Protokoll der Sitzung vom 17.12.2013

Die Kommunen übernehmen zwei Drittel der Investitionen in Sachsen. Mit diesem Gesetz unterstützt sie der Freistaat einmal mehr dabei. Als Gesetzgeber stärken Sie mit diesem Gesetz die Investitionskraft der kreisfreien Städte und vor allem auch der Landkreise weiter. Anders als beim Investitionspauschalengesetz 2011/2012 ist der Einsatz dieses Mal auf die kreislichen Aufgaben be

schränkt. Die Mittel sollen unmittelbar bei den Landkreisen ankommen. Ich halte dies für richtig. Mittelbar profitieren dennoch auch die kreisangehörigen Gemeinden von diesem Gesetz, da sich damit die Diskussion um die Höhe der Kreisumlage etwas entspannen dürfte.

Die Verwendungsbreite der Mittel ist sehr weit gefasst. Das Gesetz macht hierzu nur sehr wenige Vorgaben. Die Mittel können für die infrastrukturelle Grundversorgung eingesetzt werden. Auch hinsichtlich des Investitionsbegriffes ist das Gesetz sehr weitgehend, lässt es doch, anders als es der doppische Investitionsbegriff erlauben würde, bewusst auch den Einsatz für Instandhaltungsmaßnahmen zu. Es ist nun Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte, ein kluges Verwendungskonzept zu finden. Sie sollen und können vor Ort die Schwächen in ihrer Infrastruktur selbst identifizieren, beseitigen und letztendlich in Stärken umwandeln.

Das Investitionspauschalengesetz ist damit ein sehr wichtiges Instrument. Es unterstreicht die faire Partnerschaft zwischen Land und Kommunen. Unsere sächsischen Städte, Gemeinden und Kreise sind das zentrale Fundament unserer Gemeinschaft und Gesellschaft. Wir möchten starke Kommunen. Nur mit starken Kommunen wird Heimat auch Heimat bleiben. Mit diesem Gesetz macht dieses Hohe Haus deutlich, dass es sich dieser Verantwortung bewusst ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren! Frau Abg. Meiwald ist im Haushalts- und Finanzausschuss als Berichterstatterin für diesen Gesetzentwurf bestimmt worden. Wünschen Sie das Wort? – Das ist nicht der Fall. Vielen Dank.

Damit können wir zur Abstimmung kommen. Aufgerufen ist das Gesetz über die Gewährung einer Investitionspauschale für die infrastrukturelle Grundversorgung an die kreisfreien Städte und Landkreise im Jahr 2014 in der

Drucksache 5/13243, Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 5/13309.

Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich frage Sie: Darf ich die Abstimmung wie im vorangegangen Tagesordnungspunkt vornehmen, oder möchte jemand widersprechen? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe also die entscheidenden Elemente des Gesetzentwurfes auf: Überschrift, § 1, Investitionspauschale, § 2, Verteilung der Investitionspauschale, § 3, Berechnung, Festsetzung, Auszahlung und Verwendungsnachweisführung der Investitionspauschale, und § 4, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, hebt jetzt bitte die Hand. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Danke sehr. Bei Stimmenthaltungen ist den genannten Vorschriften mehrheitlich entsprochen worden. Vielen Dank auch für die gute Mitarbeit, meine Damen und Herren.

Ich darf nun zur Schlussabstimmung nach § 47 unserer Geschäftsordnung aufrufen und stelle den Entwurf Gesetz über die Gewährung einer Investitionspauschale für die infrastrukturelle Grundversorgung an die kreisfreien Städte und Landkreise im Jahr 2014, Drucksa

che 5/13243, in der in der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Auch hier stelle ich dasselbe Abstimmungsverhalten fest. Bei Stimmenthaltungen ist der Entwurf des Gesetzes beschlossen.

Meine Damen und Herren, auch hier liegt ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vor. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würden wir dem so entsprechen. Ich frage Sie: Möchte jemand widersprechen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Tagesordnungspunkt abgeschlossen, meine Damen und Herren.

Wir kommen zum neuen

Tagesordnungspunkt 7

Stärkung der öffentlichen Berufsschulen in Sachsen

Drucksache 5/12416, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Meiwald. Bitte, Frau Meiwald, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ende November stellte das ifo Institut eine Studie zum Bedarf an berufsschulischen Einrichtungen im Direktionsbezirk Dresden vor, die es im Auftrag der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer Dresden erstellt hat. Das Fazit lautet kurz zusammengefasst: Die Berufsschulstruktur ist reformbe

dürftig, es mangelt an Planungssicherheit und Verlässlichkeit, auch in Bezug auf die personelle Ausstattung. Es herrscht ein teils ruinöser Wettbewerb zwischen den einzelnen Standorten um die Berufsschüler. Die im Schulgesetz vorgesehene freiwillige Kooperation der Berufsschulträger ist gescheitert, ein Eingreifen der Politik daher dringend geboten. – Das ist nicht meine Einschätzung, sondern eine Einschätzung des ifo Instituts.

