Aber jetzt im Ernst das Fazit. Der Antrag hat, glaube ich, nur eines im Sinn: die Regierung zu binden, vorzuführen und ihr Handlungsoptionen zu nehmen. Das können wir nicht wirklich wollen. Wir wollen, dass unsere Regierung in den leider nicht ganz klaren bundespolitischen Spielen handlungsfähig ist. Aus all den genannten Gründen lehnen wir den Antrag ab.
Herr Lichdi, Sie möchten vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen. Ist das richtig? – Dazu haben Sie Gelegenheit.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte nur feststellen, dass Sie, Herr Kollege Michel, sich jetzt hier auf formale Art und Weise herausgeredet haben. Sie haben es verabsäumt, in Ihrer Rede einfach auch einmal den politischen Willen zu bekunden, dass Sie als Sächsische Staatsregierung nicht mehr bereit sind, den Harakiri-Kurs Ihres Koalitionspartners in Dresden und in Berlin, nämlich der FDP, zu stoppen und dessen Steuersenkungsfantasien wirklich entgegenzutreten, um zu verhindern, dass die Steuerbasis erodiert. Wir hätten von Ihnen wenigstens ein politisches Bekenntnis erwartet, aber stattdessen haben Sie sich auf fabulistische Art und Weise in Formalien ergangen. Das war einfach zu wenig.
Da es keine weiteren Kurzinterventionen gibt, bitte ich Herrn Scheel, als nächster Redner für die Fraktion DIE LINKE fortzufahren. Herr Scheel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Michel, an Ihr Hohes Lied, was Koppelungsgeschäfte angeht, werde ich Sie bei der Verfassungsdebatte noch einmal erinnern.
Meine Damen und Herren der GRÜNEN, wir haben hier einen Antrag vorliegen, der eine Art Frühstarterantrag für die Haushaltsdebatte 2013/2014 ist, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich denke, der Zeitpunkt ist insofern auch gut gewählt, denn wir haben im nächsten Jahr Bundestagswahlen vor uns, und Sie haben darauf Bezug genommen, dass mit diesen Bundestagswahlen natürlich auch das eine oder andere Steuergeschenk verbunden sein könnte.
Natürlich ist auch richtig, was Sie in Ihrem Vortext anmerken, dass der Haushalt des Freistaates Sachsen durch den Rückgang der fixen Zuwendungen des Bundes anfälliger für Schwankungen aufgrund von konjunkturellen Steuereinnahmen ist.
Diese Anfälligkeit sehen wir auch. Das können wir auch alles mehr oder weniger unterschreiben. Da gibt es noch ein paar Sachen, die man anfügen könnte, aber sei’s drum. Die Befürchtung, die Sie in Bezug auf die FDP äußern – Kollege Lichdi hat das noch einmal ausgeführt –, teile ich dahin gehend, dass die FDP, die mit dem Rücken zur Wand steht, vielleicht ähnlich wie die CSU zu dem Schluss kommen könnte, mit Koalitionsaustritt zu drohen, wenn sie nicht endlich etwas bekommt, was ihrer Klientel guttut.
Diese Befürchtung teilen wir auch. Das ist eine ernsthafte. Natürlich ist der Punkt Mövenpick-Steuer einer, an den man sich noch schmerzvoll und leidvoll erinnern muss. Es sei auch noch einmal daran erinnert, dass genau diese FDP bereit ist, nicht im Interesse des Landes, sondern nur im Interesse ihrer Klientel genau eine solche Steuersenkungspolitik zu betreiben.
Es macht es auch nicht unbedingt ruhiger, dass wir als Land Sachsen von der Steuerpolitik des Bundes abhängig sind. Unsere Einwirkungsmöglichkeiten darauf, was dort an Steuergesetzgebung passiert, sind mehr als gering. Wir haben nur die Einnahmenmöglichkeit oder die Einnahmenhoheit, aber eben nicht die Steuergesetzgebungshoheit. Die Grunderwerbsteuer lasse ich jetzt einmal weg.
Ich sage es einmal etwas drastisch: Die Banalität, mit der Sie an die Frage herangehen – dass jeglicher Steuersen
Jetzt müsste ich noch einmal einen kurzen Exkurs in die Steuerpolitik machen. Natürlich hat Steuerpolitik immer eine Seite. Diese Seite heißt Einnahmenerzielung des Staates. Aber sie hat eben auch die andere Seite. Diese heißt Lenkungswirkung von Steuern im Staat. Mit dieser Lenkungswirkung bringe ich Ihnen jetzt auch ein sehr banales Beispiel: Was ist denn eine Erhöhung von Freigrenzen im Einkommensteuerbereich, eine Erhöhung von Kinderfreibeträgen anderes, als am Ende eine Einnahmensenkung?
Wollen wir deshalb der Staatsregierung mit auf den Weg geben, dieser Erhöhung, die teilweise notwendig ist, die teilweise auch eine Frage der Gerechtigkeit ist, nicht zuzustimmen? – Ich hätte dabei ernsthafte Bedenken.
