Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Meine Damen und Herrn! Ich stelle nun den Antrag in Drucksache 5/14140 zur Abstimmung. Ich bitte bei Zustimmung um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür und keinen Stimmenthaltungen ist die Drucksache dennoch nicht beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren. Ich komme zu

Tagesordnungspunkt 12

Weg mit dem Crystal-Dreck – Verbreitung und Schmuggel

der Todesdroge Crystal Meth wirksam verhindern!

Drucksache 5/14143, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Szymanski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich letztes Jahr beim Tag der Sachsen in Schwarzenberg war und dort den Informationsstand der NPD mit betreut habe, vergingen keine fünf Minuten, bis ich von zwei Frauen aus der Gegend auf das Thema Crystal-Konsum angesprochen wurde. Es waren Mutter und Großmutter einer jungen Frau, deren Freund innerhalb weniger Monate körperlich und geistig zu einem Wrack geworden war und dessen Situation die Familie verständlicherweise extrem belastete. Hinzu kamen inzwischen mehrere Beschaffungsdelikte wegen des Crystal-Konsums.

Natürlich hatte ich schon vorher von Designerdrogen und dem rasanten Anstieg ihres Konsums gehört, aber es berührt einen doch stärker, wenn man von einem konkreten Schicksal hört, und sei es, wie in diesem Fall, nur indirekt.

Wie dieser Familie in Schwarzenberg geht es inzwischen vielen Familien, nicht nur in Sachsen. Allzu lange sind in unserer Gesellschaft die neuen synthetischen und als Partydrogen verharmlosten Amphetamine und Methamphetamine nur am Rande zur Kenntnis genommen worden, obwohl ihr Konsum schon vor zehn Jahren in den USA so verbreitet war, dass der amerikanische Kongressabgeordnete Tom Osborne Crystal Meth – ich zitiere aus einem Interview mit dem „Stern“ – „die größte Bedrohung Amerikas, und das schließt Al-Qaida ein“ nannte.

Im letzten Jahrzehnt nahmen die Verbreitung und der Konsum von Crystal in Deutschland so explosionsartig zu, dass Meldungen wie aus dem vergangenen Monat, dass sich auch im Jahr 2013 die von deutschen Zollfahndern beschlagnahmte Menge an Crystal verdoppelt habe, mittlerweile zu einer beängstigenden und traurigen Normalität geworden sind, nicht zuletzt bei uns in Sachsen.

Womit aber erklärt sich der scheinbar so unaufhaltsame Anstieg des Crystal-Konsums? – Nun: Crystal Meth ist eine Droge, die sehr gut mit den Leistungsprinzipien einer spätkapitalistischen Gesellschaft wie der unseren zusammenpasst, mit der man in der erste Phase des Konsums das Rad am Laufen halten und der eigenen Produktivkraft zumindest für eine gewisse Phase einen Schub versetzen kann.

(Freya-Maria Klinger, DIE LINKE: Genauso wie damals bei der Wehrmacht!)

Es geht um das Funktionieren im Sinne eines neoliberalen Wertekanons, um Selbstausbeutung und Selbstoptimierung, nicht um eine Erweiterung des Bewusstseins oder gar um den Kontakt zu den Göttern, wie in uralten Zeiten. – Ja, man hat es auch in der Wehrmacht verwendet – um auf diesen Zwischenruf zu reagieren. Man hat aber relativ zeitig erkannt, welche verheerenden Nebenfolgen es hat, und diese Sache deshalb wieder eingestellt.

Wer im Beruf körperlich sehr anstrengenden Anforderungen genügen muss, kann sie mit Crystal erst einmal besser bewältigen. Deshalb wird die Droge unter anderem auch von Handwerkern auf Montage und von berufstätigen Müttern konsumiert, also von Menschen, die länger und härter als andere arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Von vielen wird dabei die ungeheure Gefährlichkeit dieses Suchtmittels unterschätzt. Das in tschechischen Drogenküchen hergestellte Crystal enthält Batteriesäure, Farbverdünner und Abflussreiniger. Schon diese Zutaten hören sich nicht besonders gesund an, und sie sind es natürlich auch nicht.

