Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Gemeinsam mit vielen Partnern, den Gewerkschaften, den Erzieherinnen und Erziehern und den Wohlfahrtsverbänden haben wir gefordert, den Schlüssel zu senken, der in Sachsen seit Jahren zu hoch ist. Das ist uns jetzt gelungen. An dieser Stelle muss der Dank aber auch all jenen gelten, die in all den Jahren den politischen Diskurs mit geführt und den politischen Druck hochgehalten haben. Sie haben dafür gekämpft und ein Ziel erreicht. Von dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Wohlfahrtsverbände, die Erzieher und die Gewerkschaften.

(Beifall bei der SPD. der Staatsregierung und vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Fakt ist aber auch – Herr Schreiber hat es erwähnt –, dass Sachsen selbst mit dem verbesserten Schlüssel noch auf den hinteren Plätzen rangiert. Der eingeschlagene Weg ist deshalb noch längst nicht komplett zurückgelegt.

Werfen wir einen genaueren Blick auf die Situation in Sachsen. 62 % der Einjährigen und 84 % der Zweijährigen nutzten im vergangenen Jahr ein Angebot in der Kita oder der Kindertagespflege. Damit wurden in diesen Altersgruppen deutlich mehr Kinder betreut als im Bundesdurchschnitt, wo es nur 35 % der Einjährigen und 60 % der Zweijährigen waren. Unser Anspruch an eine wahre Chancengleichheit für alle Kinder, gleich welche Bildungslaufbahn ihre Eltern haben, kann durch diese Betreuungsquote in wesentlichen Stücken erfüllt werden. Qualität in den Kitas macht sich eben auch daran fest, ob und wie es geschafft wird, Defizite, spezielle Bedürfnisse, aber auch besondere Begabungen frühzeitig zu erkennen, sie auszugleichen und zu fördern.

Angesichts einer jüngsten Studie des Dresdner Universitätsklinikums ist die hohe Betreuungsrate von Kindern unter drei Jahren ein hervorragendes Indiz für die Qualität

der Kindertageseinrichtungen. Der Autor der Studie war Prof. Roessner, der festgestellt hat, dass Kinder von Akademikern von einem frühen Kitabesuch genauso profitieren wie Kinder von Eltern ohne Berufsabschluss. Vor allem die ersten zwei Lebensjahre sind für die Entwicklung unserer Kleinsten enorm wichtig, und wir halten eine hohe Qualität in unseren Einrichtungen vor.

Qualität in unseren Kitas drückt sich aber auch in der Qualität der geleisteten Arbeit aus. Diese ist hervorragend. Dennoch müssen wir in Zukunft attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen, um verstärkt junge Fachkräfte zu gewinnen. Der pädagogische Alltag besteht eben nicht nur aus Kinderbetreuung, sondern auch aus Dokumentation, Elterngesprächen, Fortbildungen und Kontakt mit den Behörden. Das muss benannt und auch anerkannt werden.

Mein besonderer Dank gilt den Erzieherinnen und Erziehern hier in Sachsen, die eine tolle Arbeit leisten und wirklich alles für die Kinder geben. In der zweiten Runde werde ich darauf noch zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das war die Einbringung. Wir fahren in der Rednerreihe fort. Das Wort ergreift jetzt die Rednerin der Fraktion DIE LINKE, Frau Kollegin Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder sind ein hohes Gut. „Qualität in der Kinderbetreuung weiter schrittweise verbessern“ heißt unser Debattenthema. Ich sage es ehrlich, ich habe mich ein wenig gefragt, worüber Sie heute denn sprechen wollen. Wir haben diese Diskussion in den letzten Monaten und Jahren sehr oft geführt. Die erste minimale Verbesserung ist mit der aktuellen Haushaltsgesetzgebung beschlossen worden. Ich glaube aber, dass es noch keinen Anlass gibt, sich hier feiern zu lassen. Aus Sicht der LINKEN sind es keine großen Schritte, die wir hier machen, sondern es sind Trippelschritte –

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE, und Petra Zais, GRÜNE)

Trippelschritte in der Kinderkrippe. Nur ist die Kinderkrippe bei den Verhandlungen zur Schlüsselverbesserung leider deutlich schlechter weggekommen als der Kindergarten. Der Hort findet gleich gar nicht statt, er bleibt in der sächsischen Kindertagesbetreuung das fünfte Rad am Wagen. Ich glaube, auch dort gibt es Handlungsbedarf. Das möchte ich der zuständigen Ministerin auch noch einmal ins Stammbuch schreiben.

