- Im vergangenen Jahr, also 2002. Damit waren wir nachweislich besser als die anderen neuen Bundesländer.
Es gibt auch in diesem Jahr wieder Schwierigkeiten, weil das betriebliche Lehrstellenangebot zurückgegangen ist. Das hängt mit der wirtschaftlichen Situation zusammen. Ich denke, das muss ich niemandem erklären. Glücklicherweise ist dieser Rückgang bei uns niedriger als in den anderen neuen Bundesländern. Aber er beträgt immerhin 6,2 %. In Sachsen liegt dieser Rückgang bei 11 % und in Thüringen bei 9,8 %.
Wir werden auch in diesem Jahr wieder versuchen, die Probleme im Lehrstellenbereich mit einer Reihe von Maßnahmen zu lösen. Dazu gehören beispielsweise Unterstützungsprogramme, die zusätzlich zu den Bundesprogrammen aufgelegt werden, und die Erarbeitung einer Richtlinie zur Förderung erstmals ausbildender Betriebe. Darüber wurde bereits gesprochen. Es ist richtig, dass zunächst der Begriff „erstmals“ definiert werden muss. Als erstmalige Ausbildung wird auch eine Wiederaufnahme der Ausbildung nach drei Jahren gewertet.
Für alle diese Maßnahmen stellen wir die Mittel zur Verfügung. Ich hoffe - das werden wir aber erst im Herbst wissen -, dass wir damit ein im Vergleich zum Vorjahr gleichwertiges Ergebnis erzielen können.
Es ist richtig, dass wir in Sachsen-Anhalt einen negativen Wanderungssaldo zu verzeichnen haben. Ich beklage dies genauso wie Sie. Übrigens haben alle neuen Bundesländer dieses Problem. Das ist nicht das alleinige Schicksal Sachsen-Anhalts. In jedem Jahr verlassen in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen mehr junge Menschen Sachsen-Anhalt als hinzukommen. Aber es kommen auch Menschen hierher. Es hat keinen Zweck, immer nur über die Wegzüge zu reden.
- Wir reden nicht über die Älteren, sondern über bestimmte Jahrgangskohorten, wie es von den Statistikern so schön bezeichnet wird.
Sachsen-Anhalt verfügt zum Glück über Universitäten und Fachhochschulen, die einen guten Ruf haben. Ich habe mir einmal Zahlenmaterial über den Zuzug von Studenten nach Sachsen-Anhalt zuarbeiten lassen. Das ist nicht ganz einfach. Es gibt auch erhebliche Unterschiede. Insgesamt lässt sich jedoch sagen, dass zwischen 13 und 25 % der Studenten aus anderen, auch aus den alten Bundesländern kommen. Das zeigt, dass unsere Universitäten und Fachhochschulen gefragt sind. Das wollen wir.
Für diejenigen, die weiter als bis drei zählen können, möchte ich hinzufügen, dass diese Thematik auch eine Kehrseite hat. Wir bezahlen die Ausbildung für diese Studenten mit unseren Finanzmitteln. Das wollen wir und das werden wir auch weiterhin tun. Aber letztlich können wir nur dann einen Vorteil daraus ziehen, wenn wir diesen jungen Menschen bei uns Arbeitsplätze anbieten können, damit sie bei uns ihre Steuern zahlen.
Das ist gegenwärtig noch nicht in dem notwendigen und wünschenswerten Umfang der Fall. Deshalb reduzieren sich alle Probleme, insbesondere die Beschaffung von Arbeitsplätzen für diejenigen, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, auf Reformen der Wirtschaftspolitik in Sachsen-Anhalt und selbstverständlich auch in Deutschland.
Ich habe mehrfach von diesem Pult aus gesagt, dass wir die Rahmenbedingungen ändern müssen. Ich bitte diejenigen, die die letzten Jahre miterlebt haben, darum, sich einmal in aller Deutlichkeit zu erinnern. 1998 ist verkündet worden, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland ein bundesdeutsches Problem sei und ein neuer Bundeskanzler sich vorgenommen habe, sie zu halbieren. Jeder weiß, wovon die Rede ist.
