Protokoll der Sitzung vom 04.05.2022

Es wird immer wieder von Ihnen gefordert, dass die gemeinnützige Arbeit zu stärken und auszubauen sei. Ja, das teile ich durchaus. Sie ist wirklich auszubauen und zu stärken, und sie wird auch gestärkt. Aber das ist doch längst gängige Praxis, und das sollte gern noch verstärkt werden. Schon jetzt aber ist – im Gegensatz zu der Aussage von Frau Nagel – die gemeinnützige Arbeit jederzeit möglich. Das wird weiterhin unterstützt. Wir haben das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“. Das ist jedem bekannt und kann aufgegriffen werden. Das ist ein Mittel.

Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt damit weiterhin – jetzt sind wir wieder an dem Punkt – das allerletzte Mittel, die Ultima Ratio. Vorher wird sie nicht herangezogen. Letztlich geht es hier – das ist für die Juristen sehr wichtig – um die Verteidigung unserer eigenen Rechtsordnung. So steht es auch in § 47 Abs. 1 Strafgesetzbuch.

Man merkt also, dass mit diesem Antrag nicht wirklich – wie es immer genannt wird – resozialisiert werden soll, sondern es werden diejenigen bevorzugt, die ihre Geldstrafen einfach mal nicht bezahlen. Wo ist dann die Gerechtigkeit denjenigen gegenüber, die sich unter großen Anstrengungen und angesichts ihrer finanziellen Verhältnisse dafür einsetzen, es ratenweise abzustottern? Das ist für mich das Gegenteil von „gut gemacht“.

Ich möchte nicht, dass mit der Streichung der Ersatzfreiheitsstrafe Schule macht, Straftaten einfach nicht mehr abzuzahlen. Das kann sogar dazu führen, dass bei Tatbegehung schon darauf spekuliert wird: Es wird ja nix

passieren. Das heißt im Zweifel: Wiederholungsgefahr wollen wir nicht, Rückfälligkeit wollen wir erst recht nicht, und Resozialisierung ist das auf jeden Fall keine.

Wir als CDU-Fraktion wollen nicht, dass Gesetze wie die Beförderungserschleichung oder, wie Sie jetzt gesagt haben, Bagatelldelikte des BtM gestrichen werden, damit die Justiz entlastet werden soll und weil die Haftplätze so teuer sind, und dass das dann Resozialisierung genannt wird. Wir als CDU wollen eine klare Aussage, wann mit welchen Sanktionen zu rechnen ist.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Diese Ultima Ratio ist für uns die Ersatzfreiheitsstrafe. Sie ist von unserem Rechtsgefüge. Das ist ein Rechtsgefüge, was schon sehr alt ist, und es hat sich bestätigt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Na ja!)

In der Strafrechtspflege ist es ein wichtiger Mechanismus, den das Gericht hat. Wenn es wegfiele, würde meiner Ansicht nach eine sehr große Lücke gerissen und die effektive Strafrechtspflege damit ad absurdum geführt werden. Diesen Antrag lehnen wir ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Das war Herr Modschiedler für die CDU-Fraktion. Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Herr Ulbrich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die LINKEN uns hier mit ihrem Antrag unterjubeln wollen, ist aus zweierlei Gründen Zeitverschwendung: Zum einen unterliegt der § 43 StGB, um den es hier geht, dem Bundesrecht, wo man – wenn überhaupt – über seine Abschaffung diskutieren kann. Aber das sollte für DIE LINKE ja kein Problem sein. Noch haben Sie ja eine Fraktion im Bundestag, wenn auch eine winzige, die das beantragen kann.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Einfach mal nett zu Frau Wagenknecht sein, dann klappt es auch mit dem Nachbarn, ich meine mit der Fraktion.

(Zuruf des Abg. Sören Voigt, CDU)

Vielleicht übernimmt sie auch das Thema.

Zweitens ist der Antrag nichts anderes als ein weiterer Schritt in die doch sonst so verpönte Zweiklassengesellschaft – allerdings anders, als Sie es mit Ihrem weinerlich formulierten Antrag darstellen.

Ich fasse einmal zusammen: Wenn jemand gegen das Gesetz verstoßen hat, wird er in den Fällen, um die es hier geht, zu einer Geldstrafe verurteilt. Kann er die nicht bezahlen, hat er oder sie die Möglichkeit, den Betrag abzuarbeiten. Das ist ein faires Angebot des Staates. Jetzt gibt es aber Rechtsbrecher, die diese Ersatzarbeit verweigern. Sie lassen sich einmal, zweimal blicken und tauchen dann nicht mehr auf, weil es ihnen zu anstrengend ist, sie keine

Lust haben oder ein Gerichtsurteil nicht wirklich ernst nehmen.

Hier hat der Rechtstaat die Möglichkeit, die Geldstrafe in Haft umzuwandeln, und das ist gut und richtig so. Denn der Besitzlose würde sonst straffrei davonkommen, während derjenige, der einer Arbeit nachgeht, gepfändet werden kann. Das würde bedeuten, dass unsere Gesetze, zumindest im Rahmen von geringeren Vergehen – der Kleinkriminalität –, nur noch für diejenigen gelten, die materiell etwas zu verlieren haben. Diskriminiert werden also nicht diejenigen, die einkommensschwach sind, wie DIE LINKEN uns glauben machen wollen, sondern diejenigen, bei denen es noch etwas zu holen gibt und die sich deshalb juristischen Sanktionen nicht entziehen können. Andere müssen sie nicht ernst nehmen. Zu einer Verhaltensänderung führt das definitiv nicht.

