Das war die einbringende CDU-Fraktion, Herr Kollege Schiemann. Nun folgt Herr Kollege Baumann-Hasske.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schiemann hat gerade sächsische Aufgaben definiert, die vor uns liegen und an denen wir weiter arbeiten müssen.
Ich möchte gern noch einmal auf eine Perspektive zurückkommen, wie sie sich jetzt auf der europäischen
Ebene abzeichnet. Die Kommission hat ein Weißbuch zur Zukunft der EU vorgelegt. Die meisten von Ihnen werden es kennen. Es wird bereits diskutiert. Es ist bereits ein weiteres Weißbuch angekündigt worden, welches das erste erläutern soll. Das Weißbuch differenziert
fünf Szenarien: erstens die Reduktion auf den Binnenmarkt, zweitens die Möglichkeit der freiwilligen Vertiefung durch einige Mitglieder, drittens die effizientere Gestaltung, viertens die deutliche Erweiterung des gemeinsamen Handelns oder ein einfaches „Weiter so“ als fünfte Option. Man wird diese Szenarien so nicht trennen können.
Europa neigt dazu, Kompetenzen an sich zu ziehen. Man muss dort, wo die Kompetenzen nicht übertragen wurden, die Neigung unterbinden. Man wird etwas tun müssen. Aber die EU muss auch dort ausgeweitet werden, wo gemeinsames Handeln noch nicht stattfindet, aber notwendig ist.
Der Euro als gemeinsame Währung erfordert nach Ansicht aller Experten zwingend eine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik. Ohne eine solche gemeinsame Politik droht der Euro irgendwann zu scheitern.
Europa wird einen Haushalt mit eigenen Finanzquellen benötigen, um seine Aufgaben zu bewältigen. Herr Barth, da trete ich Ihnen ausdrücklich entgegen. Das wird nicht anders möglich sein. Europa muss so viel Autonomie bekommen.
Das Europäische Parlament muss gestärkt und mit eigenen Initiativrechten ausgestattet werden. Die Debatte um das Freihandelsabkommen CETA und das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu dem Abkommen mit Singapur zeigen, dass die Institutionen neue Verfahren benötigen werden, um in Zukunft derart umfassende Vertragswerke zu behandeln. Die Parlamente der Mitgliedsstaaten und ihre Bürgerinnen und Bürger müssen Entscheidungsrechte behalten. Das hat der EuGH jetzt bestätigt. Sie müssen vor allen Dingen auch ihre Gesetzgebungskompetenz verteidigen, ihre eigene Gestaltungskompetenz bewahren können.
Herr Baumann-Hasske, ich würde es gern noch einmal auf den Punkt bringen. Habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie und auch Ihre Partei, die SPD, dafür stehen, dass Deutschland entsprechend
Es wird entsprechend der Wirtschaftskraft dabei bleiben, dass Deutschland, solange es diese starke Wirtschaftskraft hat, mehr zahlt als andere Staaten.
einiger Staaten. Noch vor wenigen Jahren war der Gedanke an eine Europäische Union, in der sich einige Staaten enger zusammenschließen als andere, ein Sakrileg, und ich sage ganz offen: Ich habe das für sehr problematisch gehalten. Heute muss man allerdings feststellen, dass allein die Diskussion dieses Gedankens dazu führt, dass die Staaten, die sich bisher den gemeinschaftlichen Aufgaben weitgehend verweigern, erkennen lassen, dass sie dabei sein wollen und deshalb auch bereit sind, Konzessionen zu machen.
Emmanuel Macron, frisch gekürter Präsident Frankreichs, erhält bereits einen Dämpfer für seine Vorstellungen, wie Europa aussehen könnte. Dabei sind seine Ideen durchaus erwägenswert. Wir erklären ihm aus Deutschland bisher vorwiegend, was nach unserer Meinung nicht geht, nicht etwa das, was wir auch unterstützen wollen.
Meine Damen und Herren! Mit der Grundrechte-Charta des Vertrages von Lissabon verpflichten sich die Mitgliedsstaaten auf ein soziales Europa. Wenn die Idee von Wohlstand in Frieden nicht mehr überzeugt, ist das auch deshalb so, weil Europa den Wohlstand nicht für alle geschaffen hat. Einige wie Deutschland haben die Krise der Finanzmärkte vor bald zehn Jahren recht gut überstanden, andere leiden bis heute darunter. Dagegen müssen wir die Idee des sozialen Europas setzen. Europa muss dafür stehen, dass es in der gesamten Union soziale Grundsicherungen gibt.
Der Gedanke der sozialen Marktwirtschaft, jeder nach seinen Fähigkeiten, aber keiner bleibt zurück, muss in ganz Europa gelten. Niemand in der Union soll hungern und frieren müssen. Auch dieser Gedanke muss tragendes Narrativ für die künftige EU sein.
Das war Kollege Baumann-Hasske. Er sprach für die SPD-Fraktion. Wenn die Redezeit abgelaufen ist, kann man keine Zwischenfrage mehr stellen. Deshalb geht es jetzt weiter mit der Fraktion DIE LINKE. Herr Kollege Stange, Sie waren so schnell vor Ort.
Das ist nicht immer so, Herr Präsident. Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, im Europaausschuss muss ein anderer Marko Schiemann sitzen als der, der heute hier im Plenum redet.
Herr Schiemann, wenn Sie derselbe sind: Lösen Sie im Europaausschuss endlich die Bremsen bei der Beteiligung des Landtags an europäischer Politik! Sie blockieren, Sie verhindern, Sie verunmöglichen! Sie wollen mehr Subsidiarität? Wie viele Anträge sind denn im Geschäftsgang gewesen oder sind noch im Geschäftsgang und harren Ihrer werten Anteilnahme?