Das Thema wird nicht erst seit dieser Legislaturperiode immer wieder seitens der Opposition im Plenum zur Sprache gebracht. Ein fast gleichlautender Antrag der Linksfraktion/PDS mit der Drucksache 4/5811 und dem Titel „Keine Abstriche bei der Unterrichtsversorgung an Grund-, Förder- und Berufsschulen im kommenden Schuljahr – sofort neue Lehrerstellen schaffen“ in der 56. Sitzung am 20. Juli 2006 stieß bei der damals mitregierenden SPD auf wenig Gegenliebe. Der Abg. Dulig führte eine Kostenschraube ohne Ende zulasten künftiger Generationen ohne Verbesserung der Bildung in das Feld und regte an, von anderen Ländern zu lernen, die mit weniger Mitteln bessere Ergebnisse erzielen würden. Ich zitiere Martin Dulig: „Auf dem Status quo zu verharren und mehr Lehrer zu fordern, ist nicht nur eine Schraube ohne Ende, sondern eine Schraube, die wir auf Kosten der nächsten Generationen drehen – und zwar in doppelter Art. Zum einen laden wir diesen Generationen mehr Schulden auf, zum anderen verbessern wir ihre Bildung nicht.“ Ansonsten sei diese Diskussion besser bei den Beratungen zum Haushalt zu führen.
Ebenso interessant ist auch, dass sich der Abg. Herbst als Vertreter der damals oppositionellen FDP für die geforderten Neueinstellungen aussprach. Im Jahr 2008 folgte ein eigener Antrag der heutigen Regierungspartei mit dem Titel „Unterrichtsversorgung sichern – drohenden Lehrermangel verhindern“, der für die SPD von Prof. Weiss mit dem Vorwurf des Populismus abgeschmettert wurde. So läuft dieses Spielchen seit Jahren, anstatt sich in Ruhe zusammenzusetzen, Argumente auszutauschen und
Fakt ist, dass es in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Wende einen Überhang an Lehrern gab, der durch Teilzeitregelungen abgefedert wurde. Verschärft wurde die Lage durch die sich zeitgleich anbahnende demografische Katastrophe. Energische Reaktionen seitens der Politik, die immer wieder durch die NPD-Fraktion gefordert wurden, blieben jedoch im Freistaat wie in allen anderen Bundesländern aus. Bevölkerungspolitik ist und bleibt ein Tabuthema. Schließlich steckt auch das Wort Volk darin. Das ist für einige in diesem Hohen Haus schon mehr als suspekt.
Es ist aber eben nicht egal, welche Reproduktionsquote das eigene Volk hat und wie sich der Bildungsstand des Nachwuchses gestaltet. Der CDU/FDP-Koalition fehlt genauso wie der SPD der Gestaltungswille, die sein Fehlen in ihrem Antrag beklagt. Das Getöse der Genossen ist nur etwas lauter. Das Festhalten einer ausschließlich an Planziffern orientierten Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention oder die sture Forderung nach einer Absenkung der Prozentsätze der Schüler ohne Abschluss zeigen die Dominanz einer Denkweise, die ideologische Prämissen über die Erfordernisse der Praxis stellt.
Da einige Punkte dieses Antrages auf eine Verbesserung der Situation an den Schulen abzielen, wird sich die NPDFraktion der Stimme enthalten.
