Protokoll der Sitzung vom 31.01.2024

Ja, bitte.

Bitte.

Vielen Dank. Die Gelegenheit ist günstig, um Sie, Herr Urban, fragen zu können, ob Sie ausgerechnet haben, wie viele Arbeits- und Fachkräfte Sie der Remigration unterwerfen wollen. Ich habe Ihr Interview bei der „Jungen Freiheit“ mit großem Interesse gehört.

(Zuruf der AfD)

Dort hatten Sie bereits Pläne, wie das alles funktionieren kann. In welchen Größenordnungen sind auch Menschen betroffen

(Zuruf der AfD: Nein!)

wir reden hier vom Wirtschaftsstandort Sachsen –, die dann

(Zuruf der AfD: Die Frage!)

sofern Sie in Verantwortung kommen sollten – remigriert werden?

Vielen Dank für die Frage. Es wurde bereits angesprochen – und der Minister ist ebenfalls schon einmal darauf eingegangen –, dass die Abschiebungen und der Widerstand gegen die illegale Migration ein Problem für die Fachkräftesicherung werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Hä?)

Wir wissen, dass die illegale Migration keine Lösung für unser Fachkräfteproblem ist. Wir wissen, dass ein Großteil dieser Menschen nicht die Ausbildung hat, um bei uns in der Wirtschaft vernünftig tätig zu sein.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

80 % der Eingewanderten erhalten heute Bürgergeld und sind nicht in Arbeit. Ja, wir sind für Fachkräftezuwanderung; aber wir möchten natürlich, dass qualifizierte Fachkräfte zuwandern, die unsere Unternehmen am Ende brauchen; denn ich erinnere noch einmal daran, dass auch die 80 % der Einwanderer, die Bürgergeld erhalten,

(Sabine Friedel, SPD: Die Hälfte davon sind Kinder, Herr Urban!)

am Ende von irgendjemandem finanziert werden müssen. Das erhöht die Steuern, das macht uns als Wirtschaftsstandort unattraktiv. Wir sind das Land mit den höchsten Steuern und wir müssen die illegale Migration finanzieren.

Es ist besser, wir setzen auf eine geregelte Migration – so wie es andere Industrieländer machen. Man holt sich die Menschen ins Land, die man tatsächlich braucht, von denen man auch weiß, dass Potenzial zur Qualifizierung da ist. Die kommen tatsächlich in den Jobs an, in denen wir Bedarf haben.

(Beifall bei der AfD)

Noch einmal: Die britische „Financial Times“ nennt die Wirtschaft von Deutschland einen „Unfall in Zeitlupe“. An diesem Unfall in Zeitlupe ist auch Ihre Partei, Herr Dulig, beteiligt: erstens durch falsche Sparmaßnahmen – zum Beispiel bei der Infrastruktur –, zweitens durch grüne Klimapolitik – ich erinnere an das Heizungsgesetz, das durchgesetzt werden soll und unter anderem auch Unternehmen betrifft – und drittens durch den Niedergang der prestigeträchtigen deutschen Automobilindustrie, hervorgerufen durch die politisch gewollte Zwangsumstellung auf den E-Antrieb.

Werte Kollegen! Die Kritik kommt also nicht nur von der AfD; die Kritik an der desaströsen deutschen Wirtschaftspolitik – an der Ihre Partei, Herr Dulig, federführend beteiligt ist – kommt inzwischen sogar deutlich aus dem Ausland.

(Mario Beger, AfD: Genau!)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sachsen braucht mehr als dauersubventionierte Unternehmen. Sachsen braucht mehr als ein paar wenige Leuchttürme wie TMSC; darauf wird mein Kollege Frank Peschel noch eingehen. Sachsen braucht mehr als subventionierten Industriestrom für wenige Unternehmen.

(Sabine Friedel, SPD: Sachsen hat auch mehr!)

Was Sachsen braucht, ist eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik für alle: vom Handwerk bis zum Stahlwerk.

(Beifall bei der AfD)

Unsere Unternehmen brauchen wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen,

(Mario Beger, AfD: Genau!)

das heißt: keine ideologischen Schranken, keine Wirtschaftssanktionen, keine technologischen Denkverbote. Und: Es braucht auf alle Fälle keinen Wirtschaftsminister der SPD.

(Beifall und vereinzelt Heiterkeit bei der AfD – Zuruf von der AfD: Es braucht keine SPD!)

Wir brauchen für eine erfolgreiche Wirtschaft in Sachsen auch keinen Ministerpräsidenten, der jeden Tag sein Fähnchen nach dem Wind ausrichtet, der jedem erzählt, was er hören möchte,

(Mario Beger, AfD: Genau! Vollkommen richtig!)

der alle Nase lang von einem Ende der Sanktionspolitik redet, dann aber jeden Antrag meiner Fraktion zu diesem Thema ablehnt, der zwar Kernkraftwerke weiterlaufen lassen will, aber jede Initiative meiner Fraktion dazu ablehnt.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Diese Art von Schaufenster- und Beliebigkeitspolitik schafft nämlich weder Vertrauen noch Planungssicherheit. Das ist das Gegenteil einer konsistenten Wirtschaftspolitik.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Für die AfD-Fraktion hörten wir Herrn Kollegen Urban. Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Hippold.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

– Nein, heute nicht. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Titelsinnhaftigkeit dieser Fachregierungserklärung hat mich schon ein wenig nachdenklich gestimmt.

(Mario Beger, AfD: Ja, ja, bestimmt!)

