Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Das war Frau Dr. Muster. Jetzt hat die Staatsregierung das Wort; es wird ergriffen von Herrn Staatsminister Schenk.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zurück zum eigentlichen Debattenthema, der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung im Medienbereich. Sie regelt die Ausnahmen im Datenschutzrecht. Diese Regelungen, die auch als Medienprivileg bezeichnet werden, sind wichtige Voraussetzungen für eine professionalen Maßstäben genügende journalistische Arbeit. – Hierauf werde ich noch gesondert eingehen.

Weiterer Bestandteil des Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist außerdem die sogenannte Betrauungsnorm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zunächst ein Satz zu dieser neuen Norm. Diese stellt explizit klar, dass Kooperationen im Bereich der Auftragserfüllung bei der Herstellung und Verbreitung von Angeboten möglich sind. Diese Regelung soll den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Planungs- und

Rechtssicherheit geben, nachdem die Aufnahme einer Freistellungsklausel vom Kartellverbot im Rahmen der 9. GWB-Novelle trotz der Bemühungen der Länder nicht erreicht werden konnte.

Die übrigen Änderungen im Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sowie der zweite zur Beratung anstehende Gesetzentwurf zur Änderung des MDRStaatsvertrages betreffen das Datenschutzrecht.

Wie Sie wissen, wird die Europäische DatenschutzGrundverordnung ab dem 25. Mai, also in einem Monat, ihre volle Wirkung entfalten und dann einen Großteil des formellen und materiellen Datenschutzrechts unmittelbar regeln.

Bei der Datenverarbeitung zu journalistischen Zwecken können die Mitgliedsstaaten weitgehende Ausnahmen von den Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung

machen. Grundlage hierfür ist Artikel 85 der DatenschutzGrundverordnung, der eine sogenannte Bereichsausnahme enthält und die Mitgliedsstaaten auffordert, hiervon für die Gewährleistung journalistischer Tätigkeit Gebrauch zu machen.

Auf dieser rechtlichen Grundlage haben sich die Länder verständigt, Regelungen zu treffen, die die bisherige materielle Rechtslage unter der Geltung der DatenschutzGrundverordnung möglichst weitgehend fortschreiben. Kern ist das sogenannte materielle Medienprivileg, das nunmehr einheitlich für den Rundfunk geregelt ist.

Der neue § 9 c überführt die Regelungen des alten Bundesdatenschutzgesetzes in die Welt der DatenschutzGrundverordnung. Danach sind die Medienschaffenden wie bisher zur Einhaltung des Datengeheimnisses und der Datensicherheit verpflichtet. Außerdem sind die Betroffenenrechte geregelt.

Für die journalistische Arbeit ist der Erhalt des Informantenschutzes wichtig, der durch die neue Regelung nicht berührt wird. Dies ist wichtig für die Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft. Nur wer keine Repressalien befürchten muss, weil seine Identität geschützt ist, wird bereit sein, Journalisten wichtige Informationen in Presse und Rundfunk anzuvertrauen. Es ist dann Primat der journalistischen Entscheidung, ob die betreffende Information auch an die Öffentlichkeit kommt.

Der Vereinnahmung von Presse und Rundfunk durch staatliche Organe ist dadurch weiterhin ein wichtiger Riegel vorgeschoben. In § 57 Rundfunkstaatsvertrag wird weiterhin das dort bereits enthaltene Medienprivileg für die Onlinepresse angepasst.

Das Medienprivileg besteht aus zwei Komponenten: dem materiellen Medienprivileg, das sagt, welche datenschutzrechtlichen Regelungen gelten, sowie der staatsfernen Aufsicht. Regelungen hierzu finden sich im ZDF- und im Deutschlandradio-Staatsvertrag, die ebenfalls mit dem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

angepasst werden.

Um eine staatsferne einheitliche Datenschutzaufsicht bei den jeweiligen Rundfunkanstalten zu erhalten, wurden die Strukturen mit Blick auf die Vorgaben der DatenschutzGrundverordnung angepasst. Das betrifft die Modalitäten der Ernennung des sogenannten Rundfunkdatenschutzbeauftragten und insbesondere seine unabhängige Stellung.

Die Änderungen des MDR-Staatsvertrages dienen ebenfalls der Anpassung der geltenden Vorschriften an die EUDatenschutz-Grundverordnung mit dem Ziel, den geltenden Status quo im Einklang mit dem Regelungsregime der Datenschutz-Grundverordnung im Wesentlichen aufrechtzuerhalten.

Die Änderungen basieren dabei inhaltlich auf den zwischen den Ländern geeinten parallelen Regelungen des Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages.

Die Datenschutzaufsicht soll weiterhin für die gesamte Tätigkeit staatsfern erfolgen. Dies entspricht den Regelungen für ZDF und Deutschlandradio im Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag.

Die im MDR-Staatsvertrag vorgenommenen Anpassungen haben die Staatskanzleien von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen extern gutachterlich von der Universität Leipzig prüfen und bestätigen lassen.

