Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Aber auf eines möchte ich noch hinweisen, Frau Jähnigen: Wir reden bei den Feuerwehren ja über eine Pflichtaufgabe der Kommunen. Das dürfen wir nicht vergessen. Bevor Sie jetzt noch nachfragen: Natürlich muss auch das Land dazu beitragen, dass die Kommunen ihre Pflichtaufgaben erfüllen können. Jetzt möchte ich gerne fortfahren.

Meine Damen und Herren! Der Zeitpunkt Ihres Antrages verwundert mich sehr. Sie wissen doch ganz genau, dass wir im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes Ende 2010 aufgrund der ergangenen Urteile zum Auswahlverfahren bei Notfallrettung und Krankentransport das Gesetz bis Ende 2012 ausgesetzt haben und es dann in den Jahren 2011 und 2012 überarbeiten werden. Sie wissen ganz genau, dass wir seit über einem Jahr um das Blaulichtgesetz ringen, und jetzt kommen Sie mit Ihrem absurden Antrag hier um die Ecke. Nachdem CDU und FDP einen Gesetzentwurf vorgelegt haben und nachdem die öffentliche Expertenanhörung stattgefunden hat, fordern Sie jetzt die Staatsregierung auf, zu den Feuerwehrthemen Stellung zu nehmen. Warum ist Ihnen das denn nicht schon vor

einem Jahr eingefallen? Warum machen Sie nicht einfach seriöse Vorschläge und stellen ordentliche Änderungsanträge zu unserem Gesetzentwurf? Führen Sie doch eine normale parlamentarische Debatte zu dem Gesetzentwurf mit uns, aber hören Sie auf mit diesem Popanz!

(Beifall bei der FDP)

Mich wundert Ihr Antrag auch deshalb, weil Feuerwehrthemen in Ihren vielzähligen und umfangreichen Einlassungen und Aktionen zum BRKG überhaupt keine Rolle gespielt haben. Warum denn jetzt auf einmal? Der wahre Grund ist doch, dass Sie bemerkt haben, dass sich das Thema gut für populistische Hetze eignet, und deshalb drehen Sie jetzt hier noch eine zusätzliche Runde mit dem Brandschutz.

Die Fraktionen CDU und FDP haben schon mit dem Maßnahmenpaket zur Stärkung der freiwilligen Feuerwehren Anfang 2010 gezeigt, dass uns die Erhaltung von Strukturen und vor allem der Einsatzbereitschaft der freiwilligen Feuerwehren ein wichtiges Anliegen ist.

Mit unserem Antrag haben wir die Feuerwehrverordnung geändert, um höhere Aufwandsentschädigungen zu ermöglichen. Wir haben das Eintrittsalter in die Jugendfeuerwehren auf acht Jahre gesenkt, um den freiwilligen Feuerwehren die Nachwuchsgewinnung zu erleichtern. Wir haben die Mittel für die Förderung der Jugendarbeit im Landesfeuerwehrverband im Haushalt 2011/2012 erheblich erhöht. Wir haben den sogenannten Feuerwehrführerschein eingeführt und, nicht zu vergessen, wir haben die Kapazität der Landesfeuerwehrschule erhöht.

(Heftiger Protest bei den LINKEN)

Sie schreiben in Ihrem Antrag: Zusätzliche Probleme bringt der in den letzten Jahren von der Staatsregierung verursachte Ausbildungsstau bei den freiwilligen Feuerwehren mit sich. Wir haben Anfang 2010 gehandelt und die Kapazität der Feuerwehrschule erhöht.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: So viel Unfug habe ich lange nicht gehört!)

Die schwarz-gelbe Staatsregierung kann es also nicht gewesen sein, die einen Ausbildungsstau verursacht hat. Dann muss es aber eine Vorgängerregierung gewesen sein. War da nicht die SPD beteiligt?

Was hat denn die SPD getan, als sie an der Regierung beteiligt war? Was hat die SPD getan, um den Ausbildungsstau in der Landesfeuerwehrschule abzubauen? Nichts haben Sie getan. Sie haben die Augen vor den Problemen geschlossen und tragen deshalb die Verantwortung dafür, dass ein so massiver Ausbildungsstau an der Landesfeuerwehrschule überhaupt erst entstehen konnte. Jetzt spielen Sie hier den Retter der freiwilligen Feuerwehren. Das ist das Allerletzte, und das ist selbst unter Ihrem Niveau!

