Protokoll der Sitzung vom 18.09.2003

(Herr Bullerjahn, SPD: Da haben Sie keine Ah- nung, Herr Rehberger!)

Ich wollte eigentlich etwas Nettes sagen. Es tut mir Leid, wenn Sie selbst meine Nettigkeiten missverstehen.

(Unruhe bei der SPD)

Aber okay. - Zurück zum eigentlichen Thema! Verehrte Frau Kollegin Budde, möchte ich jetzt einmal sagen, wir haben uns, was die Förderung von einzelbetrieblichen Maßnahmen im Bereich des Tourismus anbetrifft - wie

bisher übrigens auch -, in wichtigen Fällen vorbehalten, dennoch eine Förderung auszubringen. Es ist schon denkbar, dass es die eine oder andere Investition gibt, die weit über den Standort hinaus von großer Bedeutung ist. Diese werden wir auch fördern. Aber es muss wirklich betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich sinnvoll sein. Ich glaube, wenn wir das, was in den Ländern Thüringen und Sachsen auf diesem Sektor geschieht, auch bei uns machen, dann kann das so falsch nicht sein.

Was den Vertrauensschutz betrifft, der sicherlich bei solchen Förderrichtlinien eine große Rolle spielt, hat Frau Budde dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass wir, um diejenigen zu schützen, die im Vertrauen auf die bisherigen Regelungen Anträge vorbereitet oder eingereicht haben, alle Anträge, die bis zum 30. November dieses Jahres komplett sind, also insbesondere eine umfassende Finanzierung beinhalten, nach den bisherigen Richtlinien bescheiden werden.

Übrigens, im Amtsblatt des Landes werden die Richtlinien in Kürze erscheinen. Dann werden Sie auch feststellen, dass selbstverständlich wie bisher auch in Zukunft die Schaffung von Ausbildungsplätzen ein besonders wichtiger Förderungsgrund ist.

Lassen Sie mich zum weiteren Diskussionsbedarf noch Folgendes sagen: Die PDS hat, wie ich glaube, den sehr interessanten und berechtigten Antrag gestellt, dass wir uns über die weitere Entwicklung im Bereich des operationellen Programms unterhalten sollten. Das werden wir in jedem Fall tun und tun müssen; denn eines ist auch ganz klar: dass die Landesregierung und auch das Parlament - jedenfalls auf dem Wege der Information - sich in den nächsten Wochen darüber schlüssig werden müssen, wie wir etwa die Reserve in Höhe von 150 Millionen €, die noch nicht festgelegt ist, in Zukunft einsetzen wollen.

Man wird sich auch darüber unterhalten müssen, wie gewisse Umschichtungen innerhalb des Programms erfolgen sollen. Es gibt Teilprogramme, die sehr erfolgreich waren; es gibt andere, die nicht erfolgreich waren. Da gibt es die wichtige Aufgabe, das neu zu strukturieren, und das werden wir selbstverständlich auch im Wirtschaftsausschuss im Einzelnen diskutieren.

Ganz zum Schluss der Hinweis, dass das, was wir jetzt als Zwischenstufe der Öffentlichkeit, auch über das Amtsblatt, unterbreiten, natürlich nicht das letzte Wort ist. Jeder kann sich ausrechnen, dass wir angesichts der insgesamt erfreulichen Entwicklung im Sommer kommenden Jahres eine erneute Entscheidung über die dann für die Zukunft geltenden Regelungen zu treffen haben werden.

Ich habe bereits im Wirtschaftsausschuss gesagt, weil es dann wirklich ans Eingemachte geht, dass wir uns über viele Dinge im Wirtschaftsausschuss sehr gründlich unterhalten werden. Ich bin nämlich der Überzeugung, dass gerade dieses Thema zumindest von der Mehrheit des Hauses mitgetragen werden muss, weil es natürlich nie angenehm ist, wenn man Förderungen zurücknimmt. Wenn diese Rücknahmen sehr einschneidend sind, dann muss das auch politisch mitgetragen werden.

Insofern, meine Damen und Herren, freue ich mich auf eine weitere Diskussion, die nur dadurch notwendig geworden ist, dass unsere Ansiedlungspolitik so erfolgreich ist. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Laaß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidenten! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Frau Budde, es muss wohl noch sehr stark schmerzen, dass Sie nicht mehr Wirtschaftsministerin dieses Landes sind. Sie haben soeben - das Gefühl hatte ich - Ihren eigenen Antrag beantwortet, in hervorragender Weise Ihre Analysen gemacht. Das finde ich ganz prima. Aber wir sollten uns an die Anträge halten, die im Parlament gestellt worden sind, die wir auch zu entscheiden haben.

