Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

Meine Damen und Herren! Wir wollen bei der anstehenden Evaluierung, bevor es also um die Mittelverteilung und -ausstattung geht, eine gründliche Analyse vornehmen. Die Fragen, die sich dabei stellen, lauten: Wie hat sich die finanzielle Ausstattung in den ländlichen und in den urbanen Kulturräumen entwickelt? Ist die notwendige Planbarkeit der Mittel gegeben? Wie sind die Verfahrens

bestimmungen ausgestaltet? Die Kulturförderung darf nicht vor bürokratischen Hürden stehen.

Besonders dankbar bin ich für die Hinweise zur Landesförderung. Kulturraumförderung braucht für die Zukunft – ich glaube, darin sind wir uns in diesem Haus einig – eine höhere Mittelausstattung als bisher. Wir als CDUFraktion werden dem in der kommenden Legislaturperiode deutliches Gewicht beimessen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Es geht auch um die Frage, wie die Mittelverteilung in den ländlichen Kulturräumen gegenüber den urbanen Kulturräumen ausgestaltet ist. Es wird aber auch – dies ist mir besonders wichtig – um die Frage gehen, ob die Struktur im Kulturraumgesetz so angelegt ist, dass neben dem Erhalt der Kulturlandschaft auch Raum für Weiterentwicklung vorhanden ist. Das wird momentan ein wenig zurückgedrängt. Dieser Gesichtspunkt ist gleichwohl von besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren! Wir erhoffen uns von der anstehenden Evaluation des Kulturraumgesetzes Aufschluss. Ich freue mich, dass die Staatsregierung, wie eben angekündigt, externen Sachverstand, unter anderem vom Kultursenat, der kommunalen Familie, aber auch aus den Kulturräumen selbst, beiziehen will.

Meine Damen und Herren! Aus der Fachregierungserklärung ist deutlich geworden, dass die Förderung von Kunst und Kultur weit mehr als ein bloßer Verfassungsauftrag ist, so wichtig dieser als Fundament sein mag. Jedoch braucht es für die Erfüllung dieses Auftrages weit mehr als nur uns in diesem Haus, auch weit mehr als nur die Exekutive und weit mehr als nur den Staat. Die Feststellung im Titel der Fachregierungserklärung trifft es richtig: Es geht um weit mehr: Gemeinsam fördern und pflegen wir unsere Kunst und Kultur in Sachsen. Bezogen auf das Kulturraumgesetz, meine Damen und Herren, ist es mir ein ausgesprochen großes Bedürfnis, allen Verantwortlichen, die am Kulturraumgesetz mitwirken, herzlich zu danken. Dabei möchte ich vor allem den Mitgliedern der Gremien in den Kulturräumen, den Landräten und nicht zuletzt – das möchte ich besonders betonen – den Kultursekretären für ihre verantwortungsvolle und glänzende Arbeit danken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte aber auch all denjenigen danken, die sich der Kultur im Großen wie im Kleinen verpflichtet sehen. Sie verleihen uns Identität und sie vermitteln Geschichte, Tradition und Werte. Sie stärken unser Zusammengehörigkeitsgefühl. Das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Alle Regionen Sachsens leisten hierfür einen eigenständigen Beitrag.

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt die Fachregierungserklärung. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Kulturraumgesetz weiter etabliert und in seinen Wirkungspotenzialen ausgebaut wird.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion. Bitte, Frau Dr. Stange.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prof. Schneider, für wen haben Sie jetzt eigentlich gesprochen? Für Ihre eigene Fraktion, für das Publikum?

Ich wundere mich ein wenig, dass Sie die Bedeutung des Kulturraumgesetzes und das Festhalten am Kulturraumgesetz hier so prononciert vortragen. Hat es hier irgendjemanden gegeben, der daran zweifelt? Hat es hier irgendjemanden gegeben, der gesagt hat: Nein, wir wollen das Kulturraumgesetz nicht in der kommenden Legislaturperiode stärken, wir wollen das Kulturraumgesetz gegebenenfalls sogar mit mehr Finanzen ausstatten?