Meine Damen und Herren, bereits im Sommer dieses Jahres haben wir den Ihnen heute vorliegenden Antrag eingereicht. Mit dem Antrag liegen uns explizit eine Stärkung der dualen Ausbildung und eine deutliche Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung am Herzen. Im Gegensatz zur Staatsregierung sehen wir sehr wohl noch ein deutliches Potenzial an Verbesserungs- und auch an Handlungsmöglichkeiten im System.

Meine Damen und Herren, es ist nicht nur in unseren Augen, wie die ifo-Studie eindringlich belegt, dringend geboten, die Schulnetzplanung für ein den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werdendes Berufsschulnetz zu zentralisieren. Ausbildungsbetriebe und Handwerk in der Fläche brauchen Auszubildende, die, wenn möglich, wohnortnah ausgebildet werden und im Zweifel nach der Ausbildung auch in der Fläche bleiben wollen. Nur wenn auch in den Landkreisen ausgebildet wird, bleiben diese für die jungen Menschen attraktiv. Hier ist es erforderlich, gegebenenfalls von der Mindestschülerzahl bei der Fachklassenbildung abzuweichen. Das kann durchaus eine Übergangsregelung sein, weil die Schülerzahlen auch an den Berufsschulen wieder steigen. Aber geboten ist es doch – wenn nicht in Gänze, dann aber in Einzelfällen.

Ein Personalentwicklungskonzept für die Berufsschulen ist zudem längst überfällig, da es auch heute schon an einigen Standorten und in einigen Ausbildungsberufen einen deutlichen Personalmangel gibt. Ich verweise auf das Beispiel in Pirna: Dort kann an CNC-Maschinen nicht ausgebildet werden, weil einfach die Ausbilder fehlen.

Zur Stärkung der öffentlichen Berufsschulen gehört es aber auch, einen wichtigen Bereich in der Ausbildungslandschaft nicht nur ausschließlich an freien Schulen anzubieten. Wir beziehen uns hier explizit auf die Erzieherinnen- und Pflegekräfteausbildung, die nach unseren Vorstellungen in Zukunft auch wieder verstärkt an öffentlichen Berufsschulen angeboten werden sollte.

(Beifall bei den LINKEN)

Um klarzustellen, dass wir mit unserem Antrag mitnichten die Schließung der Berufsschulen in freier Trägerschaft meinen, haben wir dazu einen Änderungsantrag eingereicht.

Meine Damen und Herren, es geht also um nichts weniger als die Übernahme der Verantwortung der Staatsregierung, namentlich des Kultusministeriums, für eine flächendeckende Berufsschullandschaft und somit eine ausgewogene Schulnetzplanung zwischen Großstädten und Umland. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel

verdeutlichen – vorzugsweise an unserem Landkreis –; das ist ein Zitat:

„Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

möchte mit seinen Berufsschulzentren in den vorhandenen Berufsfeldern und Ausbildungsberufen seinen Beitrag zur Nachwuchskräftesicherung der Wirtschaft und zur demografischen Stabilisierung leisten. Mit der Streichung von Ausbildungsberufen befürchtet er eine falsche Signalwirkung für die Wirtschaft und die Entwicklung der Berufsschulen im Landkreis.

Leider mussten wir in den letzten Jahren feststellen, dass zur Sicherung der Klassenbildung und der damit verbundenen maximalen Erreichung der Klassenobergrenze vorrangig zugunsten der Landeshauptstadt Dresden agiert wird.

Der Landkreis versucht seit 2009 Alleinstellungsmerkmale für seine Berufsschulstandorte zu finden. Dies ist eine Möglichkeit, eine stabile Berufsschullandschaft im Landkreis zu schaffen. Dazu fanden mehrfach Gespräche mit der Landeshauptstadt Dresden, dem Landkreis Meißen, der Sächsischen Bildungsagentur Regionalstelle Dresden und dem Kultusministerium statt. Zu einem Ergebnis ist man nicht gekommen, da die Landeshauptstadt Dresden die gemachten Vorschläge ablehnt bzw. gemachte Vorschläge zurückgezogen hat.

Für die Entwicklung im ländlichen Raum ist es entscheidend, dass Ausbildung auch weiterhin in den beruflichen Schulzentren des Landkreises stattfindet. Dies ist ein Standortfaktor für die mittelständische Wirtschaft. Der Erhalt der Fachklassen ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler.“

Diese Bewertung zeigt, wie notwendig es ist, dass sich die Staatsregierung ihrer Verantwortung für die Berufsschullandschaft im gesamten Freistaat bewusst wird. Bevor Sie mir hier Schwarzmalerei vorwerfen: Diese Einschätzung der Lage findet sich im schriftlichen Informationsbericht des Landrates, Herrn Michael Geisler – in Klammern: CDU –, an den Kreistag Sächsische Schweiz–Osterzgebirge vom Sommer dieses Jahres.

(Zuruf von den LINKEN: Hört, hört!)

