Protokoll der Sitzung vom 21.09.2023

Wenn man noch einmal ein ganz plastisches Beispiel dafür sucht, was Technologieoffenheit bedeutet, kann man sich den Breitbandausbau in Sachsen anschauen. Wir haben sehr, sehr lange auf Technologieoffenheit gesetzt. Technologieoffenheit bedeutete, dass wir in erster Linie die Kupferleitungen der Telekom mit Vectoring ein bisschen aufgepimpt haben, aber in der Folge immer noch große Lücken im Glasfaserausbau haben.

Genau in diese Geschichte laufen Sie im Moment wieder hinein. Es ist ja nicht mal so, dass es in Sachsen ein Verbot gäbe, dass Automobilunternehmen keine Verbrenner mehr produzieren dürften. Kollege Thumm, Sie haben selbst gesagt, dass das Motorenwerk in Chemnitz arbeitet und nach wie vor Verbrenner herstellt. Wenn Sie sich BMW in Leipzig anschauen, sehen Sie: Die stellen parallel beides her. In Zwickau hat der Konzern aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus entschieden, dieses Werk komplett auf Elektromobilität umzustellen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das wollen Sie doch immer. Wenn es ein Unternehmen macht, dann kritisieren Sie es wieder. Was Sie fordern, geht in die Richtung, einen ähnlichen Fehler zu begehen, wie wir ihn damals in der Solarindustrie begangen haben.

(Jörg Urban, AfD: Völliger Quatsch!)

Ich weiß nicht, ob Sie sich noch düster daran erinnern können. Wir hatten in Freiberg tatsächlich mal ein Unternehmen, das weltweit eine Rolle spielte, was aber durch zu frühen Abbau der Subventionen – –

(Zurufe von der AfD: Aha!)

Sie dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass andere Länder das auch machen. Wenn China oder die USA ihre Zukunftstechnologien subventionieren,

(Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

können Sie sich nicht zurücklehnen und sagen: Wir machen das nicht. Dann sagen Sie im Grunde, wir lassen es den Bach runtergehen. Sie begreifen doch nicht mal, wovon Sie reden!

(Beifall bei den LINKEN, den BÜNDNISGRÜNEN und der SPD – Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Da andere Länder massiv investieren, sehen Sie im Grunde, dass die Antriebsfrage längst entschieden ist. Sie wollen einfach den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass es noch fünf Jahre gutgeht. Dann sind Sie wahrscheinlich in Rente und dann kann alles implodieren. Das ist genau das, was Sie fordern.

(Roberto Kuhnert, AfD: Was für ein Quatsch!)

Schauen Sie sich mal die Subventionen der USA an! Sie reden zwar immer von Marktwirtschaft. Aber glauben Sie, Apple und Google hätte es gegeben, wenn es nicht massive Investitionen der öffentlichen Hand in die Elektrotechnik und Elektronik dort gegeben hätte? Glauben Sie, die Steinkohle im Ruhrgebiet hätte es bis in die Achtzigerjahre gegeben, wenn es nicht große Subventionen der öffentlichen Hand gegeben hätte?

(Zuruf von der AfD: Sie haben keine Ahnung!)

Nein, Sie haben keine Ahnung. Sie begreifen es nicht einmal.

(Beifall bei den LINKEN)

Nein, wir brauchen öffentliche Gelder. Wir brauchen aber auch öffentliche Kontrolle über diese Gelder. Aber es geht nicht so, wie es in der Chipindustrie gelaufen ist. Dort wurden Konzernen Geld gegeben, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert worden ist, zu welchen Bedingungen das geschehen ist.

(Jörg Dornau, AfD: Kontrollieren Sie erst mal Ihren Korruptionssumpf!)

Wir brauchen Kontrolle über dieses Geld; denn öffentliches Geld sollte auch nur Zwecke finanzieren, die im öffentlichen Interesse liegen. Wir glauben, im öffentlichen Interesse liegt es dann, wenn es um Beschäftigungsgarantien und Standortgarantien geht, wenn sie an Tarifverträge und einen Betriebsrat gebunden sind, wenn es um den Aufbau von Beschäftigung bzw. die Sicherung geht und auch, wenn es um langfristige Lohnsteigerungen im Betrieb geht.

Aber es geht bei Leitplanken eben nicht nur um Geld, sondern es geht um die Stimmung, die man macht. Da erinnern Sie mich, meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion, ein bisschen an unseren letzten Kaiser Wilhelm II., der mal sagte, er glaube nicht an das Automobil, die Zukunft gehöre dem Pferd. Heute sind genau Sie das.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Hü hü hü!)

Inzwischen stellen Sie sich genau in diese Tradition.

