Protokoll der Sitzung vom 06.04.2000

Als weiterer Modernisierungsschritt im nachgeordneten Bereich des Landwirtschaftsministeriums wird zur Zeit untersucht, wie die Forstliche Landesanstalt und das Pflanzenschutzamt als eigenständige Einrichtungen aufgelöst und die danach noch verbleibenden, unverzichtbaren Aufgaben in geeignete Behördenstrukturen ein- gegliedert werden können.

Auch die Organisation des Landesamtes für Landesvermessung und Datenverarbeitung steht auf dem Prüfstand. Das wird niemanden, der die rasanten Veränderungen in der Informationstechnik verfolgt hat, verwundern. Auf diesem Gebiet gibt es sicherlich eine Menge Bewegung.

Auf das Landesamt für Umweltschutz, das LAU, komme ich später noch einmal ausführlich zu sprechen.

Damit habe ich einmal alle Ämter diskutiert und ungefähr die Fahrpläne festgelegt. Grundsätzlich gilt aber bei allen Ämtern, auch bei denen, die bestehen bleiben, daß sie sich fragen müssen, welcher Modernisierungsbedarf bei ihnen besteht. An der Frage von Aufgabenkritik und möglichem Aufgabenverzicht kommt keiner vorbei. Das muß jedem klar sein, selbst den Bediensteten derjenigen Ämter, von denen ich heute sage, daß sie in ihrem strukturellen Bestand nicht gefährdet sind.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regie- rungsbank)

Unser Ziel ist es, die Zahl der Landesämter gegenüber dem Stand von 1994 wenigstens um die Hälfte zu reduzieren. Und es ist jetzt schon absehbar: Wir werden dieses Ziel erreichen. Der Bauplan für das neue Landesverwaltungsamt wird bis zum Jahresende stehen.

Dabei darf nicht übersehen werden, daß wir einige Flügel des zu rekonstruierenden Gebäudes bereits in Ordnung gebracht haben. In Dessau sind Serviceeinrichtungen entstanden; ich nenne als Beispiel nur die zentrale Kassenverwaltung. In Halle zum Beispiel ist bereits die Wohngeldauszahlung konzentriert worden. Die Liste der entsprechenden Maßnahmen ist lang. Sie ist dem Leitbild zur Verwaltungsreform als Anlage beigefügt. Ich will das hier nicht alles aufzählen.

Solche bereits jetzt als Vor-Ort-Aufgaben definierten Aufgabenbereiche sind Einheiten, die in dieser Struktur in das Landesverwaltungsamt übernommen werden können.

Natürlich haben wir auch in den jetzigen Regierungspräsidien und in der Etage darunter bereits aufgeräumt. Unser Ziel ist nämlich, überall dort, wo es irgend möglich ist, die Dreistufigkeit der Verwaltung abzubauen, damit Doppelarbeit vermieden wird.

Aus den Regierungspräsidien oder - um wieder in dem Bild zu sprechen - aus dem für das Landesverwaltungs

amt zu rekonstruierenden Gebäude sind bereits im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform und der Reform der Schulaufsichtsverwaltung die Abteilungen ausgezogen, die für die Polizei und für die Schulen zuständig sind.

Die in der Umsetzung befindliche Neuorganisation der Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung, der berühmten ALFs, - diesbezüglich ist eine Reduzierung von acht auf vier beschlossen worden - wird zu einer weiteren Verlagerung von Aufgaben aus den Regierungspräsidien zu den ALFs führen. Das ist auch ein Schritt, um Dreistufigkeit zu vermeiden.

Im Hinblick auf die Zahl der Behörden der Ortsinstanz hat es bereits erhebliche Reduzierungen gegeben. Etwa die Zahl der Forstämter wurde von 68 auf 42, die Zahl der Katasterämter von 17 auf zwölf reduziert. Dieser Prozeß wird weitergehen. Wir wollen und wir werden die Zahl dieser Einrichtungen um ein Drittel - das heißt, um etwa 40 - reduzieren.

