Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

die Digitalisierung, die Internationalisierung der Märkte und der demografische Wandel. Genau darum geht es der Sächsischen Staatsregierung und das ist auch Inhalt unseres 100-Tage-Programms, mit dem wir jetzt einen Weg beginnen, der nicht in 100 Tagen zu Ende ist, nicht

in anderthalb Jahren, sondern das uns einen Weg zeigt für die kommenden Jahre und Jahrzehnte.

Wir bauen dabei auf einem Fundament auf, was seit 1990 von vielen engagierten Politikerinnen und Politikern geschaffen worden ist, zuletzt natürlich von Stanislaw Tillich mit seinem Kabinett. Je häufiger ich jetzt auch in Berlin bin und merke, welche persönliche Wertschätzung dem Alt-Ministerpräsidenten entgegengebracht wird, welches Vertrauen ihm, seiner Regierung und dem Freistaat Sachsen entgegengebracht wird, da kann ich nur sagen: Herzlichen Dank für viele Dinge, die wir hier gemeinsam erleben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Unser Plan für Sachsen, meine Damen und Herren, ist voller Investitionen in unsere sächsische Heimat. Wir wollen sie mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam gestalten. Dabei gilt für uns das Leitmotto: Leistung muss sich lohnen. Wer sich für die Gesellschaft engagiert, an welcher Stelle auch immer, verdient unsere Unterstützung, und, meine Damen und Herren, es gibt unzählig viele Helden des Alltags in unserem Land, die sich meistens ohne Wahrnehmung der Öffentlichkeit ganz konkret engagieren und unser Gemeinwesen reicher machen. Das sind unsere Partner und denen wollen wir helfen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Bei allem, was wir gemeinsam erreichen wollen, ist ein Ziel besonders wichtig: den Zusammenhalt stärken und ein gutes Miteinander befördern. Uns leiten dabei die Stärkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft und die Überzeugung, dass wir nur gemeinsam mit der kommunalen Familie unser Sachsen gut gestalten können. Ich persönlich, über viele Jahre in der Kommunalpolitik engagiert gewesen, vertraue der Arbeit der Landräte, den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern, denjenigen, die in Kreis- und Gemeinderäten sowie Stadtparlamenten arbeiten. Für mich ist das, was dort passiert, was dort gearbeitet wird, welche Interessen dort vertreten werden und welche Anregungen uns gegeben werden, eine ganz wichtige Leitschnur für die Arbeit im Sächsischen Landtag.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Mein Bild von Sachsen ist das eines Landes mit fröhlichen Menschen, mit Leuten, die anpacken, die etwas gestalten wollen. Ich bin mir sehr sicher, auch wenn ich die Zeitungen der letzten Tage sehe, wie geschrieben wird, wie die Stimmung im Land ist: Hoffnung entsteht nicht dadurch, dass man über Hoffnungslosigkeit spricht, Zuversicht entsteht nicht dadurch, dass man darüber spricht, wie schwierig alles ist. Sorgen lassen sich nicht auflösen, indem man sich gegenseitig immer wieder die Sorgen erzählt. Zuversicht, ein neuer