Es liegen ein Antrag sowie ein Alternativantrag zu einem der wichtigsten Themen, über die wir überhaupt im Landtag zu sprechen haben, vor. Es geht um Wirtschaftsförderung sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft. Dieser Bereich nimmt auch in den Haushalten eine der wichtigsten Prioritäten ein. Deshalb sind auch wir, die Fraktion der CDU, der Meinung, dieses Thema intensiv begleiten und analysieren zu müssen. Gerade die Halbzeitevaluierung zum Einsatz der EUStrukturfonds bietet eine Gelegenheit, notwendige Umsteuerungen, wie Sie das auch schon festgestellt haben, anzustoßen und aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und diese nicht zu wiederholen.

Wie wichtig es ist, schnell und effizient auf finanzielle Rahmenbedingungen zu reagieren, welche sich aufgrund zunehmender Investitionstätigkeit ergeben, wie es in den letzten Monaten und seit der Amtsübernahme der CDU-FDP-Regierung passiert ist, zeigen gerade die letzten Wochen, in denen auch das Wirtschaftsministerium - an der Spitze Dr. Rehberger und der Generalbevollmächtigte für Investitionen, Herr Bohn - die Förderrichtlinien umstellen musste. Die Zahlen kennen Sie sicherlich auch, meine Damen und Herren. Ich will sie deshalb nur am Rande wiederholen, also ganz kurz. Wir hatten einen Gesamtinvestitionsplan von ca. 509 Millionen € an Investitionen im gewerblichen Bereich. Dazu muss man sagen, wir liegen jetzt, per 31. Juli bzw. 15. August, bei ca. 1,5 Milliarden. Das ist eine 300-Prozent-Erfolgsstory, möchte ich bald sagen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Also, mindestens!)

- Mindestens, wenn nicht noch mehr, denn wir sind ja noch nicht am Ende des Jahres.

(Herr Bullerjahn, SPD: Ja, noch nicht am Ende!)

- Das ist wohl wahr. Noch reden wir über den Zeitpunkt August. Da kann ja noch etwas kommen und ich denke, da kommt auch noch etwas. Denn wir sind jetzt schon bei einer Auszahlung bzw. einer Realisierung der Gesamtinvestitionen von 413 Millionen €. Das ist also nicht mehr allzu weit entfernt von der Summe, die geplant und avisiert war.

Am 10. September 2003 berichteten Herr Wirtschaftsminister Dr. Rehberger und der Generalbevollmächtigte ausführlich im Wirtschaftsausschuss über das, was Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, in Ihrem Antrag fordern und wie Sie es eben in Ihrem wissenschaftlichen Vortrag selbst noch einmal analysiert haben. Ihr Antrag ist damit meiner Einschätzung nach eigentlich für erledigt zu erklären. Ich frage mich: Warum haben Sie diesen Antrag nicht einfach zurückgezogen und der PDS mit ihrem Antrag den Vortritt gelassen?

Aber nun zum Alternativantrag der PDS. Wir halten die Berichterstattung der Landesregierung zur Halbzeitevaluierung für richtig. Wir fordern ebenfalls die konkrete Analyse der entsprechenden Zahlen aus der Vergangenheit, um umzusteuern bzw. neue Richtungen und Impulse für die Wirtschaftsförderung zu geben. Es würde nicht den parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechen, dieses Thema nur der Landesregierung und deren Ministerien zu überlassen. Also stimmen wir dem Punkt 1 Ihres Antrag natürlich zu.

Zu Punkt 2 Ihres Antrages ist zu sagen: Die Wirtschaft befindet sich in einem andauernden Änderungsprozess, der natürlich auch Änderungen in den Strukturen der Branchen - ich nenne nur den Produktlebenszyklus und die daraus entstehenden Probleme - mit sich bringt. Für einige Branchen werden Produkte am Ende eines Produktlebenszyklus stehen. Aus dieser Erkenntnis heraus muss auch die Förderpolitik einer ständigen Überprüfung unterzogen werden und müssen entsprechende Weichenstellungen daraus erfolgen. Daraus folgt, dass wir, die Fraktion der CDU, dem Punkt 2 Ihres Alternativantrages ebenfalls zustimmen werden.

Zu Punkt 3, Effizienzreserve bzw. Leistungsreserve: Diese Leistungsreserve beträgt immerhin 140 Millionen € und muss nach Abschluss der Halbzeitevaluierung in dem Bereich mit der höchsten Effizienz eingesetzt werden. Sie haben in Ihrer Analyse, sehr geehrte Kollegin Budde, schon etwas detaillierter darauf geantwortet.

Zum vierten Punkt des Antrages, der Frage nach der modifizierten Förderpolitik im Hinblick auf neue Förderperioden nach dem Jahr 2006: Dieses Thema halten wir ebenfalls für sehr wichtig und können deshalb auch diesem Punkt Ihres Antrages zustimmen.