Das war Herr Löffler für die NPD-Fraktion. Wir sind am Ende der ersten Runde angelangt. Ich frage Sie, ob eine zweite Rednerrunde eröffnet werden soll. – Ich sehe aus den Fraktionen keinen Redebedarf. Damit gebe ich das Wort an Sie, Frau Staatsministerin Kurth. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im August des vergangenen Jahres habe ich an den Schuljahresauftaktveranstaltungen mit den Schulleiterinnen und Schulleitern teilgenommen. Ich habe damals davon gesprochen, dass Bildungspolitik wie ein Ozeantanker ist, der sicher auch durch schwieriges Gewässer navigiert werden muss. Ein Schiff, egal ob wortwörtlich oder sinnbildlich, auch bei Strömungen und Winden zu navigieren, ist entscheidend. Damit dies funktioniert, haben mein Haus und ich in den vergange
Darunter fallen erstens die Neueinstellungen. Seit dem Schuljahr 2012/2013 stellen wir Lehrerinnen und Lehrer in Größenordnungen ein. Sowohl im Jahr 2013 haben wir über tausend Lehrkräfte eingestellt als auch in diesem Jahr werden wir wieder über tausend Lehrkräfte einstellen. Die Zahlen muss ich nicht wiederholen. Herr Schreiber hat für die beiden Jahre 2013 und 2014 exakt die Zahlen aufgelistet. Meine Damen und Herren, damit liegen wir in diesem Jahr mit 1 120 realisierten Einstellungen – ich spreche von dem Jahr 2014, von denen 590 zum 1. August neu eingestellt werden; Herr Schreiber hatte dies erwähnt – über den Zahlen vom letzten Jahr.
Zweitens möchte ich auf die Maßnahmen eingehen, die wir auf den Weg gebracht haben. Es geht dabei um zwei Einstellungstermine. Ebenfalls seit dem Schuljahr
2012/2013 gibt es jährlich zwei Einstellungsrunden, jeweils zum Schuljahresbeginn sowie zum Schulhalbjahr. Für die Bildungsagentur bedeutet dies zwar viel Arbeit; wir können mit diesem Vorgehen aber schneller und flexibler auf Einstellungs- und Lehrerbedarfe in den Klassenzimmern reagieren.
Drittens geht es um unser Programm „Unterrichtsversorgung“. Ich bin noch einmal bei dem flexiblen Reagieren. Durch dieses Instrument kann dort für Ausgleich gesorgt werden, wo Lehrkräfte kurzfristig ausfallen, ohne eine Stelle frei zu machen. Ich spreche zum Beispiel von Krankheit oder von einem Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft. Schulen können damit in eigener Verantwortung gezielt reagieren und fachlich geeignete externe Vertretungskräfte auf Honorarbasis engagieren. Herr Schreiber sprach von dem Physiklehrer, der gut ausgebildet, rüstig und 70-jährig vor der Klasse steht. Er ist immer noch besser als ein schlecht ausgebildeter oder für alle Fächer und Schularten ausgebildeter Lehrer.
Viertens geht es um die Zielvereinbarung mit den Universitäten. Diese wurden bereits angesprochen. Mit den sächsischen Universitäten wurden Zielvereinbarungen zur Anzahl der Studierenden je Lehramtsstudiengang geschlossen. Reichlich 1 800 Studienplätze stehen an den drei Unis zur Verfügung. Die Immatrikulationszahlen liegen sogar darüber. Wir haben mit diesen Zielvereinbarungen geschafft, dass wir uns dem wirklichen Bedarf sehr weit annähern konnten. Diesen Prozess werden wir, das SMWK und SMK gemeinsam, zielgerichtet fortsetzen. Außerdem werden die Lehramtsstudiengänge wieder als Staatsexamenstudiengänge bei uns im Freistaat Sachsen angeboten. Durch eigenständige Studiengänge je Schulart und Referendarstellen konnten wir die Anzahl von 1 000 auf 2 050 erhöhen. Wir haben Zulauf aus anderen Bundesländern in großen Zahlen zu verzeichnen, weil man die Staatsexamenstudiengänge sehr schätzt und
Fünftens möchte ich auf die Kampagne „Lehrer werden in Sachsen“ und das FSJ Pädagogik eingehen. Ich möchte hier zum Ersten erwähnen, dass das Kernstück der Kampagne unsere Internetseite mit zielgruppenspezifischen Informationsangeboten für Schüler, Studenten und für Bewerber ist. Darüber hinaus bietet die Bildungsagentur seit Mai 2013 eine Beratungshotline an, die rege genutzt wird. Zum Zweiten ist zu erwähnen, dass für knapp 7 500 Lehramtsstudentinnen und Lehramtsstudenten in Sachsen nach den im Januar durchgeführten Auftaktveranstaltungen in jedem Semester Kolloquien zu bildungspolitischen und pädagogischen Themen angeboten werden. Zum Dritten können mit dem FSJ Pädagogik, auch das hatte Herr Schreiber erwähnt, 40 junge Menschen vor Studienbeginn testen, ob der Lehrerberuf für sie wirklich eine Berufung ist. Im kommenden Jahr geht das FSJ in die zweite Runde. Es ist ein außerordentlich erfolgreiches Programm, das von den jungen Menschen angenommen und von den Schulen außerordentlich begrüßt wird. Wir werden es aus diesem Grund fortführen und nicht nur in einem Schuljahr auflegen.