Geist, ein Aufschwung entstehen nur dadurch, indem man anpackt, konkrete Dinge miteinander macht. Ich möchte gern, dass wir in diesem Land anfangen, machen, und ich möchte, dass diese Koalition eine Koalition der Macher ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir Verbündete dabei haben, dass wir den Schulterschluss haben. Meine Gespräche im Landesvorstand des Sächsischen Städte- und Gemeindetages waren sehr wohltuend. Es waren Gespräche mit Menschen, die sich genau wie wir Gedanken machen, wie man konkret Politik machen kann, die das, was wir gemeinsam tun, klug reflektieren, die bereit sind, auch solidarisch zu sein, die kleinen Gemeinden, die großen Gemeinden, kreisangehöriger, kreisfreier Raum. Deswegen wollen wir unsere Förderpolitik in den kommenden Jahren neu ausrichten. Uns geht es um weniger Bürokratie, weniger Formulare, wir wollen dafür mehr Verantwortung auf die kommunale Ebene geben. Es ist klar, dass das nicht von heute auf morgen erreichbar ist, sondern Zeit braucht, dass da Dinge vorbereitet werden müssen; aber wir wollen trotzdem jetzt anfangen. Deswegen bin ich dankbar, dass wir uns darauf verständigt haben, bis 2020 – in drei Jahren – jedes Jahr 30 Millionen Euro als Pauschale an die Gemeinden im kreisangehörigen Raum zu geben. Das sind für jede Gemeinde bis zu 70 000 Euro pro Jahr. Damit wird klar, dass das eine deutliche Schwerpunktsetzung für die kleineren Gemeinden ist. Ich bin dankbar für die Solidarität, gerade in der kommunalen Familie, dass sie das so mitträgt. Ich glaube, das ist ein klares Signal. Wir vertrauen, wir wollen etwas gemeinsam anfangen. Ich bin sehr dankbar dafür.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für mich ist auch klar: Die kommunale Ebene hat in den vergangenen Jahrzehnten –wie auch der Freistaat, aber da ist es noch einmal anders sichtbar –, viele Dinge bewegt, viele Veränderungen mitgemacht, sich neu aufgestellt mit Kreisreform, mit Gemeindegebietsreform, zum Teil mit neuen Aufgaben, die durch die Verwaltungs- und Funktionalreform gekommen sind, sei es beim Immissionsschutz, bei der Vermessung oder beim Denkmalschutz. Jetzt ist eine Zeit gekommen, meine Damen und Herren, in der dieser Veränderungsdruck ein Ende haben muss. Wir müssen uns auf dem abstützen, was jetzt da ist. Ich möchte gern eine Politik machen, die keinen Zwang zu Fusionen voraussetzt, sondern Kooperation ermöglicht und fördert. Dabei wollen wir helfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Man muss es – glaube ich – an so einem Ort noch einmal aussprechen, auch wenn es vollkommen klar ist: Sachsen steht auf zwei Säulen, auf dem ländlichen Raum und auf den drei großen Metropolen. Das ist die Stärke dieses

Landes. Das ist das, was wir auch brauchen. Wir brauchen beides. Wir brauchen andere Antworten auf die Herausforderungen im ländlichen Raum als die in den großen Städten. Aber beides ist uns gleich wichtig, beides betreiben wir im gleichen Maße. Darauf können sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Landräte verlassen, sowohl im kreisangehörigen Raum als auch in den großen Städten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und der Staatsregierung)

Ich habe es schon gesagt: Als Vater und als Bildungspolitiker liegt mir dieses Thema besonders am Herzen. Wenn es nach mir ginge, würde ich alles Geld für die frühkindliche Bildung und für die Bildung ausgeben. Nur, da gibt es Menschen, die etwas dagegen haben.

Deswegen kann ich hier nur sagen – da sind wir uns dann auch wieder einig –: Bildung, frühkindliche Bildung wird eine Priorität in unserer Arbeit haben.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Echt?)

Wir wissen, dass dieses sozial gerechteste Bildungssystem in ganz Deutschland auch deswegen so stark ist, weil wir eine starke frühkindliche Bildung haben. Wir wollen in diese frühkindliche Bildung weiter investieren. Die Verhandlungen in Berlin geben uns auch die Möglichkeit dazu. Wenn die Regierung zustande kommt – was ich mir wünschen würde –, werden 3,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung und der frühkindlichen Bildung zur Verfügung stehen. Wir wollen dieses Geld auch nutzen, um die Qualität in den sächsischen Kindergärten und Kinderkrippen zu erhöhen, und wir wollen dabei einen anderen, einen neuen Weg gehen.

Ich bin der Meinung: Nicht wir sollten vorgeben, an welcher Stelle und wie es eine Verbesserung geben soll, sondern das sollen die Eltern, die Erzieherinnen und Erzieher, die Träger der Einrichtungen entscheiden. Deswegen haben wir mit Christian Piwarz vereinbart, dass er einen Prozess aufsetzt, dass wir vor Ort entscheiden lassen, ob es Vor- und Nachbereitungszeiten, ob es mehr Sozialarbeit, ob es vielleicht das kostenlose Mittagessen geben soll oder andere Dinge.