Ich hatte den Eindruck, Sie wollen Ihre eigenen Leute überzeugen, vielleicht noch die FDP, damit sie es dann auch tatsächlich tun.

(Prof. Dr. Günther Schneider, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber natürlich.

Bitte, Herr Prof. Schneider.

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Stange. Könnte es nicht sein, dass wir den Eindruck haben, dass die Bedeutung, die Inhalte, die Konzeption und die Systematik des Kulturraumgesetzes und vor allen Dingen seine Wirkung von der Opposition und von Ihnen selbst nicht viel zu sehr kleingeredet werden? Könnte das nicht die Ursache dafür sein, dass ich mich dem Thema so gewidmet habe?

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Lieber Kollege Schneider, lesen Sie bitte einmal in den Debattenbeiträgen des Jahres 2010 über die Kürzungen im Kulturraumgesetz respektive die Einbeziehung der Landesbühnen in das Kulturraumgesetz nach, was Ihnen die Opposition diesbezüglich vorgeworfen hat. Das war der Eingriff in das Kulturraumgesetz. Das war die Verletzung der Planbarkeit. Das war die Verletzung der Grundlagen, der Verlässlichkeit dieser Kulturfinanzierung für die Fläche. Das kam von Ihnen, von Ihrer Koalition, nicht von der Opposition und schon gar nicht von uns.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manchmal habe ich den Eindruck, es gibt an manchen Stellen, gerade was das Kulturraumgesetz anbelangt, so eine Art politische Demenz, wenn heute hier beschworen wird, wir wollen in

der nächsten Legislaturperiode das Kulturraumgesetz finanziell besser ausstatten. Sorry, was haben wir seit dem Jahr 2010 hierzu geredet? Was haben wir in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/13 alles versucht hineinzubekommen? Wir haben versucht, dass wir diese Kürzungen durch die Umwidmung in die Landesbühnen endlich wieder herausbekommen, damit die Kulturräume Oberlausitz, Plauen/Vogtland und andere ordentlich ausgestattet sind. Es ist wichtig, dass die Menschen vor Ort spüren, dass es das Kulturraumgesetz gibt und sie nicht feststellen müssen, dass es Kürzungen vor Ort gibt und Theater geschlossen werden.

Ich nehme es der Ministerin ab, dass sie das sogar ernsthaft will. Ich nehme es sogar Ihnen, Herr Prof. Schneider, ab, dass Sie das wollen. Aber offenbar waren Sie nicht stark genug, das Ihren Kolleginnen und Kollegen und vor allem den Finanzpolitikern klarzumachen, dass es eine andere Möglichkeit geben muss, um die Landesbühnen zu finanzieren.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Günther Schneider, CDU)

Es stimmt eben nicht, dass es durch die Umwidmung der Landesbühnen und der Orchester keine Einschnitte gegeben hat. Das Orchester der Neuen Elbland Philharmonie ist heute extra nicht erwähnt worden. Wir schauen uns einmal an, wie sich die Spieldichte nach der Umstellung und der Abspaltung von den Landesbühnen und der Doppelbelastung Spiel in der Fläche und Spiel für die Landesbühnen darstellt. Wir werden diese und andere Fragen in den nächsten Wochen noch an das Ministerium richten. Jetzt kann man Zahlen liefern, in welchem Maß diese Spieldichte tatsächlich eingeschränkt werden musste.