Was diese Droge wirklich gefährlich macht, ist ihre Eigenschaft, die Konsumenten wirklich sehr schnell, manchmal schon nach dem ersten Konsum abhängig zu machen. Das bedeutet, dass sich das Leben der Abhängigen von da an nur noch um die Droge und um ihre Beschaffung dreht.

Die gesundheitlichen Folgen der Sucht sind dramatisch. Weil Methamphetamine den Speichelfluss hemmen, leiden Abhängige schon nach kurzer Zeit unter Zahnfäule. Fortgesetzter Konsum kann zu Schlaf- und Kreislaufstörungen, Magenschmerzen, Hirnblutungen und Schlaganfällen führen. Das menschliche Gehirn wird durch den Konsum von Crystal unter Dauerstress gesetzt, weil die körpereigenen Substanzen Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin massenhaft freigesetzt werden und es deshalb für einen Zeitraum von bis zu 70 Stunden zu einem regelrechten Botenstofffeuerwerk im Gehirn kommt, während es wiederum beim Nachlassen des Rausches häufig zu einem regelrechten körperlichen und geistigen Zusammenbruch kommt.

In den Medien wird Crystal deshalb häufig als gefährlichste Droge der Welt bezeichnet. Wem das vielleicht zu sensationsheischend ist, der kann sich immer noch an die Vorsitzende des Verbandes Deutscher Psychiater Christa Roth-Sackenheim halten, die Crystal immerhin – ich

zitiere wieder – als „eine der gefährlichsten Drogen unserer Zeit überhaupt“ bezeichnet.

Was diese Droge für unseren Freistaat so immens gefährlich macht, ist der Umstand, dass ihr Produktions- und Vertriebsgebiet genau in den Grenzgebieten zur Tschechischen Republik und insbesondere auch an der sächsischtschechischen Grenze liegt.

Als Entstehungsgebiet für Drogen ist der Bereich hinter der sächsisch-böhmischen Grenze zum Afghanistan unserer Zeit geworden, zum Eldorado für Junkies, Dealer und Drogenköche, Deutsche, Tschechen und Ausländer, die relativ offen und ungestört ihre Todesdroge nicht nur zusammenkochen, sondern auch auf den Asia-Märkten hinter der Grenze an den Mann bekommen können.

Meine Damen und Herren! Diese Grundtatsache kann gar nicht oft genug insbesondere den verantwortlichen Politikern hier, im Freistaat Sachsen, in Erinnerung gerufen werden. Ich bedaure es sehr, dass der Staatsminister des Innern nicht anwesend ist.

Meine Damen und Herren! Dr. Roland Härtel-Petri, ein renommierter Suchtmediziner, der unlängst ein vieldiskutiertes Sachbuch zur Crystal-Problematik unter dem Titel „Crystal Meth: Wie eine Droge unser Land überschwemmt“ auf den Markt gebracht hat, bringt diese problematische Grenznähe auf den Punkt. Ich zitiere:

„Bislang, daran zweifelt kaum jemand, wird der deutsche Markt überwiegend bis ausschließlich aus tschechischen Drogenküchen bedient.“

Das ist also keine Behauptung der NPD, sondern eines Experten.

Diese ganz besondere Gefährdung Sachsens wird von der sächsischen Landespolitik offenbar gar nicht richtig wahrgenommen. Es ist zutiefst beschämend, wenn man in dem gerade zitierten Buch auf Seite 159 lesen muss:

„Anders als in anderen Regionen Deutschlands, versucht in Bayern mittlerweile kaum jemand mehr, das Problem Crystal kleinzureden.“

Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass Sachsen zu jenen Regionen gehört, in denen das Problem Crystal kleingeredet wird.

Während der frühere CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich mit seinem damaligen tschechischen Amtskollegen Jan Kubice im vergangenen Jahr wenigstens einmal energisch zur Verschärfung der dortigen Drogengesetzgebung aufforderte, kommt von Herrn Ulbig nach wie vor nichts außer ein paar blumigen Worten und neuerdings ein paar plakativen Polizeiaktionen, die das Problem aber nicht einmal im Ansatz lösen.