In der Endkonsequenz bedeutet dies für unseren Landkreis derzeit eine akute Gefährdung von zwei der vier Berufsschulstandorte. Das hat nun auch die FDP im Kreis erkannt – Herr Bläsner, da müssen Sie jetzt durch – und einen Antrag in den Kreistag eingebracht, der fordert, dass sich der Landrat für eine stärkere, überregional abgestimmte Schulnetzplanung einsetzen soll, Abweichungen von der Mindestschülerzahl bei Fachklassenbildung zulässig sein sollen und die Berufsausbildung mit Abitur in unserem Landkreis integriert werden soll. Wenn jetzt auch noch die CDU erkennt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht, steht einer breiten Zustimmung zu unserem Antrag in diesem Hohen Hause nichts entgegen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir erwarten von einer Landesregierung, dass sie nicht nur vom demografischen Wandel und den Herausforderungen der Zukunft redet, sondern dass sie handelt. Wir erwarten, dass sich eine Staatsregierung aller Regionen ihres Landes bewusst ist und sich ihnen mit dem jeweils nötigen Engagement widmet. Wir fordern, dass die Staatsregierung eingreift, wenn sich gravierende Fehlentwicklungen ankündigen, und ihrerseits Maßnahmen ergreift, diesen entgegenzuwirken.

Genau an diesem Punkt sind wir jetzt bei den öffentlichen Berufsschulen und der Zukunft der dualen Ausbildung angekommen. Wenn wir alle gemeinsam wollen, dass Berufsschule auch weiterhin ein Erfolgsmodell im Freistaat Sachsen bleibt und der Freistaat insgesamt davon profitieren kann, muss sich die Staatsregierung den Herausforderungen der Zukunft ohne Angst und Scheuklappen stellen. Der Philosophiewechsel hin zu einer echten Übernahme der Verantwortung des Landes ist hier und jetzt dringend erforderlich. Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Meiwald. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Seidel. Bitte, Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Freistaat Sachsen hat sich in den letzten 20 Jahren eine vielfältige Angebotsstruktur für die berufliche Erstausbildung und die berufliche Fort- und Weiterbildung entwickelt. Diese Angebote kommen von freien Trägern der Berufsausbildung, von staatlichen berufsbildenden Schulen, direkt aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften oder unseren Kammern. Es sind die vollzeitschulischen Maßnahmen, die duale Berufsausbildung oder spezielle Fort- und Weiterbildungsangebote. Dieses breite Engagement hat uns in den zurückliegenden Jahren ganz besonders geholfen, die angespannte Ausbildungssituation im Land in den Griff zu bekommen und jedem Auszubildenden einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

Aber Sie wissen auch, meine Damen und Herren, dass sich die Lage grundlegend gewandelt hat. Die Zahl der Auszubildenden hat sich seit 1995 auf etwa 70 000 halbiert. Diese Entwicklung hat natürlich direkte Auswirkungen auf die Berufsschullandschaft und dabei insbesondere auf die Standorte und den Umfang der angebotenen Ausbildungsgänge in den kreisfreien Städten und in den Landkreisen.

Mit dem vorliegenden Antrag soll auf die Entwicklung reagiert und regional ausgewogen ein bestands- und leistungsfähiges Netz von berufsbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft geschaffen werden. Als ob es in den vergangenen Jahren keinerlei Entwicklung auf diesem Gebiet gegeben hätte! Dazu wird unter anderem vorgeschlagen, nicht nur die Klassenrichtwerte für Fachklassen zu reduzieren, sondern auch Ausbildungen, die einer

staatlichen Anerkennung bedürfen, wieder in die Hand von öffentlichen Berufsschulen zu geben. Also im Klartext: Dort, wo Berufe wie Staatlich anerkannter Erzieher bzw. Staatlich anerkannte Erzieherin oder Rettungsassistent von privaten Trägern ausgebildet werden, sollen diese Träger, die in all den vergangenen Jahren mitgeholfen haben, unseren Jugendlichen eine solide Berufsausbildung zu vermitteln, aus der Bildungslandschaft zurückgedrängt oder gar eliminiert werden.

(Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE: Das ist doch nicht wahr!)

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion – und im Änderungsantrag der SPD-Fraktion ist das ja ähnlich –, ich muss mich schon sehr, sehr wundern. Einerseits feiern Sie sich mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes in Leipzig als Retter der freien Schulen im Freistaat Sachsen, andererseits wollen Sie aber mit diesem Antrag freien Berufsschulen den bildungspolitischen Kampf ansagen. In diesem Zusammenhang ist es auch irgendwie aberwitzig, wenn Sie die Berufsschulen in freier Trägerschaft in die Beratungen zur Schulnetzplanung einbeziehen wollen, wohl wissend, dass diese Berufsschulen nach diesem Antrag langfristig gar nicht mehr ausbilden. Wie, meine Damen und Herren der Linksfraktion, ist das Geforderte mit dem Richterspruch in Leipzig vereinbar?

Ich darf aus besagtem Urteil auszugsweise aus den Seiten 36 und 37 zitieren: „In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob im Ausgangspunkt überhaupt eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates besteht, ein flächendeckendes Netz öffentlicher allgemeinbildender Schulen vorzuhalten.“