Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

schafft wurde? – So wird manch einer fragen. Aber es ist klar herauszustellen: Der Selbstbehalt wurde nie, aber auch nie als reiner Ausgleich der Praxisgebühr eingeführt, sondern weil die Leistungen der Beihilfe immer noch deutlich über denen der gesetzlichen Krankenversicherung liegen. Zum Beispiel werden Sehhilfen in der Beihilfe mit insgesamt dreistelligen Beträgen unterstützt, während gesetzliche Krankenversicherungen dafür in der Regel gar nichts zahlen oder auf Zusatzversicherungen verweisen. Wahlärztliche Leistungen wie Chefarztbehandlungen sind in der gesetzlichen Krankenversicherung erst gar nicht ausdrücklich vorgesehen. Diese Liste ließe sich noch lange fortschreiben.

Die verbleibenden 40 Euro Beihilfeselbstbehalt haben also mehr als nur einen sachlichen Grund. Die Leistungen der Beihilfe sind immer noch deutlich umfangreicher als die der gesetzlichen Krankenversicherung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Forderung war die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes. Dazu Folgendes: Im Freistaat Sachsen erhalten laut Bericht der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ von Anfang November dieses Jahres nur rund 39 % der Beschäftigten überhaupt ein Weihnachtsgeld. Die Streichung des Weihnachtsgeldes betrifft in etwa ein Volumen von reichlich 30 Millionen Euro. Wie eben ausgeführt, hat die inhaltsgleiche Übertragung der Tarifeinigung das dreifache Volumen und wird dynamisch aufwachsen. Dazu kommen dann noch die erwähnten Leistungselemente und höhere Familienzuschläge. Bei allem Verständnis, aber in diesem Umfeld ist eine weitere Einmalzahlung nicht mehr angezeigt und großen Teilen der Bevölkerung auch nicht vermittelbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Aspekt des vorliegenden Gesetzentwurfes ist die Ausweitung der Familienfreundlichkeit. Der Kinderzuschlag wird um 30 Euro je Kind und Monat erhöht. Ebenso werden mit der Möglichkeit von Pflegeauszeiten für Angehörige und anderen Aspekten weitere Elemente auf diesem Gebiet eingeführt.

Im Zusammenhang mit der Reform und der Kette der beamtenrechtlichen Entscheidungen ist auch die Erhöhung der Wegstreckenentschädigung zu nennen. Schließlich fand in letzter Minute die verbesserte Regelung zur Stellenobergrenze für das Lehramt an Mittelschulen Eingang in das Gesetz.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Das ist alles relativ!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz unterstreicht der Freistaat Sachsen seine Stellung als guter Dienstherr und attraktiver Arbeitgeber. Für den kommenden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt sind auch zahlreiche Quereinsteigermöglichkeiten geschaffen worden. All das ging auf dem langen Weg dieses Gesetzesvorhabens nicht ohne konstruktive Mitarbeit der Beamtenvertreter. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle herzlich danken und anbieten, dass die CDU-Fraktion

auch zukünftig immer für konstruktive Gespräche bereitsteht.

(Beifall bei der CDU)

Ich muss auch sagen, eines habe ich bei dem Gesetzgebungsverfahren gelernt: Es ist, glaube ich, nichts so dynamisch wie das Beamtenrecht.

(Heiterkeit)

Ebenso möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Ministerien sowie bei meinen Kollegen Christian Hartmann und Carsten Biesok sowie Marko Schiemann für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Ich bin überzeugt davon, dass es uns allen gemeinsam gelungen ist, die Position des Freistaates Sachsen als attraktiven Arbeitgeber zu festigen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das war Herr Michel für die CDU-Fraktion. – Frau Jähnigen, Sie wünschen eine Kurzintervention? Bitte, Sie haben nun die Gelegenheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Michel! Ihre heutige Rede im Tonfall des Finanzministers war in der Tat zu großen Teilen eine Haushaltsrede. Nun sind wir sehr für Kostendeckung und Schuldenbremsen. Allein in Bezug auf die Dienstrechtsreform für die Beamtinnen und Beamten war das symptomatisch.