Es würde - dafür haben Sie sicherlich Verständnis - den Rahmen einer Regierungserklärung sprengen, jetzt die Einzelheiten in bezug auf diese 40 Ämter zu nennen. Deswegen verzichte ich darauf.

Wichtig für das Gelingen der von uns angestrebten Verwaltungsmodernisierung ist das Verständnis für den Weg, für die Schritte, die wir dabei gehen wollen; denn Mut zur Umgestaltung hat nur derjenige, der sich einigermaßen vorstellen kann, was auf ihn zukommt. Wenn dieses Thema bei den Beschäftigten zu sehr mit Angst besetzt ist, dann läuft in diesem Zusammenhang nichts.

Am besten eignet sich zur Veranschaulichung wohl das aktuelle Beispiel, über das wir noch diskutieren werden, der Umgestaltung der Umweltverwaltung. Aber wenn ich dieses Beispiel jetzt wähle, um deutlich zu machen, wie wir vorgehen werden, dann soll bitte niemand daraus schlußfolgern, bei der Modernisierung der Verwaltung gehe es vor allen Dingen um die Umweltverwaltung, nach dem Motto: Wir müssen leiden, und die anderen bleiben ungeschoren. Aber unseren Masterplan für diesen Umzug kann ich am besten an einem Beispiel erläutern. Gestatten Sie mir deshalb, daß ich das an diesem Beispiel mache.

Bei der Umweltverwaltung handelt es sich zum einen um das Landesamt für Umweltschutz, das LAU. Ich möchte es jetzt der Einfachheit halber einmal als ein Institut zur Beschaffung, zur Auswertung und zur wissenschaftlichen Bewertung von Umweltfakten beschreiben. Das ist das eine.

Daneben gibt es die drei im Bereich der jeweiligen Regierungspräsidien angesiedelten Staatlichen Umweltämter, die StAUs. Diese haben einen bunten Strauß von zum Teil sehr verschiedenartigen Aufgaben.

Dann gibt es weiterhin die für diesen Bereich zuständigen Abteilungen in den Regierungspräsidien.

Das Ganze ergibt eine ziemlich schwer durchschaubare Situation im Hinblick auf die Aufgabenverteilung und die Zuständigkeiten. In einer schlanken und effizienten Verwaltung muß das anders werden.

Bevor aber der große Umzug beginnt, muß geklärt werden, welche Personen und welche Aufgaben tatsächlich in das neue Landesverwaltungsamt umziehen bzw. verlagert werden müssen. Hierbei ist zunächst die Verantwortung der Fachleute und die der Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter der Einrichtungen selbst gefragt. Nun muß ich sagen - das haben wir hinter uns -: Für die dabei von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistete Arbeit bin ich außerordentlich dankbar. Das ist nämlich gar nicht so leicht.

(Beifall bei der SPD und von der Regierungs- bank)

Es ist wirklich so: Diese haben erstaunlich gute Arbeit geleistet. Das ist nicht leicht; denn dabei muß man die eigene Arbeit kritisch unter die Lupe nehmen, und man muß sich selbst in Frage stellen.

Die Beamten und die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gelten immer als diejenigen, die sich selbst nicht in Frage stellen können und alles nur sichern wollen. Hierbei ist tatsächlich mehr passiert. Im Zuge der Aufgabenkritik wurden viele Bereiche identifiziert, in denen auf die Wahrnehmung von gewissen Aufgaben verzichtet werden kann, und es wurden Bereiche benannt, in denen sich die Arbeit effizienter gestalten läßt. Die Mitarbeiter haben übrigens selbst identifiziert, auf wie viele Beschäftigte man verzichten könnte. Dann haben die Fachleute verschiedene Vorschläge für die Veränderungen von Strukturen gemacht.

