damit wird vor allem für den Doppelhaushalt 2011/2012 ein Beitrag für strukturelle Einsparungen geleistet.

Drittens. Darüber hinaus wird mein Haus einen strengen Maßstab bei der Resteprüfung anlegen. Hieraus können weitere Haushaltsentlastungen entstehen. Aber auch die Resteprüfung wird möglichst konjunkturgerecht umgesetzt, das heißt, der Eingriff bei den Investitionen wird minimiert.

Viertens. Bei der Bewältigung der Steuerausfälle kommt uns weiterhin unser vorausschauendes Handeln im letzten Jahr zugute. Wir haben im letzten Haushaltsjahr 672 Millionen Euro an die Haushaltsausgleichsrücklage abgegeführt. Gerade für solche Situationen, wie diesen in der Nachkriegszeit beispiellosen Konjunktureinbruch, werden Haushaltsausgleichsrücklagen gebildet. Wenn nicht in einer solchen Rezession wie der jetzigen, wann sonst soll auf diese Rücklage zurückgegriffen werden?

Ich fasse zusammen: Die politischen Grundentscheidungen, die dieses Hohe Haus mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 gesetzt hat, werden weiter fortgeführt. Aus diesem Grund habe ich mich für einen Instrumentenmix aus Haushaltssperre, Sperre von Verpflichtungsermächtigungen, restriktiver Resteübertragung und Rücklagenauflösung entschieden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Wir kommen nun zum Schlusswort. Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, dass Sie noch nicht an dem Punkt sind, wo Sie einen Nachtragshaushalt vorlegen müssen, darin sind wir uns einig. Aber ich finde – das will ich Ihnen allen ans Herz legen –, dass es eine Frage ist, wie man miteinander umgeht. Sie können das natürlich schon vorher machen, und Sie können die ganzen Maßnahmen mit dem Parlament besprechen. Ich denke, dass dann viele Maßnahmen, die sehr wehtun werden, besser abgesichert sind und eben nur gemeinsam wehtun. Damit wäre eine viel bessere Zusammenarbeit zwischen der Staatsregierung und dem Parlament gegeben.

Das war unser Vorschlag in dem Antrag, für den ich noch einmal um Ihre Zustimmung bitte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Weichert. – Wir kommen damit zur Abstimmungsrunde. Meine Damen und Herren! Sie haben gehört, dass es einen Änderungsantrag gibt. Vor Ihnen liegt die Drucksache 5/727, Änderungsantrag der NPD-Fraktion. Er soll eingebracht werden. Herr Schimmer, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit unserem Änderungsantrag wollen wir darauf aufmerksam machen, dass es in der Haushaltspoli

tik nicht nur um solide Haushaltsführung, die hehren Prinzipien der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, die Budgethoheit des Parlaments und anderes geht. Natürlich sind diese Werte für uns unverzichtbar. Aber es greift zu kurz, wenn man sich als Haushaltspolitiker darauf beschränkt, denn der Landeshaushalt dient ja auch als Korrektiv zum Ausgleich einer offensichtlichen Schieflage der finanzpolitischen Struktur unseres Landes, die unter anderem darin besteht, dass die Steuereinnahmen der Kommunen insgesamt circa 15 % der gesamten Finanzmasse Sachsens ausmachen.

Zur Schieflage gehört auch das Phänomen der ungenügenden und ungleich verteilten wirtschaftlichen Durchwachsenheit des Freistaates. Dadurch kommt es in den sogenannten Schrumpfungsregionen oder Entleerungsräumen zu einer besonders starken finanziellen Unterversorgung, wie wir es derzeit im Landkreis Nordsachsen erleben. Das ist kein hausgemachter Makel dieser Region, sondern eindeutig eine Folge des wirtschafts- und finanzpolitischen Systems, nicht zuletzt auch der Politik seit der Wende 1989/90.