(Beifall bei den LINKEN)

Aber wir brauchen Konzepte, um den Menschen die E-Mobilität nahezubringen und deren Interesse zu wecken. Wir brauchen vielleicht auch eine Modellregion in Sachsen, zum Beispiel in Südwestsachsen, in der Verkehrsbetriebe ihre Bedarfe über lokale Produktion an E-Bussen decken und ein Netz an kleinen in Südwestsachsen produzierten Carsharing-Autos. Das wäre eine Option, über die man reden könnte; aber das passiert leider nicht. Das Einzige was Sie vorschlagen, ist ein Auslaufplan für Deutschland.

Wir haben in der Landespolitik einen Ministerpräsidenten, der auf Wunsch nach kurzfristigem Applaus Zukunft auch mal schnell für gescheitert erklärt, anstatt Visionen für das Land zu haben.

Die Redezeit ist zu Ende.

Das bedauere ich sehr, denn ich hätte noch einiges zu sagen, aber – –

(Beifall bei den LINKEN)

Sie können sich dann zur dritten Rederunde noch mal – –

Nein, leider nicht. Da haben wir nicht genug Gesamtredezeit.

(Zuruf des Abg. Christian Hartmann, CDU)

Bevor wir mit der Rederunde weitermachen, noch einmal ein Hinweis auf den breiten Instrumentenkasten parlamentarischer Debatte: Sie können Zwischenfragen stellen, Sie können Kurzinterventionen machen, aber wichtig ist, dass sich die Rednerin und der Redner hier vorn noch bemerkbar machen können; denn der Geräuschpegel darf eine gewisse Größenordnung, einen gewissen Grad von Dezibel hier nicht überschreiten, sonst versteht man gar nichts mehr.

(Zurufe der Abg. Marco Böhme, DIE LINKE, und Sabine Friedel, SPD)

Deshalb: Denken Sie an Kurzinterventionen, denken Sie an Zwischenfragen und das, was uns hier alles zur Verfügung steht.

Wir machen jetzt weiter in der Rednerreihe. Jetzt könnte die Fraktion BÜNDNISGRÜNE zu Wort kommen. – Ich sehe keinen Redebedarf. SPD-Fraktion? – Auch nicht. Ich rufe jetzt eine dritte Rederunde auf, von der ich glaube, dass sie auch wahrgenommen wird. Von der einbringenden Fraktion – der AfD – spricht jetzt hier vorn Herr Kollege Hütter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich habe mir sehr viel Mühe gegeben mit meinem Redebeitrag.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Sie haben sich Mühe gegeben?)

Aber ich glaube, der wird gar nicht mehr benötigt. Ich glaube, es wäre einfach mal wichtig, wenn man die eine

oder andere Aussage, die heute getätigt worden ist, aus der Sicht eines Praktikers einmal darstellt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach! Wollen Sie jetzt Autos verkaufen oder was?)

Ja, und seit 30 Jahren bin ich in der Branche selbstständig. Herr Gebhardt, wenn Ihnen das nicht gefällt: durchgehend, ohne Arbeitslosenzeiten; ich habe meine Leute durchgehend beschäftigt. Ich erlaube mir einfach mal, die Dinge etwas anders zu betrachten, meine Damen und Herren.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Gebrauchtwagen!)

Ich habe auch neue verkauft, Herr Gebhardt. Ich lasse Ihnen gerne Prospekte zukommen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das auch noch!)

Herr Hippold, ich kann nicht auf der einen Seite sagen, wir haben als Käufer hier die freie Auswahl, und die Technologieauswahl der Käufer ist ja gegeben, wenn ich gleichzeitig in Richtung Verbot Verbrenner gehe. Dann habe ich diese freie Auswahl nicht mehr. Das ist einfach bemerkenswert falsch, was Sie hier gesagt haben. Das haben Sie so gesagt.

(Sebastian Wippel, AfD: Korrekt! – Beifall bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Homann, haben Sie sich eigentlich mit der Thematik Elektromobilität oder Fahrzeugbau mal intensiv auseinandergesetzt?

(Sebastian Wippel, AfD: Woher auch?)

Haben Sie sich mal damit auseinandergesetzt, aus welchen Komponenten so ein Fahrzeug besteht? Haben Sie sich mal damit auseinandergesetzt, wer diese Komponenten produziert? Und, lieber Herr Homann, dann müssten Sie eigentlich zu dem Ergebnis gekommen sein: Wenn wir in China elektronische Komponenten fertigen lassen, dann bringt uns das keine Arbeitsplätze in Sachsen. Das ist dummes Zeug, was Sie hier erzählen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den LINKEN: Häh? – Sabine Friedel, SPD: Haben Sie mitbekommen, was Sie hier im Plenum machen? – Weitere Zurufe der Abg. Sabine Friedel, SPD)