Was ist eigentlich im tieferen Sinne damit gemeint? Geht es darum, Investitionen zu rechtfertigen oder zusätzliche Förderprogramme zu initiieren, die den sozialen Frieden sichern? Oder geht es um Umverteilung von oben nach unten? Auch, wenn Martin Dulig für etwas Aufklärung in seiner Rede gesorgt hat, möchte ich mich trotzdem mit der wirtschaftlichen Großwetterlage in Deutschland und im Freistaat Sachsen beschäftigen.

Bei dieser Beschäftigung bin ich auf ein Zitat vom Chef des ifo Instituts, Professor Clemens Fuest, gestoßen, der es aus meiner Sicht sehr gut auf den Punkt bringt. Er hat zur aktuellen wirtschaftlichen Situation gesagt: „Wir müssen uns schon Sorgen machen.“ Denn Inflation, Streiks, Energiekrise, Rechtsextremismus, die Präsidentschaftswahlen in den USA und dazu eine unentschlossene Bundesregierung zeigen: Die deutsche und auch die sächsische Wirtschaft stehen an vielen Fronten unter Druck. Ich würde es fast als einen volkswirtschaftlichen Giftmix bezeichnen.

Die Wirtschaft in Sachsen ist seit dem Jahr 2000 um 30 % gewachsen und hat damit das zweitstärkste Wachstum aller deutschen Flächenländer vorzuweisen. Doch seit dem Jahr 2022 stagniert unser Wachstum. Strukturwandel und eine aufdiktierte, schnelle und unkoordinierte Energiewende fordern eben ihren Tribut. Die Umstellung auf E-Mobilität – ohne ausreichende Ladesäulen und ein leistungsfähiges Energienetz –, das strafbar vorsätzliche Abschalten von Kraftwerkskapazitäten zur Produktion von Strom sowie ungenügende Planungen für technische Alternativen im Wasserstoff- und Solarbereich verunsichern die Akteure in der Wirtschaft und vor allem unsere Bürger.

Die Automobilindustrie ist in Sachsen die umsatzstärkste Branche. Sie trägt mehr als ein Viertel zum Industrieumsatz und über ein Drittel zum Auslandsumsatz bei. In Sachsen sind fünf Fahrzeug- und Motorenwerke von Volkwagen, BMW und Porsche sowie rund 780 Zulieferer, Ausrüster und Dienstleister etabliert, die insgesamt 95 000 Mitarbeiter beschäftigen.

Durch die stufenweise Umstellung auf Elektrofahrzeuge steht Sachsen in einem tiefgreifenden herausfordernden Transformationsprozess. Das haben wir in den vergangenen Sitzungen – der ein oder andere kann sich erinnern – ausreichend debattiert. Die hier produzierten Autos finden nur schleppend Absatz und zu hohe Strompreise sowie die unzureichende Ladeinfrastruktur, die permanent von unserem Doppelhaushalt als Initiativinvestition vorgesehen war, fanden leider keine Umsetzung.

Heute frage ich mich: Warum wird nicht auch diese Leitbildfunktion dieser für uns essenziell wichtigen Branche unterstützt, indem kleine Ladesäulen angebotsorientiert aufgestellt werden können? Eine solche Maßnahme gäbe dem Bürger Sicherheit, dass die Elektrifizierung unseres Automobilverkehrs nicht falsch sein kann.

Aber auch unsere wichtigen Branchen wie die Mikroelektronik, Informations- und Kommunikationsindustrie, Bahnindustrie, Bau- und Holzindustrie, chemische Industrie, Kunststoffindustrie, Biotechnologie, Luft- und Raumfahrt und der Maschinen- und Anlagenbau benötigen preislich konkurrenzfähigen Strom für das Agieren auf den Märkten Europas und in der Welt. Den Ausstieg aus Stromerzeugungstechnologien vorab auf ein Jahr zu definieren, ohne konzeptionell und planerisch den Weg beschrieben zu haben, halte ich nicht nur für gefährlich, sondern auch für dilettantisch. Wir brauchen nicht darüber zu sprechen, dass wir bei der Fragestellung zum Industriestrompreis, über den in der Debatte schon gesprochen worden ist, unterschiedliche Meinungen haben. Natürlich geht diese Kritik speziell nach Berlin und an die Ausstiegspolitik der BÜNDNISGRÜNEN.

Das Ergebnis der unkoordinierten Bundespolitik macht sich langsam aber sicher bemerkbar. Wie anfangs erwähnt gerät der sächsische Arbeitsmarkt zusehends unter Druck. Im Oktober wurden in Sachsen mehr Menschen entlassen als eingestellt. 8 314 Beschäftigte meldeten sich aus einer Beschäftigung arbeitslos, während lediglich 7 093 Arbeits

lose eine Beschäftigung fanden. Nur durch Förderprogramme der Arbeitsbehörden konnte erreicht werden, dass die Zahl der Arbeitslosen zwischenzeitlich im Oktober 2023 sank. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote, wie von Herrn Urban vorgetragen, nicht bei 11 %, sondern im Dezember bei 6,2 % in Sachsen und deutschlandweit bei 5,7 %. Das ist etwas anderes als 11 %. Ich glaube, das sollten Sie noch einmal recherchieren, Herr Urban.

Aber auch die Prozesse der Digitalisierung in der Arbeitswelt sowie des Privatlebens fordern Verständnis der Gesellschaft für die derzeitige Politik auf Bundesebene, welche sich auch im Freistaat Sachsen erheblich bemerkbar macht. Daher gilt es, die vor uns liegenden Herausforderungen zumindest auf Landesebene transparenter und nachvollziehbarer zu machen nach dem Motto: „Das Geld muss erst in der Wirtschaft verdient werden und sollte vielmehr unter dem Gesichtspunkt von Vertrauen gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft ausgegeben werden.“

(Beifall bei der CDU)