Ich will nicht über die Quadratkilometer diskutieren, die wir an Gesetzgebungsblättern in Deutschland produzieren, und über die Regelungswut, die wir haben, und die Einzelfallentscheidungen, die zu Steuerrechtsänderungen führen, sondern darüber, dass die Frage von Gerechtigkeit in unserem Steuersystem eine elementare ist, und wir haben immer noch ein sehr ungerechtes Steuersystem.
Ich werde auch nicht müde, immer wieder zu betonen, dass wir seit vielen, vielen Jahren immer noch keine Wiedererhebung der Vermögensteuer, keine gerechte Erbschaftsteuer haben und dass wir auch immer noch die Ungerechtigkeit der Unternehmensteuerreform haben. Insofern wäre ich sogar bereit, Steuersenkungen dort zuzustimmen, wo es nottut, zum Beispiel im Mittelstandsbauch, wenn es um die abhängig Beschäftigten geht, wenn wir es endlich erreichen würden, auf der anderen Seite wieder eine Erhebung der Vermögensteuer hinzubekommen.
Es ist die Frage von Belastung und Entlastung, die die Frage von Gerechtigkeit der Steuerpolitik umtreibt. Da kommen wir wieder zu den Kopplungsgeschäften. In diesem Fall würde ich dem Freistaat keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Insofern verstehen Sie uns bitte nicht falsch, wenn wir uns ganz freundlich zu Ihrem Antrag enthalten werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Hermenau! Ich glaube zu wissen, was Sie meinen.
Allerdings steht es nicht hier. Ich würde einmal so beginnen: auf zukünftige strukturelle Neuverschuldung verzichten. Sie sagen auch, die Tilgung, die wir machen, das ist alles in Ordnung, um keine finanziellen Erblasten für unsere Kinder zu hinterlassen. Frau Hermenau, ist die Schuldenfreiheit das Ziel zu dem Preis, dass jetzt vielleicht 35 Kinder in einem Klassenzimmer sitzen? Ist es das wert, frage ich?
Ich mache es an dem Punkt fest, was die Verschuldung ist, und ich brauche nicht zu wiederholen, dass erst, seit in diesem Land die Koalition regiert, keine neuen Schulden mehr aufgenommen worden sind. Ist Ihnen aber bekannt, dass die Schuldensituation des Freistaates Sachsen ungefähr dem entspricht, dass ein Familienhaushalt, der 40 000 Euro Nettoeinkommen hat, gerade einmal
Das nehmen Sie jetzt zum Anlass, diesen Antrag zu bringen, dass wir keine Neuverschuldung brauchen, von der Schuldenbremse in der Verfassung einmal ganz abgesehen, dass man perspektivisch im Bund Steuerthemen – will ich es einmal nennen – ablehnen sollte. Es geht nicht immer um Steuersenkungen – Herr Scheel hat es an einem Beispiel klargemacht. Ich halte das, gelinde gesagt, für ziemlich – wie kann man das sagen – amateurhaft, wie Sie das hier aufwerfen.
Dann bringen Sie noch einen weiteren Punkt: Sie predigen genau die gleiche Polemik, die diese Koalition seit zwei Jahren, seit dem letzten Kürzungshammerhaushalt hier macht: Die Einnahmen gehen zurück, die Einnahmen gehen zurück. Frau Hermenau, haben Sie denn nicht mitbekommen, dass vom Haushaltsansatz 2012 mit 10,2 Milliarden Euro die Steuereinnahmen über 11, 11,3, 11,5, 11,7, prognostiziert 11,9 % steigen. Sie hatten natürlich recht, dass es in manchen Bereichen Einnahmenrückgänge gibt.
Aber selbst das Finanzministerium musste mittlerweile einräumen, dass die Solidarpaktabschmelzung bei Weitem überkompensiert wäre. Das ist nicht nur eine Aussage des Finanzministeriums, sondern in der mittelfristigen Prognose des Ifo-Instituts bis 2025 festgeschrieben und dokumentiert. Es ist anzunehmen, dass der Haushalt 2025 das gleiche Volumen wie zurzeit hat. Das ist auch eine Tatsache, die Sie nicht irgendwie wegdrücken können.
Ich mache es einmal an einem simplen Beispiel fest: Wenn im Bund das Thema Steuern diskutiert wird, wenn sie jetzt im Bund sagen, wir sparen 50 % der KfzSteuerkompensation ein – das ist ein Einnahmenverlust für den Freistaat Sachsen – und dafür legen wir ein Förderprogramm für Solartechnologie oder Elektromobilität oder irgendetwas anderes in diesem Bereich auf,
dann muss es doch zumindest möglich sein abzuwägen, ob diese Förderung für den Freistaat Sachsen sinnvoll und zweckmäßig ist.
Diese Möglichkeit muss man doch offenlassen. Natürlich erkenne ich Ihr Ansinnen und dass das mit dieser Mövenpick-Steuer totaler Blödsinn ist, weil zum Beispiel in Sachsen dadurch nicht ein Bett mehr belegt wurde –