(Zuruf von der AfD: Bravo!)

Ich wünsche mir zumindest, dass nicht wir entscheiden, sondern die, die Betroffene davon sind, die es selbst interessiert. Ich freue mich schon auf den Fragebogen, wenn ich ihn dann ausfüllen darf, Herr Piwarz.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Weil die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in unserem Land, wenn sie das so hören, ganz klar den Begriff Kita-Pauschale vermissen würden, möchte ich den auch erwähnen. Natürlich wird im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes über dieses wichtige Thema gesprochen werden, weil das eine Sache ist, die viele umtreibt. Auch dafür werden wir eine Antwort finden.

Meine Damen und Herren, nach dem Kindergarten kommt die Schule. Dieses Schulsystem ist stark aufgestellt. Es wird für viele in Deutschland auch als Reverenzsystem genommen, aber es steht natürlich – wie auch in anderen Bundesländern – vor großen Herausforderungen. Die Digitalisierung, die Veränderung der Gesellschaft, die Migration sorgen dafür, dass wir auch hier immer wieder schauen müssen: Haben wir die Regeln richtig aufgestellt, müssen wir Dinge erweitern? Was wir ganz klar gesagt haben, ist, dass wir die politische Bildung ausbauen wollen. Das ist uns ein großes Anliegen: dass wir in der Schule Partizipation, Diskussion und Streit, das bewusste Leben von Demokratie erleben wollen. Deswegen ist ein Schwerpunkt der Ausbau der politischen Bildung in unseren Schulen, meine Damen und Herren.

Mein Leitbild ist immer, dass politische Bildung kein Lernfach, sondern etwas ist, was man erleben muss. Ich finde übrigens auch, dass dieser neue Weg – Qualitätsverbesserung bei den Kinderkrippen und Kindergärten – auch eine dieser Möglichkeiten ist, bei denen man miteinander streitet, bei denen man sich abstimmen und am Ende eine gemeinsame Meinung haben muss. Ich glaube, das wird unserem Land guttun, dass wir hier diesen Weg gehen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Uns allen ist wichtig, dass auch die junge Generation immer wieder mit der Geschichte unserer Heimat, unseres Vaterlandes Deutschland beschäftigt wird, und zwar auch mit den dunklen Seiten, die es gibt. Wir waren gemeinsam in Theresienstadt, haben eine bewegende, beeindruckende Veranstaltung erlebt, mit Zeitzeugen gesprochen, junge Menschen erlebt, die aus Sachsen kamen und sich sehr klug und sehr wissend mit uns unterhalten haben.

Ich möchte Ihnen versichern, dass dieses für mich ein ganz zentrales Anliegen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Konzert der Länder deswegen so stark dasteht, so viel Vertrauen genießt, ein so geschätzter Partner ist, weil wir zu unserer Geschichte stehen und gerade zu den Seiten, die dunkel, die bitter sind. Die Stärke Deutschlands ist nicht, dass wir uns abgewendet, sondern, dass wir uns dazu klar bekannt haben.

Deswegen ist es eine unmögliche Angelegenheit, etwas, was man nur sehr schwer ertragen kann: wenn Rechtsextremisten in diesem Land aufmarschieren und diese Geschichte anders darstellen. Dem werden wir alles entgegensetzen, was wir haben.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Dass das auch für die zweite deutsche Diktatur gilt, und gerade in dieser Zeit, in der wir am 5. Februar 2018 das Datum haben, an dem die Mauer Gott sei Dank so lange verschwunden ist, wie sie einmal gestanden hat, ist für uns auch alle klar. Viele Dinge, die in der Zeit der Diktatur entstanden, auch die, die wirtschaftlich verbrochen

worden sind, beschäftigen uns noch heute. Es gehört für uns genauso dazu. Diejenigen, die uns als Opfer immer wieder entgegentreten, haben diesen Anspruch auch verdient. Deswegen werden wir auch am Freitag im Bundesrat der Verlängerung der Auskunftspflicht bei der Stasi-Unterlagenbehörde als Freistaat Sachsen zustimmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Zur politischen Bildung gehört das Konzept "W wie WERTE", was wir umsetzen, was wir finanziell noch einmal stärker ausstützen wollen. Wir wollen ins Land gehen. Ich freue mich, dass sich die Landeszentrale für politische Bildung gemeinsam mit den Volkshochschulen Gedanken gemacht und damit ein flächendeckendes Angebot organisiert hat.