Ja, es gibt auch Fälle, die DIE LINKE beispielhaft erwähnt: „… dass aufgrund des geringen Unrechtsgehalts das Bagatelldelikt des Fahrens ohne Fahrschein entkriminalisiert wird“. Im Alltag würde das darauf hinauslaufen, dass Schwarzfahren legalisiert wird, zumindest für diejenigen, bei denen es nichts zu holen gibt.

(Zurufe der Abg. Rico Gebhardt, Juliane Nagel, DIE LINKE, und Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Das ist ein klares Zweiklassenrecht. Warum sollte denn jemand, der keine Konsequenzen zu befürchten hat, dazu angehalten werden, sich beim nächsten Mal eine Fahrkarte zu kaufen, wie jeder andere auch? Was hier dagegen von den LINKEN verstärkt unterstützt wird, ist eine weitere Missachtung des Rechtstaates und seiner Regeln.

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aber dazu ruft Ihr doch immer auf! Das haben wir ja bei den Corona-Regeln gesehen, wie sich die AfD an Recht und Ordnung gehalten hat!)

Mobilität sollte als menschliches Grundbedürfnis allen Menschen – insbesondere im öffentlichen Verkehr – gleichermaßen zur Verfügung stehen, lese ich in Ihrem Antrag. Ja, das hört sich wirklich rührend an. Was Sie allerdings nicht erklärt haben, ist, wieso dieses Grundbedürfnis Mobilität für die meisten mit Kosten verbunden sein soll und für renitente Gesetzesbrecher nicht und wieso genau das legalisiert werden soll.

(Zuruf der Abg. Juliane Nagel, DIE LINKE)

Oder ist das der wahre Hintergrund für diesen Antrag? Versucht man hier mit der Forderung nach Straffreiheit für Besitzlose auch für die eigene Klientel – sprich: für linksextremistische Gewalttäter – vorzusorgen?

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die werden wohl kaum eine Geldstrafe kriegen! Sie quatschen ein dummes Zeug als Jurist! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Städte zerlegen, Autos anzünden, Steinplatten auf Polizisten werfen – wer damit das erste Mal erwischt wird, hat bei unserer Kuscheljustiz gute Chancen auf eine läppische Geldstrafe und damit de facto auf Straffreiheit.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE – Gegenrufe von der AfD)

Das bringt mich zur nächsten Frage: Wenn also Ersatzfreiheitsstrafen in Straffreiheit umgewandelt werden, was kommt dann als Nächstes? Drogendelikte stehen schon länger auf der Abschussliste. Pädophilie wird in LINKENKreisen traditionell locker genommen.

(Beifall bei der AfD – Hä? von den LINKEN – Zurufe der Abg. Antonia Mertsching, DIE LINKE, und Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE – Gegenrufe von der AfD)

Wie wäre es mit Körperverletzung? Das würde die Statistiken zugunsten der linken Einwanderungsklientel deutlich entlasten. Was soll noch alles zu Bagatelldelikten umdefiniert werden, im Namen der Menschenwürde versteht sich?

(Sabine Friedel, SPD: Einen Blödsinn quatschen Sie!)

Wie sieht es eigentlich mit der Menschenwürde der Geschädigten aus? Spielt die auch noch eine Rolle? Als Strafverteidiger weiß ich:

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Bei Strafe soll es um Resozialisierung, Schuldausgleich und Prävention gehen. Was dabei gern vergessen wird, ist: Bei Strafen geht es nicht darum, die geschädigte Gesellschaft vor Wiederholung zu schützen. Das Scheinargument der Linksfront, bei Haftstrafen unter sechs Monaten könne man nicht angemessen auf die Delinquenten eingehen und deshalb sollten sie gleich gänzlich straffrei ausgehen, ist schnell widerlegt.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die berühmten Bootcamps aus den USA und Großbritannien, in denen Haftstrafen von wenigen Monaten doch einen recht bleibenden Eindruck hinterlassen haben, wie Untersuchungen von Betroffenen ergeben haben. Ja, meine Damen und Herren, mit Schnappatmung und Schaum vor dem Mund werden Sie die Realität nicht vom Tisch wischen können. Strafen müssen solche sein, die ihren Namen verdienen.

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: So plädieren Sie dann sicherlich immer als Strafverteidiger?)

In den Bootcamps sieht es so aus: um 6 Uhr wecken, erst einmal ordentlich Frühsport,

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

acht Stunden hart arbeiten, abends wieder früh ins Bett,

(Zurufe von den LINKEN)

dazu keinen Alkohol, keine Zigaretten oder gar Pornos schauen, kein Halligalli-Zeitvertreib oder was unsere Kuscheljustiz sonst noch alles für Kriminelle bereithält. Glauben Sie mir, das zeigt mehr Wirkung als jede gutmenschliche Psychoberatung und jeder Stuhlkreis. So etwas möchte man so schnell nicht wieder erleben, und so formt es den Charakter. Aber so etwas scheint in voguen Kreisen nicht mehr in zu sein.

Die AfD-Fraktion lehnt Ihren Antrag ab.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dafür habe ich jetzt kein großes Bedauern!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Ulbrich für die AfD-Fraktion. Für die BÜNDNISGRÜNEN bitte Valentin Lippmann.