Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Politik sind weiterhin gefordert. Ich verbinde in diesem Zusammenhang die Hoffnung damit, dass es gelingt, die vorgesehenen überproportionalen Einschnitte in die EFRE-Technologie und Forschungsförderung ab dem Jahr 2014 sinnvoll zu mildern. Denn wenn es uns gelingt, die richtigen Prioritäten zu setzen und die Schwierigkeiten zu überwinden, wenn wir Bewährtes optimieren und fortsetzen und wenn wir neue Wege gehen, dann – da bin ich sehr zuversichtlich – wird der Freistaat Sachsen auch auf seinem Weg zu einer der führenden wissenschaftlich und wirtschaftlich führenden Regionen in Europa erfolgreich weiter voranschreiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit den Ausführungen von Frau Staatsministerin von Schorlemer beschließen wir unsere 1. Aktuelle Debatte. Ich kann keinen weiteren Redebedarf erkennen.

Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Zusammenbruch der Landesbank – Verantwortliche

konsequent zur Verantwortung ziehen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Gleich zu Beginn dieser 2. Aktuellen Debatte möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen. Das kann sie zu jedem Zeitpunkt. Herr Staatsminister Prof. Unland, ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der heutigen Presse war zu entnehmen, dass die Strafkammer des Landgerichts Leipzig Anklagen gegen ehemalige Vorstände der Sachsen LB überwiegend nicht zugelassen hat.

Ich möchte dies zum Anlass nehmen, vorweg darauf hinzuweisen, dass die strafrechtliche Aufarbeitung streng von der Durchsetzung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche zu trennen ist.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Wie geht denn das?)

Für die strafrechtliche Aufarbeitung sind die Staatsanwaltschaften und die Strafgerichte zuständig. Dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen oblag die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche.

In der vergangenen Woche wurden nun in diesem Zusammenhang wichtige Entscheidungen getroffen. Der Haushalts- und Finanzausschuss wurde von mir hierüber umgehend informiert. Heute möchte ich am Beginn der Aktuellen Debatte das Wort ergreifen, um die wesentli

chen Ergebnisse und Gründe für diese Entscheidung zu erläutern.

Am 18. November 2013 konnte das Sächsische Staatsministerium der Finanzen Vergleichsverhandlungen mit vier ehemaligen Vorständen und dem D&O-Grundversicherer abschließen. Im Ergebnis zahlt die Manager-Haftpflichtversicherung fast 21 Millionen Euro. Zur Einordnung dieser Zahlung möchte ich auf Folgendes hinweisen: Nach dem Konzept derartiger Versicherungen ist es zunächst deren Aufgabe, gegen die Manager erhobene Ansprüche abzuwehren, das heißt Abwehrschutz zu gewähren. Gelingt die Abwehr nicht, erfolgt in einem zweiten Schritt die Begleichung festgestellter Schadensersatzansprüche, das heißt Deckungsschutz zu gewähren.

Nach dem seinerzeit von der Sachsen LB geschlossenen Vertrag standen aus der D&O-Grundversicherung für die Anspruchsabwehr und die Deckung der Schadensersatzansprüche insgesamt 25 Millionen Euro zur Verfügung. Ich bin mir bewusst, dass der Vergleich mit dem D&OGrundversicherer wesentlich weniger im Fokus der Öffentlichkeit steht als der Vergleich mit den vier ehemaligen Vorständen. Durch den Vergleich mit den vier ehemaligen Vorständen wird der Rechtsstreit beendet und auf eine gerichtliche Entscheidung verzichtet. Der Verzicht auf eine gerichtliche Entscheidung erfolgte auch auf Hinwirkung der befassten Gerichte sowohl in den jeweili

gen mündlichen Verhandlungen als auch durch schriftliche Vergleichsvorschläge.

Mit den nun vorliegenden Vergleichen sind die Beteiligten diesen Empfehlungen, sich gütlich zu einigen, schließlich gefolgt. Aufgrund des Vergleichs sind die vier ehemaligen Vorstände verpflichtet, einen nicht unerheblichen Teil ihres von zwei Wirtschaftsprüfern festgestellten und testierten Vermögens an den Freistaat abzugeben. Anzumerken ist, dass ohne die Vorstandsvergleiche keine Zahlung der Versicherung erfolgt. Der Versicherer war nur zur Leistung der Versicherungssumme bereit, wenn die Prozesse gegen die vier Vorstände beendet werden.

