Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

hätten Sie die positiven Reaktionen der Arbeitgeber und der Wirtschaftsverbände durchaus vernommen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Aber wer nicht hinhören will, der hört auch nichts.

Herr Dr. Püchel, die Landesregierung hat nie behauptet, mit dem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz sei von einem auf den anderen Tag mit neuen zusätzlichen Investitionen und Arbeitsplätzen zu rechnen. Sie brauchten sich nur der Mühe zu unterziehen, einmal den Titel zu lesen. Da ist die Rede vom Investitionserleichterungsgesetz. Schon der Überschrift ist zu entnehmen, was wir wollen. Wir wollen vor allen Dingen die Investitionen erleichtern. Wir haben nicht gesagt, dass sich damit plötzlich die Schleusen öffnen

(Herr Dr. Püchel, SPD: Doch, doch!)

und dass aus aller Herren Länder jetzt die Investoren zu uns kommen.

(Herr Reck, SPD: Dr. Höppner ist doch schon ei- ne ganze Weile weg!)

Nicht zu unterschätzen ist aber die Wirkung auf die Stimmung der Unternehmen in unserem Land. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, es nützt einfach nichts, die schlechte Wirtschaftslage in unserem Land nur immer zu beklagen. Wir müssen etwas tun.

(Zustimmung von Herrn Geisthardt, CDU)

Denn wie schon Ludwig Erhard sagte - ich darf einmal an diesen Christdemokraten erinnern; denn Zitate von Sozialdemokraten fallen mir in diesem Zusammenhang nicht ein -:

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

„Die Hälfte der Wirtschaft ist Psychologie.“

(Frau Theil, PDS: Ja, ja! Ja, ja!)

- Ja, ja, so ist das, Frau Bürgermeisterin.

(Heiterkeit bei der CDU - Frau Theil, PDS: Ja, ja! - Herr Dr. Püchel, SPD: Herr Dr. Becker, der Psy- chologe! - Weitere Zurufe)

Die Aufgabe, den Gesetzentwurf einzubringen, ist mir als Justizminister zugefallen, weil es erforderlich war, die Anliegen aus den Geschäftsbereichen verschiedener Ministerien zu bündeln, und weil mein Haus, auch aufgrund der Regierungserklärung und der Vorgaben des Herrn Ministerpräsidenten, für die Deregulierung von Rechtsvorschriften zuständig zeichnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie dürfen allerdings davon ausgehen, dass die Herren Fachkollegen und die Fachkollegin in den Fachausschüssen Rede und Antwort stehen werden, wenn es um die Diskussion über diesen Gesetzentwurf geht.

Lassen Sie mich zu dem Gesetzentwurf einiges sagen. Artikel 1 sieht die Aufhebung des § 20a des Frauenfördergesetzes vor. Abgesehen davon, dass es grundsätzlich zweifelhaft sein kann, ob mit den Mitteln des öffentlichen Vergabeverfahrens Frauenpolitik überhaupt betrieben werden kann oder darf, hat bereits unsere Vorgängerregierung die Umsetzung dieses § 20a überhaupt nicht vollzogen. Sie hat die notwendige Verordnung von vornherein nicht erlassen. Schon das zeigt, dass man

damals im Grunde genommen gemerkt hat, dass der ganze § 20a ein echter Rohrkrepierer war. Deshalb sind wir heute für seine Aufhebung.

Artikel 2 enthält Änderungen der Gemeindeordnung. Kernstück dieser Änderungen ist die Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen in § 116 der Gemeindeordnung. Bislang sah die Regelung eine einfache Subsidiaritätsklausel vor, nach der eine wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden nur dann ausgeschlossen war, wenn der private Konkurrent die Aufgaben besser und wirtschaftlicher erledigen konnte.

Die nunmehr angestrebte, verschärfte Fassung der Subsidiaritätsklausel untersagt die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden schon bei gleich guter und wirtschaftlicher Zweckerfüllung durch Privatunternehmen. Selbstredend gibt es eine Bestandssicherungsklausel für alle bereits bestehenden kommunalen Unternehmen; sonst käme das im Grunde genommen einer Enteignung gleich.

Artikel 3 des Entwurfs eines Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes soll die Verwaltungspraxis bürgerfreundlicher und verfahrensbeschleunigend gestalten. An der im Jahr 1996 gegen den Willen der CDU eingeführten Gebührenfreiheit für Widerspruchsverfahren im Abgabenrecht wird im Grundsatz festgehalten, weil in einer Vielzahl von Fällen erst im Widerspruchsverfahren die richtige Veranlagung erstritten wird. Dies kann aber nicht rechtfertigen, dass auch unbegründete Widersprüche begünstigt werden, die nach dem Motto „Was nichts kostet, ist nichts wert“ eingelegt werden. Deshalb werden diese künftig nicht mehr kostenfrei sein.

Darüber hinaus ist vorgesehen, die Kalkulationszeiträume und Regelungen zum Ausgleich von Kostenüber- und -unterdeckungen im Interesse der Gebührenschuldner und der Verwaltungspraktikabilität auszuweiten. Aus diesem Grund soll künftig ein Ausgleich nicht mehr nur innerhalb eines Jahres, sondern innerhalb des nächsten Kalkulationszeitraumes - das wären drei Jahre - erfolgen können.

(Frau Theil, PDS: Da arbeiten die drei Jahre mit dem Geld!)

- Die drei Jahre sind im Grunde genommen vernünftig, Frau Theil.

(Zuruf von Frau Theil, PDS)

Diese drei Jahre sind vernünftig, denn sie lassen eine praktikable Lösung zu.

Die in Artikel 4 vorgesehenen umfangreichen Änderungen des Abfallgesetzes betreffen im Wesentlichen neben Maßnahmen zur Deregulierung auch die Umsetzung des geltenden EU- oder Bundesrechts und dienen der laufenden Verwaltungsreform.

