Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003

Vielleicht darf ich Sie, Herr Metke, freundlich auf Folgendes hinweisen: Wenn Ihre Gewerkschaft inzwischen mit aller Gewalt versucht, die 38-Stunden-Woche durch die 35-Stunden-Woche zu ersetzen, dann schaffen Sie damit einen ausgesprochenen Standortnachteil.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

An diesem Punkt würde ich eigentlich etwas mehr Kooperationsbereitschaft erwarten.

(Herr Gallert, PDS: Gewerkschaften überhaupt sind ein Standortnachteil! - Zurufe von der SPD: Genau! - Heiterkeit bei der SPD)

- Das haben Sie gesagt.

(Herr Gürth, CDU: Das war eine programma- tische Aussage der PDS!)

Herr Minister, beantworten Sie eine weitere Frage von Herrn Reck?

Aber klar.

Bitte sehr.

Herr Minister Rehberger, Sie haben erklärt - das begrüße ich -, dass die Initiative Mitteldeutschland drei Bundesländer umfasst. Die Altmark ist Bestandteil eines dieser drei Bundesländer.

Meine Frage: Welche strategischen Überlegungen haben Sie, die Altmark in diese Initiative einzubeziehen? Oder anders gefragt: Wie kann der Eindruck vermindert werden, dass die Altmark bei dieser Initiative Mitteldeutschland eine Randerscheinung darstellt?

Sehr verehrter Herr Kollege Reck, Sie hätten acht Jahre lang gute Gelegenheit gehabt, dafür zu sorgen, dass die Altmark nicht zu abgehängt ist, indem Sie zum Beispiel die A 14 rechtzeitig geplant und diese Planung umgesetzt hätten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD)

- Herr Heyer und Herr Höppner, ich weiß, es regt Sie auf, aber es ist die reine Wahrheit. - Die Herrschaften haben acht Jahre lang die Altmark nicht ordnungsgemäß erschlossen; jetzt wundern sie sich darüber, dass die Altmark einen Nachholbedarf hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir nehmen das zur Kenntnis, und ich verspreche Ihnen: Wir arbeiten das systematisch auf; Sie können es ja auch verfolgen.

Es gibt noch eine Frage des Abgeordneten Herrn Heyer. Beantworten Sie diese Frage auch noch? - Bitte schön.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, wir haben schon im Wahlkampf über diese Frage und über Ihren Vorwurf geredet, die Landesregierung von Sachsen-Anhalt habe es in den letzten acht Jahren versäumt, etwas Vernünftiges für die Fortsetzung

der A 14 bzw. für die Errichtung der Altmark-Autobahn zu tun. Ich frage Sie deshalb hier und bitte um eine ausnahmsweise unpolemische und ehrliche Antwort: Ist Ihnen bekannt, dass die Entscheidung, den nördlichen Teil der A 14 nicht in den vordringlichen Bedarf, sondern in den weiteren Bedarf aufzunehmen, sodass die Hände relativ gebunden waren, dieses Projekt überhaupt durchzusetzen, zu einer Zeit gefallen ist, als Sie - auch Sie persönlich - Verantwortung für die Verkehrspolitik in diesem Lande getragen haben?

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Heyer, es ist völlig richtig, dass wir seinerzeit den Bundesverkehrswegeplan von solchen Projekten, die zwischen den beteiligten Ländern völlig streitig waren, zunächst einmal entlastet haben, weil es einfach darum ging, so rasch wie möglich das, was machbar war, auch zu realisieren.

(Zuruf von Herrn Dr. Heyer, SPD)

- Verzeihen Sie, Herr Dr. Heyer: Lesen Sie doch netterweise einmal die Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und den Grünen aus dem Jahr 1994. Darin steht ausdrücklich: keine Altmark-Autobahn.

(Herr Gürth, CDU: Genau so ist es!)

Schauen Sie sich den Landesentwicklungsplan an, den Sie mit verabschiedet haben. Darin steht lediglich eine Bundesfernstraße, weil Sie sich im Hinblick auf die PDS noch nicht einmal getraut haben, etwas von einer Autobahn hineinzuschreiben. Das ist Ihre Politik.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Bischoff, SPD: Hoch! Hoch! Hoch! - Heiter- keit bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Poser das Wort.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

(Herr Reck, SPD: Die Sorgen der Altmärker nicht ernst zu nehmen, das ist die Politik dieses Parla- ments! - Weitere Zurufe)

Ich darf doch hoffen, dass diese Zwischenrufe mir nicht auf die Redezeit angerechnet werden.

Ich hatte jetzt dem Abgeordneten Herrn Poser für die CDU-Fraktion das Wort erteilt. - Wir werden jetzt Ihren Worten gemeinsam zuhören.

Ich bedanke mich. - Nochmals: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die im SPD-Antrag aufgeworfene Problematik der regionalisierten Strukturpolitik beschäftigt uns im Land SachsenAnhalt seit vielen Jahren. Seit 1996 haben sich fünf Regionen gebildet, die später die Planungsregionen der kommunalisierten Regionalplanung geworden sind.

