Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Insofern ist Ihr Ansatz richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, hier aktiv zu werden. Ein bisschen stört mich an Ihrem Antrag allerdings, dass er die unterschiedlichen Zeitphasen des Asylverfahrens vermischt. In den ersten sechs Wochen bis zu den ersten drei Monaten sind die Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Daran führt kein Weg vorbei. Der Bund hat das Betreiben einer solchen Einrichtung vorgeschrieben. Allerdings wäre wünschenswert, die Dauer des Aufenthaltes in der Erstaufnahmeeinrichtung auf das absolute Minimum zu beschränken. Bei der anschließenden Verteilung der Menschen auf kreisfreie Städte und Landkreise ist in den vergangenen Wochen ein Stau entstanden. Auch die Kommunen haben sich nicht rechtzeitig auf die extreme Zunahme der Asylbewerber in diesem Jahr eingestellt. Und auch hier müssen wir leider feststellen, dass sich die Verantwortlichen oft sehr lange davor drücken, die Anwohner umfassend zu informieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich befürchte bei Ihrer Antragsidee, dass die an sich gute Idee eines runden Tisches mit allen relevanten Akteuren eine sehr langwierige Angelegenheit wird und es zu viel Zeit in Anspruch nehmen wird, bis ein entsprechendes Konzept zum Umgang mit Flüchtlingen erstellt sein wird. Der Bedarf für ein solches Konzept besteht aber jetzt vor Ort in Sachsen. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP ist sich indes des dringenden Handlungsbedarfs bei diesem Thema sehr bewusst. Das Thema „Umgang mit Asylbewerbern“ taugt nicht für den üblichen Plenarschlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Deshalb schlagen wir vor, Ihren Antrag zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu verweisen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Karabinski hat recht: Dieses Thema taugt nicht zum üblichen Schlagabtausch. Deshalb bin ich froh darüber, dass CDU- und FDPFraktion vorgeschlagen haben, diesen Antrag an den Innenausschuss zu verweisen, um uns dort die Zeit zu nehmen, über Lösungsmöglichkeiten gründlich nachzudenken.

Ich bin sicher, dass alle demokratischen Fraktionen in diesem Haus sich geschlossen hinter den Punkt 1 dieses Antrages stellen. Weil dem so ist, müssen wir uns überlegen, wie wir mit dem hohen Recht Asyl umgehen und welche Maßnahmen wir ergreifen wollen, um die Skepsis der Bevölkerung an manchen Stellen in unserem Land, auf die Herr Homann schon eingegangen ist, abzubauen. Dazu gibt es eine Menge von Vorschlägen. Frau Köditz

hat uns einen ganzen Stapel davon vorgelegt. Ich glaube, dass es notwendig ist, diese Vorschläge im Einzelnen zu betrachten und im Anschluss daran die Zivilgesellschaft ins Boot zu bekommen und gemeinsam zu überlegen, wie wir diesen Punkt 1, nämlich dass Menschen bei uns im Land Schutz vor Verfolgung und Gewalt finden, gemeinsam gestalten können. Es geht um Gestaltung. Die Gestaltungshoheit lassen wir uns nicht aus der Hand nehmen, auch nicht von der NPD-Fraktion hier im Landtag,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und auch nicht von der NPD im Land, die dort versucht, an die Skepsis der Bevölkerung anzudocken

(Alexander Delle, NPD: Um die Sorgen der Menschen kümmern wir uns!)

oder diese Ängste zu missbrauchen für ihre Angriffe auf Migranten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb halte ich das für eine kluge Idee. Es gibt einen Aufruf vom September, dem Rassismus gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden entgegenzutreten. Diesen Aufruf haben unter anderem der Landesbischof Bohl und der ehemalige Staatsminister in Sachsen Prof. Hans-Joachim Meyer unterschrieben. Wir sehen also, dass die Zivilgesellschaft sich zu Wort meldet. Wir sollten mit der Zivilgesellschaft gemeinsam nach Lösungen suchen. Da gibt es bestimmte Punkte, die die SPD-Fraktion aufgeschrieben hat, die man diskutieren muss. Zum Beispiel wenn der Staatsminister vorschlägt, mehr dezentrale Unterbringung möglich zu machen, damit auch Erstaufnahmeeinrichtungen entlastet werden, dann muss es für die Kommunen eine Rechtssicherheit geben. Das können wir in Sachsen nicht allein machen. Dazu muss der Bund ins Boot, Kollege Karabinski hat es gesagt. Wir müssen ausloten, wie weit wir in Sachsen das umsetzen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig, dass wir hier im Parlament keine Einzelheiten diskutieren und keinen Schlagabtausch um dieses Problem haben wollen. Deshalb stimmen wir GRÜNEN der Überweisung an den Innenausschuss zu. Wir denken, dass wir dort einen guten Umgang mit dem Antrag der SPD und mit der Gestaltung der Flüchtlings- und Asylpolitik in unserem Land finden werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die NPDFraktion Herr Abg. Apfel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es lohnt sich nicht, auf den geifernden Hass gegen die Menschen, die auf die Straße gehen, der aus den Worten von Frau Köditz herausklingt, näher einzugehen. Wir haben ja morgen zu diesem Thema auch noch eine eigene Aktuelle Debatte. Nur so viel: Wer sich heute hier im Landtag hinstellt und friedliche Bürger als rassistischen Mob verunglimpft, nur deshalb, weil sie die