Etwa ein halbes Jahr später wurde uns erzählt, dass es überhaupt kein deutsches Problem, sondern ein Problem der globalen, internationalen Weltwirtschaft ist, das wir nur dann lösen können, wenn auch die Wirtschaft in den USA wieder in Schwung kommt. Dreieinhalb Jahre lang war dies kein deutsches Problem, sondern ein Problem der Weltwirtschaft.
Dann kam plötzlich der Personalchef von VW Herr Hartz und sagte, wenn wir die Strukturen der Arbeitsverwal
tung ändern würden, würden wir die Probleme lösen. Die Vorschläge kennen Sie; ich muss sie nicht rekapitulieren. Aber damit wurde ein Paradigmenwechsel akzeptiert, nämlich dass es nun wieder ein deutsches Problem ist, das wir hier bei uns lösen müssen.
Deshalb waren wir auch bereit, diese Schritte mitzugehen. Wir sind nahezu dankbar dafür, dass der Bundeskanzler nach fast fünfjähriger Regierungszeit anerkannt hat, dass wir in Deutschland Reformen brauchen. Nun warten wir auf entsprechende Gesetzentwürfe aus dem Bundestag. Die Kollegen von der SPD kennen die Diskussion; wir beobachten sie mit Interesse.
Eines ist richtig: Wenn sich auf dieser Ebene nichts bewegt, werden auch wir unsere Ziele nicht erreichen. Das muss jeder wissen. Deswegen kann ich nur an diejenigen, die uns bedrängen, appellieren, diesen Weg mitzugehen. Sonst werden wir in Deutschland keine anderen Rechtsstrukturen für eine neue Wirtschaftspolitik schaffen.
Da ich manchmal an Visionen erinnert werde, möchte ich zum Schluss noch etwas dazu sagen. Es ist nicht so, dass ich keine Visionen hätte, Frau Dr. Sitte. Aber ich bin kein Träumer. Das gebe ich gern zu.
Deshalb bin ich nicht bereit, in die Larmoyanz einzufallen und zu beklagen, dass viele junge Leute begriffen haben, dass diese Welt größer ist als Sachsen-Anhalt. Ich kann jedem nur raten, sich auf dieser Welt umzusehen, auch andere Länder, andere Probleme und andere Sozialstrukturen kennen zu lernen und sich darüber schlau zu machen, wie diese Probleme in anderen Ländern gelöst werden. Aber dann hoffe ich, dass möglichst viele zurückkommen, um zahlreiche Lebenserfahrungen reicher, und sagen, es lohnt sich, bei uns in SachsenAnhalt ihre Zukunft aufzubauen. - Dies ist meine Vision. Damit lasse ich mich auch gern beim Wort nehmen.
Danke, Herr Ministerpräsident. - Ich frage die Fraktionen, ob jemand das Recht wahrnehmen möchte, noch einmal zu reden? - Das ist nicht der Fall. Damit ist die Debatte beendet. Beschlüsse zur Sache werden gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung nicht gefasst. Somit schließen wir die Aktuelle Debatte ab.
Gemäß § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Drs. 4/801 insgesamt sieben Kleine Anfragen für die Fragestunde vor.
Wir kommen zur Frage 1. Sie betrifft das Thema Ausbildung durch das Land Sachsen-Anhalt und wird von der Abgeordneten Frau Britta Ferchland von der PDSFraktion gestellt. Bitte sehr, Frau Ferchland.
1. Wie viele Ausbildungsplätze stellt das Land Sachsen-Anhalt für dieses Jahr zur Verfügung und wie viele davon sind derzeit besetzt?
2. Wie viele Auszubildende beabsichtigt das Land Sachsen-Anhalt 2003 zu übernehmen? Bitte nach Ausbildungsbereichen aufschlüsseln.
Danke, Frau Abgeordnete. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Minister für Wirtschaft und Arbeit Herrn Dr. Rehberger erteilt. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Ferchland wie folgt.
Zu 1: Das Land Sachsen-Anhalt stellt für das Ausbildungsjahr 2003 mindestens 494 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Die Landesregierung prüft derzeit die Schaffung weiterer Ausbildungsplätze, die über den eigenen Bedarf hinausgehen. Die Plätze werden mit Beginn der Ausbildung, also ab August 2003 besetzt.
