Protokoll der Sitzung vom 01.06.2023

Gut. Wir haben eben über Pull-Faktoren gesprochen und über die allgemeine Lage. Schauen wir jetzt mal, was denn nun an der Grenze los ist. Das Problem ist ja auch die Einreise über sichere Drittstaaten. Das betrifft natürlich die Staaten um die EU-Außengrenze herum, aber natürlich

auch die EU-Staaten selber. Keiner, und damit meine ich kein Mensch, hat das Recht und den Anspruch, hier anzuklopfen und garantiert irgendwelche Leistungen zu bekommen. Das ist völlig unrealistisch, alle Menschen erst potenziell in dieses Land hineinzulassen und dann den Status im Inland zu klären, um dann sowieso nicht abzuschieben. Dieses System machen wir lange, und es funktioniert nicht.

Deshalb ist der Weg zur Lösung ganz einfach: Erstens, wir müssen den Zustrom brechen, indem wir über die Pull-Faktoren reden.

Zweitens, wir müssen ein klares Stopp-Signal setzen, auch politisch: Fahren Sie nicht los! Wir schicken Sie wieder zurück, wenn Sie hier sind!

Drittens, die EU-Außengrenzen und auch die Binnengrenzen innerhalb der Europäischen Union müssen konsequent geschützt werden.

(Thomas Thumm, AfD: Jawohl! – Beifall bei der AfD)

Die CDU ist viel zu spät aufgewacht, aber außer Worthülsen sehe ich da natürlich auch nichts.

Viertens, wir müssen Asylverfahren in Partnerländern durchführen. Da müssen wir Partnerländer nehmen, am besten vielleicht schon welche, in denen andere ihre Partner auch gefunden haben, auch europäische Staaten – Großbritannien, Dänemark und andere.

Fünftens, bis zur Ausreise müssen Personen, die ausreisepflichtig sind, in diese Partnerländer überführt werden, und von dort aus kann dann die Ausreise erfolgen.

Kommen wir zum dritten Punkt: Wir müssen über diejenigen sprechen, die rückgeführt, die abgeschoben werden müssen, sprich: die ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen sind. Schauen wir mal: Was hat denn die Ampelregierung gesagt? Die Ampelregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben: Wir machen eine Rückführungsoffensive.

(Zuruf von der AfD: Ha, ha, ha!)

Ich frage Sie: Was haben Sie denn gegenüber Ihrer Bundesregierung gefordert? Was soll sie denn machen, Herr Pallas, Frau Čagalj Sejdi? Das können Sie uns vielleicht nachher mal erklären, wie Ihre Forderungen zu dieser Rückführungsoffensive aussehen. Aber ich weiß schon, von den GRÜNEN wird überhaupt gar nichts kommen, denn sie haben nämlich grundsätzlich eine andere Ansicht zu dieser Sache.

(Petra Čagalj Sejdi, BÜNDNISGRÜNE: Ja, Menschlichkeit, nicht so eine braune Scheiße!)

So sieht es mit der Rückführung in Deutschland aus.

Bleiben wir mal in Sachsen: Bald haben wir 16 000 Ausreisepflichtige in diesem Land. Wir haben konstant über die letzten Jahre 500 Abschiebungen durchgeführt. Zwei Drittel aller Abschiebungen scheitern aktuell. Das war

schon mal besser. Das war auch schon mal andersherum. Aber das, Herr Schuster, ist Ihre Bilanz als Innenminister.

(Zuruf von der AfD: Grüner Minister mit schwarzem Parteibuch!)

Sie haben bei Abschiebungen die schlechteste Erfolgsquote seit dem Jahr 2017.

(Oh-Rufe und Beifall bei der AfD)

In der Zwischenzeit bezahlen wir aber 2,6 Millionen Euro für Beförderungskosten für Asylbewerber. Diese Kosten sind in diesem Land explodiert. Die haben sich nämlich mehr als verdoppelt.