Sie setzen sich in keinem Ansatz mit dem drohenden Fachkräftemangel auseinander. Sie setzen sich nicht damit auseinander, dass bei der sächsischen Polizei Verhältnisse wie bei den Lehrerinnen und Lehrern drohen, bei denen wir mit Mühe und viel Geld die Versäumnisse der letzten Jahre nachbessern; und das Thema Personalentwicklung kommt bei Ihnen gar nicht erst vor. Es ist wirklich traurig, wie Sie diese Chance verpassen, nachdem der Gesetzentwurf nun so lange gedauert hat, und dies auch noch einmal bestätigen.

Ich kann auch finanziell Ihre Rechnung von nur 4 % disponiblen Mitteln im Haushalt nicht nachvollziehen. Wir haben gestern im Antrag der GRÜNEN zu den Nebenhaushalten eine andere Rechnung aufgemacht. 12,9 % der Gelder des Gesamthaushaltes fließen in Zuweisungen zu Nebenhaushalten, und darunter befinden sich einige disponible Mittel. Darüber wird aber überhaupt nicht erst diskutiert.

Zu guter Letzt: Das Zulagensystem, das Sie so preisen, ist allerdings disponibel. Massiv sind hier in den letzten Jahren Einsparungen vorgenommen worden. Sie haben das Versprechen von der Wiedereinführung der Sonderzahlung gebrochen, und die Bediensteten wissen, was es heißt, wenn das ganze System auf Zulagen gegründet ist. Nein, wir als GRÜNE sind der Meinung: Maßstab ist die

Grundbesoldung. Sicher muss man dabei maßvoll vorgehen. Die Zulagen sind nicht das, worauf das Dienstrecht fußen kann.

Summa summarum: Hier ist im Wesentlichen Haushaltspolitik und Personalentwicklungspolitik gemacht worden. Eine Abwehr des Fachkräftemangels findet leider nicht statt.

Das war die Kurzintervention von Frau Jähnigen, BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN. – Herr Michel, Sie möchten erwidern?

Danke, Herr Präsident. – Ich möchte kurz erwidern. Ich glaube, Frau Jähnigen verkennt, dass das Gesetzesvorhaben zwei Teile hat: Das eine ist das Dienstrecht und das andere das Besoldungsrecht. Das Besoldungsrecht hat eindeutig einen Bezug auf die Finanzen, auch auf die des Freistaates. Ich habe versucht darzulegen, dass das nicht im luftleeren Raum zu bewältigen ist, dass dies Aspekte sind, bei denen wir sicherlich den Beamten noch viel mehr zubilligen wollen, aber wir müssen natürlich das Gesamtverhältnis sehen.

Wir müssen die Gesamtsituation betrachten und sehen, wie es im Jahr 2020 weitergeht, und ich kann Ihnen versichern: Wir haben nicht nur den Redner Jens Michel, der finanzpolitischer Sprecher ist, sondern wir haben weitere Redner in der Koalition, und diese werden die anderen Fragen ausreichend würdigen. Aber Fakt ist eines: Eine einseitige Betrachtung des Besoldungsrechtes ist fehl am Platz, und ich denke, auf diese billige Leimrute werden die Beamten nicht hereinfallen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir setzen mit der Aussprache fort. Für die Fraktion DIE LINKE Herr Abg. Tischendorf. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Michel, wenn man Sie so reden hört, dann war das etwas mit angezogener Handbremse. Ich habe das schon verstanden. Ich muss aber auch sagen: Ich glaube, Sie haben sich relativ selten damit beschäftigt, was wirklich der grundgesetzliche Auftrag von Beamten ist. Sie würden mit der Finanzdebatte wahrscheinlich etwas quer liegen. Schauen Sie bitte noch einmal ins Grundgesetz, was darin zur Aufgabe von Beamten geregelt ist, und bringen Sie nicht immer die Entschuldigungstour.

