Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

(Jürgen Gansel, NPD: Nicht von Europa, sondern von der Europäischen Union! Ein bisschen Differenzierungsfähigkeit müssten selbst Sie haben!)

Insofern hat das geheuchelte Gejammer, das Sie hier an den Tag legen, nicht wirklich viel Überzeugungskraft, weil ich Ihnen einfach nicht abnehme, dass es Ihnen wirklich um ein starkes Europa geht.

(Andreas Storr, NPD: Selbst wenn es so wäre, bleibt der Sachverhalt richtig!)

Sie nutzen einfach nur die Situation, um gegen Europa und gegen die internationale Zusammenarbeit zu wettern.

Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN)

Es gibt durchaus Kritik an der Euro-Rettung. Es hat sich eine neue Partei gegründet, die Alternative für Deutschland, die die Kritik sehr viel seriöser als Sie vorträgt. Insofern braucht es Sie nicht, um diese Debatte in die bundesdeutsche Politik zu tragen, meine Damen und Herren von der NPD.

Auch das Staatsministerium der Finanzen – das muss ich hier einmal lobend erwähnen, wenn es um die schwebenden Lasten geht, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen – hat immer wieder darauf hingewiesen, dass mit der Euro-Rettung natürlich unabwendbare Zahlungsströme vielleicht auch auf das Land Sachsen zukommen. Zu behaupten, wir würden alles wegtun und niemand würde darüber reden und wir würden das Problem ignorieren, geht an der Sache einfach vorbei.

Kommen wir einmal zur Rettung. Wie bekannt ist, hat die Fraktion DIE LINKE die Rettungspakete abgelehnt. Es gibt auch genug Kritikpunkte vonseiten der SPD und der Fraktion GRÜNE an diesen Euro-Rettungspaketen. Ich stimme in einem überein: Das ist erstens die Frage der Niedrigzinspolitik, die die Staaten stabilisiert, weil sie mit niedrigen Zinsen überhaupt diese Lasten schultern können, und zweitens Banken stabilisiert, weil die Banken ihre Eigenkapitalfähigkeit erhöhen, und das geht natürlich am Ende des Tages zulasten des deutschen und anderer Sparer, weil sie wenig Zinsen auf ihr Vermögen bekommen. Das ist eine Realität, die man aussprechen kann, und sie wird auch ausgesprochen. Es ist nicht so, dass es dazu Sie bräuchte, um diese Debatte hier hineinzutragen.

(Holger Apfel, NPD: Wer denn sonst?)

Natürlich brauchen wir in Deutschland eine ernste Debatte, wenn es um Europa geht. Wie viel Handelsungleichgewichte verträgt eine Währungsunion? Wie viel Handelsungleichgewichte, wie viel Plus und Minus kann eine gemeinsame Währung ertragen, ohne dass es zu Verwerfungen kommt. Wir haben gigantische Verwerfungen in Europa. Ab Montag nächster Woche befinden wir uns im Vorwahlkampf auf die Europawahl. Da haben wir alle Zeit der Welt, über die europäische Ausrichtung zu sprechen. Eines muss aber auch den Herren der NPD klar sein: Wir haben mittlerweile Lasten übernommen in dieser Euro-Rettung, und diese gehen in die Billion. Das ist eine Zahl mit zwölf Nullen dran. Wenn Sie jetzt einfach sagen, wir müssen aus dem Euro aussteigen, dann heißt das, dass Zahlungen fällig werden, von denen wir alle richtigen Schwindel und Ohrensausen bekommen.

(Zuruf von der NPD)

Wenn wir wirklich vorhaben, Europa zu stabilisieren, den Euro zu stabilisieren, dann brauchen wir einen Aufbau der Staaten, die uns in Zukunft die Zinsen für diese Kredite zahlen sollen. Ohne einen Aufbauplan für diese Staaten – eben Griechenland – werden wir wahrscheinlich genau

vor einem Desaster in nicht allzu ferner Zukunft stehen. Insofern würde ich mich freuen, wenn wir gemeinsam dafür streiten, Europa stark zu machen und vor allem diese Länder stark zu machen, die im Moment sehr unter dieser Schulden- oder eigentlich Bankenkrise zu leiden haben. Es waren nämlich Banken, auch deutsche Banken, die diesen Staaten unverantwortlich viel Geld geliehen haben. Das muss auch gesagt werden. Insofern braucht es diese Debatte nicht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN – Arne Schimmer, NPD, tritt ans Mikrofon.)

Herr Schimmer – noch vor Ihrem Redebeitrag?

Ja, ich würde gern auch einmal von dem Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen.