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Es kann durchaus passieren, dass die technische

Anlage hier auch einmal überfordert ist, wenn man sich im Ton derartig vergreift. Aber es ging ja gerade noch.

Für die Fraktion der GRÜNEN Frau Abg. Jähnigen, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Karabinski! Meine Frage nach Ihren Vorstellungen, wie Sie die Kosten für den Mehrbedarf bei der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz decken wollen, Herr Karabinski, hat Sie offenbar so verwirrt, dass Sie glatt vergessen haben, sie zu beantworten. Das haben Sie nämlich nicht getan und stattdessen diesen, ich sage einmal eher freundlichen Berichtsantrag als populistische Hetze bezeichnet. Ich habe schon bessere Argumente gehört, auch von Ihrer Fraktion.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Er hat ja gar keine!)

Das Problem ist aber offenbar, dass der Gesetzentwurf, den die Koalitionsfraktionen jetzt vorgelegt haben, eine Art Verzweiflungsakt ist. Wir wissen, dass eigentlich längst ein Gesetzentwurf der Regierung hätte vorliegen müssen. Die Regierung hat nicht geliefert. Ich kenne die Arbeitsstände der Regierung nicht. Die SPD mag da einiges wissen, ich kenne sie nicht. Ich kenne aber die Probleme, die hinter dem Thema liegen: Probleme der Demografie, Probleme der Standards, beim Rettungsdienst drängt es besonders, aber es brennt auch bei der Feuerwehr und beim Katastrophenschutz. Wir wissen, dass mit dem Ausdünnen und der Überalterung der Bevölkerung und dem Wegbrechen ambulanter Gesundheitsstrukturen die Kosten in diesen Systemen steigen. Dann kommen natürlich noch schlechte Arbeitsbedingungen, Lohndumping und keine Tarifbindung dazu, und man findet perspektivisch keine Fachkräfte mehr für diese Bereiche. Das sind doch die Probleme, vor denen wir jetzt stehen.

Ich will jetzt gar nichts zu dem Thema Vergabegesetz sagen, obwohl sich das anbieten würde. Da sind wir uns in der demokratischen Opposition ja einig, was die Tarifstandards betrifft. Aber ich will sagen, dass ich Hoffnung nach der Anhörung zum Rettungsdienstgesetz hatte, fünfeinhalb Stunden im Innenausschuss und den vielen Sachfragen, die die Koalitionsabgeordneten da gestellt haben. Dass Sie dann hinterher auch gerade dem Vertreter der FDP gesagt haben, dass sich Ihr Gesetzentwurf als geeignet erwiesen hat, hat mich verblüfft, nachdem alle Sachverständigen bis auf einen ihn durch den Kakao gezogen haben.

(Zuruf von der FDP: Das ist doch Quatsch!)

Die Anhörung war doch ein Verriss! Wenn Sie mir jetzt eine Zwischenfrage stellen, würde ich Ihnen lang und breit aus dem Protokoll der Anhörung zitieren, aber Sie werden mir sicher keine stellen. Aber das war doch wirklich so!

Wir müssen darüber reden, was die Alternativen zu diesem System sind. Kommunalisierung allein ist es

gewiss nicht, weil dann wieder die Antwort kommt, das sind kommunale Aufgaben, und das Land muss etwas dazu tun, den Rest schultern die Kommunen selber.

Das Grundproblem ist doch, dass wir nicht zu einer Zweiklassenversorgung zwischen den Flächenlandkreisen und den Ballungsräumen kommen dürfen, die wir teilweise jetzt schon haben. Deshalb brauchen wir zuallererst klare landesweite Standards für alle drei Säulen: Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungswesen. Wir brauchen auch ihre Kontrolle, wir brauchen eine klare Analyse der jetzigen Situation und eine Prognose für die kommenden Kosten, kein Zweiklassenniveau, keinen Wettbewerb um Dumping, sondern wir brauchen einen Qualitätswettbewerb mit einer klaren Finanzierung.