In der Anhörung wurde ferner die Frage aufgeworfen, ob das Medienprivileg in Zeiten des Internets nicht ausgeweitet werden müsse auf alle anderen Formen der modernen Informations- und Meinungsfreiheit. Dazu möchte ich wie folgt Stellung nehmen.

Presse und Rundfunk haben eine besondere Funktion in unserem auf Checks und Balances ausgelegten demokratischen Verfassungsstaat. Dem tragen Rundfunk- und Pressefreiheit Rechnung. Nicht jeder, der sich öffentlich äußert und am Meinungsbildungsprozess teilnimmt, kann diese jedoch für sich in Anspruch nehmen. Das Medienprivileg kann für sich in Anspruch nehmen, wer dem Begriff von Presse- und journalistischer Arbeit unterfällt.

Diese Differenzierung wurde bei der Anpassung der staatsvertraglichen Regelungen beibehalten, wobei nach der Rechtsprechung der Begriff nicht eng begrenzt ist. Er gilt also nicht nur für die klassischen Redaktionen und Journalisten, die in etablierten Strukturen arbeiten. Selbst die Öffentlichkeitsarbeit etwa von Parteien kann darunterfallen, wenn sie von der operativen Arbeit ausreichend abgegrenzt ist. Der Begriff ist also weit, aber nicht uferlos.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja!)

Gerade in Zeiten der Verdrängung professioneller journalistischer Arbeit von der Recherche bis zur Berichterstattung tun wir gut daran, Medienfreiheiten und -privilegien auf diejenigen zu beschränken, die diesem Anspruch gerecht werden, und sie nicht für jedermann zu öffnen. Wo es nicht um journalistische Arbeit geht, greift nach wie vor das Grundrecht der Meinungsfreiheit.

Meine Damen und Herren! Die vorgesehenen Änderungen im Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und im MDR-Staatsvertrag enthalten wichtige Grundlagen für eine freie und unabhängige Rundfunk- und Presselandschaft. Deshalb meine Bitte: Stimmen Sie den beiden Gesetzen zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Staatsminister Schenk sprach für die Staatsregierung.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Drucksache 6/11839, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien in Drucksache 6/13021. Es liegen keine Änderungsanträge vor.

Wir können im Block abstimmen über Artikel 1 – Gesetz zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – und Artikel 2 – Inkrafttreten. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Damit ist dem trotzdem mit Mehrheit zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Ich kann zur Schlussabstimmung kommen. Ich stelle den Entwurf in der in der zweiten Beratung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Viele Stimmenthaltungen. Damit ist der Entwurf des Gesetzes beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vor. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Wenn es keinen Widerspruch gibt, dann würden wir dem so entsprechen.

Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Gesetz zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Mitteldeutschen Rundfunk zum Zwecke der Umsetzung der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG in Drucksache 6/12450, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien in Drucksache 6/13022. Es liegen keine Änderungsanträge vor.

Wir können im Block abstimmen über die Überschrift, Artikel 1 – Zustimmung zum Staatsvertrag – und Artikel 2 – Inkrafttreten. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Eine Anzahl von Stimmenthaltungen. Damit stelle ich Zustimmung fest.

Meine Damen und Herren! Wir können zur Schlussabstimmung kommen. Ich stelle den Entwurf in der in der zweiten Beratung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Eine ganze Anzahl von Stimmenthaltungen. Damit ist der Entwurf als Gesetz beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetzes vor. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. Wenn es keinen Widerspruch gibt, dann würden wir dem so entsprechen. – Widerspruch kann ich nicht feststellen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt

(Dr. Kirsten Muster, fraktionslos, meldet sich zu Wort.)

noch nicht abgeschlossen, weil es eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten gibt.

(Oh-Rufe von der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Valentin Lippmann, GRÜNE: Das können Sie auch zu Protokoll geben!)

Bitte, Frau Dr. Muster.

Ich mache es kurz. – Ich gebe eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten zum Gesetz zum MDR-Staatsvertrag ab.

Ich habe dem Gesetz nicht zugestimmt. Ich habe es abgelehnt. Im Wesentlichen geht es wieder um die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung.

Unser Datenschutzbeauftragter hat erhebliche rechtliche Mängel dargelegt. Denen schließe ich mich an. Das ist der erste Grund, warum ich auf keinen Fall zustimmen kann.

Ich muss aber sagen, dass mindestens zehn Großbaustellen nicht angegangen worden sind.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Fünf!)

Es ist ein weiter Fächer von Gründen, warum ich nicht zustimmen konnte.

Sie müssen davon ausgehen, dass am 30. Mai 1991 der MDR-Staatsvertrag verabschiedet und seitdem nicht mehr geändert wurde. Ich möchte Ihnen jetzt nicht zehn Gründe nennen, sondern nur fünf, warum ich nicht zugestimmt habe.

(Unruhe)