(Unruhe)

Aber vielleicht setzen Sie ja auf die Rückkehrberatung. Rückkehrberatung klingt ja gut. Das sind diese Programme, wofür die Leute Geld bekommen, und das offerieren wir ihnen dann, damit sie wieder in ihre Heimat zurückgehen. Die haben enormen Erfolgsquoten. In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird das durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt. Erfolgsquote: ein Viertel. Dort werden auch diejenigen beraten, die ausreisepflichtig sind, die nur eine Duldung haben, und selbst die wollen nicht gehen. Diesbezüglich muss man sich einmal die Frage stellen: Woran liegt das denn, selbst, wenn wir ihnen schon Geld in die Hand geben wollen?

Noch schlechter sieht es bei den Rückkehrberatungen in den Kommunen aus. Dort haben wir eine Erfolgsquote von einem Siebentel. Kurz und gut: Ihr Weg ist krachend gescheitert.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb brauchen wir einen neuen Weg, und dieser Weg heißt für uns: Wir brauchen zunächst einen Rückkehrbeauftragten. Der muss nämlich auch mal ermitteln, warum diese Programme scheitern. Warum nehmen es diejenigen, die unser Land sowieso verlassen müssen, nicht an? Warum scheitern die Abschiebungen? Wer sind denn die Leute, die ständig die Abschiebetermine verraten oder einzelne Personen bei sich unterbringen? Warum bleibt man hier in diesem Land? Ist es wirklich in jedem Fall Verfolgung, oder ist es nur der Zweck der Bereicherung, um selbst ein besseres Leben zu haben? Auch diese Fälle gibt es, und zwar in Größenordnungen.

Dieses Monitoring, diese Evaluierung muss stattfinden. Das muss Chefsache sein, und deshalb muss es auch bei der Sächsischen Staatskanzlei angesiedelt sein. Bitte – bei all dem, wenn wir das dann irgendwann umsetzen, ich weiß doch, dass die CDU heute zustimmen wird – behalten Sie die positiven Beispiele im Blick. Auch die SPD: Schauen Sie zu Ihren Genossen nach Dänemark, die fahren einen konsequenten Kurs und sind damit erfolgreich. Zur CDU: Schauen Sie nach Großbritannien, die Tory-Regierung macht das auch konsequent, und die haben nur ein Fünftel so viele Einwanderer wie Deutschland in den letzten Jahren gehabt. Also, meine Damen und Herren, ich bitte jetzt

schon einmal um Zustimmung, aber ich denke, wir werden uns gleich noch einmal sehen und nachher weiterreden.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Wippel für die AfD-Fraktion. Für die CDUFraktion jetzt bitte Herr Unger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben zuletzt im November 2022 über einen ähnlich gelagerten Antrag der AfD-Fraktion im Plenum diskutiert. Es ging um die Einführung von Grenzkontrollen. Sie haben im März 2023 hier eine Aktuelle Debatte initiiert. Ich habe jeweils relativ umfassend die Position meiner Fraktion artikuliert.

Erneut legen Sie diesem Hohen Hause einen Antrag vor, der populistisch und nur eindimensional das Thema in den Blick nimmt und für uns mit den Grundsätzen der Humanität nicht vereinbar ist.

(Widerspruch von der AfD)

Hören Sie doch mal zu! Wir haben Ihnen auch zugehört. Sie sind doch an gar keiner Sachdebatte interessiert. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Immer wieder versuchen Sie mit Ihren Anträgen, Ihre Ideologie politisch aufzuladen. Das haben der heutige und gestrige Plenartag entsprechend gezeigt. Damit spalten Sie unser Land.

(André Barth, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Unger?

Frau Präsidentin, ich möchte die Zwischenfrage jetzt nicht zulassen. Herr Barth, Sie haben schon genügend Redezeit. Lassen Sie mich erst einmal ausführen.