Die Landesbühnen haben alles aus sich herausgeholt, um diese Umstellung zu bewältigen und zu zeigen: Ja, wir können es. Ob wir dieses Tempo und diese Schlagzahl in den nächsten Jahren beibehalten können, wenn die Zuschüsse nicht steigen – denn sie sind jetzt eine GmbH und werden beim Finanzministerium unter „Beteiligungen“ geführt –, werden wir sehen. Denn dann, Frau Fiedler, sehen wir es nämlich nicht mehr im Haushalt des SMWK. Es ist keine kulturpolitische Komponente mehr, sondern eine rein finanzpolitische, weil sie beim Finanzministerium unter „Beteiligungen“ läuft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit bin ich bei einem Punkt, der heute interessanterweise parallel veröffentlicht worden ist und zu Recht bei der Ministerin keine Rolle gespielt hat. Es geht um das Thema Schlösser, Burgen und Gärten. Nun ist heute von der Koalition und auch von der Ministerin hervorgehoben worden: Ja, Sachsen hat im Jahr 2009 – das waren die letzten veröffentlichten Zahlen, die übrigens zur Grundlage die Zahlen von 2007 haben – die höchsten Kulturausgaben in Deutschland. In diese Kulturausgaben fließen aber sämtliche Investitionen in Schlösser, Burgen, Gärten und Denkmäler ein.

Herr Tippelt, vielleicht schauen Sie sich einmal die Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg an, was Schlösser, Burgen und Gärten anbelangt, und prüfen, ob sie in irgendeiner Weise mit Sachsen vergleichbar wären. Schauen Sie sich einmal an, was in Baden-Württemberg und in Bayern über Jahrzehnte in diese Infrastruktur investiert worden ist. Es ist logisch, dass diese Länder heute dafür nicht mehr so viel investieren müssen, wie das in Sachsen in den letzten 20 Jahren der Fall war.

Auch im Bereich der Kultur wird – genau wie in anderen Feldern der Haushaltspolitik – in Beton und nicht in Köpfe investiert.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Wir haben in wenigen Jahren ein wunderbares Schloss hier in Dresden stehen. Aber schauen Sie sich einmal die Personalausstattung unserer Staatlichen Kunstsammlungen an. Wie viel Personal haben wir noch, um dieses Schloss tatsächlich, bis hin zu den Restauratoren, so „bespielen“ zu können, dass es eine qualitativ gute Kultureinrichtung ist und nicht nur von außen schön aussieht?

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Na Hilfe!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FDP! Interessanterweise habe ich heute der Presse entnehmen können, dass Ihr Nationalmuseum offenbar doch noch umgesetzt wird, und zwar in Nossen. Dort entsteht jetzt ein Museum über die Geschichte des sächsischen Adels. Schau her, schau her! Ich wundere mich, dass das hier noch keine Rolle gespielt hat. Offenbar hat man dieses Nationalmuseum geschickt nach Nossen verbannt und nicht im Japanischen Palais untergebracht. Das finde ich sehr elegant, weil ich es doch schöner fände, dass das Museum für Archäologie und Geschichte, wie wir es gern genannt haben, als solches erhalten bleibt und nicht in ein Nationalmuseum umgewidmet wird.

(Zuruf der Abg. Uta Windisch, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, der in den Reden immer wieder eine große Rolle gespielt hat, aber leider in der Kulturpolitik noch nicht dort angekommen ist, wo wir ihn gern hätten. Es geht um die kulturelle Bildung. Ja, es ist in der Tat so: Parallel zu der Diskussion über die PISAStudien seit Anfang 2000 gibt es eine Diskussion bei der Kulturministerkonferenz über die Bedeutung der kulturellen Bildung. Das ist deshalb so, weil allen klar geworden ist, dass diese einseitige Orientierung auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich dazu führt, dass die kulturästhetische Bildung in den Bildungseinrichtungen an den Rand gedrängt wird. Genau darauf hat der Kultursenat hingewiesen, als er seinen letzten Bericht vorgelegt und darüber auch im Ausschuss berichtet hat.

