Herr Pecher, wünschen Sie doch noch das Schlusswort? – Ich muss ja fragen. Es konnte ja sein, dass Sie es sich anders überlegt haben.
Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 5/13293 zur Abstimmung. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist dennoch der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.
Es beginnt die Fraktion der GRÜNEN. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein jährlicher Beteiligungsbericht ist woanders eine Selbstverständlichkeit – hier im Freistaat droht sein Ausbleiben zur Selbstverständlichkeit zu werden. Dabei kann es an der Bedeutung des Themas nicht liegen.
Sachsen hat aktuell 30 unmittelbare und 48 mittelbare Beteiligungen. Dazu kommen noch die weiteren Sondervermögen, Staatsbetriebe und juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie weitere Einrichtungen und Fonds, insgesamt 176 Körperschaften, die als Haushalte qualifiziert werden. Wir meinen, es muss Transparenz hinein – vor allem gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber.
Warum ist das notwendig? – Wir haben in Sachsen durch die Pleite der Sachsen LB erfahren, welche Risiken für den sächsischen Steuerzahler damit verbunden sein
Wir haben durch ein von der GRÜNEN-Fraktion im Jahr 2009 errungenes Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes erfahren, dass auch der damalige Finanzminister Horst Metz durch die Genehmigung der Ausweitung von Kreditlinien für riskante Geschäfte gegen das Budgetrecht des Parlaments handelte und damit gegen die Verfassung verstieß.
Wir wissen auch, dass im Jahr 2011 12,9 % der Gesamtausgaben des Haushalts an Nebenhaushalte flossen und dass bereits ein Drittel des Personalbestandes aus dem Kernhaushalt ausgegliedert ist – eine Entwicklung, die wir im Hinblick auf die Haushaltstransparenz und das Budgetrecht des Parlaments sehr kritisch sehen.
Wir sehen aber auch die Situation der Nebenhaushalte selbst. Gerade jetzt, unter sich ändernden Marktlagen und unter den Prämissen der Schuldenbremse, bedarf es eines guten Beteiligungscontrollings unter Einbeziehung des Landtags und der Öffentlichkeit.
Mit unseren Forderungen greifen wir eine zentrale Kritik des Sächsischen Rechnungshofes aus dem Jahresbericht 2013 auf,
in dem der Rechnungshof uns und der Öffentlichkeit mitteilt, dass es nach Auskunft des Finanzministeriums offen sei, wann und in welcher Form weitere Beteiligungsberichte veröffentlicht würden.
Nach Ansicht des Rechnungshofes fehlt es außerdem an einem einheitlichen Controlling und an schriftlichen Vorgaben und strategischen Ansätzen für die Steuerung der Beteiligungen – eine Auffassung, der wir uns nur anschließen können.
Der Finanzminister, also Prof. Unland, hat bislang einen einzigen Beteiligungsbericht vorgelegt, und der stammt nicht einmal aus seiner Regierungszeit.
Gerade das Sachsenbank-Desaster hat gezeigt: Fehlendes Risikomanagement und falsche Entscheidungen in öffentlichen Unternehmen führen immer zu einer Haftung der Steuerzahlenden. Auch für Unternehmen, die ständig Nachschüsse brauchen, sind die Steuerzahlenden in der Haftung. Es gibt Aufgaben, die das rechtfertigen, aber auch Aufgaben, von denen man auf Dauer erwarten muss, dass sie kostendeckend erledigt werden, und es gibt Aufgaben, bei denen man sich die Frage stellen muss, ob sie staatlich subventioniert werden.
In den letzten Monaten ist in diesem Landtag immer wieder Transparenz bei kommunalen Unternehmen eingefordert worden. Ja, richtig. Die gibt es aber weitgehend. Der Freistaat sollte nicht von seinen Kommunen fordern, was er selbst nicht im Ansatz einhält.
So ein Beteiligungsbericht ist meistens übrigens sehr erhellend. Dem Beteiligungsbericht der Landeshauptstadt Dresden kann man zum Beispiel Folgendes entnehmen:
Die Mitteldeutsche Flughafengesellschaft – Mehrheitseigner ist der Freistaat Sachsen – kommt trotz der umfangreichen Investitionen von mehreren Hundert Millionen nicht aus den roten Zahlen heraus. Die Gesellschaft übernimmt die Verluste der beiden Flughäfen Dresden und Leipzig.
In dem letzten vorgelegten Bericht von Ihnen, aus dem Jahr 2008, ist man noch optimistisch. Darin verweist man auf die großen Investitionen und darauf, dass der Flugverkehr eine Wachstumsindustrie sei. Gewachsen sind seither aber nur die jährlichen Verluste.
Betrugen die Verluste vor dem Jahr 2009 noch 40 bis 50 Millionen Euro pro Jahr, stiegen sie in den letzten Jahren auf mehr als 70 Millionen Euro. Ursache sind klar die steigenden Verluste des Flughafens Leipzig. Diese betragen inzwischen mehr als 60 Millionen Euro. Die Verluste sind um 20 Millionen Euro gegenüber Ihrem Bericht aus dem Jahr 2008 gestiegen.
