Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Auch ich habe schon gestrichen; das heißt, ich habe die Rede um ein Stückchen verkürzt. Einige Aspekte will ich trotzdem nennen.

Ich finde es gut, dass Sachsen-Anhalt das erste Bundesland ist, das mit der obligatorischen Streitschlichtung beginnt. Ich finde es gut, dass die Öffnungsklausel, die das Bundesgesetz uns ermöglicht, voll ausgeschöpft wird. Das heißt, dass viele Möglichkeiten der Schlichtung eröffnet werden, bei den obligatorischen Schlichtungsstellen ebenso wie bei Rechtsanwälten, Notaren und Notarinnen, es also den streitenden Parteien überlassen bleibt, an wen sie sich wenden und zu wem sie das meiste Vertrauen haben.

Aber ich habe noch einige Fragen, die im Ausschuss zu klären sind. Ich möchte zunächst einmal unterstreichen: Wir als PDS-Fraktion beantragen eine Anhörung im

Ausschuss für Recht und Verfassung derjenigen, die als Schlichterinnen und Schlichter wirksam werden. Dazu ist es erforderlich, Vertreter und Vertreterinnen des Innenausschusses hinzuzuziehen, weil Schiedsstellen - das wissen wir alle - in den Gemeinden und Kommunen angesiedelt sind.

Schiedsstellen werden mit finanziellen Mitteln der Gemeinden und Kommunen untersetzt und können nur arbeiten, wenn es Geld gibt. Meines Erachtens werden mit größeren Aufgaben und höheren Aufwendungen in den Schiedsstellen auch höhere Kosten entstehen. Möglicherweise werden diese durch die Gebühren und Ordnungsgelder abgedeckt. Möglicherweise müssen die Kommunen aber vorab Gelder verauslagen. All das müsste Grund sein zu sagen, das muss im Ausschuss geklärt werden und bedarf einer ordentlichen Anhörung derjenigen, die die Schlichtung ausführen.

Ein weiterer Schwerpunkt tut sich auf: Ich habe als streitende Partei die Möglichkeit auszuwählen, von wem ich meinen Streitfall geschlichtet haben möchte. Aber wenn ich den Weg zum Rechtsanwalt oder zur Rechtsanwältin oder zum Notar oder zur Notarin wähle, dann bleibt es möglicherweise nicht bei 150 DM Gebühren, sondern es kommt die Umsatzsteuer hinzu. Das heißt, der Weg zum Anwalt könnte teurer sein. Auch das wäre zu hinterfragen.

Ein weiterer Konflikt - damit will ich es bewenden lassen - ist folgender: Sucht eine Streitpartei den Weg zum Anwalt oder zur Anwältin, kann der Anwalt oder die Anwältin schlichten. Sollte sich aber ein Folgeprozess abzeichnen, kann jene Anwältin ihre Partei im Prozess nicht vertreten. Das könnte schwierig werden.

Die PDS-Fraktion ist der Auffassung, es bedarf einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verfassung unter Hinzuziehung des Innenausschusses. Das sollte alles möglichst schnell geschehen. Ansonsten sind wir für eine Überweisung des Gesetzentwurfs und stimmen diesem zu. - Danke schön.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Knöfler.

Ich habe Sie in Übereinstimmung mit unserer Geschäftsordnung so verstanden, dass wir über die Ausschussüberweisung federführend in den Ausschuss für Recht und Verfassung und mitberatend in den Innenausschuss abstimmen. Wenn darüber Konsens besteht, stelle ich das zur Abstimmung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist die Überweisung in diese beiden Ausschüsse einstimmig beschlossen worden. Die Beratung des Tagesordnungspunktes 9 ist abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 3/3679

Der Gesetzentwurf wird vom Minister der Finanzen Herrn Gerhards eingebracht. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Staatsvertrag zur Neuregelung der Verhältnisse in dem Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband, dem OSGV, wurde mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 durch den Freistaat Sachsen gekündigt. Die Anschlusskündigung des Landes Sachsen-Anhalt erfolgte am 22. Juni 1999.

