Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Mit wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Frau Präsidentin, vielen Dank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wundert mich ein bisschen, dass kein Redner der CDU-Fraktion das Wort ergreifen möchte.
Ich habe einen Moment abgewartet. Ich wollte Ihnen gern die Gelegenheit geben, darauf selbst reagieren zu können. Scheinbar hat sich im ersten Moment niemand bereit erklärt. Wenn Sie Ihr Verhalten korrigieren wollen, ist das natürlich im Interesse der Sache. Ich freue mich, wenn Sie das Wort doch noch ergreifen werden. Das ist dem Bericht angemessen und sollte hier auch nicht versäumt werden.
Wir wollen dem Datenschutzbeauftragten für den Bericht, den er uns vorgelegt hat, für die Arbeit und auch unter schwierigen Umständen im Berichtszeitraum Position zu beziehen, danken. Das ist im Berichtzeitraum vorgefallen. Dazu hat es einen Sonderbericht gegeben. Für die geleistete Arbeit sagen wir vonseiten unserer Fraktion herzlichen Dank.
Herr Schurig, es ist erfreulich, dass Sie in der Diskussion festgestellt haben, dass es eine veränderte Behördenkultur im Freistaat geben kann und soll. Sie haben eine größere Sensibilität und Bereitschaft zur Zusammenarbeit in der Verwaltung festgestellt. Es wäre sicherlich erfreulich. Gerade in Sachsen steht dem ein großes Misstrauen der Bevölkerung in die Grundrechtsensibilität der Behörden gegenüber – vor allem der Polizeibehörden. Das haben sie sich auch selbst zuzuschreiben. Das gilt für den Berichtszeitraum.
Erschreckend ist Folgendes: Wenn wir in unserem parteiübergreifenden Projekt, dem AK Datenbanken, Bürgerinnen und Bürger ermutigen und auf sie zugehen, Auskunft über die von Ihnen gespeicherten Daten zu verlangen und dabei einem Gestus der ängstlichen Zurückhaltung begegnen, dass ein Nachteil daraus erwachsen könne, dass man sein Recht auf Information gegenüber den Behörden wahrnimmt. So weit ist es nämlich schon gekommen im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Verwaltung, zu den Polizeibehörden. Das sollten Sie sich nicht nur sagen lassen, sondern daraus auch endlich Kurskorrekturen ableiten.
Das macht deutlich die Notwendigkeit eines unabhängigen Datenschutzbeauftragten, unabhängiger Datenschutzkontrolle. Damit bin ich wieder beim Bericht. Es ist zu hoffen, dass er auch im Ergebnis jenseits des Prozesses zu größerer Rechtskonformität bei der Datenverarbeitung führt und im besten Falle als Leitfaden zur Grundrechtebeachtung Anwendung finden kann, zum Beispiel bei der rechtsförmigen Verwendung oder aus unserer Sicht ja doch vielleicht eher Vermeidung kommunaler Videoüberwachung.
Aber trotzdem, IVO, die Integrierte Vorgangsbearbeitung der Polizei, fehlt. Es gibt wieder keine eigenständige Betrachtung. Auch das möchte ich nicht verschweigen. Dieser schlecht sortierte Zettelkasten der sächsischen Polizei verstößt aus unserer Sicht in vielfacher Hinsicht gegen die gebotene, grundrechtskonforme Datenverarbeitung. Wenn zum Beispiel die Betroffenen über die Art der verarbeiteten Daten nichts wissen, Vorgänge nicht abgeschlossen werden usw., ist es aus unserer Sicht dringend geboten, auch da aktiv zu werden. Im letzten Bericht hatten Sie noch ausführlich zu PASS gearbeitet und da eine Definition für Verbunddateien geliefert. Aber IVO bleibt eine Leerstelle im Bericht, und das ist schade.
Aus unserer Sicht hat der Datenschutzbeauftragte völlig zu Recht auf die gestiegene Bedeutung des Datenschutzes hingewiesen, und zwar unter der Bedingung, dass elektronische Datenverarbeitung zugrunde liegt und die Speicherung damit latent oder explizit immer der Fall ist.
Es gibt ja Debatter, die der Auffassung sind, dass PostPrivacy ein positiver Zustand ist, den sie lauthals bejahen und bejubeln. Sie sind der Auffassung, dass, je mehr Informationen über Personen öffentlich sind, sich diese umso sicherer vor exakter Profilierung fühlen können. Desto mehr lebten wir alle auch in einem Zustand wünschenswerter Transparenz und seien im gemeinsamen Bewusstsein miteinander verbunden. Aus meiner Sicht ist diese Auffassung blind und naiv vor den Effekten wirtschaftlicher Profilierung, auch in der Diskriminierung Benachteiligter, ebenso wie sie auch blind ist vor politisch motivierter, auch von Polizeibehörden betriebener Kriminalisierung politischen Engagements.
Bestimmt ist die Verschiebung der Grenze von öffentlich und privat, die wir in dem Zuge erleben, angesichts privater öffentlicher Kommunikation in Netzwerken usw. nicht aufzuhalten. Aber die Privatsphäre als Schutzgut muss erhalten bleiben.
