Protokoll der Sitzung vom 01.06.2023

(Heiterkeit bei den LINKEN und der SPD – Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

sondern es geht darum, dass man auch Gelegenheit gibt, an verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Wir haben

zum Beispiel auch mit der Staatskanzlei, mit dem Landtagspräsidenten, mit anderen Ländern abgestimmt – es gibt auch eine Zentralveranstaltung der Bundesrepublik dazu – , dass wir keine Konkurrenz machen, um zu schauen, wer die meisten Besucher bekommt, sondern dass wir eine Veranstaltungsreihe haben.

Das Letzte, was ich Ihnen an der Stelle zurufen möchte, ist die Tatsache: Erinnern hat wenig mit dem Datum zu tun. Das ist ein besonderer Tag.

(Martina Jost, AfD: Und in Frankreich?)

Es geht darum, die Erinnerung, das Selbstverständnis dieser Erkenntnis täglich und auch in die Zukunft zu tragen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Sebastian Wippel, AfD: Also feiern wir Weihnachten demnächst auch am 27. Dezember?)

Da bin ich bei dem Thema: 17. Juni.

Wenn Sie das möchten, dann tun Sie das. Es ist ein freiheitliches Land. Ich tue es trotzdem am 24., aber Sie sind da völlig frei, bei dem, was Sie da tun.

(Sebastian Wippel, AfD: Aber das Datum ist doch nicht wichtig!)

Und noch einmal.

Wissen Sie, das ist eine Kleingeistigkeit, die Sie mitbringen, aber das ist in Ordnung.

(Zuruf von der AfD: Nein, das ist obsolet! – Zuruf von der SPD)

Der 17. Juni ist ein Datum. Was für ein Kumulationspunkt einer kritischen Auseinandersetzung, wenn er am Anfang steht. Und der Erkenntnispunkt ist die Frage, dass Sie nicht jedes Jahr sagen: Hoi, heute 17. Juni, machen wir ein Kränzchen, machen wir ein Foto, waren wir wieder bei Facebook. Nein, es geht darum, dass Sie verstehen, worum es geht, und darum, diese Erkenntnis in die Zukunft zu tragen.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN, der SPD und der Staatsregierung)

Das ist einer der Gründe – und Sie zeigen es ja wieder –, warum die Aussage „Mit Ihnen wird es keine Zusammenarbeit geben“ nicht nur gestern, sondern auch heute ihre Gültigkeit behält.

(Zuruf von der AfD)

Der Einigungsvertrag im Übrigen, um auf den 17. Juni zurückzuschauen, vollendete formal die Deutsche Einheit. Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformationsprozess indes dauert weiter an. Wir stehen heute vor der Aufgabe, die Errungenschaften unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bewahren und uns im Bewusstsein des Mutes der Menschen von 1953 und 1989 für den Weg der Freiheit zu entscheiden. Die Legitimation jedweder politischen Ordnung entspringt einem bürgerlichen Grundvertrauen in dieselbe und der Bereitschaft der Bürger, etwas zu deren Aufrechterhaltung beizutragen, sich für die Allgemeinheit und das Gemeinwohl einzusetzen und

möglichst aktiv an den politischen Prozessen teilzunehmen. Demokratie lebt vom Mitmachen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN, der SPD und der Staatsregierung)

Für die AfDFraktion spricht nun Herr Abg. Mayer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute in Gedenken an den 17. Juni 1953, an den Volksaufstand, der sich zum 70. Mal jährt, und von der Sehnsucht nach und dem Bewahren von Freiheit.

Herr Hartmann, Sie suchen ja nach dem Sinn. Das, was wir daraus entnehmen können, dem Bewahren von Freiheit, haben Sie gerade angesprochen. Die Gängelei und die Freiheitsberaubung, die Freiheitseinschränkung der sozialistischen Regierung war damals so stark geworden, dass das Volk die Nase voll hatte und aufgestanden ist. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen.

(Zuruf: Sie waren wohl dabei?)

Die SED-Regierung konnte das nicht allein tun. Sie hat die Sowjetarmee gerufen, um das eigene Volk niederzuschlagen.

