Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abg. Jähnigen! Ich bitte schon einmal alle etwas um Nachsicht, weil die Antwort zu diesen beiden Fragen etwas umfangreicher ausfallen wird.
Antwort zu Frage 1: Die in Frage 1 getroffene pauschale Aussage, dass die schrittweise europa- und bundesrechtlich gebotenen Gleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaften im sächsischen Landesrecht seit der Debatte zur Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Situation Nichtheterosexueller in Sachsen“ im Frühjahr 2011 um keinen Schritt vorangekommen sei, ist unzutreffend, da seitdem bereits Anpassungen vorgenommen wurden oder diese sich in Vorbereitung zu einem Gesetzgebungsverfahren befinden.
Im Nachfolgenden würde ich für die Geschäftsbereiche differenzieren. Im Geschäftsbereich des SMJ ist die Gleichstellung von Eheleuten und Lebenspartnern abgeschlossen.
Im Geschäftsbereich des SMWA wurden die Regelungen zum Sanktionsausschuss an den Börsen (Sanktionsaus- schussverordnung) an die Normen des Lebenspartnerschaftsgesetzes durch Integration dieser Verordnung in die Sächsische Börsenrechtsdurchführungsverordnung vom 9. Februar 2012 angepasst.
Im Geschäftsbereich des SMWK wurde mit der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst zur Änderung der Sächsischen Studienplatzvergabeordnung vom 16. April 2012, § 21 Abs. 1 Nr. 2 diese Verordnung an die Regelungen des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes angepasst.
In den Geschäftsbereichen des SMI und SMF sind Anpassungen an das Lebenspartnerschaftsgesetz im Rahmen von Novellierungen der einschlägigen Rechtsnormen geplant. Dies betrifft insbesondere die Gesamtreform des Dienst-, Rechts-, Besoldungs- und Versorgungsrechts, deren Abschluss für das Jahr 2013 angestrebt wird, sowie die Novellierung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen und der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen, bei der die Zuleitung an den Sächsischen Landtag noch im Jahr 2012 vorgesehen ist.
Im Vorgriff auf die gesetzlichen Änderungen hat das SMF die Ressorts mit Rundschreiben vom 9. März 2012 angewiesen, auf den Gebieten des Besoldungs-, Versorgungs-, Reisekosten-, Umzugs- und Trennungsgeldrechts bereits auf der Grundlage der Richtlinie 2078 EG umfassend diejenigen Leistungen, die Eheleuten gewährt werden, auch eingetragenen Lebenspartnern zu gewähren. Damit ist nunmehr sichergestellt, dass den Betroffenen bis zum Inkrafttreten dieser Novellierungen keine Nachteile entstehen.
In den Geschäftsbereichen des SMK und SMS wird für die dort einschlägigen Vorschriften kein dringlicher Anpassungsbedarf gesehen oder ist nicht mehr erforderlich. Es ist nicht mehr erforderlich, da die betreffende Rechtsnorm außer Kraft getreten ist.
werden in Sachsen unverändert abgelehnt. Die Aussetzung der Vollziehung wird aus folgenden Gründen weiterhin nicht gewährt: Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom April dieses Jahres – ich lasse die Aktenzeichen weg, damit es etwas schneller geht; wir können sie gern auf Anfrage nachreichen – eine Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts aus dem August 2011 bestätigt, wonach eine Aufhebung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen den Ausschluss der Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft von der Möglichkeit der Zusammenveranlagung nach den §§ 26 und 26b im Streitfall nicht gerechtfertigt war.
Der Beschluss des Sächsischen Finanzgerichts vom Mai, wonach die Aussetzung der Vollziehung zulässig sei, ist nicht rechtskräftig, weil das Finanzamt zwischenzeitlich Beschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt hat. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Großen Anfrage „Situation der Nichtheterosexuellen in Sachsen“, Landtagsdrucksache 5/5009, verwiesen.
Gut. – Ab wann werden die von Ihnen aufgezählten Leistungen jeweils anerkannt und gezahlt? Ich bin dazu gern mit einer schriftlichen Beantwortung einverstanden.
