Meine Damen und Herren! Ich würde gern von Ihnen wissen – und deshalb ist es auch richtig, meine ich, dass unsere Partei diese Forderung wieder aufgreift: Lassen Sie uns zurückkehren zu den 53 %, weil sich doch keine Besserung eingestellt hat.
Diese Kollegen wollen immer weniger beitragen, obwohl sie so viel von diesem Staat haben – auch die Unternehmen in diesem Land im Übrigen, die sich, wie gesagt, aus der ganzen Debatte zurückgezogen haben.
Ich halte es für richtig – deshalb ist auch das eine richtige Forderung –, das Ehegattensplitting – ob nun zeitweise oder nicht – über kurz oder lang abzuschaffen. Ich möchte die Kinder fördern, die aus einer familiären Situation heraus entstehen, und
nicht eine auf dem Papier bestehende, irgendwie gesetzlich verankerte Regelung, die sich „Ehe“ nennt.
Ich möchte die Kinder fördern. Das ist doch auch Ihr Ansatz, Sie wollen doch auch die Kinder fördern.
Wir haben ein Demografie-Problem. Warum, bitte, soll denn der Ehegedanke als solcher nur berechtigt sein, um daraus einen finanziellen Vorteil zu ziehen?
Ein gesamtgesellschaftliches Problem, das wir nicht nur in Deutschland haben, ist die Unternehmensbesteuerung. Wir haben keine gleiche europaweite Unternehmensbesteuerung. Wir brauchen einheitliche Regelungen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite.
Wir brauchen aber auch eine Körperschaftsteuer, die wieder einen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlstand und zum Staatshaushalt leistet. Eine solche Körperschaftsteuer brauchen wir und nicht eine, die nur pro forma vorhanden ist.
Ein weiteres Thema, das ich auch niemals verstehen werde, ist diese Abgeltungssteuer. Warum hängen Sie so daran? Warum kann nicht jeder, der Einnahmen hat, egal welcher Art – aus Vermietung, aus Verpachtung, diese muss er in der Einkommenssteuer angeben – –
Aber sobald es Dividenden und Zinserträge betrifft, haben sie mit der Einkommensteuer nichts zu tun. Das müssen Sie mir erklären, warum das System Sinn machen soll.
Das kann ich bis heute nicht verstehen. Unsere Position ist es, dass diese Abgeltungssteuer abgeschafft gehört und es ganz regulär und ganz normal bei der Einkommenssteuer angerechnet wird, meine Damen und Herren.
im Gegensatz zur SPD und den GRÜNEN. Wir sagen: Es muss, wenn es nach unten eine Schamgrenze gibt, doch auch nach oben eine Schamgrenze geben können. Wir sagen: Wer im Jahr Einkommenszuflüsse von 1 Million Euro netto erreicht, der hat die Schamgrenze erreicht.
Bei denen wollen wir auch nicht alles wegnehmen, sondern hierbei kann man sagen: Alles, was über 1 Million hinausgeht, plus 75 % davon sollen dem Staat zugeführt werden, weil das, was darüber hinausgeht, nicht mehr notwendig ist, um den
(Torsten Herbst, FDP: Wer definiert denn, was „eigener Lebensbedarf auf hohem Lebensstandard“ ist? – Holger Zastrow, FDP: Definieren Sie das? – Zurufe von der CDU)
Sie nennen das Neiddebatte. Sie treten lieber nach unten. Wir wollen es von denen nehmen, die oben sind. Wir verteilen von oben nach unten. Ja, wir wollen noch mehr Steuern, und dazu stehen wir, meine Damen und Herren!
Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? – Frau Hermenau, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Mir ist gestern erzählt worden, dass Herr Ex-Ministerpräsident Biedenkopf vor einiger Zeit eine lange, gute Rede zum Thema Schuldenbremse gehalten hat. Die Schlussfolgerung war, dass unsere Schuldenbremse auf Dauer vielleicht nicht halten wird, und zwar deswegen, weil es immer noch Einfallstore bei der Überprüfung der Einnahmen und der Ausgaben gibt. Er ist der Meinung, dass das als Instrument allein nicht ausreicht.