Sorgen und die Ängste vor der zunehmenden Überfremdung in unserem Lande auf die Straßen tragen, so wie 2 500 Bürgerinnen und Bürger im erzgebirgischen Schneeberg, der zeigt, wie er die Grundrechte deutscher Landsleute mit Füßen tritt, – – Sie, Frau Köditz, sind eine Schande für dieses Land, Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der NPD)

Nun will ich mich dem Antrag der SPD-Fraktion widmen. Man bekommt den Eindruck, dass die linken Fraktionen in einen regelrechten Überbietungswettbewerb eingetreten sind. Nach dem von den GRÜNEN geforderten Abschiebestopp für Ashkali, Balkan-Ägypter und viele andere, die man in keinem Völkerkundelexikon findet, oder dem erst letzte Woche eingebrachten Antrag der LINKEN zur freien Arztwahl für Asylbewerber heute also ein sogenannter runder Tisch für angeblich nicht human genug behandelte Flüchtlinge. Ich persönlich würde diesen Zirkus, der hier veranstaltet wird, eher als „Tischlein deck dich“ für Zuwanderer in unsere sozialen Sicherungssysteme bezeichnen.

(Beifall bei der NPD)

Man fragt sich bei der Schwemme an ausländerpolitischen Initiativen wirklich, ob die linken Parteien in diesem Hause überhaupt mitbekommen haben, dass es bei uns in Sachsen auch noch Deutsche gibt, für die sie eigentlich angetreten sind, ihre Interessen wahrzunehmen.

Und dann überfluten sie den Landtag mit diesen Anträgen aus antifaschistischen Reflexen. Aus den Wortbeiträgen geht hervor, wie groß die Sorge ist, dass sich die NPD dieser Thematik annimmt, weil sie merken, dass die NPD bei der Ausländer- und Asylpolitik mittlerweile die Meinungsführerschaft übernommen hat. Wie dem auch sei, der SPD-Antrag ist schon deshalb formal fragwürdig, weil tatsächlich politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge, gegen deren temporäre Aufnahme die NPD nichts einzuwenden hat, mit sogenannten Armutsflüchtlingen in einen Topf geschmissen werden, mit sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen, die die erdrückende Mehrheit der Zuwanderer ausmachen.

(Beifall bei der NPD)

Da fordert die SPD unter anderem die – Zitat – „unverzügliche Bereitstellung von 2 000 Wohneinheiten in den Kommunen des Freistaates Sachsen zur dezentralen Unterbringung von Menschen, die in Deutschland Zuflucht vor Verfolgung, Not und Gewalt suchen“. All dies wird von der SPD unter dem Begriff „Flüchtlinge“ zusammengefasst.

Es gibt aber aus guten Gründen heraus keine gesetzliche Grundlage, die die Bundesrepublik dazu verpflichten würde, Zuwanderern aus wirtschaftlicher Not einen Aufenthalt zu gewähren und ihnen diesen sogar noch erheblich zu versüßen. Gäbe es eine solche gesetzliche Regelung, müssten wir unser Land potenziell für Hunderte Millionen Menschen öffnen, denen es in ihrer Heimat wirtschaftlich schlechter geht als bei uns.

Wer so etwas fordert, muss schon so abgedreht sein wie die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, die im ARD-Morgenmagazin vom 9. Oktober 2013 allen Ernstes behauptete, dass wir Zuwanderer bräuchten, die – Zitat Göring-Eckardt – „in unseren Sozialsystemen zu Hause sind und sich auch zu Hause fühlen können“.

(Unruhe)

Es wird ein Geheimnis der grünen Multikulti-Ideologen bleiben, warum wir in Deutschland Zuwanderer in Sozialsysteme bräuchten, also keine politischen Flüchtlinge oder sogenannten Fachkräfte, sondern schlicht und ergreifend die Zuwanderung von Asylschmarotzern, die es sich auf Kosten des deutschen Steuerzahlers hier wohlergehen lassen sollten.

Diese Perspektive kommt auch im SPD-Antrag zum Vorschein, indem er die geringe Zahl der wirklich Asylberechtigten mit Wirtschaftsflüchtlingen und Scheinasylanten vermengt und dann für alle Maßnahmen fordert, die aus Sicht des Steuerzahlers einfach unzumutbar sind, so zum Beispiel eben die erwähnten 2 000 Wohneinheiten zur dezentralen Unterbringung oder weitere Zuwanderungsanreize in Form von stärkerer sozialer Betreuung oder anderen Gratisleistungen.

