Meine Damen und Herren von der CDU, Sie erinnern sich an gestern Abend. Da haben Sie angedeutet, dass in der 29. Sitzung des Landtages dieser Tatbestand von uns schon einmal eingebracht wurde und Sie ihn abgelehnt haben. In dieser 29. Sitzung haben Sie unseren Änderungsantrag in Drs. 3/2320 zum Antrag der PDS in der Drs. 3/2300 mit der Forderung, dass ausländische und deutsche Zwangsarbeiter gleichermaßen für erlittenes Unrecht entschädigt werden, mit der Begründung abgelehnt, dass dieser Antrag dem wichtigsten deutschen Interesse, die Angelegenheit der Zwangsarbeiterentschädigung zum Abschluss zu bringen, nicht diene, sondern ihm schade und es hinauszögere. Der damals gegen uns gerichtete Vorwurf lautete wörtlich:
„Sobald wir uns - und ich sage das unter dem Vorzeichen angelaufener Verhandlungen - mit klaren Zielstellungen zu politischen Deklarationen durchringen und hinreißen lassen, haben wir politisch sofort eine Diskussion um vergleichbare Opfer aus anderen totalitären Regimen.“
Heute, ca. ein Jahr vor Beginn der vierten Wahlperiode, stellen Sie nunmehr diesen Antrag - das Wort „Schaufenster“ erspare ich mir dabei -, sich über eine Bundesratsinitiative für eine Entschädigung der Spätheimkehrer aus dem Beitrittsgebiet einzusetzen. Mit Ihrem Antrag wollen Sie erreichen, dass die ostdeutschen Heimkehrer aller Couleur, die aufgrund ihres Wohnsitzes in der ehemaligen DDR keine Entschädigung nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz erhalten haben, mit ihren westdeutschen Leidensgenossen gleichgestellt werden, und eröffnen damit genau wie unsere Fraktion in der 29. Plenarsitzung eine Diskussion über die Entschädigung vergleichbarer Opfer. Ich hoffe, dass dieser Antrag aus reiner Überzeugung gestellt worden ist und nicht nur ein neues Wahlkampfmotto darstellt, um eine gewisse Klientel zu befriedigen.
Gleichwohl entspricht der Antrag der CDU-Fraktion unserer politischen Überzeugung, eine soziale Gerechtigkeit für alle Spätheimkehrer aus Gefangenschaft und Deportation herbeizuführen, und er verdient deshalb unsere Zustimmung. - Ich danke Ihnen.
Die DVU-Fraktion hat angekündigt, das sie doch von ihrem Rederecht Gebrauch machen möchte. Dann erteile ich jetzt Frau Brandt das Wort.
Ich wollte Frau Dirlich noch einmal zitieren. Sie sprach hier von der „freiwilligen faschistischen Wehrmacht“ und erwähnte die Frage: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ - Eine „freiwillige faschistische Wehrmacht“ -
(Frau Stolfa, PDS: Sie hat das anders gesagt! - Zurufe von Frau Mittendorf, SPD, von Frau Tied- ge, PDS, und von Frau Wiechmann, FDVP)
- Lassen Sie mich doch ausreden, lassen Sie mich doch einfach einmal zu Wort kommen. - In der Wehrmacht ist doch nicht jeder ein Nazi gewesen. Das ist eine bodenlose Frechheit, die hier abgegeben wird.
Damals sind auch Unschuldige in den Krieg gezogen. Es muss nicht jeder ein Nazi gewesen sein, der bei der Wehrmacht war. Davon müssen die PDS und die SPD endlich einmal abkommen. Das kann doch nicht wahr sein!
Auch mein Opa ist in der Wehrmacht gewesen, auch mein Opa ist in Gefangenschaft gewesen. Aber mein Opa ist kein Nazi gewesen. Dagegen verwahre ich mich in jedem Falle. Meine Oma hat damals im Krieg - das gehört zwar nicht hierher, aber ich muss das einfach los werden - Flüchtlinge beherbergt. Das will schon etwas heißen.
Die meisten deutschen Soldaten sind unschuldig. Sie mussten in den Krieg ziehen. Sie hatten überhaupt keine Wahl. Wenn es die Soldaten damals nämlich abgelehnt hätten, in den Krieg zu gehen, oder wenn sie nicht gegangen wären, dann hätte man sie standrechtlich erschossen. Und wer hätte das schon gemacht?