In Bezug auf die Vergleiche möchte ich noch auf einen anderen Aspekt eingehen: Die fehlende gerichtliche Feststellung der Pflichtverletzung könnte von manchem als nicht ausreichend empfunden werden. Bereits in meinem Redebeitrag in diesem Haus am 20. Januar 2011 habe ich jedoch hervorgehoben, dass es in einem Schadensersatzprozess nicht um Schuld, Sühne oder Strafe geht, sondern um Geld. Als Finanzminister trage ich dafür die Verantwortung, das heißt, ich habe zu rechnen und abzuwägen.

Auch meine seinerzeit getroffene Aussage möchte ich bekräftigen, dass es im Grunde unmöglich ist, nüchterne haushalterische Gesichtspunkte gegenüber dem Gerechtigkeitsgefühl abzuwägen.

An dieser Stelle möchte ich an zwei weitere Vergleichsabschlüsse erinnern: Im Januar 2011 hat sich das Sächsische Staatsministerium der Finanzen mit der ehemaligen Abschlussprüferin auf eine Zahlung von 40 Millionen Euro geeinigt, wovon zwei Drittel beim Freistaat Sachsen verbleiben. Im März 2013 verpflichteten sich die nachrangigen D&O-Versicherer zur Zahlung von

11,5 Millionen Euro. Diese erhalten wegen des Vergleichs mit dem D&O-Hauptversicherer nun allerdings 2 Millionen Euro zurück.

Ich komme zum Fazit: Mit diesem Verfahren hat der Freistaat Sachsen juristisches Neuland betreten. Bis zum heutigen Tag hat kein anderes Bundesland die zivilrechtliche Aufarbeitung so weit betrieben. Alle diese Verfahren sind in sachlicher und rechtlicher Hinsicht äußerst komplex; damit sind diese Verfahren auch sehr teuer.

Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem nur noch die Anwälte gewinnen. Dies wäre ab jetzt der Fall, wenn der Freistaat ohne Rücksicht auf die jetzt erst möglichen Vergleiche in diesem Verfahren weiter prozessiert hätte. Ich möchte aber betonen: Es ist und bleibt unbefriedigend, dass der Schaden in seiner gesamten Dimension politisch, moralisch und materiell nie mehr gutzumachen ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zu Beginn unserer 2. Aktuellen Debatte hatte Herr Staatsminister

Prof. Unland für die Staatsregierung das Wort ergriffen.

Jetzt ergreift für die einbringende Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Scheel das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der erste Teil unseres Anliegens ist schon erfüllt, indem der Staatsminister der Finanzen Rechenschaft gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit über das Handeln der Staatsregierung in Bezug auf den Zusammenbruch der Sachsen LB ablegt.

Wir werden als Fraktion DIE LINKE so lange Rechenschaft in diesem Parlament einfordern, bis der letzte Cent, der letzte Heller in diesem Fall gezahlt sind – und wenn das das Letzte ist, was wir tun.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass uns der Herr Staatsminister die Ergebnisse der Vergleichsverhandlungen verkündet hat. Viel aktueller kann ein Thema einer Aktuellen Debatte nicht sein.

Trotzdem möchte ich es kurz einbetten: Es ist den Banken weltweit gelungen, dem Steuerzahler in einem Husarenstück Lasten aufzubürden. Um es mal in ein Bild zu bringen: Wenn eine Massenkarambolage auf einer Autobahn passiert und alle sind zu schnell gefahren, dann heißt das nicht, dass niemand zur Verantwortung gezogen wird, meine Damen und Herren. Genau das ist den Banken offensichtlich gelungen: Sie haben die Lasten dieser Karambolage auf den Steuerzahler, auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt. Das ist meines Erachtens schon ein riesiges Husarenstück.

(Andreas Storr, NPD: Weil die Politiker mitgemacht haben bei diesem verbrecherischen Spiel!)