Ich sage Ihnen: Ohne die Mitarbeit der Kundigen und der Betroffenen kann das ganze Werk nicht gelingen. Ich warne alle diejenigen, die meinen, man könnte eine Verwaltungsmodernisierung durchsetzen, indem man einfach mit der Faust auf den Tisch haut.

Was man allerdings nach einem gewissen Diskussionsprozeß tun muß, ist entscheiden.

(Herr Becker, CDU: Sehr richtig!)

Das tut die Landesregierung in eigens dazu eingerichteten Beratungsrunden zur Verwaltungsreform. Die Angelegenheit ist also Chefsache, und zwar Chefsache nicht nur des Ministerpräsidenten, sondern auch der Ministerinnen und Minister, die sich selbst darum kümmern.

(Herr Schulze, CDU: Welche?)

Aber - ich nehme das Bild wieder auf - das kennt jeder Bauherr: Das beste ist, man läßt sich selbst jeden Tag auf der Baustelle sehen, mit kritischem Blick, mit Lob und Tadel, damit alle wissen, daß sie pünktliche und ordentliche Arbeit abliefern müssen. So wollen wir es halten.

(Herr Dr. Bergner, CDU, und Herr Gürth, CDU, lachen)

Im Fall der Umweltverwaltung haben wir unter den drei dann vorgelegten Möglichkeiten eine ausgewählt und folgendermaßen entschieden: Das LAU muß als das von mir eben beschriebene Institut erhalten bleiben, unbeschadet der noch zu entscheidenden Frage - hierzu ist übrigens ein Projektteam eingesetzt worden, an dem viele Beteiligte mitarbeiten -, ob sich nicht einzelne Aufgaben privatisieren lassen.

Das LAU wird wohl später auch in verstärktem Maße Dienstleistungen für die Kommunen erbringen müssen. Wenn das LAU entsprechende Aufgaben übernommen haben wird, wird es nicht nur der Landesregierung, dem Umweltministerium zuarbeiten, sondern auch den Landkreisen.

Die StAUs dagegen sollen in das zukünftige Landesverwaltungsamt umziehen. Jetzt beginnt das eigentliche

Problem. Wir können nämlich einerseits mit diesem Umzug nicht bis zum Jahr 2005 warten. Das geht praktisch nicht, und das ist auch finanziell nicht zu verantworten. Andererseits können wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zumuten, - im bildlichen und manchmal sogar im konkreten Sinne - in dieser kurzen Zeit mehrere Male umzuziehen. Deswegen müssen wir schon jetzt für diesen Teil die Verwaltungseinheiten des zukünftigen Landesverwaltungsamtes, dann natürlich unter dem Dach der Regierungspräsidien, so herrichten, daß sie sich später ohne größere Veränderungen in das neue Amt einfügen lassen.

Wir werden also - bildlich gesprochen - einen Nordflügel noch unter der Obhut des Regierungspräsidiums Magdeburg und einen Südflügel unter der Obhut des Regierungspräsidiums Halle haben, Flügel des zukünftigen Landesverwaltungsamtes, und sie so herrichten, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der StAUs dort ihre heutige und auch zukünftige Aufgabe wahrnehmen können. Dadurch wird Sicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen.

(Zurufe von Herrn Schulze, CDU, und von Frau Wernicke, CDU - Unruhe bei der CDU)

Wenn ich das so sage, muß ich allerdings auf ein weiteres Problem aufmerksam machen, das wir lösen müssen. Nicht alle Aufgaben, die die StAUs heute wahrnehmen, sollen zukünftig im Landesverwaltungsamt wahrgenommen werden. Der Wasserbau beispielsweise ist keine Aufgabe, die von Landesbediensteten wahrgenommen werden muß. Solche Aufgaben können Privaten übertragen werden. Dazu müßten freilich die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Hierzu wird zu gegebener Zeit auch der Landtag gefragt sein; denn gesetzliche Voraussetzungen muß der Landtag schaffen.