(Beifall bei den LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir waren uns darin einig: Eine Schlüsselverbesserung war überfällig. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass im Jahr 2005 Helma Orosz als Sozialministerin den sächsischen Bil

dungsplan für alle Kindertageseinrichtungen verbindlich eingeführt hat. Sie hat schon damals die notwendige Schlüsselverbesserung eingefordert. Es hat zehn Jahre gedauert und ist erst mit der SPD in der Koalition zustande gekommen, dass es somit eine Verbesserung gibt. Trotzdem ist diese Verbesserung nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich finde es schon ein bisschen – na ja – schwierig, wenn die CDU das Problem jahrelang vor sich hinköcheln lässt, dass es Demos über Demos gibt, Petitionen und Beschwerdeschreiben und die Situation erst so eskalieren muss, dass es nicht mehr zu vertuschen ist – und dann lässt man sich noch feiern.

Aber lassen Sie uns über Qualitätsaspekte sprechen. Natürlich kann man in einer solchen Studie, da gebe ich Patrick Schreiber recht, nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Ja, im bundesweiten Vergleich hat Sachsen ein gutes Netz in der Kindertagesbetreuung. Wir sind in der guten Situation, dass der Rechtsanspruch fast überall erfüllt werden kann – mit ganz wenigen Ausnahmen wie Leipzig. Wir haben auch zeitlich bei den Öffnungszeiten einen sehr guten Standard, der eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich ermöglicht, wobei das Angebot sogar bezahlbar bleibt. Keine Frage – darin sind wir uns einig –: Da haben eher andere Länder Hausaufgaben zu machen.

Sich aber angesichts der Tradition, die Sachsen in der Kindertagesbetreuung über die letzten 60, 75, 80 Jahre hat, dann mit Niedersachsen zu vergleichen, macht es auch ein bisschen einfach. Denn ich will daran erinnern, dass es in den Neunzigerjahren vor allem die CDU war, die das ganze System der Kindertagesbetreuung herunterfahren und zurückbauen wollte. Da gab es nämlich überhaupt noch keinen Rechtsanspruch – den gibt es erst seit 1996, wie Sie wissen. Nur Dank der Proteste vieler Eltern konnte das System damals überhaupt in dieser Breite und Vielfalt erhalten werden.

(Beifall bei den LINKEN)

Was zählt noch zu Qualitätskriterien? Neben den strukturellen Fragen – ich bin darauf eingegangen – müssen wir über räumliche sprechen. Ich glaube, wir haben dabei gute Standards, aber wir erleben auch, dass die Sanierung vorhandener Kindertageseinrichtungen und auch der Neubau im wahrsten Sinne des Wortes Dauerbaustellen sind. Da ist auch der Freistaat gefordert, die Kommunen weiterhin zu unterstützen, auch finanziell mit Investitionszuschüssen, und Hilfestellung zu leisten, damit wir die räumlichen Qualitätsstandards halten können. Die Kommunen schaffen das alleine nicht.

Die größte Baustelle bei den Qualitätsaspekten ist tatsächlich die Personalfrage. Ich erkläre es Ihnen gern noch einmal: Mit dieser minimalen Änderung, die Sie jetzt zum 1. September über die Haushaltsgesetzgebung eingeführt haben, ist mitnichten eine ganz andere Situation eingetreten. Den Schlüssel von 1 : 13 auf 1 : 12,5 zu verbessern bedeutet, es gibt ungefähr eine Fachkraft mehr, wenn Sie – jetzt halten Sie sich fest – eine Kita mit über 300 Plätzen haben. Wir haben solche Kitas hier; die DRK-Kita in

der Stauffenbergallee in Dresden hat 300 Plätze. Das heißt, dort steht seit diesem Monat eine zusätzliche Fachkraft zur Verfügung. Jetzt können Sie einmal ausrechnen, auf wie viele Gruppen sich das aufteilt und wie wenig mehr Zeit und Betreuung für die einzelnen Kinder wirklich übrig bleibt.

Frau Klepsch, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Deshalb müssen wir weiter daran arbeiten.