Warum wurde in den Gesetzen, die dem Landtag seit der Debatte im Sommer letzten Jahres zugeleitet worden sind, zum Beispiel die Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung oder des Sparkassengesetzes, die Gleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht vorgeschlagen? Wer ist bei der Regierung für die Durchsetzung dieser Dinge in den sächsischen Gesetzen federführend?
Frau Jähnigen, weil wir uns in den Geschäftsbereichen SMI und SMF, in die die beiden von Ihnen genannten Gesetze hineinfallen, dazu verständigt hatten – das haben wir auch immer gesagt, vor allen Dingen auch Kollege Unland –, dass wir das im Rahmen des Dienst- und Besoldungsrechts insgesamt anpacken und für die Gemeindeordnung und Landkreisordnung, wie ich es Ihnen gerade vorgetragen habe, noch eine große Novelle vorgesehen hatten und dort die Anpassung erfolgt.
Ja. – Jetzt sind wir bei der Frage Nr. 9 in der Reihenfolge der laufenden Drucksache. Herr Lichdi darf jetzt seine Frage stellen.
Herr Präsident! Ich glaube, nach den ausgereichten Zetteln wäre erst die Kollegin Jähnigen an der Reihe. Wir können das dann auch nachziehen. Also, meine Frage lautet wie folgt:
Laut Presseberichten soll eine friedliche Demonstrantin während der Antinaziproteste am 02.06.2012 in Hamburg durch sächsische Polizeibedienstete „verprügelt“ und schwer verletzt worden sein. Insbesondere habe sie eine Schädelbasisfraktur, eine Platzwunde am Kopf, einen Hörschaden und Hämatome am Oberschenkel davongetragen (http://www.mopo.de/polizei/anti-nazi-demo-in
2. Inwieweit wurden durch welche Behörden Strafermittlungs- und/oder Diszipinarverfahren gegen wie viele sächsische Polizisten wegen welcher Straftaten und/ oder Dienstpflichtverletzungen am 02.06. in Hamburg eingeleitet bzw. aus welchen Gründen unterlassen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Abg. Lichdi, die Antwort zu Frage 1 lautet: Entsprechend den hier vorliegenden Meldungen der Hamburger Polizei veranstaltete am 2. Juni dieses Jahres die rechte Szene den „4. Tag der deutschen Zukunft“ in Hamburg. Hierbei kam es unter anderem zu Ausschreitungen durch linke Gegendemonstranten. Bereits in den frühen Morgenstunden des 2. Juni hatte es erste Zwischenfälle gegeben. Auf dem Parkplatz eines Hamburger Hotels wurden zehn Einsatzwagen der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen in Brand gesetzt. Dabei wurde auch die Einsatzausrüstung von 50 Polizeibeamten zerstört. Ab 8 Uhr versammelten sich an unterschiedlichen Orten in Hamburg wieder starke Störergruppen, aus denen heraus Straftaten in Form von Brandlegungen an Fahrzeugen und Müllcontainern, Umstürzen von Bauwagen und Pkw sowie wiederholten Flaschen- und Steinwürfen auf eingesetzte Polizeibeamte begangen wurden. Zudem wurden Straßenblockaden errichtet und in Brand gesetzt.
Der Aufzug der rechten Szene setzte sich um 15:19 Uhr mit circa 700 Teilnehmern im Stadtteil HamburgWandsbek in Bewegung. Sowohl die Teilnehmer des Aufzuges als auch die Einsatzkräfte wurden massiv durch linke Gegendemonstranten angegriffen. Die Polizei setzte daraufhin unter anderem Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein.
Nach derzeitigem Erkenntnisstand nahm die Hamburger Polizei im Zusammenhang mit den Veranstaltungen 63 Personen in Gewahrsam und 17 Veranstaltungsteilnehmer vorläufig fest. Insgesamt wurden 39 Personen verletzt, davon 38 Polizeibeamte.