Bertolt Brecht hat in Reaktion auf diesen blutigen Niederschlag des Volksaufstandes ein Gedicht – „Die Lösung“ – geschrieben. Vielleicht kennen Sie das. Das geht ungefähr so: Der Sekretär des Schriftstellerverbandes der Deutschen Demokratischen Republik ließ in Berlin Flugblätter verteilen. Darauf stand: Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verspielt. Das Volk müsste sich mit doppelter Arbeit, mit sehr großer Anstrengung, mit sehr viel Gehorsam das Vertrauen der Regierung zurückerobern. Bertolt Brecht fragt: Wäre es nicht besser, die Regierung wählte das Volk ab und wählte sich ein neues Volk?

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Hatte die SED-Regierung nicht eher das Vertrauen des Volkes verspielt? Die Lehre aus der Geschichte: Wie sieht es heute mit Ihrer Regierung aus, Herr Kretschmer? Wie viel Vertrauen haben Sie in den letzten Jahren verspielt? Was haben Sie dem Volk angetan? Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie das Volk monatelang einsperren, wie es im Frühjahr 2020 geschehen ist, wenn die Menschen 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt von den Polizisten mit Ordnungsstrafen verfolgt wurden und Personal festgehalten wurde? 15 Kilometer weg von ihrem Wohnort! Sie konnten nicht einmal in den Wald zum Spazierengehen oder um frische Luft zu schnappen. War das Bewahren von Freiheit?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wollen Sie das jetzt mit dem 17. Juni 1953 vergleichen? Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie Senioren monatelang in den Heimen von ihren Angehörigen isolie- ren, (Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE – Zurufe von den LINKEN)

wenn Sie Menschen einsam sterben lassen, ohne dass die Angehörigen ihnen noch einmal die Hand drücken oder über den Kopf streicheln konnten oder sie umarmen durften? Ich nenne das Nichtbewahren von Freiheit. Ich nenne das seelische Grausamkeit, was damals passiert ist.

(Daniela Kuge, CDU: Das ist ja peinlich, was Sie hier ausführen!)

Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie Kinder monatelang mit Tests und Maskenpflicht drangsalierten? Das waren übrigens alles Maßnahmen, die sich im Nachhinein als weitgehend sinnfrei herausgestellt haben.

(Frank Richter, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Mayer?

Nein, danke. – Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie friedliche Demonstranten, die in den letzten Jahren für ihre Freiheit auf die Straße gingen, von Polizeireiterstaffeln bedrohen und bedrängen lassen? Ich habe es in vielen Orten, beispielsweise in Pirna und Freital, selbst erlebt. Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie unbescholtene, friedliche Bürger in Polizeikessel treiben und wie Kriminelle behandeln lassen, wie es bei uns in vielen Orten passiert ist?

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Nennen Sie es Bewahren von Freiheit, wenn Sie – Frau Köpping – Zehntausende Sachsen mit Berufsverboten drohen, wenn sich die Krankenschwestern oder Pflegekräfte nicht zwangsimpfen lassen wollen?

(Staatsministerin Petra Köpping: Unsinn!)

Herr Kretschmer, Frau Köpping, Herr Piwarz: Sie haben die Freiheit nicht bewahrt, Sie haben die Freiheit genommen.

(Sabine Friedel, SPD: Also, Entschuldigung! – Beifall bei der AfD)

Sie haben Grausamkeit gegenüber Senioren, Familien und Kindern gezeigt.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE – Unruhe)

Kommen Sie bitte zum Ende!

Sie haben das Vertrauen des Volkes verspielt. Herr Kretschmer, Sie können sich kein neues Volk wählen.

Herr Abgeordneter, die Redezeit ist abgelaufen.

– Ich bin gleich fertig. – Die Sachsen werden Ihnen nächstes Jahr zur Wahl zeigen, was sie zur Verhöhnung ihrer Freiheit sagen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt sehe ich eine Kurzintervention. Herr Richter, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Mayer, ich glaube, Sie haben gemerkt, wie entsetzt der große Teil dieses Hauses darüber war, was Sie gerade gesagt haben. Ich habe eine Frage, die ich nicht stellen konnte. Ich kleide sie jetzt in eine Kurzintervention. Mir fehlt einfach die intellektuelle Fantasie, worin Sie den Unterschied zwischen der Diktatur der DDR und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland und Sachsen erkennen können. Ich ahne, dass Sie es nicht erkennen können, aber vielleicht helfen Sie mir. Können Sie Unterschiede zwischen diesen beiden Gesellschaftsordnungen erkennen?