Was hat Warren Buffett schon 2003 festgestellt – zugegebenermaßen im Vergleich zu den Derivaten? Er sprach davon, dass es sich bei den Finanzkonstruktionen, die dort bestehen, um Massenvernichtungswaffen handelt. Starker Tobak: Massenvernichtungswaffen!

Wenn wir uns jetzt über die Frage der Verantwortung und der Rechenschaft unterhalten, dann nehmen wir zur Kenntnis, dass diese Massenvernichtungswaffen selbstverständlich auch Verantwortliche haben. Irgendjemand muss sie ja gebaut haben. Wir haben bisher Vergleiche geschlossen, wie eben verkündet, mit PwC, dem Wirtschaftsprüfer der Bank, und mit Chartis, mit der AIG, den Versicherern der Bank. Wir haben Vergleiche geschlossen mit fünf Bankvorständen, die angeklagt waren: Herbert Süß, Stefan Leusder, Werner Eckert, Yvette BellaviteHövermann und – nicht zu vergessen – Gerrit Raupach. Sie werden eine noch unbekannte Summe in den Garantiefonds speisen. Vertraulichkeit ist hierbei vereinbart. Am 18.11. sind diese Vergleiche geschlossen worden.

Natürlich kommen der Rechtswille und das Rechtsempfinden zu kurz, wenn man immer nur über Vergleiche redet. Ich könnte sogar so weit gehen und sagen: Ich habe

ein wenig den Verdacht, dass man es gar nicht auf einen Prozess ankommen lassen will.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielleicht hat man ja Angst davor, dass ein Milbradt und ein Metz von der Gegenseite mit in den Zeugenstand geholt werden.

Aber wir haben noch Hoffnung. Es gibt ein Verfahren gegen drei weitere Vorstände, das noch nicht vom Tisch ist. Die Verfahren betreffen Michael Weiss, Rainer Fuchs und Hans-Jürgen Klumpp. Das Landgericht hat am 08.11.2013 – also vor nicht allzu langer Zeit – die Klage des Freistaates in erster Instanz abgewiesen. Der Freistaat steht jetzt vor der Aufgabe und vor der Verantwortung, die Frage zu beantworten: Wollen wir in Berufung gehen? Wollen wir diesen unhaltbaren Zustand, dass in diesen Fragen kein Recht gesprochen wird und dass wir uns mit Vergleichen aus der Affäre ziehen, weiterführen?

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Aber diese Regierung …!)

Wir sagen: Ja, diese Verantwortung hat der Freistaat. Wir müssen endlich auch ein Urteil in dieser Frage fällen. Gegen wen sonst als gegen die Konstrukteure dieser Massenvernichtungswaffen in Fragen der Sachsen LB, gegen Weiss und Fuchs – das Duo Infernale der Landesbank –, müsste ein solcher Prozess weitergeführt werden, meine Damen und Herren?

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie sind zuständig für den Strategiewechsel der Landesbank im Jahr 2001. Rainer Fuchs hat den Bereich Kapitalmarkt seit dem Strategiewechsel verantwortet. Er hat Dublin verantwortet. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es, als wir den Kollegen Fuchs im Jahr 2006 im Untersuchungsausschuss verhört haben, nicht gelingen würde, dieses Mannes habhaft zu werden und ihn zur Verantwortung zu ziehen. Ich hätte es mir nicht vorstellen können. Stattdessen wurden ihm noch 220 000 Euro als Abfindung hinterhergeworfen, weil Georg Milbradt nicht in der Lage war, ihn ordentlich aus der Bank zu entfernen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das war wahrscheinlich Schweigegeld!)

Das ist schon ein Skandal! Er ist meines Erachtens schuldig daran, mit Ormond Quay eine Struktur geschaffen zu haben, die mit einem Valuation Agreement eine hundertprozentige Staatshaftung ausgelöst hat. Diese hat uns am Ende in die Situation gebracht, dass diese Bank notverkauft werden musste. Sie bringt uns jetzt dazu, diese Waffe kontrolliert abzubrennen, denn das passiert jetzt.

Wenn ich draußen im Land mit irgendwelchen Bürgern spreche und ihnen die Sachverhalte darlege, dann fällt denen nur eines dazu ein. Sie sagen: Der Fuchs muss in den Bau, Kolleginnen und Kollegen.