Die Polizei Hamburg wurde zur Einsatzbewältigung am 2. Juni 2012 durch den Freistaat Sachsen mit einer Bereitschaftspolizei-Hundertschaft der 3. Bereitschaftspolizeiabteilung Chemnitz unterstützt. Die Unterstellung erfolgte zu einer Bereitschaftspolizeiabteilung aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit dem Auftrag der Absicherung des Aufzuges der rechten Szene.
In der Phase der Anreise der Versammlungsteilnehmer sowie im Zuge des Freihaltens der Aufzugsstrecke sahen sich die sächsischen Einsatzkräfte mit gewalttätigen Aktionen aus einer Gruppe von mehreren Hundert gewaltbereiten linken Gegendemonstranten konfrontiert.
Aufgrund des ständigen Bewurfs mit Flaschen und Steinen aus der Menschenmenge heraus machte sich die Räumung im Bereich Griesstraße erforderlich.
Nach erster hier vorliegender Prüfung kam es in diesem Zusammenhang zu dem in der Presse geschilderten Sachverhalt im Kreuzungsbereich Griesstraße/Schulenbeksweg. In diesem Bereich stürmte eine männliche Person auf die eingesetzte Polizeikette zu und versuchte, einem Polizeibeamten der sächsischen Bereitschaftspolizeihundertschaft den Einsatzmehrzweckstock zu entreißen. Die verletzte weibliche Person befand sich in dieser Situation der Auseinandersetzung in unmittelbarer Nähe und stürzte rückwärts über ein hinter ihr befindliches Betonelement. Zum jetzigen Stand der Prüfungen kann die Ursache des Sturzes nicht benannt werden. Die Bereitschaftspolizeihundertschaft zog sich im Weiteren unter starkem Bewurf mit Flaschen und Steinen bis zur Kreuzung Hammersteinweg/Griesstraße zurück.
Die Antwort zu Frage 2: Nach hier vorliegendem Erkenntnisstand liegen der Polizei Hamburg mit Datum vom 11. Juni 2012 keine Anzeigen gegen Polizeibeamte des Freistaates Sachsen im Sachzusammenhang vor. Der Sachverhalt wird durch das zuständige Dezernat Interne Ermittlungen der Freien und Hansestadt Hamburg beim dortigen Staatsrat der Innenbehörde auf strafrechtliche Relevanz geprüft. Über den Stand der Prüfungen liegen hier noch keine Erkenntnisse vor. Der Freistaat Sachsen steht in Kontakt mit der Hamburger Innenbehörde, um den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Sind Befragungen von Mitgliedern der 3. Bereitschaftspolizeiabteilung Chemnitz, die in diesen Vorfall verwickelt waren, vorgesehen oder durchgeführt worden? Werden also solche Befragungen von sächsischer Seite vorgenommen?
Die Untersuchungen dazu laufen noch, Herr Lichdi. Das habe ich Ihnen gerade geschildert. Deshalb kann ich Ihnen noch keine endgültigen Ergebnisse vorstellen und auch noch nicht im Detail sagen, was alles zur Aufklärung notwendig ist und entsprechend getan wird.
Herr Präsident, ich möchte darauf hinweisen, dass der Herr Staatsminister meine Frage nicht beantwortet hat. Der Herr Staatsminister hat ausgeführt, dass – –
Herr Lichdi, ich muss Sie unterbrechen. Sie haben die Möglichkeit, eine zweite Zusatzfrage zu stellen.
Jetzt möchte ich Sie gern zum Verfahren unterrichten. Sie haben die Möglichkeit, bis zu zwei Zusatzfragen zu stellen, können aber – und wir hatten diesen Fall schon bei Ihrer Kollegin Jähnigen – keine Kommentierungen abgeben. Sie können noch eine zweite Zusatzfrage stellen. Diese Möglichkeit möchte ich Ihnen gern einräumen. Sie müssen entscheiden, ob Sie von Ihrem Recht als Abgeordneter Gebrauch machen. Sie haben jetzt die Möglichkeit, eine Zusatzfrage zu stellen, aber bitte keine Kommentierungen!