Bei allen diesen Veränderungen muss die Prämisse lauten: Öffentliche Daten sollen öffentlich sein und persönliche nicht. Das Recht darauf gilt es zu schützen!
Die gestiegenen Herausforderungen des digitalen Wandels rufen einiges auf den Plan. So diskutieren wir jetzt europäische Rechtsetzung. Natürlich bedeutet das in der Folge auch einen höheren Mittelaufwand, wenn die Aufgaben wachsen. Dem können Sie sich nicht verschließen.
Die völlige Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten teilen wir als Forderung und als Ziel und untersetzten dies mit einem eigenen Gesetzentwurf. Gerade die Lage in Sachsen, die bundesweit immer wieder zum Spott und internationalen Vergleichen eingeladen hat, zeigt die Notwendigkeit einer im konkreten Fall unabhängigen Datenschutzkontrolle.
Dass der höhere Mittelaufwand nötig ist, zeigt sich gerade im privatwirtschaftlichen Bereich, wo es immer schwerer ist, den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten und die damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben abzudecken. Damit verweist die Debatte und die Behandlung dieses Datenschutzberichtes auch schon auf die Haushaltsverhandlungen. Sie müssen sich fragen lassen, ob Sie es mit dem Datenschutz auch im nichtöffentlichen Bereich ernst meinen oder ob es für Sie ein immer zu kleines Feigenblatt ist, bei dem Sie zufrieden sind, wenn die Aufgaben eigentlich nicht mehr bewältigt werden können, wenn der ganze Geschäftsverkehr elektronisch verarbeitet wird und zumeist die notwendigen Bedingungen nicht eingehalten werden.
Ich kann davon ausgehen, dass die Rednerin oder der Redner der CDU auch die Unterstützung für den Datenschutzbeauftragten aussprechen wird, so noch jemand von Ihnen das Wort ergreift. Das ist auch im Ausschuss geschehen, was richtig ist. Das ist ja auch eine gemeinsame Stelle, Einrichtung und Funktion beim Landtag. Aber das heißt, dass demnächst auch von Ihrer Seite und vonseiten der von Ihnen getragenen Regierung Angriffe – wie es zuletzt geschehen ist – auf die Integrität des Datenschutzbeauftragten unterbleiben müssen, wenn er eine eigenständige Position einnimmt. Dann müssen Sie es auch ernst meinen mit der Unterstützung und Wertschätzung, auch dann, wenn es darum geht, die Vorschläge des Datenschutzbeauftragten aufzugreifen, wenn er beschreibt, was nötig ist, um seine Aufgabe auszufüllen. Das betrifft die Koalitionsfraktionen. Die Reaktion auf die Eröffnung der Haushaltsdebatten ist Ihnen da nicht zu Ehren geraten. Das kommt wieder und fängt gerade erst an.
Meine Damen und Herren! Es treten neben den bekannten auch immer wieder neue Problemlagen auf, zum Beispiel in der Rundfunkgebührenregelung, die im Berichtszeitraum verabschiedet wurde. Darin ist leider wiederum keine privatsphärenfreundliche Regelung geschaffen worden. Es wurde auch in der endgültigen Fassung – da zitiere ich den Bericht – „eine unmaßstäbliche und riesige Datenbank geschaffen“, und zwar weil sie über die Meldedaten hinaus Bestände aus verschiedenen Bereichen zusammenführt, eine unheimlich riesige Datenbank. Es fehle – Zitat – „an einer Präzisierung der Erhebungsbefugnisse und damit an Normenklarheit“. Es ist bitter, dass auch neue gesetzliche Regelungen Datenschutzgrundsätze so mit Füßen treten.
Trotz einer sich vielleicht ändernden Behördenkultur, Herr Schurig, muss man angesichts solcher neuen Regelungen konstatieren, dass längst nicht alle Schafe im Trockenen sind, dass sich längst nicht das Bewusstsein von der Notwendigkeit des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durchgesetzt hat, auch nicht bezüglich des Stellenwertes, den dieses Recht gerade angesichts der Veränderungen der Kommunikation durch den digitalen Wandel haben muss. Das wird uns weitere Aufgaben stellen. An denen bleiben wir dran.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir haben uns im Innenausschuss in der letzten Sitzung am 13. September in unserem Gremium intensiv mit den beiden in Rede stehenden Tätigkeitsberichten des Sächsischen Datenschutzbeauftragten zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im nicht öffentlichen Bereich und mit dem Datenschutz im öffentlichen Bereich und der Stellungnahme der Staatsregierung zu diesen Berichten beschäftigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die meisten Abgeordneten des Innenausschusses haben mit dem Datenschutzbeauftragten ihre Probleme geklärt. Ich sehe gerade Kollegen Lichdi, der ausführlich an der Diskussion teilgenommen hat. Wer nicht bei dieser Diskussion anwesend war, war Frau Bonk.
Sie nimmt uns nun mit ihrer Rede die Redezeit weg, beschimpft unseren Datenschutzbeauftragten, aber zu der Zeit, als sie im Ausschuss mit ihm hätte in Dialog gehen können, war sie nicht anwesend. Ich finde so ein Verhalten schoflig, Frau Bonk.