Protokoll der Sitzung vom 31.01.2024

Ministeriumsmitarbeiter, internen und externen Berater, der Sächsischen

Aufbaubank (SAB) sowie von Akteuren der Antragsteller und / oder

Zuwendungsempfänger im Zusammenhang mit den im Sonderbericht des

sächsischen Rechnungshofes Richtlinie Integrative Maßnahmen

(Förderbereich Teil 1) vom 16.11.2023 (veröffentlicht am 07.12.2023)

erwähnten Förderdefiziten im Verwaltungsverfahren, auch im Hinblick auf

Rückforderungsverpflichtungen nach dem einschlägigen VwVfG für den

Zeitraum von 2015 bis 2023 und Aufklärung darüber, welche Erkenntnisse

und Schlussfolgerungen über Mängel und Problemlagen der Förderpraxis im Freistaat Sachsen sich auch außerhalb des Vollzugs der Richtlinie Integrative

Maßnahmen ergeben, für den Zeitraum von 2015 bis 2023"

Drucksache 7/15681, Änderungsantrag der Fraktion AfD

Ich schlage vor, eine Aussprache über beide Vorlagen gemeinsam durchzuführen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Bitte, Kollege Böhme.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sie haben gerade vorgeschlagen, dass der Einsetzungsbeschluss und der Änderungsantrag gemeinsam besprochen und verhandelt werden. Wir haben dazu die grundsätzliche Frage laut § 89 der Geschäftsordnung, ob der Änderungsantrag überhaupt zulässig ist. Sie haben gerade namentlich die Abgeordneten vorgelesen, die den Einsetzungsbeschluss unterschrieben haben. Der Änderungsantrag wiederum wurde von einer Fraktion gestellt.

Ich möchte daran erinnern, dass im Untersuchungsausschussgesetz § 2 steht, dass der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von den Mitgliedern per Unterschrift eingereicht werden muss. In § 3 steht, der Untersuchungsgegenstand darf gegen den Willen der Antragsteller nicht verändert werden. Das heißt, der Änderungsantrag kommt nicht von den Antragstellern. Die Frage ist: Liegen auch Unterschriften zu diesem Änderungsantrag vor? Eine Fraktion an sich ist nicht unbedingt das Gleiche wie die Abgeordneten, die dort unterschrieben haben, zumal es in der AfD-Fraktion offensichtlich gerade Veränderungen gibt.

Wir stellen die Frage, ob dieser Änderungsantrag überhaupt zulässig ist und ob wir gemeinsam darüber debattieren können.

(Präsident Dr. Matthias Rößler berät sich mit dem Juristischen Dienst.)

Wir sehen keine gesonderten Veränderungsvorgaben. Ich kann noch einmal § 51 unserer Geschäftsordnung zitieren: „Änderungsanträge und Entschließungsanträge müssen den Mitgliedern des Landtags bei der Abstimmung im Plenum als Papierdokument vorliegen, sofern sie nicht bereits vor Sitzungsbeginn nach § 16 Abs. 5 und § 116 Abs. 1 verteilt wurden.“ Formvorgaben werden hier nicht gemacht. Aus unserer Sicht ist der Änderungsantrag formgerecht.

Nur eine Rückfrage, Herr Präsident: Die Geschäftsordnung des Landtags ist das eine, das Gesetz zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses das andere. Ich zitiere noch einmal § 3 Abs. 2: „Der in einem Minderheitsantrag bezeichnete Untersuchungsgegenstand kann gegen den Willen der Antragsteller – und die Antragsteller sind namentlich aufgeführte Abgeordnete – nicht verändert werden.“ Jetzt ist die Frage, ob die Antragsteller erklärt haben, dass sie auch Teil dieses Änderungsantrags sind.

(Zurufe von der AfD: Ja! – Präsident Dr. Matthias Rösler berät sich erneut mit dem Juristischen Dienst.)

Ja, wir halten das für zulässig, Herr Kollege Böhme. Aber wenn hier Zweifel bestehen, müssen wir das im Plenum abstimmen. Begehren Sie eine Abstimmung?

(Marco Böhme, DIE LINKE: Worüber? Über die Zulässigkeit?)