Beide Kündigungen hatten unter anderem zum Ziel, den Sächsischen Finanzverbund in den OSGV einzubinden, zukünftig die Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im OSGV zu verstärken und die Sitzverlegung der Hauptstelle in das Verbandsgebiet zu thematisieren.

Die wesentlichen Punkte konnten im Änderungsstaatsvertrag weitgehend realisiert werden. Das ergibt sich im Übrigen aus den Ausführungen, die ich, wenn Sie gestatten, im Interesse der Ökonomie zu Protokoll geben werde.

(Zu Protokoll:)

Der Sächsische Finanzverbund wird als gleichberechtigtes Mitglied in den OSGV integriert. Künftig ist der OSGV zur Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit als Voraussetzung für einen effizient arbeitenden Mehr-Länder-Verband verpflichtet.

Im Rahmen ihrer Satzungsautonomie obliegt es den Mitgliedern des OSGV, innerhalb von drei Jahren über den dauerhaften Sitz des Verbandes zu entscheiden; dabei sind die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten.

Die Kündigung des OSGV-Staatsvertrages sowie die Umsetzung der Strukturempfehlungen eines externen Gutachters - Management Partner - machten eine Novellierung des Staatsvertrages erforderlich. Ziel dieser Neufassung ist es, den OSGV als Mehr-Länder-Verband leistungsfähig und effizient zu halten.

Der Gesetzentwurf hat die Ergebnisse der Verhandlungen zum Inhalt, die die vier Vertragsländer nach Abschluss des externen Gutachtens aufgenommen haben. Diese Verhandlungen wurden trotz unterschiedlicher Interessen in dem Bewusstsein geführt, dass es Aufgabe der Länder ist, die wesentlichen Elemente des Verbandes im Interesse seiner Mitglieder und seiner Funktionsfähigkeit gesetzlich zu fixieren.

Der Änderungsstaatsvertrag sieht im Wesentlichen folgende Regelungen vor:

Erstens. Die Verpflichtung des OSGV zur Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit wird in den Staatsvertrag integriert; die Einhaltung wird im Rahmen der Rechtsaufsicht durch die Staatsaufsicht überprüft.

Zweitens. In die Präambel wird die Beachtung der Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen sowie der regionalen Interessen durch den Verband aufgenommen.

Drittens. Die Satzung des OSGV und ihre Änderungen bedürfen künftig der Genehmigung aller Vertragsländer.

Viertens. Der Verband hat innerhalb von drei Jahren ab In-Kraft-Treten des Änderungsstaatsvertrages unter Beachtung der Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit über seinen dauerhaften Verbandssitz zu entschieden. Der gegenwärtige Sitz in Berlin und damit

außerhalb des Vertragsgebiets war seinerzeit vor dem Hintergrund eines beabsichtigten Zusammenschlusses der Länder Berlin und Brandenburg gewählt worden.

Fünftens. Zukünftig wird in der Verbandsversammlung grundsätzlich das Kapitalstimmrecht eingeführt, soweit die Satzung nicht etwas anderes vorsieht. Nur noch bei Personalwahlangelegenheiten und bei Satzungsänderungen ist die Abstimmung nach Köpfen vorgesehen.

Sechstens. Der Verband hat zukünftig nicht nur die Sparkassen zu beraten, sondern unter anderem auch die kommunalen Gewährträger in Sparkassenfragen zu unterstützen.

Siebentens. Zur Erstellung des Jahresabschlusses wird ein Abschlussprüfer bestellt. Die Bestellung bedarf der Zustimmung der Staatsaufsicht im Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof des Landes, das die Staatsaufsicht führt. Hierbei hat sich der Verband mit dem zuständigen Landesrechnungshof über die Prüfungsschwerpunkte ins Benehmen zu setzen.