Ich darf vielleicht ergänzend hinzufügen, dass es natürlich Artikel in diesem Zweiten Investitionserleichterungsgesetz gibt, die andere Aufgaben erfüllen, wie beim Abfallgesetz ersichtlich, weil aufgrund von EU- oder Bundesrecht Reglungsbedarf besteht. Diese Regelungen haben wir in das Gesetz aufgenommen, sodass es in der Tat - das sage ich an die Adresse der Kritiker, die im Grunde genommen immer das Haar in der Suppe des anderen finden wollen - einige Vorschriften gibt, die nicht unmittelbar etwas - -

(Herr Dr. Püchel, SPD: Da ist eine ganze Pe- rücke in der Suppe!)

- Die würden Sie nie finden, Herr Dr. Püchel, denn Sie haben gar keine Haare mehr! Das wissen Sie ja.

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage außerhalb des Protokolls: Einer, der keine Haare hat, kann über einen anderen reden, der auch keine Haare hat; das ist logisch.

Exemplarisch möchte ich einige Vorschriften der Abfallgesetzes, die sich investitionsfördernd auswirken können, erwähnen.

Mit den durch Artikel 4 Nrn. 9 und 10 vorgenommenen Änderungen in den §§ 16 und 17 des Abfallgesetzes soll eine Vereinfachung der Planung der Abfallwirtschaft herbeigeführt werden. Zum einen ist mit den Änderungen eine einheitliche Zuständigkeit der oberen Abfallbehörde für die Erstellung des Abfallwirtschaftsplanes für besonders überwachungsbedürftige und für die nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfälle beabsichtigt. Zum anderen soll der zuständigen Abfallbehörde die Möglichkeit gegeben werden, von verbindlichen Festlegungen im Abfallwirtschaftsplan in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zuzulassen. Das gewährleistet eine flexiblere Handhabung und begünstigt damit auch Investitionen.

Jetzt wird es sicherlich für viele interessant. In Artikel 4 Nr. 11 ist vorgesehen, durch den Wegfall der §§ 18 und 19 des Abfallgesetzes einen regional uneingeschränkten Wettbewerb zu gewährleisten und die Marktchancen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu verbessern. So ist das Verbot von Abfalltransporten aufzuheben - Schlagwort Müllimport -, um die Auslastung bestehender, dem Stand der Technik entsprechender Entsorgungsanlagen nicht zu gefährden.

Wir wissen, bis zum Jahr 2005 ist nicht mehr viel Zeit und es gibt einige Entsorgungsanlagen, die bis dahin nicht verfüllt werden können und bei denen dann unnötigerweise über die Gebühren, sprich über den Bürger, die Schließung der Anlage herbeigeführt werden muss. Wenn bei diesen Entsorgungsanlagen das Aufkommen an Gebühren durch Müllimporte angehoben werden kann, dann kommt das letztlich dem einzelnen Gebührenzahler zugute.

Ich komme zu einem weiteren Artikel, nämlich zu Artikel 5. Der Artikel 5 betrifft die Änderung der Bauordnung Sachsen-Anhalts. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat vor, die Frage der Stellplatzablösung an die Regelungen der Musterbauordnung anzugleichen. Das heißt, wir wollen den Gemeinden größere Freiheitsrechte einräumen, als es bisher der Fall war, sodass sie selbst bestimmen können, ob und in welchem Umfang sie für Stellplätze Ablösebeträge erheben oder nicht. Damit werden den Kommunen größere Abwägungsspielräume beim Erlass solcher Vorschriften gegeben.

Bei der Änderung der Bauordnung geht es ferner um gewisse genehmigungsfreie Bauvorhaben, wie zum Beispiel im Bereich der Garagen. Unlängst hat Radio SAW darüber berichtet, dass sich dort ein Bürger gemeldet hat, der sagte, er hätte sich im Kaufhaus ein Carport zu einem Preis von etwa 400 € gekauft.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das ist wenig!)

- Das ist sehr wenig, das ist richtig. - Das Genehmigungsverfahren habe

(Zuruf von Frau Theil, PDS)

- Frau Theil, hören Sie zu - mehr Gebühren verschlungen, als der Carport selbst gekostet habe. Da ist doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas nicht in Ordnung. Hier müssen wir handeln.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie, Herr Püchel, sagen, das sei weiße Salbe, dann möchte ich wissen, ob Sie noch wissen, welche Salbe unser Volk eigentlich braucht.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt komme ich zu den Artikeln 6 und 7 und zu Ihnen, Frau Budde. In diesen Artikeln geht es um das Bildungsfreistellungsgesetz. Frau Budde, Sie sagten, wir würden das Bildungsfreistellungsgesetz pauschal beseitigen. Ich glaube, damals, als Sie diese Äußerung gemacht haben, hatten Sie das Gesetz noch nicht in der Hand. Sie haben nur etwas gehört und gedacht: Das muss ich sofort abschießen. Da muss ich mich sofort in der Öffentlichkeit zu Wort melden.

(Frau Budde, SPD: Wehret den Anfängen, Herr Becker!)

- Sie sollten damit etwas zurückhaltender sein. - Wir wollen in der Tat die Möglichkeit auf Freistellung für berufliche Bildung erhalten. Aber Sie haben so getan, als ob wir alles abschaffen wollten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Kritik in diesen Punkt revidieren würden.

(Frau Budde, SPD: Ich denke gar nicht daran! Politische Bildung!)

- Politische Bildung wollen wir allerdings nicht - damit haben Sie völlig Recht -

(Frau Budde, SPD: Dass Sie politische Bildung nicht wollen, das unterscheidet uns!)