Herr Prof. Dr. Unland, ich kann menschlich verstehen, dass Ihnen als stellvertretendem Aufsichtsratsvorsitzenden der Mitteldeutschen Flughafen AG diese Situation vielleicht unangenehm ist. Wir kommen aber nicht umhin, uns alle zu fragen, warum ausgerechnet der Flughafen Leipzig – mit hohen Lärmbelastungen, ohne Nachtflugverbot und mit Billiggebühren – steigende Verluste produziert und wie es dort in Zukunft weitergehen soll.
Wir als Landtag müssen unser Budgetrecht auch tatsächlich wahrnehmen können. Dazu brauchen wir ähnliche Vorschriften für die Transparenz von Beteiligungen wie bei den Kommunen.
Unsere Verfassung, meine Damen und Herren Kollegen insbesondere aus der Koalition, verbietet es, diese Kompetenzen an Manager und an die Finanzverwaltung zu delegieren. Wie sollten wir ansonsten sachgerecht über Zuschüsse, Kapitalerhöhungen usw. im Haushalt entscheiden?
Ein anderes Beispiel sei genannt: Der Rechnungshof kritisiert zu Recht, dass die Lottogesellschaft im Jahr 2011 eine Kapitalzuführung von fast 20 Millionen Euro erhalten hat, die damit verfolgten Ziele, die Steigerung des Umsatzes und des Spielgeschäfts, aber nicht erreicht hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken wir noch einmal an das Jahr 2011. Damals gab es den Beschluss der großen Kürzungen bei sozialen Leistungen und bei der Jugendhilfe. Allein bei der Jugendhilfepauschale für die Kommunen sind damals in drei Jahren fast 12 Millionen Euro gekürzt worden. Gleichzeitig pumpt der Freistaat fast 20 Millionen Euro in seine Lottogesellschaft. Der Reinertrag der Lottogesellschaft in Höhe von lediglich 1,2 bis 1,3 Millionen Euro jährlich wird autonom und am Haushaltsgesetzgeber vorbei verteilt. Man kann das Geld wirklich sinnvoller investieren.
Der Rechnungshof fordert zu Recht nicht nur einen regelmäßigen Beteiligungsbericht, sondern auch ein einheitliches Controlling. Es gibt zwar eine große Anzahl von Mitarbeitern des Sächsischen Finanzministeriums, die in den Gremien der sächsischen Beteiligungen agieren – zumeist Männer –, ein einheitliches, übergeordnetes Controlling jenseits einzelner Referatsstrukturen und Leitlinien gibt es aber offenbar nicht.
Wir möchten ein Controlling für alle Beteiligungen und Nebenhaushalte und nicht nebeneinanderher arbeitende Referate.
Wir möchten, dass wir uns einmal mit der Frage beschäftigen, welche Beteiligungen und Nebenhaushalte wir wirklich brauchen und welche Arten von Zuschüssen wir aufrechterhalten können. Ich nenne Ihnen später gern noch mehr Beispiele.
Insgesamt brauchen wir eine bessere Steuerung unserer Haushalte. Gerade in Zeiten knapper Kassen brauchen wir Aufgabenkritik und Sparsamkeit; denn wir brauchen Geld für zentrale staatliche Aufgaben wie Bildung und Polizei.
Wir GRÜNEN wollen Transparenz über alle indirekten Verschuldungs- und Haftungsrisiken. Das sind wir der Öffentlichkeit schuldig. Das brauchen wir aber auch, um mit dem nächsten Haushaltsplan wirklich noch gestalten zu können.
Das war Frau Jähnigen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die CDU ist an der Reihe, Herr Abg. Patt. Bitte, Herr Patt.
Danke schön, Herr Präsident. Ich finde, Frau Jähnigen oder Ihre Fraktion hat mit Ihrem Ansatz recht: Wir brauchen einen Beteiligungsbericht!
Den Eindruck, den Sie in Ihrem Antrag erwecken, es gäbe im Freistaat kein Beteiligungscontrolling, finde ich allerdings anmaßend.
Der Landtag hat ausreichend Informationen. Jeder muss für sich die Frage beantworten, ob sie ausreichen. Wenn wir intensiv in den Haushaltsplan schauen, wenn wir die einzelnen Informationen aufnehmen, die Sie kennen können, wenn sie im Haushalts- und Finanzausschuss gegeben werden, und wenn wir die Veröffentlichungen im Internet sehen, die der Finanzminister zu den einzelnen Beteiligungen gegeben hat, nämlich die Beteiligungsübersichten, dann, finde ich, sind wir gut informiert.
Jetzt muss man fragen: Beteiligungscontrolling, was bedeutet das? Bedeutet es, ob wir genügend Volkswirte und Kaufleute im Finanzministerium haben, um die Beteiligung zu steuern? Ich glaube, diesbezüglich hat sich nach der Sachsen-LB-Pleite einiges getan. Damals gab es meines Erachtens kein ausreichendes BeteiligungsControlling, sonst wären gewisse Dinge früher aufgefallen.