Wenn Sie, lieber Kollege Karabinski, darauf verweisen, dass das kommunale Pflichtaufgaben seien, dann ist das richtig. Es sind kommunale Pflichtaufgaben und kommunale Pflichtaufgaben, Herr Karabinski, hat der Freistaat zu finanzieren. Das steht in unserer Verfassung.

Es ist nicht so, dass der Freistaat dazu nur einen Beitrag leisten muss, sondern der Freistaat muss sie finanzieren.

Das alles fehlt; deshalb sind wir der Auffassung, dass die Koalitionsfraktionen ihren Gesetzentwurf zurückziehen und Ihre Regierung dazu bringen sollten, dass sie endlich ihre Aufgaben macht, nämlich eine ordentliche Analyse und einen ordentlichen Gesetzentwurf mit klaren Standards vorlegt. Das brauchen wir.

Wir würden der Regierung heute gern einen solchen Auftrag erteilen. Der SPD-Antrag ist ein reiner Berichtsantrag. Das ist legitim in dieser Situation. Es ist uns aus Geschäftsordnungsgründen nicht möglich, diesen mit einem Änderungsantrag zu überschreiben. Deshalb haben wir darauf verzichtet. Wir würden uns heute der Stimme enthalten, weil uns die Berichterstattung – so verständlich das ist – nicht ausreicht. Das eigentliche Dilemma liegt aber darin, dass die Regierung ihre Aufgaben nicht erfüllt hat und die Koalitionsfraktionen einen Placebo

Gesetzentwurf vorlegen, der dazu nicht taugt, und das muss sich ändern.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Herr Karabinski?

Ich möchte vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen und beziehe mich dabei sehr gern auf die Vorrednerin, Frau Jähnigen.

Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben die Anhörung angesprochen. Sie dauerte fünfeinhalb Stunden und hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf, der hier angehört worden ist, eine gute Grundlage ist,

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Träum‘ weiter!)

auf der man aufbauen muss.

(Sabine Friedel, SPD: Ja, ‘ne Menge! Sie befinden sich im Keller!)

Wir werden im weiteren Verfahren über die Details noch sprechen. Die Anhörung hat eindeutig gezeigt, dass er eine hervorragende Grundlage bietet

(Lachen bei den LINKEN und der SPD)

und es deutschlandweit ein einmaliges Gesetz mit Vorbildcharakter ist.

(Zuruf von der SPD: Ja, das ist es! – Beifall des Abg. Tino Günther, FDP)

Frau Jähnigen, Sie haben es kurz angedeutet. Es stehen sehr wohl Feuerwehrthemen auch im BRKG. Wir haben das natürlich gemacht, zum Beispiel die Doppelmitgliedschaft. Diese hat es bisher nicht gegeben. Sie würde dazu beitragen, dass die Tageseinsatzbereitschaften bei den freiwilligen Feuerwehren ansteigen werden. Das ist unser Ziel gewesen, denn wir packen die Dinge, die notwendig sind, um den Feuerwehren zu helfen, in das BRKG hinein. Deswegen ist die Behauptung, die die SPDFraktion mit ihrem Antrag aufstellt, dass wir uns nicht um die Feuerwehren kümmern würden, völlig absurd und daneben. Aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Eva Jähnigen, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Frau Jähnigen, Sie möchten erwidern?

Ja, ich möchte erwidern.

Bitte schön.

Zur Finanzierung sagt Ihr Gesetzentwurf ebenso wenig etwas aus wie Sie. Die Ausrede auf die kommunale Pflichtaufgabe kann es wohl nicht sein. Sie werden ja wohl nicht ernsthaft den Brandschutz, den Katastrophenschutz und den Rettungsdienst zur freiwilligen kommunalen Aufgabe machen wollen, um aus diesem Dilemma herauszukommen.

Wenn Sie auf diesem Gesetzentwurf aufbauen wollen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass kein Sachverständiger diesen wirklich verteidigt hat – bis auf einen Sachverständigen, den Vertreter der Krankenkassen. Die Krankenkassen sagen ehrlich, dass die Kostensteigerungen aufgrund der demografischen Situation und der Versorgungssituation beruht, erhoffen sich aber trotzdem, dass beim Rettungsdienst Kosten gespart werden können.