Damit, meine Damen und Herren von der PDS, können wir, die CDU, auch wenn das nicht häufig geschieht, Ihrem Antrag zustimmen, und ich freue mich auf die Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen über die konkrete Evaluierung des Einsatzes der GA-Mittel. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Laaß. - Für die SPD-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Budde sprechen.

Die FDP hat nicht geredet. Ich bin Einbringerin. Ich müsste zum Schluss noch einmal reden. Aber ich kann gern auch jetzt sprechen. Das ist kein Problem.

Mir wurde signalisiert, dass man sich entsprechend verständigt hat.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das ist keinem aufgefal- len!)

Das ist mir egal. Deshalb brauche ich kein Theater zu machen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass die Auffassung der FDP nicht allzu weit von der Meinung der CDU abweichen wird. Deshalb kann ich auch jetzt antworten. Das ist kein Problem. So

komme ich wenigstens nicht in die Situation, meinen Kollegen fragen zu müssen, warum er einen Alternativ- und keinen Ergänzungsantrag gestellt hat. Dann hätten wir versuchen können, die Anträge durchzustimmen und im Ausschuss darüber zu beraten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, ich bin für Kritik durchaus offen. Man macht nicht immer alles richtig. Jede Regierung hat immer etwas, das verbesserungswürdig ist. Ich gebe Ihnen auch darin Recht: Ja, ich wäre gern weiterhin Wirtschaftsministerin gewesen.

(Oh! bei der CDU)

Ich denke, die Analysen, die aus dem Gutachten ersichtlich sind, zeigen einen Trend der wirtschaftlichen Entwicklung. Wir wären durchaus in der Lage gewesen, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Dies ist jetzt nicht so. Ich lebe gern in einer Demokratie und akzeptiere das auch. Aber das gilt natürlich auch für Sie. Wenn man solche starken Worte nach außen gibt, dann sollte man zuerst auf sich selbst sehen und sich überlegen, ob man sich selbst an diese Messlatte stellt.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Das müssen sie noch lernen!)

Wissen Sie, Herr Rehberger, das Messen von Quantitäten - so denke ich zumindest - kenne ich aus vergangenen Zeiten besser als Sie. Damals gab es den Witz von dem schwersten und größten Herzschrittmacher usw. Wir waren einmal gut darin, Quantität zu messen. Es fällt nicht nur mir auf, dass Sie statt über Qualität, über strukturelle Entwicklung und Ansiedlungsstrategien ausschließlich über die Quantitäten reden.

(Herr Scharf, CDU: Wovon sprechen Sie jetzt?)

Das fällt beispielsweise auch den Landräten auf. Ich habe mich neulich gerade mit dem Kollegen Ostermann darüber unterhalten. Er sagte, er hätte Sie auch schon darauf hingewiesen, dass ihm Ihre Ankündigungen so vorkämen wie zu DDR-Zeiten, als man auch Albanien als die dynamischste Wirtschaftsregion verkaufte, weil es in einem Jahr statt zehn einmal 200 Trecker hergestellt habe.

Warten wir es einmal ab. Sie haben ja gesagt, die Fördermittelbescheide haben etwa eine Halbwertzeit von einem Jahr.

(Herr Gürth, CDU: Das hat der Landrat Oster- mann gesagt!)

Sie wollen nach einem Jahr überprüfen, ob sie verlängert werden. Bisher waren es immer drei Jahre bis zum Investitionsbeginn. Darüber unterhalten wir uns noch einmal. Ich würde mir wünschen, dass viele der Investitionen stattfinden. Aber es ist überhaupt nicht sinnvoll, jetzt über diese Zahlen zu debattieren, sondern erst dann, wenn die Investitionen real stattgefunden haben.

(Zustimmung bei der SPD)

Auch in unseren letzten Regierungsjahren ist keine Investition an fehlendem Geld gescheitert. Wenn Sie jetzt so pauschal sagen, so und so viel Mittel seien zurückgegeben worden, dann wissen Sie genauso gut wie ich, dass es zum Teil daran lag, dass Großprojekte nicht umgesetzt wurden. Das alles kann man erklären und begründen. Wir werden sehen, was am Ende Ihrer Regierungszeit dabei herausgekommen ist.

(Herr Dr. Schrader, FDP: Genau so ist es!)

Zum Thema Tourismus. Wissen Sie, als wir Sie nach dem besonderen Struktureffekt gefragt haben - ich glaube, Sie, Herr Laaß, waren es sogar, der das gesagt hat -, ist von Ihnen als Antwort gekommen, ein besonderer Struktureffekt sei es aus Ihrer Sicht, wenn Busse in großen Mengen kommen. Das wäre für mich kein bedeutsamer Struktureffekt.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

- Wir können das im Protokoll nachlesen. dieses Zitat habe ich mir aufgeschrieben.