Eine adäquate Antwort auf die Intensivierung weltwirtschaftlicher Verflechtungen im Rahmen der Globalisierung ist die Aufwertung bzw. die Stärkung von regionalen Standortfaktoren durch regionale Kooperation. In den letzten Jahren zeichnete sich somit quasi als Gegenpol zur Globalisierung ein Trend zur territorialen Integration von Produktionsstandorten der Industrie und zur Bildung von regionsinternen Netzwerken zwischen spezialisierten Unternehmen ab.

Die regionale Strukturpolitik hat in Sachsen-Anhalt dazu beigetragen, dass nur fünf großräumige Landesteile jeweils im breiten Konsens über grundsätzliche Entwicklungsrichtungen vorliegen, an deren Fortbestand Kommunalpolitik, Verwaltung, Wirtschaft sowie Kammern und Verbände aktiv mitwirken.

Als dezentrales Arbeitsprinzip steht die regionale Strukturpolitik unter dem Motto: „Weniger Staat, aber mehr Eigenverantwortung und kreative Initiative vor Ort“. Diese Funktionsweise gestattet den Wettbewerb in und zwischen den Regionen, die besten Entwicklungslösungen und Strukturkonzepte.

Wir müssen aber grundsätzlich zwischen der politischen Ebene, die den Ansatz trägt, im Verwaltungsbereich der drei Länder durch die Initiative Mitteldeutschland enger zusammenzuarbeiten, und der wirtschaftlichen Ebene unterscheiden.

Auf wirtschaftlichem Gebiet hat sich die Region um den mittelständischen Kernraum Dessau, Halle/Leipzig, Jena/ Gera zu einer engen Zusammenarbeit entschlossen. Die Zerstückelung dieses mitteldeutschen Industriegebietes war zwar politisch gewünscht, aber wirtschaftlich problematisch. Um diese Entwicklung zu korrigieren, haben die drei Landesregierungen und die Wirtschaft auf ihren Ebenen, die ich schon erwähnte, die Zusammenarbeit forciert. Als Priorität wird unter anderem für die künftige Entwicklung der Region die Wachstumsdynamik durch Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung angesehen.

Zum Thema Förderpräferenzen. Fördermittel unterliegen keiner willkürlichen Verteilung nach Staatsregeln, vielmehr gilt: Gefördert werden die besten Konzepte und Projekte unabhängig vom Standort. Eine regionale Differenzierung erfolgt sehr wohl dann, wenn wirtschaftliche Indikatoren und Voraussetzungen dies zulassen. Dies sind das Niveau der Arbeitslosigkeit, des Pro-Kopf-Einkommens und insbesondere der Infrastruktur. Nach wie vor werden Fördermittel im Wettbewerb der beantragten Projekte bewilligt, unabhängig davon, ob der Antragsteller aus dem Harz, der Altmark oder aus Dessau oder, wie im Antrag der SPD-Fraktion formuliert, aus einer Kernregion kommt.

In dem vorliegenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird die Landesregierung gebeten, im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit über den Stand und die Konzepte der regionalen Kooperationen in den fünf Planungsregionen des Landes unter besonderer Berücksichtigung der Länder übergreifenden Zusammenarbeit im Großraum Dessau, Halle/Leipzig, Jena/Gera zu berichten.

Eine solche Vorgehensweise ist notwendig, weil derzeit bereits vier Regionen - bis auf die Region Harz - die schrittweise Umsetzung ihrer eigenständig erarbeiteten strukturellen Entwicklungsziele verfolgen und dieses Vorgehen durch GA-Mittel gefördert und durch das Regionalmanagement seitens des Landes unterstützt wird.

Zudem werden gegenwärtig in drei Regionen Entwicklungskonzepte überarbeitet und präzisiert. Daraus ergeben sich sicherlich Konsequenzen für eine künftige Begleitung durch das Land.

Außerdem ist für den Länder übergreifenden Kooperationsraum Mitteldeutschland im Herbst eine dritte Zukunftskonferenz vorgesehen, die sich mit Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der Regionen im Kontext mit anderen europäischen Wachstumsregionen beschäftigen wird.

Aus den genannten Gründen bitte ich Sie, dem Änderungsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion zuzustimmen. Dem Antrag der SPD-Fraktion können wir unsere Zustimmung nicht erteilen, weil in diesem die tatsächlichen Verhältnisse und Zusammenhänge der aktuellen regionalpolitischen Entwicklung im Land ungenügend berücksichtigt bzw. nicht exakt aufgeführt worden sind.

(Frau Budde, SPD: Welch Wunder! Man müsste mal was Inhaltliches sagen, Herr Poser!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Poser. Würden Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Reck beantworten? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Reck.

(Herr Gürth, CDU: Zur Altmark?)

Sehr geehrter Herr Poser, ich habe in meiner Frage an Minister Rehberger vorhin versucht, deutlich zu machen, dass es große Sorgen und Ängste in der Altmark dahin gehend gibt, dass sie bei der Initiative Mitteldeutschland an den Rand gedrängt werden. Der Minister hat mir darauf eine polemische Antwort gegeben, die ich nicht in die Altmark tragen möchte; denn diese Antwort kann ich den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten.

(Zustimmung von Frau Fischer, Naumburg, SPD - Herr Gürth, CDU: Wieso nicht? Weil sie richtig war?)