Es gibt kein Wort in Ihrem Antrag zum Thema Integration.

(Sebastian Wippel, AfD: Darum geht es doch gar nicht!)

Sind Sie an einer Sachdebatte interessiert, Herr Wippel, oder nicht?

In Ihrem Antrag und Ihrer Debatte gibt es kein Wort zum Thema Integration, kein Wort zum Thema gemeinsame europäische Maßnahmen. Ihr Antrag adressiert nur Rückführung vor Integration, und das ist genau das, was uns von Ihnen fundamental unterscheidet. Für uns sind das zwei Seiten der gleichen Medaille. Für uns gilt Humanität und Ordnung.

Der Antrag macht erneut deutlich, dass Sie an einer differenzierten Sachdebatte – und Ihre Wortmeldungen in dieser Debatte machen es gerade deutlich – nicht interessiert sind. Herr Wippel, Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich Sorgen um die Europäische Union machen. Das ist mal ein ganz neuer Duktus aus Ihrer Fraktion. Normalerweise wollen Sie die Europäische Union ja abschaffen.

Wir als CDU-Landtagsfraktion stehen zum Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte und zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Unser christliches Menschenbild gebietet die Unterstützung für Menschen in Not. Verfolgten zu helfen, ihnen Schutz zu gewähren ist für uns eine Frage der humanitären Verantwortung der Mitmenschlichkeit und der Nächstenliebe.

(André Barth, AfD, steht am Mikrofon.)

Herr Unger, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Herr Barth, bevor Sie heute noch dreimal herkommen, möchte ich die Zwischenfrage zulassen.

Es ist gut, dass Sie das jetzt in aller Deutlichkeit gesagt haben. Herr Barth, bitte schön.

Dann ausdrücklichen Dank, Herr Kollege Unger, dass Sie Mitleid mit mir haben, wenn ich hier häufiger antreten muss. Deshalb jetzt meine Zwischenfrage: Sie sprachen über Humanität und darüber, dass die Rückführung viele Seiten der Medaille hätte und wir eindimensional wären. Wie bewerten Sie beispielsweise die Aussage unseres Ministerpräsidenten, der gesagt hat, wir müssten die Asylleistungen überprüfen? Ist diese Aussage dann nicht auch eindimensional, oder unterstützen Sie die Aussage Ihres Ministerpräsidenten, dass wir am Anreizsystem, das wir in Deutschland haben – Kollege Wippel hat das ja hier ausführlich kritisiert –, arbeiten müssen? Das ist die konkrete Frage, die ich an Sie stellen möchte?

Herr Kollege Barth, vielen Dank für Ihre Zwischenfrage. Wären Sie noch etwas geduldig gewesen, wäre ich in meinem späteren Redebeitrag darauf eingegangen. Deshalb platziere ich es jetzt. Der Ministerpräsident hat heute in der Regierungsbefragung noch einmal umfassend dazu Stellung genommen.

Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir die Einlassung des Ministerpräsidenten ausdrücklich unterstützen. Der Ministerpräsident hat ja davon gesprochen, einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu erzeugen, diese Kommission, die diese Vorschläge erarbeiten soll, aus allen Parteien, aus allen gesellschaftlichen Strömungen einzusetzen und dann über solche Maßnahmen breit zu diskutieren und das auch entsprechend zu verankern, aber nicht nur aus der Eindimension. Es ist nicht nur schwarz und weiß, sondern es hat viele Grauschattierungen, und deshalb muss man das auch breit diskutieren.

(Beifall des Abg. Christian Hartmann, CDU und des Staatsministers Armin Schuster)

Die maximale Aufnahmefähigkeit unserer Landkreise und Kommunen ist jedoch erreicht. Nur unter Berücksichtigung dieser Kapazitätsgrenzen kann gewährleistet werden, Geflüchtete innerhalb angemessener humanitärer Standards aufzunehmen, unterzubringen sowie zu integrieren.