Das kommt davon, wenn ein Innenminister wie Herr Ulbig ein Amtsverständnis an den Tag legt, das mich an totalitäre Systeme erinnert,

(Zuruf von der NPD: Der ist mit dem Kampf gegen rechts beschäftigt!)

und der ernsthaft glaubt, er müsse sein Amt als Innenminister in erster Linie dafür nutzen, als ideologischer Weltanschauungskrieger einen Vernichtungskrieg gegen Meinungsgegner zu führen, anstatt sich um die Eindämmung der rasend schnellen Verbreitung der gefährlichsten Droge der Welt auf seinem Hoheitsgebiet zu kümmern.

(Beifall bei der NPD)

Wo kämen wir auch hin, wenn ein Innenminister seinen Fokus etwa darauf legen würde, Schwerstkriminalität zu bekämpfen oder um den Schutz der Gesundheit der ihm anvertrauten Bürger besorgt zu sein?

Ich fordere die Staatsregierung und speziell den Innenminister auf: Machen Sie die Drogenköche und die Dealer kaputt und nicht die nationale Opposition, meine Damen und Herren! Nein, man kann es nicht beschönigen: Beim Thema Crystal hat der Innenminister zum Ende dieser Legislaturperiode jedenfalls nichts anderes vorzuweisen, als ein glattes Totalversagen.

Wo man ansetzen könnte, um eine bessere Bilanz im Kampf gegen die Todesdroge zu erzielen, wird mein Fraktionskollege Arne Schimmer in einer zweiten Debattenrunde erläutern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Das war Herr Schimanski für die einbringende NPD-Fraktion. – Wir gehen weiter in der ersten Rednerrunde. Als Nächster ergreift Herr Kollege Karabinski für die FDP-Fraktion das Wort, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor rund einem Jahr, nämlich genau am 13. März 2013, wurde in diesem Hohen Haus auf Wunsch der CDU- und der FDPFraktion bereits ausführlich in einer Aktuellen Debatte folgendes Thema diskutiert: „Gefahren durch Crystal – Bevölkerung umfassend aufklären – Kriminalität entschlossen bekämpfen“.

(Jürgen Gansel, NPD: Die Debatte blieb aber folgenlos! – Andreas Storr, NPD: Nachdem Sie es jahrelang ignoriert haben!)

Es sind damals von allen demokratischen Fraktionen konkrete Vorstellungen zum Umgang mit dieser synthetischen Droge geäußert worden. Alle demokratischen Fraktionen haben sich dazu positioniert,

(Andreas Storr, NPD: Das hat nichts genutzt, Herr Karabinski!)

wie ihrer Meinung nach die Gefahren durch Crystal eingedämmt werden können, welche Ursachen für die rasante Ausbreitung dieser Droge eine Rolle spielen und welche Auswirkungen dieses Dreckszeug auf unsere Gesellschaft hat. In der damaligen Debatte war allerdings vonseiten der NPD-Fraktion leider überhaupt nichts Hilfreiches zu diesem Thema geäußert worden. Erwar

tungsgemäß machten Sie damals nur das Europa und die damit verbundenen Grenzöffnungen für die gesamte Problematik verantwortlich.

(Holger Szymanski, NPD: Das ist ja auch das Hauptproblem! – Zurufe der Abg. Andreas Storr und Jürgen Gansel, NPD)

Das alles ist im Plenarprotokoll der genannten Sitzung nachzulesen.

Ich bin schon über die Dreistigkeit erstaunt, mit der Sie hier diesen Antrag behandeln wollen, Herr Szymanski. Ausgerechnet die geistigen Nachfolger derjenigen, die im Zweiten Weltkrieg die sogenannte Panzerschokolade für ihre Blitzkriege gegen Polen

(Jürgen Gansel, NPD: Aber jetzt!)

und Frankreich an Soldaten, Fahrzeugführer und Piloten verabreichten,