Diese Schieflage wird bekanntlich durch den Landeshaushalt mittels verschiedener Zuweisungen, vor allem natürlich im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, zum Teil kompensiert, aber eben auch nur zum Teil. Deswegen sage ich nichts Neues, wenn wir als NPDFraktion feststellen, dass die sozioökonomische Lage und damit eng gekoppelt die demografische Situation in weiten Teilen Sachsens alles andere als nachhaltig ist. Ganz im Gegenteil, zahlreiche Gemeinden und Städte stehen in den nächsten Jahren buchstäblich vor dem Aussterben.

Die Bertelsmann Stiftung weist in ihrem Netzauftritt „Wegweiser Kommunen“ fast ganz Sachsen – bis auf die Großstädte Dresden und Leipzig und ihre Randgebiete – als schrumpfende und alternde Städte mit hoher Abwanderung aus. Gleichzeitig sieht der Sächsische Städte- und Gemeindetag die Kommunalfinanzen derzeit – ich zitiere – „vor dem Absturz“.

Desto wichtiger ist es, dass bei den nun bevorstehenden Sparmaßnahmen im Haushalt keine Kürzungen dabei sein dürfen, die die finanziellen Grundlagen der schon stark gefährdeten Städte und Gemeinden zusätzlich belasten, besonders in den strukturschwächsten Regionen, in denen so manches heute noch idyllisch anmutende Städtchen oder Dorf in wenigen Jahren der Verwahrlosung ausgeliefert sein dürfte.

Deswegen möchte die NPD-Fraktion dem Antrag der GRÜNEN einen Punkt hinzufügen, durch den solche

Kürzungen abgelehnt werden, wie in der Ihnen vorliegenden Drucksache unseres Änderungsantrags ausgeführt.

Ich bitte um Unterstützung dieses Änderungsantrages

Herr Schimmer, die Zeit ist abgelaufen.

und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte um die Dafürstimmen zum Änderungsantrag. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Antrag mit Stimmen dafür und vielen Stimmen dagegen nicht entsprochen worden.

Wir kommen nun zu dem ursprünglichen Antrag mit der Drucksachennummer 5/601. Es ist punktweise Abstimmung beantragt worden – Herr Weichert, Sie hatten nicht widersprochen –, dem kann auch gefolgt werden. Dann werden wir das so tun. Es gibt vier Punkte. Ich bitte also um die Dafürstimmen zu Punkt 1. – Danke. Die Gegenstimmen? – Die Enthaltungen? – Bei wenigen Stimmen der Enthaltung und Stimmen dafür ist dem Punkt 1 mit großer Mehrheit nicht entsprochen worden.

Ich rufe die Abstimmung zu Punkt 2 auf. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Stimmen dafür ist dem Punkt 2 dennoch mit großer Mehrheit nicht entsprochen worden.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, gibt es Unklarheiten? – Wir können mit der Abstimmung fortfahren. Gut.

Ich rufe Punkt 3 auf und bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Bei wenigen Enthaltungen und Stimmen dafür ist auch dem Punkt 3 mit großer Mehrheit nicht entsprochen worden.

Wir kommen zu Punkt 4. Ich bitte um die Dafürstimmen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Stimmen dafür ist auch diesem Punkt mit großer Mehrheit nicht entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! Ist einem Antrag in seinen Bestandteilen nicht entsprochen worden, erübrigt sich auch eine Endabstimmung. Möchten Sie dem widersprechen? – Das kann ich nicht feststellen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 13 beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 11

Unterstützung der BdV-Präsidentin Erika Steinbach

Drucksache 5/565, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu kann in folgender Reihenfolge Stellung genommen werden: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn gewünscht. – Ich erteile der NPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Leserbriefspalte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ konnte man in der letzten Woche lesen: „Polen hat seinen Botschafter aus Berlin abberufen. Wird nicht mehr gebraucht. Man hat ja Westerwelle.“

Ein anderer Leser schrieb in derselben Ausgabe vom 2. Dezember: „Es ist als bedauerlicher Fehlstart eines Bundesaußenministers zu werten, dass er in der Diskussion um Erika Steinbach und das Zentrum gegen Vertreibungen eher den Standpunkt polnischer Nationalisten einzunehmen scheint als den der versöhnungsbereiten Vertriebenen und deren Nachkommen.“

In der Tat wundert man sich nicht nur, sondern man kommt nicht umhin, es als höchst bedenklich anzusehen, wenn sich ein frisch ins Amt gehobener Bundesaußenminister mit einem Thema profiliert, das zunächst als eine rein innerdeutsche Angelegenheit anzusehen ist, bei der es auch keinerlei Rücksprache mit irgendwelchen Repräsentanten der Republik Polen bedarf.