Ich möchte einmal mit Ihrem Koalitionsvertrag – Sie haben ihn schon teilweise angesprochen – beginnen. Wir haben heute schon den ganzen Vormittag über Koalitionsverträge gesprochen. In jenem von 2009, dem derzeit noch gültigen und auslaufenden, steht regelrecht drin, dass die Dienstrechtsreform ein Kernstück der Koalition sein soll. Ich zitiere einmal aus dem Koalitionsvertrag: „Wir werden das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht in Sachsen mit dem Ziel reformieren, ein flexibles,

transparentes, leistungsorientiertes und einfaches Recht zu schaffen, das weitere Anreize für qualifizierte Bewerber bietet, sich im Freistaat zu bewerben.“

Wahr ist: Für über 35 000 Beamte in Sachsen – ob kommunal oder auf Landesebene – regelt heute das Dienstrecht die Besoldung und Versorgung. Gegen die zahlreiche Kritik – aber das ist eigentlich vergossene Milch – vieler Sachverständiger im Jahr 2006, darunter auch der Deutsche Beamtenbund und der Sächsische Beamtenbund, wurde in der Föderalismusreform die Kompetenz auf die Länder übertragen, und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – immerhin nach einer solch langen Zeit – will die Staatsregierung endlich das eigene Recht regeln.

Ich will nicht verschweigen, dass es auch positive Punkte gibt. Auch das haben wir angesprochen. Im Kern soll das Laufbahnrecht völlig neu ausgestaltet und vereinfacht werden. So ist Ihr Anliegen. Durch die Einführung von nur noch zwei Laufbahngruppen, in denen insgesamt neun fachorientierte Laufbahnen zusammengefasst sind, wird der Flexibilisierung und der stärkeren Funktionsorientierung Rechnung getragen. Insgesamt gesehen werden stärker als bisher die lebenslangen beruflichen Qualifikationen gefördert. Auch das erkennen wir an. Eine bessere Durchlässigkeit über die Laufbahngruppengrenzen hinweg wird angestrebt, und zur Familienfreundlichkeit haben Sie ebenfalls einiges angesprochen.

Nur, dass Sie das jetzt nicht falsch verstehen: Wir lehnen dennoch die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, wie sie in der Fassung von FDP und CDU beschlossen wurde, ab; denn alle Anträge der Opposition wurden wieder einmal grundlos abgelehnt – alle. Bevor ich zu einigen Punkten komme – wir hatten heute Morgen einige lustige Teile –, möchte ich auch einen lustigen Teil beitragen, der mit der Dienstrechtsreform und dem Beamtengesetz zu tun hat. Danach komme ich zum Konkreten.

Schauen Sie mal, Herr Michel, nach § 7 des Sächsischen Beamtengesetzes soll in das Beamtenverhältnis berufen werden können, wer in der Regel unter 47 und – bei Ausnahmen – bis 52 Jahre alt ist. – So weit, so gut. Aber dann frage ich Sie einmal, wenn das Gesetz im nächsten Jahr in Kraft tritt, warum 25 Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit ein Hinderungsgrund ist, wenn jemand im ehemaligen DDR-Staatsapparat Nomenklaturkader war.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das stimmt!)

Aber das bleibt wohl das Geheimnis der Koalition. Ich gebe zu, mir ist jemand eingefallen: unser Ministerpräsident Herr Tillich, da er unbestritten als ehemaliges Mitglied des Rates des Kreises Kamenz der Nomenklatur der DDR zugeordnet war. Er hätte heute aber leider aus Altersgründen auch keine Gelegenheit mehr, eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wer sich in der Koalition mit Mathematik oder Biologie schwertut, der konnte sich doch wenigstens einmal die Urteile des Bundesverfas

sungsgerichtes anschauen. Sie sagen ganz klar, dass der § 4 Abs. 2 unseres Gesetzentwurfes dem entgegensteht. Dazu gibt es eindeutige Urteile.

Nun aber mal ernsthaft – das war ja nur eine Pointe – zu den Stellen.

(Zuruf von der CDU: Ja, ja!)

Das war doch interessant, nicht?

Damit bin ich schon bei den öffentlichen Stellenausschreibungen. Diese sollen jetzt nur noch erfolgen, wenn es im besonderen dienstlichen Interesse liegt. Wie heißt es doch gleich im Koalitionsvertrag? Ach ja, man wollte ein Recht schaffen, das weitere Anreize für qualifizierte Bewerber bietet, sich beim Freistaat zu bewerben.