Aber es waren nicht alle Soldaten schlecht. Ich möchte noch einmal klipp und klar zum Ausdruck bringen, dass nicht alle die gewesen sind, für die Sie sie halten. Ich möchte auch nicht, dass hier viele Soldaten durch den Dreck gezogen werden, Frauen und Kinder, die mit hineingezogen wurden.
Diejenigen, die nachher im Ausland arbeiten mussten oder die Zwangsarbeiter waren, die Frauen und Kinder, die ihre Männer oder Väter im Krieg verloren haben, wollen Sie beschimpfen und beschämen. Ich finde das eigentlich traurig. - Ich bedanke mich.
Zum Abschluss der Debatte hat für die einbringende Fraktion Herr Schomburg noch einmal das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Schubert, ich habe in meinem Redebeitrag gesagt, dass ich das Recht auf Irrtum anerkenne, auch das meiner eigenen Partei. Das hat nichts mit dem
wenn ich auch nachvollziehen kann - das will ich fairerweise sagen -, dass es für eine Oppositionspartei einfacher ist, 90 Millionen DM zu fordern, wenn man die Gesamtverantwortung für den Haushalt nicht in dem Maße zu tragen hat wie eine regierungstragende Fraktion.
Trotzdem möchte ich doch reklamieren, dass dies im Zusammenhang mit dem Auftauchen von Meldungen von Betroffenen in Sachsen-Anhalt in der Öffentlichkeit sehr wohl ein Thema für den Landtag von SachsenAnhalt ist und nicht nur und ausschließlich ein Bundesthema, wenngleich die Forderungen an den Bund zu richten sind.
Wir haben - dies kann ich hier in aller Offenheit sagen - beim Stellen dieses Antrages überhaupt keinen Hintergedanken gehabt. Die Anzahl der Betroffenen ist in der Tat so gering, dass man eine relevante Verschiebung bei Wahlergebnissen damit nicht erreichen kann. Aber dies ist für uns kein Grund, einen Antrag zu stellen.
Es geht nicht darum, die Kriegsgefangenen mit den Zwangsarbeitern aus Russland und Polen in Deutschland zu vergleichen, sondern es ist häufig zufällig entschieden worden, wer im Jahr 1946 entlassen worden ist, wer im Jahr 1947 oder wer erst im Jahr 1955 entlassen worden ist. Das war zum Teil mit Qualifikationen verbunden und zum Teil hatte das mit Zufälligkeiten zu tun.
Da es angesichts solcher Ungerechtigkeiten hinsichtlich der Länge der Gefangenschaft durchaus vertretbar ist, sich darüber auch 56 Jahre nach dem Kriegsende zumindest einmal Gedanken zu machen, deshalb wollten wir Ihnen diesen Antrag nicht ersparen. Wir werden das Ergebnis heute zur Kenntnis nehmen müssen, wir werden unsere Bestrebungen aber darauf richten, dass wir irgendwann einmal eine Mehrheit für dieses Thema gewinnen.
Frau Dirlich, wenn Sie den gleichen Anspruch, den Sie eben an das Dritte Reich gestellt haben, an Ihr eigenes Verhalten und Ihre eigene Präsentation auch im Landtag stellen würden, so müssten Sie sich schämen
Das SED-Regime hat mit ebenso hoher Kraft versucht, die Verführung von Massen durch ideologische Beeinflussung zu erreichen.
Das ist ja die Tragik dieses Jahrhunderts, dass wir in Deutschland Totalitarismen unterschiedlicher Prägung hatten.
Herr Abgeordneter Schomburg, sind Sie bereit, auf eine Frage der Abgeordneten Frau Dirlich zu antworten?
Ich bedauere, dass es nicht einmal gelungen ist, dieses Thema in den Innenausschuss zu holen, um es mit Betroffenen und mit Vertretern der Verbände zu besprechen. Dann hätten die unterschiedlichen Ansichten auch mit den Vertretern ausgetauscht werden können. Das muss jetzt im außerparlamentarischen Raum erfolgen. Insofern bedauere ich das heute. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Schomburg, ich will nichts weiter wissen als das, woran Sie feststellen, dass ich mich nicht zu meiner persönlichen SED-Vergangenheit bekenne, und woran Sie festmachen, dass ich nicht kritisch mit der Vergangenheit der SED umgehe. Woran machen Sie das fest? Ich behaupte, ich habe das immer getan und werde es auch in Zukunft tun.