Genau um diese macht sich unser Bundesaußenminister Westerwelle jedoch die meisten Sorgen. Erika Steinbach, so der neue Chef des Auswärtigen Amtes, sei den Polen als Mitglied des Beirats der Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung nicht zuzumuten. Jene Erika Steinbach also, die es sich gefallen lassen musste, als Domina in SSUniform auf dem Titelblatt eines großen polnischen Nachrichtenmagazins abgebildet zu werden, jene Erika Steinbach, die der frühere polnische Außenminister Bartoszewski als blonde Bestie beleidigte, jene Erika Steinbach, über die momentan in so gut wie allen Gazetten unseres angeblich so guten Nachbarn Polen kübelweise Schmutz ausgeschüttet wird – übrigens sind einige dieser Gazetten im Besitz des deutschen Springerkonzerns – und gegen die gehetzt und die aufs Übelste verleumdet wird.

Wenn sich der neue Bundesaußenminister Westerwelle unbedingt einmischen will, dann wäre es seine Aufgabe gewesen, sich schützend vor die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen zu stellen,

(Beifall bei der NPD)

und nicht, ihr in den Rücken zu fallen und sich als Erfüllungsgehilfe polnischer Chauvinisten und notorisch antideutscher Hetzer zur Verfügung zu stellen. Stattdessen vertritt der Bundesaußenminister die Ansicht, Steinbach sei den Polen nicht vermittelbar, weil sie 1991 im Bun

destag gegen den deutsch-polnischen Grenzvertrag und den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag stimmte und zusammen mit 22 anderen Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion eine entsprechende Erklärung zu Protokoll gab.

Hier frage ich mich und hier fragt sich die NPD-Fraktion, warum Bundesaußenminister Westerwelle kein Problem mit seinem Kabinettskollegen Ramsauer von der CSU hat. Denn dieser stimmte damals ebenso gegen diese beiden Verträge – und das zu Recht, legitimieren sie doch als typische Akte deutscher Selbstverleugnung noch nachträglich die ethnische Säuberung der deutschen Ostgebiete und die völkerrechtswidrige Abtrennung rund eines Viertels unseres Vaterlandes.

Zumindest um das Gedächtnis des neuen deutschen Außenministers Westerwelle muss man sich ernsthaft Sorgen machen. An das Stimmverhalten von Erika Steinbach vor knapp 20 Jahren, als es um den deutschpolnischen Grenzvertrag ging, kann sich Herr Westerwelle noch erinnern, allerdings nicht mehr an ein „Focus“-Interview, das er im Jahr 2003 führte. Zitat Westerwelle: „Das Engagement für das Zentrum ist selbstverständlich alles andere als erzkonservativ und revanchistisch.“ Nachfrage des Nachrichtenmagazins „Focus“: „In welcher Weise fördern Sie das Projekt?“ Antwort Westerwelle: „Ich habe mich bereits in der vergangenen Woche mit der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach getroffen und ich begrüße, dass unser Ehrenvorsitzender Otto Graf Lambsdorff zu den Unterstützern zählt.“

Unser Außenminister scheint also nicht nur unfähig zu sein, deutsche Interessen zu vertreten, und scheint stattdessen eine rein polnische Täterperspektive einzunehmen. Er verstößt nicht nur gegen seine Neutralitätspflicht, die es ihm eigentlich untersagen müsste, die Entscheidungen des größten deutschen Opferverbandes über die Entsendung eines Kuratoriumsmitglieds im Alleingang und selbstherrlich per Veto zu korrigieren, er scheint mittlerweile auch erste Anzeichen von Schizophrenie zu zeigen – –