Ja, was denn nun, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition? Da stimmt doch etwas nicht. DIE LINKE stimmt jedenfalls dem DGB, dem Sächsischen Beamtenbund und auch der Mehrheit der angehörten Berufsverbände zu, dass Stellenausschreibungen der Regelfall sein sollten, und begründete Abweichungen – wenn überhaupt – sollten sich in engen Grenzen halten und nur mit Zustimmung des Landespersonalausschusses möglich sein. Für uns gilt ebenso, die Zukunftsperspektiven junger Kolleginnen und Kollegen durch Übernahmechancen und bessere Aufstiegsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst zu verbessern. Der Überalterung des öffentlichen Dienstes muss im Interesse seiner Funktionsfähigkeit und der Zukunftsfähigkeit aktiv entgegengewirkt werden. Aus diesem Grund lehnten wir auch im Ausschuss eine pauschale Anhebung der Lebensarbeitszeit von Beamten auf 67 Jahre ab. Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit stellt eben auch – auch dies ist die Wahrheit – eine Kürzung von Renten- und Versorgungsleistungen dar.

Herr Michel hat es bereits angesprochen: Ebenso für falsch halten wir die vorgeschlagene Halbierung des Beihilfeselbstbehaltes. Seit diesem Jahr ist die Praxisgebühr für die gesetzliche Krankenkasse weggefallen. Herr Michel, wenn es stimmt, was Sie sagen, dass es nicht deswegen ist – –

(Jens Michel, CDU: Das stimmt!)

Es ist aber doch so. Dann stimmt aber auch, dass auf Bundesebene für die Beamten der Eigenanteil ab 1. Januar gestrichen ist, komplett abgeschafft, ebenso in Bayern und in Niedersachsen. Auch daran kann man sich orientieren, wenn man ein politisches Zeichen setzen will.

In Sachsen jedenfalls sehen wir keinen Grund, die Beamten weiter zur Kasse zu bitten. Hier stimmen wir auch den Forderungen der Gewerkschaften und des Beamtenbundes zu. Aus diesem Grund haben wir im Ausschuss beantragt, die vorgesehene Regelung ersatzlos zu streichen – was von der Koalition einfach abgelehnt wurde.

Ein weiteres Sonderopfer, welches die Koalition in dieser Legislaturperiode den Beamten auferlegt hat, ist der Wegfall – Sie sprachen es ebenfalls an – der Jahressonderzahlung. DIE LINKE hat im Landtag wiederholt die Forderung aufgemacht, diese Gehaltskürzung rückgängig

zu machen. In der Begründung – ich möchte nochmals darauf eingehen – zur ersatzlosen Streichung im Haushaltsbegleitgesetz 2010 wurde diese übrigens damit begründet, dass die Beamten „einen Konsolidierungsbeitrag für die geringeren Steuereinnahmen leisten“ müssten. Die Begründung war damals schon falsch, wie wir heute wissen, und im Lichte der Steuermehreinnahmen ist sie eigentlich völlig widerlegt. Sie ist überhaupt nicht mehr aufrechtzuerhalten

(Beifall bei den LINKEN)

Ich sage Ihnen auch, Herr Michel: Die Einführung der Strukturzulage kann den entstandenen Gehaltsverlust ebenso nicht wettmachen wie der Ausbau der Leistungsbezahlung, den Sie kompensieren wollen. Die Strukturzulage ist keinesfalls dazu geeignet, das Märchen des Koalitionsvertrages, für einen attraktiven Staatsdienst zu sorgen, glaubhaft in der Öffentlichkeit zu verkaufen. Das können Sie niemandem erzählen, der sich in Sachsen dafür bewerben will. Unsere Fraktion hatte auch dies in den Ausschüssen beantragt, doch leider gab es von CDU und FDP wieder keinerlei Bereitschaft, überhaupt darüber zu sprechen.

Wir hatten ebenfalls beantragt – auch dies hat hier bereits eine Rolle gespielt –, den aktuellen Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten zu übertragen. Problematisch ist unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes zudem die nach der Beamtenbesoldung differenzierte Besoldungs- und Versorgungsanpassung. Jedenfalls finden sich nachvollziehbare Gründe für eine Ungleichbehandlung von Beamten in niedrigen Besoldungsgruppen gegenüber jenen in höheren Besoldungsgruppen nicht einmal in der Gesetzesbegründung. Darin finden Sie keinen Satz dazu.