Wenn man sich die Staatsverschuldung anschaut, stellt man fest, dass wir derzeit davon profitieren, dass es niedrige Zinsen gibt, wenn wir unsere Altschulden umschulden müssen. Das ist derzeit der Luxus, der den Eindruck erweckt, dass es Deutschland gut gehe. Es geht Deutschland aber nicht gut, denn wir haben seit Jahren negative öffentliche Investitionen. Im Übrigen schließt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Substanzbesteuerung ausdrücklich aus. Das mag auch ein Alleinstellungsmerkmal sein, Herr Scheel.
Die Vermögensabgabe, von der die Rede ist, betrifft das reichste 1 % der Bevölkerung, das übrigens ein Drittel aller Vermögen besitzt. Sie ist auf zehn Jahre befristet, und sie gilt ab einem Nettovermögen von über 1 Million Euro. Das ist, wie gesagt, nicht einmal 1 % der Bevölkerung. Sie dient ausschließlich der Schuldentilgung, und zwar der reichlich 0,4 Billionen Euro, die seit dem Jahr 2008 aufgenommen werden mussten, um die Banken zu retten. Dass sich das reichste 1 % der Bevölkerung im Wesentlichen am Abtragen der Schulden beteiligt – die aufgenommen worden sind, um dieses Wirtschaftssystem gut dastehen zu lassen –, halten wir für mehr als angemessen.
Es ist richtig, dass die Anteilseigner einbezogen werden, aber ein Unternehmen an sich nicht. Deswegen ist dieser Ausschluss der Substanzbesteuerung da. Die Komplexität der Vermögenserfassung ist mir bewusst.
Wir haben seit dem Jahr 2008 einen Wertewandel. Die Bevölkerung hat das begriffen. Die selbsternannte schwarz-gelbe Elite hat das nicht begriffen. Es gibt eben diese eigene Welt, in der Sie noch schweben, und es gibt die neue Welt, die längst begonnen hat. Die Bevölkerung hat Konsequenzen aus 2008 gezogen, Sie nicht! Das ist kein Klassenkampf, sondern es geht um den Umbau dieser Gesellschaft unter Erhalt der Markwirtschaft. Ich möchte hier nicht missverstanden werden. Es geht um den Erhalt der Marktwirtschaft, und dafür muss man die Gesellschaft verändern, sonst wird das nicht funktionieren.
Diese moralische Debatte findet statt unter anderem in der Wirtschaft – Herr Finger hat das in seiner Jahresansprache gesagt –, sie findet statt unter den Einkommensstarken, zum Beispiel unter Rotariern. Es geht um Verantwortung, um Nachhaltigkeit, um Demokratie und um Würde – nur dass die Ziele klar sind. Deswegen ist Ihre Theorie vom schlanken Staat genauso „wunderbar und großartig“ wie die Theorie von der unsichtbaren Hand in der Wirtschaft.
Frau Präsidentin! Ich möchte gern noch einmal das Wort ergreifen, weil der Kollege Heidan vorhin die Zahl von 602 Milliarden Euro an jährlichen deutschen Steuereinnahmen hier in die Runde geworfen hat. Da denke ich mir natürlich gleich dazu, dass wir laut Ifo-Haftungspegel mittlerweile in Deutschland eine Haftungssumme von sage und schreibe 630 Milliarden Euro angehäuft haben. Da muss man dann ganz klar sagen: Das Recht bindet eben nicht nur die Regierten, sondern das Recht bindet auch die Regierenden, und genau dagegen haben CDU und FDP im Zuge der Euro-Krise massiv verstoßen. Deswegen glaube ich auch, dass CDU und FDP dafür noch die Quittung bekommen werden.
Wir hatten selbst in den europäischen Verträgen eine Nichtbeistandsklausel. Es wurde ganz klar festgelegt, dass kein einzelner Mitgliedsstaat für die Schulden eines anderen Mitgliedsstaates haften muss. CDU und FDP haben es geschafft, dass die nationalen Parlamente zu willfährigen Handlangern von Beschlüssen des EUMinisterrates herabgewürdigt wurden. Ich glaube, das ist der größte Raubzug, den wir in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt je hatten.