Erstens, ich finde es etwas unangemessen, Herr Scheel, wenn Sie jetzt plötzlich hier drohende Risiken für den Freistaat Sachsen ins Bewusstsein rufen, die sicherlich auch existieren, aber mir in der Sachverständigenanhörung zum Landeshaushalt eine entsprechende Frage an die Sachverständigen verweigert haben als Ausschussvorsitzender. Ich wollte nämlich damals schon die Sachverständigen fragen, welche Risiken sich auch für den Haushalt des Freistaates Sachsen aus der Eurokrise ergeben können, beispielsweise durch die Abschmelzung der Solidarpaktzahlungen. Da haben Sie mich unterbrochen und mich nicht reden lassen. Jetzt stellen Sie sich da vorne hin und sprechen dieses Thema an. Das ist ja wohl ein wenig schäbig. Das werden Sie wohl auch selber anerkennen.

Zweitens, Sie sagen, es braucht die NPD nicht, um diese Fragen hier anzusprechen. Nun frage ich Sie, wer hat denn diese Fragen hier angesprochen seit Mai 2010, seit dem ersten Griechenland-Rettungspaket? Haben Sie einmal einen Antrag dazu eingebracht? Nein, Fehlanzeige. Hätten Sie doch machen können, wenn Sie dazu so viel zu sagen haben. Wer hat denn das Thema hier im Landtag immer wieder in Plenardebatten angestoßen? Das war die NPD-Fraktion.

Drittens, ein Marschallplan wäre jetzt natürlich gerechtfertigter, wo man sich wirklich überlegt, wie man südeuropäische Staaten vor dem totalen wirtschaftlichen Absturz bewahren kann, als immer dieses Weiterwursteln mit einer Einheitswährung, die immer größere Kosten auflaufen lässt. Das ist doch gar kein Gegensatz. Sie tun immer so, als wären wir hier ganz grimmige Europafeinde, die sich nur delektieren würden an der wirtschaftlichen Misere unserer Nachbarn. Das ist aber gerade nicht der Fall. Sie sind es doch, die Europa in neue Konflikte stürzen.

Besten Dank.

(Beifall bei der NPD)

Herr Scheel, möchten Sie erwidern? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und

Herren! Mir liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Abg. Schimmer, NPD, vor. Sie haben das Wort, Herr Schimmer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sage es hier noch einmal: Die Eurokrise wird ganz sicher böse enden, nicht, weil das so sein muss oder weil es die historische Notwendigkeit wäre, sondern weil man einfach nicht verantwortlich mit ihr umgeht und, anstatt endlich umzusteuern, nun auch noch notorische Hassadeure wie Mario Draghi, den ehemaligen Vizechef von Goldman Sachs, oder auch den bereits von meinem Fraktionskollegen Holger Apfel erwähnten

Jörg Asmussen an die Schalthebel der Macht lässt.

Ich frage mich auch, wer beispielsweise den Zusagen der Eurogruppe von letzter Woche glauben soll, dass nun der marode Bankensektor in Slowenien überhaupt keine Hilfen benötigt. Wir alle, die wir hier sitzen, wissen doch, dass genau diese Ankündigung am 22. September um 18.00 Uhr Geschichte ist und dann natürlich neue Rettungspakete geschnürt werden. Zumindest Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war bei einer Wahlveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg so ehrlich zuzugeben, dass Griechenland noch ein drittes Rettungspaket braucht.

Aber auch eine halbe Wahrheit wird nun einmal zu einer ganzen Lüge, wenn man das Entscheidende verschweigt. Es ist reichlich absurd, dass Herr Schäuble zwar zu Recht sagt, Griechenland wird noch ein drittes Rettungspaket brauchen, aber gleichzeitig behauptet und daran festhält, es wird keinen Schuldenschnitt geben. Alle Wirtschaftswissenschaftler, alle seriösen Volkswirte in der Bundesrepublik sagen natürlich: Griechenland wird sicherlich noch diesen Schuldenschnitt benötigen. Damit kommen schon im kommenden Jahr auf den Bundeshaushalt möglicherweise Ausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe zu. Deswegen sind wir als NPD der Auffassung, dass man dem Wähler gegenüber ehrlicherweise nicht mehr von Krediten, sondern besser von Transferzahlungen oder Schenkungen sprechen sollte.