Kulturelle Bildung ist im Freistaat Sachsen bisher eher in Sonntagsreden vorhanden, als dass sie tatsächlich in der Praxis angekommen ist. Ein Runder Tisch – sorry, Frau

Ministerin Schorlemer – wird es nicht heben. Wir haben eine interministerielle Arbeitsgruppe. Es wird von den Landeskulturverbänden geklagt, dass sie nicht in die Entwicklung der kulturellen Bildung, zum Beispiel der Soziokultur, einbezogen werden. Sie werden mal angehört, ein Runder Tisch wird auch nichts anderes erreichen. Sie müssen aktiv eingebunden werden. Der interministerielle Tisch war dazu gedacht, dass über die Ministerien die Ressourcen in einer Förderrichtlinie gebündelt werden und nicht in drei oder mehreren, wie es derzeit der Fall ist.

Kulturelle Bildung beginnt bei der Ausstattung der Ganztagsangebote, sie ist ein Thema der Jugendarbeit. Kürzungen im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendpauschale haben der kulturellen Bildung in den letzten Jahren ganz konkret geschadet: in den Schulen und außerhalb der Schulen bei den soziokulturellen Einrichtungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles ist heute – zu meiner Freude, muss ich sagen – auch von anderen Oppositionsfraktionen genannt worden, das es ermöglicht, tatsächlich eine Zukunftsperspektive für die Entwicklung der Kulturpolitik in diesem Land zu eröffnen. Das, was uns hier vorgelegt worden ist – sowohl im Rahmen des Berichts der Ministerin als auch mit dem Entschließungsantrag der Regierungskoalition, auf den wir noch zu sprechen kommen –, ist mehr als dünn und keine Zukunftsperspektive für ein Kulturland wie Sachsen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wünscht die FDP noch einmal das Wort? – Das ist nicht der Fall. Frau Hermenau, bitte, für die Fraktion DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Durch die Überziehung der Redezeit der Frau Ministerin ergab sich auch für unsere Fraktion die Möglichkeit, noch einmal ein paar Worte zu diesem Thema zu sagen.

Frau Staatsministerin, Sie haben darauf abgehoben – dafür danke ich Ihnen –, dass die Lage der Sorben noch einmal genauer ins Bild rücken soll. Man will historische Broschüren und Schriften herausgeben und erfassen, wie die Sorben einmal waren – wenn sie denn dann weg sind, nicht wahr?

Frau Edith Penk aus Rohne, einem der Dörfer, die in Zukunft durch den Tagebau Nochten 2 abgebaggert werden sollen, war Gast auf unserem Europaparteitag, der im Februar in Dresden stattgefunden hat. Sie hat dort eine Rede gehalten. Ich würde gern ein paar Gedanken von Frau Penk, die jetzt hier nicht sprechen kann, vortragen, um deutlich zu machen, worum es dabei geht, wenn wir über Kultur, Tradition, Heimat – es sind heute so viele Begriffe gefallen – und Identität sprechen.

Das Kirchspiel Schleife – man könnte auch sagen, der Pfarrbezirk Schleife – besteht auf sächsischer Seite aus sieben Dörfern. Von denen werden drei vollständig und

zwei teilweise abgebaggert werden. Wir haben auf europäischer Ebene durchaus Regelungen, die sich mit dem Schutz der autochthonen Völker beschäftigen, aber in der Praxis geschieht dann dieses: Dieses Kirchspiel Schleife hat einen eigenen Dialekt innerhalb der sorbischen Sprache. Es ist eine eigene Trachtenregion. Das sieht man daran, dass zum Beispiel unverheiratete Frauen in dieser Region noch eine rote Haube tragen. Der Kohlestrom zerstört aber ihre Heimat.

Nun kann man sagen, dass das Wohl einiger weniger wichtiger ist als das vermutete Wohl vieler. Die Antwort des sächsischen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit war, um es einmal freundlich zu sagen, außerordentlich kultur- und heimatvergessen, sie war kaltschnäuzig. Darin ging es um die alternative Schlüsselrolle der Kohle und um regionale Arbeitsplätze. Die Zahlen schwankten zwischen 6 000 und 30 000 Arbeitsplätzen. Da wurde wahrscheinlich jeder regionale Bierbrauer mitgezählt.