Achtens. Die Landesrechnungshöfe der Vertragsländer erhalten das Recht, die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Verbande sowie seine Mehrheitsbeteiligungen zu prüfen oder durch Dritte prüfen zu lassen. Der Prüfungsbericht wird dem Verband sowie den zuständigen Landesministerien der Vertragsländer zugeleitet.

Neuntens. Der Verband unterhält in allen Ländern Landesbeiräte, die ihn hinsichtlich der landesspezifischen Besonderheiten beraten, ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen und jeweils vier Mitglieder für den Verbandsvorstand wählen.

Zehntens. Jeder Landesbeirat hat auch das Recht, bis zu zwei Vertreter der kommunalen Gewährträger in regionale Arbeitsgemeinschaften des Verbandes als Mitglieder zu entsenden.

Elftens. Der Verband hat im Voraus die Vertragsländer über beabsichtigte Entscheidungen zu unterrichten, die die Vertragsländer betreffen oder die für die Regionen der Vertragsländer von erheblicher Bedeutung sind. Diese Informationspflicht betrifft auch die Errichtung von rechtlich unselbständigen und rechtlich selbständigen Einrichtungen des Verbandes.

Zwölftens. Im Sinne einer stärkeren Transparenz und effektiven Ausübung der Staatsaufsicht sind die zuständigen Landesministerien berechtigt - wie bisher schon -, an der Verbandsversammlung und zukünftig auch an den Sitzungen der jeweiligen Landesbeiräte teilzunehmen.

13. Der Verband hat bei der Bemessung der zur Deckung der Verbandskosten notwendigen Finanzierungsbeiträge die tatsächliche Inanspruchnahme von Verbandsleistungen zu berücksichtigen. Damit soll die Finanzierung über die pauschal berechnete Umlage nach der Größe der jeweiligen Sparkasse auf ein notwendiges Maß reduziert werden.

14. Die Regelungen zum Eingreifen des Sparkassenstützungsfonds des OSGV gelten auch für die Sparkassen des Sachsen-Finanzverbundes.

15. Der Änderungsstaatsvertrag tritt am 31. Dezem- ber 2000 unter den Vertragsländern in Kraft, deren Ratifikationsurkunde spätestens bis zum 31. März 2001 hinterlegt ist. Das gemeinsame Ziel aller Vertragslän- der ist es jedoch, die Ratifikation bis zum 31. Dezem- ber 2000 abzuschließen.

16. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre etwa die folgende zeitliche Abfolge bei der Beratung und Verabschiedung des Gesetzentwurfs anzustreben:

zweite Lesung im Landtag am 9. Dezember 2000,

Feststellung des Gesetzesbeschlusses durch den Landtagspräsidenten bis zum 16. Dezember 2000,

Verkündung des Gesetzes bis zum 28. Dezember 2000.

Herr Minister, wenn keiner der Abgeordneten Widerspruch anmeldet, nehmen wir dies dankend entgegen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der PDS und von Herrn Montag, DVU-FL)

Wir haben dazu im Ältestenrat eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge PDS, DVU-FL, CDU, SPD, FDVP vereinbart. Für die PDS-Fraktion eröffnet die Debatte der Abgeordnete Herr Professor Dr. Trepte, den ich schon kommen sehe. Bitte, Herr Professor Trepte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere das fast, aber ich muss meinen Beitrag vortragen.

(Frau Budde, SPD, lacht)

Der OSGV, also der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband, ist im Unterschied zu den Verbänden in den alten Bundesländern ein Verbandsorgan, das durch vier neue Bundesländer, also außer Thüringen, im Jahre 1990 gebildet wurde. Er hat die Aufgabe, das Sparkassenwesen zu fördern, es auch gegenüber der EU wettbewerbsrechtlich zu vertreten - das will ich an dieser Stelle ergänzen -, er soll die Gewährträger in allen Fragen des Sparkassenwesens unterstützen und beraten. Er erfüllte bisher als Pflichtaufgabe - das ist wichtig - die Anforderungen eines Prüfungsmonopols gegenüber den Sparkassen.