Politische Bildung in Schulen und überhaupt Persönlichkeitserziehung, starke Menschen, die selbstbewusst diskutieren, die Sachen in Frage stellen, die sich für unsere sächsische Heimat engagieren – das geht nur, wenn es Lehrerinnen und Lehrer gibt, die diese Arbeit in den Schulen leisten.

Meine Damen und Herren, wir können froh sein, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele Frauen und Männer gehabt haben, die eine großartige Arbeit in den Schulen geleistet haben. Sie sind unsere Partner.

Wir sind Anwalt der Lehrerinnen und Lehrer und werden alles dafür tun, dass sie auch in Zukunft gute Arbeitsbedingungen haben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Deswegen müssen wir eine schwierige Aufgabe miteinander meistern. Die Lehrerversorgung im Freistaat Sachsen ist nicht so gesichert, ist nicht so organisiert, wie es sein müsste. Wir sind in intensiven Gesprächen, waren mit Frau Stange in Leipzig, haben mit den Lehramtsstudenten diskutiert, sind auf Menschen getroffen, die wirklich eine Bereicherung für unsere Klassenzimmer waren. Jeden von denen, die ich getroffen habe, würde ich sofort einstellen. Damit das möglich ist, müssen die jungen Leute das auch wollen.

Deswegen sprechen wir in der Koalition über ein Konzept, bei dem Verbeamtung eine Rolle spielen wird, bei dem es auch darum geht, dass diejenigen, die das ganze System über die letzten Jahre getragen haben, eine entsprechende Anerkennung bekommen, gewertschätzt

werden. Es wird darum gehen, dass diejenigen, die heute in den Grundschulen arbeiten, eine andere, neue Vergütung bekommen. Wir sind jetzt dabei, auch mit den Gewerkschaften zu sprechen. Ich halte das für richtig, weil das auch wieder eine Frage ist, dass wir zusammen etwas machen, dass wir einen gemeinsamen Weg finden. Ich hoffe, dass wir diesen gemeinsam mit den Personalvertretungen finden werden und im März hier in einem

eigenen Tagesordnungspunkt in einer Regierungserklärung unser gemeinsames Konzept vorstellen können.

Uns eint der Wille, hier etwas auf den Weg zu bringen, was dieses großartige Bildungssystem in den nächsten Jahrzehnten sichert. Meine Damen und Herren, das schaffen wir auch.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Eine besondere Bedeutung im Bereich der Bildung haben die Oberschulen. Sie sind die Talentschmieden für die Praxiselite, sie sind der eigentliche Fachkräftepool für die Wirtschaft. Deswegen ist vieles, was wir in den letzten Monaten und Jahren gemacht haben und auch in der Zukunft tun werden, daran ausgerichtet, die Oberschulen zu stärken.

Ab diesem Jahr wird in jeder Oberschule ein Schulsozialarbeiter arbeiten. Das ist eine Reaktion auf die veränderte gesellschaftliche Situation und meines Erachtens auch eine deutliche Stärkung der Oberschulen. Wir werden die Berufsorientierung ausbauen. Wir wollen auch Berufsorientierung an den Gymnasien, weil die Verengung aufs Studium jetzt aus vielerlei Hinsicht schwierig geworden ist und für die jungen Leute, die diesen Weg gehen, eben nicht mehr dieses Versprechen von geringster Arbeitslosigkeit und wesentlich höheren Löhnen als nach einer dualen Ausbildung realisiert. Wir müssen dafür sorgen, dass da ein klares, realistisches Bild entsteht, wo die besten Berufschancen bestehen. Daran arbeiten wir, und deswegen ist die Stärkung der Oberschulen ein ganz wichtiges Moment.