(Beifall bei der NPD)

Wir sagen auch ganz klar: Die Bundesregierung steht vor einem haushaltspolitischen Debakel, das ohne Vergleich in der Geschichte der Bundesrepublik seit 1949 ist. Bisher wird auch viel zu wenig wahrgenommen, und zwar deshalb, weil die Zahlungen, die sozusagen über ein institutionelles Dickicht geflossen sind, welches aus der Europäischen Zentralbank, dem IWF sowie den beiden Rettungsfonds, ISF und ISM, bestand, kaum zu durchschauen sind. Wir müssen aber auch konstatieren: Mittlerweile sind über diese Netze 380 Milliarden Euro an Griechenland geflossen, ohne dass sich irgendetwas zum Besseren gewendet hätte – 110 Milliarden Euro beim ersten Rettungspaket vom Mai 2010, 130 Milliarden Euro beim zweiten Rettungspaket vom Februar 2012 und die restlichen 140 Milliarden Euro durch diesen Schuldenschnitt für Banken und auf Griechenland allein insgesamt

83 Milliarden Euro. Trotzdem haben wir mittlerweile in Griechenland eine höhere Schuldenstandquote und eine höhere Arbeitslosigkeit als vor der Krise.

Wir als NPD sagen: Auch nach dem vierten, fünften oder sechsten Rettungspaket würde es dabei bleiben, dass in Griechenland nur die Arbeitslosigkeit und die Schuldenstandquote steigen, denn das Problem Griechenlands ist nun einmal die Währung, der viel zu hoch bewertete Euro, mit dem die griechische Volkswirtschaft mit ihrer Produktivität, mit ihrer Struktur an Gütern, die sie herstellt, nicht leben kann. Deswegen sagen wir: Der viel bessere Weg ist, dass man den Euro endlich abwickelt und durch frei gegeneinander schwankende Währungen ersetzt, die den Bedürfnissen und auch den Nöten der Volkswirtschaften gerecht werden.

Wir sagen auch ganz klar: Es ist eine politische Schweinerei, wenn Finanzminister Schäuble nun ein drittes Kreditpaket ankündigt, obwohl seit der EZB-Vermögensstudie vom April 2013 ganz klar und deutlich ist, dass das mittlere Nettovermögen eines durchschnittlichen griechischen Haushaltes bei beinahe 102 000 Euro liegt, während das durchschnittliche Nettovermögen eines deutschen Haushaltes nur bei knapp über 51 000 Euro liegt. Was, meine Damen und Herren, ist denn so sozial daran, wenn beispielsweise einkommensschwache Haushalte in Deutschland oder der Hartz-IV-Bezieher in Deutschland wesentlich reichere Haushalte in Griechenland mitfinanziert? Das ist unserer Auffassung nach eine Perversion des Begriffes „Europäische Solidarität“.

(Beifall bei der NPD)

Was man auch konsequent verschweigt in der deutschen Debatte zur Eurokrise, ist, dass Griechenland seine Schulden begleichen könnte, wenn es die eigenen Superreichen endlich einmal angemessen besteuern würde, zum Beispiel die Reeder, die oftmals Milliardäre sind und die immer noch von Steuern so gut wie freigestellt sind durch ein Gesetz aus den sechziger Jahren. Deswegen glauben wir, wir müssen zurück zum Konzept eines Europas der Vaterländer.

Bitte zum Schluss kommen.

Dafür werden wir auch weiterhin werben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Bericht des Petitionsausschusses

(Berichtszeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012)

Drucksache 5/12179, Unterrichtung durch den Petitionsausschuss

Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Zunächst spricht die Vorsitzende des Petitionsausschusses, danach sprechen die Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, sofern sie das Wort wünscht.

Wir beginnen mit der Aussprache, und es spricht die Ausschussvorsitzende, Frau Jonas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Sie können dem vorliegenden Bericht entnehmen, dass sich auch im vergangenen Jahr viele Bürgerinnen und Bürger mit Bitten und Petitionen an den Sächsischen Landtag wandten. Insgesamt erhielten wir 901 Schreiben, von denen 654 auch als Petition eingestuft werden konnten. Das Entscheidende hierbei ist die Anzahl der Personen, die sich daran beteiligten.

Allein an Sammel- und Massenpetitionen haben sich knapp 100 000 Menschen beteiligt, deutlich mehr als im Vorjahr. Die meisten Unterstützer bei Sammelpetitionen fanden die Themen „Novellierung des Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetzes“ und „Stellenkürzungen an sächsischen Hochschulen“. Ebenfalls eine sehr hohe Beteiligung erhielten die verschiedenen Massenpetitionen zum Thema „Schutz des Wolfes im Jagdrecht“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine der Hauptproblematiken der eingegangenen Schreiben im Jahr 2012 war der Justizvollzug. Hier erreichten unseren Ausschuss insgesamt 81 Petitionen und auffällig viele davon aus der JVA Torgau.