Sechstens. Runder Tisch zum Unterrichtsausfall. Bildungspolitik im Freistaat Sachsen ist transparent, wird kooperativ mit den Beteiligten betrieben und ist verlässlich und langfristig angelegt. Mit Vertretern von Landesschüler- und Landeselternrat, der Bildungsagentur, des Kultusministeriums sowie Schulleitern hat der Runde Tisch zum Unterrichtsausfall Empfehlungen zur statistischen Erfassung des Unterrichtsausfalls erarbeitet und die bisherige Erfassung novelliert. Schüler und Elternvertreter haben das Recht auf die Zugänglichkeit zu den Daten ihrer Schule. Das ist einmalig unter den Bundesländern. Vertrauen und Transparenz haben hier einen guten Weg genommen.
Siebentens. Tarifeinigung mit den Gewerkschaften. Nach monatelangen Verhandlungen mit den Lehrergewerkschaften haben wir im November 2013 ein Ergebnis mit folgenden drei wesentlichen Eckpunkten erzielt, auf die ich noch einmal im Besonderen eingehen will:
Zum Ersten. Die Verbesserung der Eingruppierung der Lehrkräfte in mehreren Schularten. Voll ausgebildete Mittelschullehrer – die Lehrer, die an Oberschulen unterrichten, heißen Mittelschullehrer – werden schrittweise bis zum 01.08.2017 zu 100 % in die Entgeltgruppe 13 eingruppiert und damit genauso besoldet wie in anderen Bundesländern. Voll ausgebildete Förderschullehrer mit Abschluss nach dem Recht der ehemaligen DDR werden zum 01.02.2015 in die Entgeltgruppe 13 höhergruppiert. Die ehemaligen Freundschaftspionierleiter und Erzieher mit Lehrbefähigung für ein Fach, die an einer Grundschule unterrichten, werden nach Abschluss eines Feststellungsverfahrens – und das läuft auf Hochtouren – Unterstufenlehrern gleichgestellt und in die Entgeltgruppe 11 höhergruppiert. Diese Eingruppierungsregelungen, die wir
Zum Zweiten. Die Altersteilzeit für Lehrkräfte der allgemeinbildenden Schulen ab dem 1. August 2014. Einen Rechtsanspruch haben schwerbehinderte Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 %, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Eine Kann-Regelung gilt für die Lehrkräfte, die das 62. Lebensjahr bzw. das 60. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von mindestens 40 Jahren vollendet haben.
Zum Dritten. Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität des Lehrerberufes und der Nachwuchsgewinnung, beispielsweise keine Erhöhung des Regelstundenmaßes oder ein transparentes Einstellungsverfahren.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich gehe davon aus, dass Ihnen die genannten Punkte nicht neu sind. Ich will Ihnen aber deutlich machen, dass die Staatsregierung in das sächsische Bildungswesen investiert, das wir gestalten, um optimale Bedingungen für die Lernerfolge unserer Kinder und Jugendlichen zu schaffen. Transparenz und Verlässlichkeit in unserem Bildungssystem müssen ganz obenan stehen.
Das ist keine leichte Aufgabe, das wissen wir alle. Es war noch nie eine leichte Aufgabe. Wir haben im Freistaat Sachsen seit 1990 im Bildungswesen viel erreicht. Wir liefern Qualität. Das zeigen viele Vergleiche.
Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir ruhen uns auf dem Erreichten nicht aus. Das ist auch nicht mein Anspruch. Ich will, dass auch das kommende Schuljahr gut startet, auch mit über 4 000 Schülerinnen und Schülern mehr im System. Wir werden das kommende Schuljahr gut starten lassen, und es wird gut und solide wie dieses Schuljahr verlaufen. Ich habe Hochachtung vor all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus meinem Haus und in der Sächsischen Bildungsagentur, die zurzeit das kommende Schuljahr auf Hochtouren vorbereiten und so zum Gelingen des Schuljahres 2014/2015 mit vollem Engagement beitragen.
Frau Staatsministerin Kurth sprach für die Staatsregierung. Nun hat die einreichende SPD-Fraktion die Möglichkeit eines dreiminütigen Schlusswortes. Bitte, Frau Dr. Stange.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Eigentlich wäre mehr zu sagen, vielleicht so viel: Frau Staatsministerin, Sie sind auch nach einem Eklat angetreten, nämlich nach dem Rücktritt von Herrn Prof. Wöller und des bildungspolitischen Sprechers der
CDU-Fraktion, die beide an der Ignoranz des Finanzministeriums und des Ministerpräsidenten gescheitert sind, zu erkennen, dass es ein dringend zu lösendes Problem gibt.
Insofern war es zwingend notwendig, dass Sie handeln. Was Sie gerade aufgezählt haben, war eventuell Teil Ihrer Regierungserklärung, aber nicht wirklich die Antwort auf unsere Anfrage. Patrick Schreiber hat vorhin richtig deutlich gemacht: plus 50 Lehrkräfte bei 4 000 Schülern mehr. Im Haushalt stehen übrigens 253 Stellen mehr in diesem Schuljahr. Ich frage mich, wo der Finanzminister diese Stellen gelassen hat.
Ja, das Thema ist komplex. Insofern stimme ich KarlHeinz Gerstenberg zu. Natürlich hätte der Antrag noch viel mehr enthalten müssen, um das Thema komplex abzuhandeln. Genau das ist der Grund, warum wir eben nicht erst im Wahlkampf, sondern 2009, 2010 und 2011 gemahnt haben, dass wir dieses Konzept brauchen, weil die Komplexität nicht nur mit Stellen abzudecken ist. Wir haben uns sehr wohl Gedanken gemacht, Patrick Schreiber, wo das Geld herkommt. Und das ist hier auch schon mehrfach gesagt worden. Wir werden in den nächsten zehn Jahren genauso viel Geld in das Bildungssystem stecken wie die Koalition in die Rücklage für die Sachsen LB gesteckt hat: 2,75 Milliarden Euro.
Die sind gut angelegt, und das werden wir morgen früh noch einmal hören. Wir werden auch niemanden verdummen, sondern wir werden verdummt. Sie werden verdummt, weil hier mit Zahlensalat gespielt wird, der uns keine Möglichkeit gibt, tatsächlich eine Personalentwicklung im Schulbereich vorzunehmen, die absichert, dass wir in den nächsten Jahren diese Herausforderungen meistern können.
Frau Dr. Stange, vielen Dank für den Versuch, eine Finanzierung für Ihre Vorhaben herzuleiten. Ich gebe ehrlich zu – es ist schon spät heute –, ich habe es nicht verstanden. Deswegen noch einmal die Frage, woher Sie die 2,75 Milliarden Euro, die Sie gern ins Bildungssystem stecken wollen – so habe ich es gerade verstanden – nehmen, weil es aus dem Fonds Sachsen LB wohl kaum sein kann.
Sehr geehrter Herr Schreiber, das werde ich Ihnen nach dem 31.08. erklären, wenn wir den nächsten Doppelhaushalt auf dem Tisch haben.
Ich kann Ihnen heute schon sagen, wo die Reserven sind, denn der Finanzminister hat gestern deutlich gemacht, wie die Steuerschätzungen in den nächsten Jahren aussehen werden. Wenn wir es so handhaben wie in den letzten Jahren, dass wir innerhalb von fünf Jahren in der Lage sind, 2 Milliarden Euro für die Sachsen LB zurückzulegen, dann werden wir doch wohl in der Lage sein, pro Jahr 500 mehr Lehrerstellen zur Verfügung zu stellen, oder?