Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Schauen wir uns einmal die Lebenswirklichkeit bei den Menschen im Lande an. 1,8 Millionen Menschen leben in einer Ehe, 400 000, was auch vollkommen in Ordnung ist, in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dazu kommen noch Alleinerziehende usw.

Wenn DIE LINKEN von polyamorphen Beziehungen sprechen, dann würde mich einmal interessieren, wie viele es davon gibt. Sie können die wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Sie sollten einmal erläutern, was das ist. Ich glaube aber nicht, dass das irgendetwas mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land zu tun hat.

(Beifall bei der CDU – Sebastian Fischer, CDU: Richtig!)

Frau Ministerin hat es angesprochen: Wenn man die Jugendstudien, ob in Sachsen oder anderswo, anschaut, dann stellt man fest: Die jungen Leute wollen Ehe und Familie. Das ist ihr Ideal. Ich finde, es ist gut so, dass sie dieses Ideal haben. Wir sollten sie darin bestärken, sich dafür zu entscheiden.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich ist es so – das ist richtig zitiert –, dass viele Paare zu dem Zeitpunkt nicht verheiratet sind, wenn das erste Kind zur Welt kommt. Aber wir sehen dann eben auch, dass, wenn das Kind ein oder zwei Jahre alt ist, die Eltern dann doch sagen: Wir heiraten, weil wir wissen, das ist der beste Schutzraum für das Kind und unsere Beziehung, wenn wir diesen Rechtsrahmen für uns wählen. Deswegen zeigt die Statistik, dass zwei von drei Kindern – also die große Mehrheit – bei ihren verheirateten Eltern aufwächst.

Ich war im Dezember bei meinen Großeltern gewesen. Sie haben ein Jubiläum gefeiert: 70 Jahre Ehejubiläum, die Gnadenhochzeit. Sie haben sehr viel durchlebt und sind jetzt ein Herz und eine Seele. Ich denke, es gibt viele Menschen im Land, die ihre goldene Hochzeit oder ihre silberne Hochzeit feiern und wissen, welchen großen Wert es ausmacht, dass man so lange zusammengehalten und so viel gemeinsam durchgestanden hat.

(Beifall bei der CDU)

Mich hat es dann ein wenig beruhigt, als mir meine Mutter sagte, dass es in früheren Jahren nicht immer so gewesen sei, dass sie nur ein Herz und eine Seele waren. Sie haben auch mal gestritten, und das kräftig. Es zeigt sich also, dass es sich lohnt, zusammenzubleiben, und

dass es schön ist, wenn man solch ein Ehejubiläum feiern kann.

Zum Thema Kindererziehung, Kinderbetreuung. Ich möchte auf die Grundzüge eingehen: Was ist unser Grundkonzept? Wir möchten, dass Eltern Wahlfreiheit haben. Wir möchten, dass die Eltern entscheiden können, was das Beste für das Kind ist; denn wir wissen auch, dass alle Kinder unterschiedlich sind. Die Ministerin hat es ja in ihren Beispielen aufgezeigt, dass die Lebensentwürfe unterschiedlich sind, dass die Arbeit unterschiedlich ist und dass die Kinder unterschiedlich sind.

Es gibt Kinder, die vielleicht krank sind. Es gibt Kinder, die in der Entwicklung schneller vorankommen, und manche Kinder kommen etwas langsamer voran. Der Staat sollte nicht vorschreiben, wie die Kinder zu erziehen sind. Er sollte nicht vorschreiben, ob das Kind zu Hause erzogen wird, ob das Kind in einer Tagespflege oder in einer Kinderkrippe aufgenommen wird. Lasst das, bitte schön, die Eltern entscheiden! Es ist auch kein Gegeneinander bei diesen Modellen. Jeder soll das wählen, wovon er sagt: Das ist für mein Kind das Beste, das ist die richtige Entscheidung.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mir wünschen, dass es bei Ihnen auch so ist. Bei Ihnen ist es ein Vorschreiben. Sie wollen einen Lebensentwurf vorschreiben, und das ist falsch. Wir sollten die Eltern entscheiden lassen.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Nehmen Sie den Pappkameraden wieder rein! – Jürgen Gansel, NPD: Den Pappgenossen!)

Danke, ich nehme ihn rein, Herr Kollege Pellmann. Entschuldigung, Herr Kollege Pellmann, Sie wettern. Das haben Sie auch bei dieser Debatte gegen das Betreuungsgeld gemacht. Das ist doch ein solcher Punkt, zu dem Sie sagen: Es ist ganz schlimm, wenn man den Eltern Geld in die Hand gibt und diese ihre Kinder dann allein zu Hause erziehen. Das ist hier vorgestellt worden. Ich finde schon, dass man das hinterfragen sollte. Die Eltern können jetzt 100 Euro pro Monat Betreuungsgeld bekommen.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Na und?)

Entschuldigung, Sie sind dagegen. Sie wollen das wegstreichen.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Na klar!)

Auf der anderen Seite geben wir jemandem 1 500 Euro als staatlichen Zuschuss, der nirgendwo auftaucht – das ist das Geld, das wir für den Krippenplatz bezahlen –, einfach so.