Zugegebenermaßen ist dieser ausländerpolitische Unsinn längst nicht mehr auf die linken Fraktionen beschränkt. Nehmen wir zum Beispiel Sachsens Innenminister Markus Ulbig oder seinen Parteifreund der CDU, den Ausländerbeauftragten Martin Gillo, Sachsens obersten Ausländerlobbyisten. Diese Herrschaften wollen uns die Massenzuwanderung von Armutsflüchtlingen als besonderen Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft verkaufen. Schließlich könnte sich ja unter den vielen Tausend Elendsasylanten aus Zentralafrika, dem Nahen Osten oder vom Balkan, die zum Teil nicht einmal des Lesens und Schreibens mächtig sind, der eine oder andere künftige Nobelpreisträger befinden, vielleicht aber auch ein talentierter Ingenieur, Informatiker, Chemiker, um den sich die Headhunter der großen Wirtschaftsunternehmen genauso prügeln werden wie kürzlich die Asylanten im Chemnitzer Aufnahmelager. Klau-Kids aus den Roma-Slums von Bukarest, Kameltreiber aus dem Libanon, Ziegenhirten aus Eritrea als Fachkräftereservoir für Studiengänge an deutschen Exellenzuniversitäten – das, meine Damen und Herren, ist ein Witz, mit dem sich die Herren Ulbig und Gillo die Nominierung für den Deutschen Comedypreis verdient haben.

(Beifall bei der NPD)

Nein, dieses Fachkräftemärchen aus „Tausendundeine Nacht“ tischen uns die Sozialdemokraten heute zwar nicht auf. Sie wollen das „Tischlein deck dich“ für alle auch ohne vermeintliche Qualifikation. Ich kann der SPD nur raten, sich ein Beispiel an ihrem Parteifreund Thilo Sarrazin zu nehmen, der am letzten Wochenende auf der Familientagung des „Compact“-Magazins in Leipzig wieder einmal gewagt hat, Klartext zu sprechen.

Thilo Sarrazin von der SPD forderte, dass Zuwanderer grundsätzlich zehn Jahre lang keinen Anspruch auf soziale Transferleistungen haben sollten. Wörtlich der SPD-Politiker: „Kein Einwanderer soll in den ersten zehn Jahren seines Aufenthalts in Deutschland staatliche Hilfen bekommen, auch keine Sozialhilfe. Nichts!“

Weiterhin fordert Sarrazin, dass politisches Asyl rigoros auf diejenigen begrenzt werden muss, die tatsächlich aus politischen Gründen verfolgt werden. Ja, Thilo Sarrazin geht sogar noch weiter. Er lehnt nämlich sogar die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen ab, weil er der Meinung ist, dass diesen in ihren Heimatregionen geholfen werden müsse, aber nicht hier in Europa.

Zu guter Letzt fordert Ihr Parteifreund von der SPD, dass Armutszuwanderung künftig gänzlich unterbunden

werden müsse. Hierzu sei ein rigides Grenzsystem notwendig. Noch einmal Thilo Sarrazin von der SPD wörtlich: „Alle, die mit dem Boot von Afrika nach Europa übersetzen, bekommen eine Erstversorgung sowie Wasser und Nahrung, werden dann aber sofort wieder dahin verbracht, wo sie das Boot bestiegen haben.“ – So weit Thilo Sarrazin.

Nach Ihrer Logik muss man sich in der Tat fragen: Wann folgt denn das Ausschlussverfahren gegen diesen überzeugten Patrioten, der seinen Platz sicherlich nicht mehr in der SPD haben dürfte, wenn es nach der Gedankenwelt zumindest der sächsischen Sozialdemokraten gehen würde? Eine Welt, die Unterschiede hat – so Thilo Sarrazin am Ende seines Vortrags –, brauche Grenzen. Europa müsse sich daher gegenüber allen unerwünschten Einflüssen von außen abschotten.

Meine Damen und Herren der SPD, sobald Sie hier im Sächsischen Landtag einen Antrag in dem Tenor einbringen, wie das Ihr Parteifreund Thilo Sarrazin tut, dürfen wir Ihnen versichern, dass wir einen solchen Antrag mit Freude unterstützen. Ihren heutigen Multikulti-Antrag lehnen wir natürlich entschieden ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Damit bitte ich jetzt Herrn Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dass eine solche Debatte hier bei uns im Sächsischen Landtag notwendig ist, haben wir gerade wieder gesehen.

(Andreas Storr, NPD: Gesehen oder gehört?!)

Beides. – Einerseits, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass wir nicht einmal über dieses Thema sprechen und dann schnell wieder zur Tagesordnung zurückkehren können, weil dieses Thema, nämlich die vermehrte Suche von Menschen nach Asyl, nach Schutz eine Debatte ist, die in unsere Gesellschaft hineindringt und die alle

angeht: die Menschen, die Kommunen, Kirchen, Vereine, Verbände.

Aber andererseits hat mir gerade der letzte Redebeitrag gezeigt, dass diese Debatte notwendig ist, um solche Leute wie Sie, Herr Apfel, und Ihre NPD-Genossen zu entlarven.

(Zuruf von der NPD: Sie entlarven sich mit Ihrer Inländerfeindlichkeit Tag für Tag!)

Denn das, was Sie hier vorgetragen haben, hat deutlich gemacht: Sie triefen vor Hass, vor Menschenverachtung, vor Ausländerfeindlichkeit. Das muss den Menschen draußen klar und deutlich werden, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)