Zu 2: Über die Einstellung von ausgebildeten Nachwuchskräften in befristete oder unbefristete Arbeitsverhältnisse entscheiden die obersten Landesbehörden jeweils im Einzelfall. Im Hinblick auf die engen haushaltswirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgen Einstellungen maßgeblich danach, ob vordringlicher Personalbedarf besteht, wie sich die Einstellungen auf den Stellen- und Personalabbau des jeweiligen Ressorts auswirken und in welchem Umfang die vom Haushaltsgesetzgeber festgelegte globale Minderausgabe erwirtschaftet ist.
Im Bereich des Ministeriums für Bau und Verkehr werden elf Straßenwärter und ein ausgebildeter Baureferendar eingestellt. Für andere größere Bereiche sind die Überlegungen der Landesregierung noch nicht abgeschlossen. Insbesondere für die großen Bereiche der Landespolizei und der Lehrkräfte an den Schulen werden kurzfristig Entscheidungen getroffen; darauf hat der Herr Ministerpräsident eben hingewiesen.
Ich rufe für die Frage 2 zu dem Thema Existenzgefährdung für Schullandheime, Jugendherbergen und Kitze Herrn Abgeordneten Bischoff von der SPD-Fraktion auf.
Die Landesregierung hat durch den Runderlass des Kultusministeriums vom 13. September 2002 - das ist die Richtlinie für Schulwanderungen und Schulfahrten - die Anbieter in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. Von August 2002 bis Dezember 2002 wurden beängstigende Übernachtungsrückgänge bei Schülerübernachtungen festgestellt. Das Deutsche Jugendherbergswerk musste allein für diesen Zeitraum 21 332 Übernachtungen weniger verzeichnen. Von Januar 2003 bis
April 2003 waren es noch einmal 9 960 Übernachtungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Das entspricht einem Anteil von fast 20 % an der Gesamtzahl der Schülerübernachtungen.
Obwohl in den letzten Jahren in die Schullandheime, Jugendherbergen und Kitze mehr als 65 Millionen € aus Mitteln des Landes, der Landkreise und Gemeinden, der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt und der Arbeitsverwaltung investiert wurden, wird ihnen mit diesem Erlass die Existenzgrundlage entzogen. Abgesehen von den negativen Auswirkungen, die ein Einschnitt in die pädagogisch wertvollen Schulfahrten und Freizeitmaßnahmen für die Bildungspolitik insgesamt mit sich bringt, sind die Schließung von Einrichtungen und die Entlassung von Mitarbeitern die Folge.
1. Wann wird die Landesregierung diesen Runderlass zurückziehen oder ändern bzw. welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um Schulfahrten weiterhin wie bisher zu ermöglichen?
2. Führt die verpflichtende Nutzung von Freiplätzen zu einem Interessenkonflikt der Lehrer und Lehrerinnen bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der eingeholten Angebote, wenn diese Prüfung einerseits im Interesse des Landes Sachsen-Anhalt nach dem Kriterium der Freiplätze und andererseits im Interesse der Schüler nach dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit der Angebote erfolgen muss?
Danke, Herr Abgeordneter Bischoff. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Kultusminister Professor Olbertz erteilt. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage des Abgeordneten Bischoff wie folgt.
Zunächst eine Vorbemerkung. Der Runderlass zu den Schulfahrten vom 13. September 2002 hat die entsprechenden Regelungen vom März 2002 in wesentlichen Teilen präzisiert und die Planung solcher Vorhaben durch klarere Vorgaben und Hilfestellungen vereinfacht. Durch die Vorgabe zur Orientierung von Schulfahrten, zum Beispiel auf Ziele der Region - Auslandsfahrten sollen im Regelfall erst ab dem 10. Schuljahr zugelassen werden -, ist im Hinblick auf die heimischen Anbieter von entsprechenden Leistungen, im Besonderen die Jugendherbergen und die Schullandheime, sogar eine Verbesserung der Situation eingetreten, was die Jahrgänge und die Nachfrage betrifft.
Dass bei der Überarbeitung des Erlasses auch Möglichkeiten der leider gebotenen Kostenreduzierung Berücksichtigung finden mussten, etwa hinsichtlich der Freiplatzregelung für Begleitpersonen oder auch im Hinblick auf die Häufigkeit mehrtägiger Schulfahrten und der daraus immerhin auch erwachsenden Belastungen für die Eltern, ist angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation im Land nachvollziehbar.