Nach Rückversicherung mit meinen Juristen: Wir halten das für zulässig und die Einbringung so für möglich. Wir würden das – das kann ich noch einmal ausdrücken – gern im Paket behandelt wissen; wie gesagt, die Einbringung und den Änderungsantrag, also beide Drucksachen. Das nehmen wir jetzt auch zu Protokoll. Ich schlage vor, zu beiden Vorlagen eine Aussprache durchzuführen. Gibt es grundsätzlich dagegen Widerspruch? – Das kann ich nicht erkennen. Dann verfahren wir so.

Das Präsidium hat für diesen Tagesordnungspunkt für jede Fraktion und für die Staatsregierung 10 Minuten Redezeit festgelegt. Das Wort hat für die AfD-Fraktion Herr Barth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im Dezember hat sich Frau Staatsministerin Köpping hier hingestellt und gesagt, dass sie festgestellte Fehler eingestanden und korrigiert habe. Nun wolle sie also zum Alltagsgeschäft übergehen. Moment mal, Frau Köpping! Nicht so schnell, Frau Köpping! Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

Egal, wie oft Ihnen Ihre Parteifreunde hier im Parlament oder an anderen öffentlichen Stellen zur Seite springen, egal, wie oft Ihre Verbündeten von links außen und GRÜNEN versuchen, es kleinzureden – wir haben in Sachsen einen handfesten Fördermittelskandal im Raume stehen, bei dem hart erarbeitetes Steuergeld in erheblichem Ausmaß – 50 Millionen Euro – an politisch Wohlgelittene entgegen rechtsstaatlicher Maßstäbe verausgabt wurde. Die Menschen in unserem Land haben aber derweil mit steigenden Energiepreisen zu kämpfen, die Bauern gehen auf die Straße, weil sie um ihre Existenz fürchten, und die Gastronomie bekommt ständig neue Knüppel zwischen die Beine geworfen. Und Frau Köpping hat nichts Besseres zu tun, als das hart erarbeitete Steuergeld mit der Gießkanne über links-grüne Projekte zu verteilen.

(Beifall bei der AfD)

Damit nicht genug, sie denkt auch, mit ihrer Salami-Taktik, nur scheibchenweise zuzugeben, was sich ohnehin nicht mehr leugnen lässt, komme sie hier durch. Nein, Frau Köpping, da haben Sie die Rechnung ohne unsere Fraktion gemacht. Wer soll denn hier angesichts Ihres mehrfachen Rumlavierens vor diesem Parlament noch daran glauben, dass Ihr Haus selbst an einer offenen und ehrlichen Aufklärung dessen interessiert ist, was hier im Raume steht?

Sie haben es bereits zweimal vor diesem Parlament versucht, und es dabei mit der Wahrheit nicht allzu genau genommen – um es mit aller Vorsicht zu formulieren, bevor Ihre Freunde in der linken Hälfte des Parlaments wieder Schnappatmung bekommen könnten.

Gehandelt haben Sie in der Folgezeit aber nur halbherzig: eine neue Förderrichtlinie – die SAB ist jetzt zuständig –, die aber ansonsten nicht viel besser ist als die alte und vor allem keines der neuen Probleme in Zukunft verhindert. Und die Entlassung Ihres Staatssekretärs Vogel; Herr Vogel fällt übrigens ziemlich weich, wie ich finde. So berichtete die „Bild“-Zeitung eine Woche nach der Sondersitzung des Landtags davon, dass der entlassene Staatssekretär nach Versetzung in den einstweiligen Ruhestand noch weitere drei Monate sein volles Gehalt in Höhe von 12 500 Euro erhält und anschließend, bis Ende des Jahres 2025, noch einmal knapp 9 000 Euro im Monat. Das alles ist Steuergeld, meine Damen und Herren!

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Herr Lippmann, erzählen Sie das doch einmal den Menschen im Lande, von denen ich vorhin gesprochen habe.

Das „G“ bei der SPD steht für Gerechtigkeit. Diese Gerechtigkeitsfrage ist es auch, die uns hierbei vor allem umtreibt; da diese Worte selbst in Ihren Reihen früher einst ganz anders gehandhabt wurden, sogar europaweit.

Im 19. Jahrhundert hat sich die SPD ursprünglich um die Interessen der Arbeitnehmerschaft gekümmert. Ihre Schwesterpartei, die SPÖ,

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

kämpfte in dieser Zeit in Österreich und in Ungarn gegen die bestehende K.-und-K.-Monarchie. „K. und K.“ standen damals für „König“ und „Kaiser“.

(Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE: Und das wollen Sie jetzt im Untersuchungsausschuss klären!?)

Rund 150 Jahre später hat die einstige Volkspartei SPD die Seiten gewechselt und im sächsischen Sozialministerium scheinbar eine eigene K.-und-K.-Monarchie etabliert. „K. und K.“ stehen heute für „Köpping“ und „Korruptionsverdacht“. Welch eine Schande!

(Beifall bei der AfD)

Von der K.-und-K.-Monarchie im sächsischen Sozialministerium nun zur Demokratie in Deutschland und im Freistaat Sachsen.

Gerade Sie, meine Damen und Herren, die das Wort „Demokratie“ immer wieder im Munde führen und ohne jegliche Anhaltspunkte uns Demokratiefeindlichkeit unterstellen, sollten besonders vorsichtig sein, wenn Sie diese Worte im Mund führen; denn zur Demokratie gehört nämlich Verantwortlichkeit. Die Ministerin glaubt aber, mit dem Bauernopfer des Staatssekretärs Vogel genügend Verantwortung übernommen zu haben. Persönliche Konsequenzen? Völlig fehl am Platz.

Ich sage Ihnen: Das überrascht mich gar nicht. Politische Verantwortung zu übernehmen ist schon lange kein Teil der guten Sitten in den Reihen der etablierten Parteien mehr.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, BÜNDNISGRÜNE)

Auch die Menschen in diesem Land erwarten nichts mehr von Ihnen, wenn eine Ministerin mit einem Korruptionsskandal an der Backe

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

sogar mit der Spitzenkandidatur zur nächsten Landtagswahl belohnt wird, ebenso wie Wahlverlierer zur Bundestagswahl in diesem Freistaat sogar ins Amt des Ministerpräsidenten aufsteigen können. Ob allerdings die Spitzenkandidatur von Frau Köpping zu der vor uns liegenden Landtagswahl wirklich eine Belohnung war, werden wir ehrlicherweise erst im Herbst wissen. Womöglich ist dann das erstmalige Ausscheiden der Sozialdemokratie aus einem Landesparlament zu verantworten. Auch das ist dann Teil der Demokratie.

(Beifall bei der AfD)

Mit Sicherheit werden daraus dann Konsequenzen gezogen, wenn es um die eigenen Mandate, um die eigenen Fördertröge von Parteifreunden geht, nicht aber beim verantwortungslosen Umgang mit Steuergeld. Das sagt sehr viel über Ihren moralischen Kompass aus.

Zur Demokratie gehört im Übrigen auch Transparenz. Genau das ist es aber, woran es noch viel mehr mangelt und warum dieser Untersuchungsausschuss notwendig ist.

Am 31. August 2023 trat der Landtag auf Antrag unserer Fraktion zu einer Sondersitzung zusammen, nachdem bekannt geworden war, dass der Rechnungshof in einem Sonderbericht Unregelmäßigkeiten bei der Förderrichtlinie „Integrative Maßnahmen“ ausgemacht hat. Damals verhöhnte Frau Staatsministerin Köpping das Parlament und die Bürger, indem sie lapidar feststellte: Man habe es vielleicht nicht immer richtig getan, man habe aber auf jeden Fall immer das Richtige getan.

Was die SPD-Ministerin für das Richtige hält, förderte dann der vorliegende Bericht des Rechnungshofs zutage, der am 13. Dezember 2023 im Landtag Thema war: Anhaltspunkte für politische Näheverhältnisse, aktive Verstöße gegen den Grundsatz der Neutralität und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und ein gelenkter Einzelfall mit einem Verein ohne Konto. Das ist übrigens der Verein, der Frau Köpping im Jahr 2019 besonders herzlich zur Nominierung auf Platz 2 der Landesliste der SPD gratulierte und ihr nachdrücklich versicherte, dass die Interessen des Vereins – ich zitiere – „auf eine Fortsetzung der derzeitigen Regierungskoalition ohne Wenn und Aber ausgerichtet“ seien.

Seitdem liegt nun der Prüfbericht des Rechnungshofs vor. Die Zuarbeit des SPD-Ministeriums, die Mitarbeit des Hauses von Frau Köpping, ist mangelhaft. Teile der wichtigen Dokumente sind nicht öffentlich im Ausschusssekretariat einsehbar.