Gründliche Diskussionen über die geeigneten Formen der Privatisierung sind erforderlich; denn die Aufgaben sollen am Ende effektiver und kostengünstiger wahrgenommen werden. Sonst wäre niemandem damit gedient. Am besten macht man das, glaube ich, wenn die Nutzer der Einrichtungen, um die es dabei geht - Stichwort Wasserbau zum Beispiel -, selbst an der Aufgabenerledigung beteiligt werden.

Es gibt darüber hinaus einen zweiten Bereich von Aufgaben der StAUs, die nach Ansicht der Landesregierung nicht in das zukünftige Landesverwaltungsamt verlagert werden sollen. Das sind Aufgaben, bei denen es sachgemäß ist, sie auf Kommunen zu übertragen.

Ich nenne als Beispiel die Aufgaben im Zusammenhang mit den Genehmigungs- und Überwachungszuständigkeiten für Anlagen auf dem Gebiet des Immissionsschutzes. Auch bei solchen Übertragungen muß gesichert sein, daß die Aufgaben auf Einheiten übertragen werden, die in der Lage sind, diese Aufgaben effektiv und, wenn möglich, kostengünstiger wahrzunehmen. Das ist nicht ganz einfach.

Denken Sie an das Thema der schnellen Genehmigungsverfahren. Dieses Ziel dürfen wir uns auf diesem Weg nicht verderben. Das heißt mit anderen Worten: Der Übergang muß gesichert sein. Dieser Schritt hängt von der Frage ab, welche Leistungsfähigkeit die kommunalen Strukturen nach der Kreisgebietsreform haben werden. Vermutlich werden sich dabei einige Zwischenschritte nicht vermeiden lassen; denn das passiert bei laufendem Betrieb. Es kann nicht sein, daß irgendein

Unternehmen aufgrund der Umstrukturierung plötzlich die Genehmigungen später erhält. Das darf nicht pas- sieren.

Damit bin ich an einem weiteren für die Modernisierung der Verwaltung zentralen Punkt angekommen. Es geht um die konsequente Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips. Die Aufgaben sollen soweit wie möglich und sinnvoll auf der jeweils niedrigsten Ebene wahrgenommen werden. Das von der Landesregierung vorgelegte Leitbild zur Modernisierung der Verwaltung enthält eine offene Liste von Aufgaben, bei denen schon jetzt absehbar ist, daß sie sinnvollerweise auf kommunaler Ebene wahrgenommen werden sollten. Ich denke dabei an die Bereiche der Sozialhilfe, des Immissionsschutzes oder der Dorferneuerung.

Im Zuge der Aufgabenkritik wird der Liste im Zusammenhang mit den weiteren Umbauschritten gerade im Bereich des Landesamtes und der Ämter für Versorgung und Soziales, die im Laufe dieses Jahres einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden, manches hinzugefügt werden können. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, daß alle Angelegenheiten, die mit den Kindertagesstätten zu tun haben, von den Landkreisen übernommen werden.

Je nach Leistungskraft der entstehenden Landkreise wird diese Liste umfangreicher oder kürzer ausfallen. Sie kann erst dann zu einem Paket geschnürt werden, wenn wir auf die Frage der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Kommunen eine gesicherte Antwort haben.

Jeder kann sicher sein, daß die Landesregierung ein nachhaltiges Interesse daran hat, soviel staatliche Aufgaben wie möglich zu kommunalisieren. Mit der Argumentation, man wolle erst wissen, welche Aufgaben kommunalisiert werden sollten, ehe man sich zur Größe der Verwaltungseinheiten auf kommunaler Ebene äußere, werden die Verfahrensabläufe auf den Kopf gestellt.

(Herr Becker, CDU: Das ist falsch! Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren! Wer hierbei nur Schwarzer Peter spielen will, verweigert sich den Herausforderungen der Zukunft.

(Beifall bei der SPD und von der Regierungs- bank)