Ich komme zum Schluss; wir haben noch eine zweite Runde, in der ich auf einige Aspekte eingehen werde. Ich glaube aber, das ist nur ein Zwischenstand. Die Verbesserung der Kita-Qualität ist nach wie vor eine Aufgabe dieser Landesregierung und dieser schwarz-roten Koalition.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Als Nächstes nach der Rednerin der Fraktion DIE LINKE ergreift jetzt für die AfD-Fraktion Herr Kollege Wendt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder sind ein hohes Gut – Qualität der Kinderbetreuung schrittweise verbessern – Frau Klepsch, wir haben da in dieselbe Kerbe gehauen, und ich habe mich auch gefragt, warum CDU- und SPD-Fraktion dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Sie hatten – und da spreche ich zum einen die CDU- und die SPD-Fraktion an, aber auch die Staatsregierung – und haben es doch in der Hand und können die Qualität in den Kinderbetreuungseinrichtungen verbessern. Das Problem ist, Sie tun es nicht ausreichend. Es könnte natürlich auch sein, dass Sie das, was Sie im Koalitionsvertrag verankert haben, einfach nicht umsetzen können und auf die Hilfe der Opposition angewiesen sind. Sollte es so sein, geben Sie uns ein Signal. Wir helfen Ihnen dabei.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Wie wir alle wissen, hängt die Qualität nicht nur vom Betreuungsschlüssel ab, sondern hier sind verschiedene Faktoren zu beachten. Dass Sie den Betreuungsschlüssel innerhalb dieser Legislatur verbessern wollen, ist Ihnen zugutezuhalten, er ist aber keineswegs ausreichend. Ich möchte das gern belegen und nehme hier kein Beispiel aus der Schweiz, denn hier vergleicht man Äpfel mit Birnen, sondern ich vergleiche das gern mit BadenWürttemberg. In Baden-Württemberg liegen die Betreuungsschlüssel im Kindergartenbereich bei circa 1 : 8 und im Kinderkrippenbereich bei 1 : 3.

(Christian Piwarz, CDU: Bei welcher Betreuungsquote?)

Diese Regierungskoalition inklusive der Staatsregierung möchte bis sage und schreibe 2019 den Schlüssel von 1 : 13 auf 1 : 12 und von 1 : 6 auf 1 : 5 absenken.

(Staatsminister Martin Dulig: Ich glaube, Sie haben sich das falsche Bundesland für Ihren Vergleich ausgesucht! – Christian Piwarz, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Wendt?

Ja, gern.

Bitte, Kollege Piwarz.

Vielen Dank, Herr Kollege Wendt. Da Sie schon mit Äpfeln und Birnen angefangen haben, wollen wir mal schauen, ob Sie die auseinanderhalten können. Wenn Sie schon Baden-Württemberg anführen, wissen Sie denn, wie hoch die Betreuungsquote, also die Zahl der Kinder, die dort betreut werden, im Vergleich zu Sachsen ist?

Die ist niedriger, keine Frage, aber das darf kein Maßstab sein.

(Christian Piwarz, CDU: Ja, eben!)

Wir müssen hier unsere Hausaufgaben machen und angemessene Betreuungsschlüssel sind notwendig.

(Christian Piwarz, CDU: Äpfel und Birnen! – Patrick Schreiber, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Sehr gern.

Herr Wendt, können Sie mir sagen, ob in Baden-Württemberg im Fachkräfteschlüssel ausschließlich examinierte Erzieherinnen und Erzieher oder studierte Kinderpädagogen eingesetzt werden oder ob dort auch andere Personengruppen bei der Berechnung einbezogen werden?

Ja, das kann ich Ihnen sagen. Es sind 90 % Fachkräfte und der Rest Assistenzkräfte. Das kann ich auch belegen.

(Staatsminister Martin Dulig: Aber bei uns sind es 100 %!)

Machen wir weiter. Ich habe es angesprochen, in Baden-Württemberg und in anderen Bundesländern sind die Betreuungsschlüssel besser. Sachsen rangiert nun mal auf den letzten Plätzen. Das sollte uns zu denken geben. Ich möchte der CDU-Fraktion noch einmal sagen, dass Sie das all die Jahre verschlafen haben. Es ist Ihr Verdienst, dass der Betreuungsschlüssel in den letzten Jahren nicht