(Zuruf der Abg. Heike Werner, DIE LINKE)

Das müsste einfach mal hinterfragt und nicht kritisiert werden, wenn sie 100 Euro bekommen. Wenn man eigentlich richtige Wahlfreiheit hat, müssten wir beiden 1 500 Euro in die Hand geben. – Das einmal zum Vergleich.

(Beifall bei der CDU – Dr. Johannes Müller, NPD: Genau das ist es, Herr Krauß!)

Wie ist es denn jetzt wirklich? Sie können das ja mal vergleichen. Sie geben jemandem einen Gutschein für eine Gaststätte in Höhe von 15 Euro und sagen: Den kannst du in der Gaststätte XY einlösen. Auf der anderen Seite geben sie ihm 1,50 Euro in die Hand und sagen: Du kannst dir eine Bockwurst kaufen. Das ist noch keine Wahlfreiheit. Wenn Sie jetzt sagen, die 1,50 Euro seien zu hoch, dann finde ich, dass Sie vollkommen im falschen Film leben.

(Beifall bei der CDU – Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Das ist wirklich Kino, was Sie hier abziehen!)

Lassen Sie mich noch einmal zum Menschenbild kommen. Das ist auch wichtig, denn wir müssen über das Thema Arbeit sprechen. Das werden wir morgen noch etwas ausführlicher tun.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Es freut mich, Herr Kollege Pellmann, dass Sie meine Gedanken lesen können.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Ich kenne Sie auch schon lange!)

Für mich ist wichtig, dass Arbeit kein Selbstzweck ist. Kindergärten sind nicht dazu da, damit Betriebe funktionieren, sondern damit Kinder gut erzogen werden.

(Kristin Schütz, FDP: Damit die Eltern arbeiten gehen können!)

Arbeit hat etwas mit Selbstverwirklichung zu tun, keine Frage, aber an erster Stelle steht das Kind. Das sollte im Blickfeld sein. Ich fand es gut, dass der Ministerpräsident gesagt hat: Daran muss sich Arbeit auch mal ausrichten, und nicht andersherum: dass wir das Kind nur passfähig machen für die Arbeit. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir die Arbeitswelt passfähig machen können.

(Beifall bei der CDU)

Dann kommen wir auch zu den richtigen Entscheidungen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Ehegattensplitting sagen, weil das auch etwas mit Wahlfreiheit zu tun hat. Sie wollen, dass jeder – Mann und Frau – in einer Partnerschaft gleich viel arbeitet. Ich habe kein Problem damit, wenn ein Mann sagt, er arbeitet 30 Stunden, und die Frau sagt, sie arbeitet 30 Stunden.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Das ist vollkommen legitim. Aber ich finde, wir dürfen es ihnen nicht vorschreiben.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir schreiben das nicht vor, Sie schreiben das vor!)

Es kann in einer Beziehung durchaus in Ordnung sein, dass der Mann sagt, ich arbeite 40 Stunden, und die Frau sagt, ich arbeite 20 Stunden, oder umgekehrt, dass die Frau sagt, ich möchte 40 Stunden arbeiten, und der Mann sagt, ich möchte 20 Stunden arbeiten, um beim Kind zu sein.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die Steuergesetzgebung ist die Vorschrift!)

Lassen wir, bitte schön, diese Wahlentscheidung doch den Eltern und schreiben wir es ihnen nicht vor, was sie zu tun haben.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Punkt, der etwas mit der Zeit zu tun hat, wenn Kinder erzogen werden. Das ist klar, man kann es auch reduzieren. Ich sage, es hat auch etwas mit der Zeit zu tun, wenn die Kinder raus sind. Dann ist es eine richtige Entscheidung, ein Ehegattensplitting einzuführen. Eine Frau – es kann auch der Mann sein –, die 20 Stunden gearbeitet und damit die Arbeitszeit reduziert hat, kommt natürlich in der Karriere nicht so schnell vorwärts und wird vielleicht nicht so viel verdienen. Wenn das steuerlich anerkannt wird, finde ich es in Ordnung.

Ein weiterer Gedanke: Wenn zwei miteinander verheiratet sind, dann freut man sich ja nicht nur über das Ehegattensplitting, sondern im Umkehrschluss heißt das auch: Wenn der eine keine Arbeit hat oder vielleicht krank ist, muss der andere für ihn finanziell einstehen.

(Uta Windisch, CDU: Das verstehen die aber nicht!)

Das ist eine Solidargemeinschaft, die dem Staat sehr viel Geld spart.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie dann Ihre Milchmädchenrechnung von 20 Milliarden Euro bringen, was das Ehegattensplitting kostet, dann sage ich:

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Lassen Sie doch mal die Milchmädchen, Herr Krauß!)

Das Zigfache würde es kosten, wenn wir das Ehegattensplitting nicht mehr hätten und alle sofort zum Sozialamt rennen und sagen würden, der Staat ist zuständig, wenn einer zum Beispiel krank oder arbeitslos wird. Das puffert derzeit alles die Ehe ab.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Frank Heidan, CDU)