Protokoll der Sitzung vom 18.09.2003

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Das kann man sonst nicht unterscheiden.

Was ich eben beschrieben habe, zeigt aber auch, dass mit diesen Zielen die Interessen und Zuständigkeiten der einzelnen Musikschulträger teilweise gesprengt werden mussten - das ist ganz klar -, weil hierfür Geld aufzuwenden ist, das über die Unmittelbarkeit der Trägerinteressen hinausreicht.

Das Land hat die Höhe der Musikschulförderung in den letzten Jahren übrigens nicht gesenkt. Mit dem Einsatz von durchschnittlich 16 % der Landesförderung hat das Land dazu beigetragen, dass die Träger ihre Musikschulen unter quantitativen und qualitativen Aspekten weiterentwickeln konnten. Inzwischen sind die Musikschulen im Rahmen der Kooperation zu künstlerisch und pädagogisch anspruchsvollen und im Übrigen auch verlässlichen Partnern der allgemein bildenden Schulen geworden.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist mir ebenso wie Ihnen die finanzielle Situation der Kommunen und des Landes bekannt. Die steigenden Kosten der Musikschulen wurden bisher durch zusätzliche Aufwendungen der Träger kompensiert - immerhin der Träger; denn der Anteil der Musikschulförderung durch das Land ist nicht gestiegen. Teilweise hat man dafür Gebührenerhöhungen in Kauf nehmen müssen.

Jedenfalls ist im Zuge dessen keine einzige Musikschule im Land geschlossen worden und auch die Schülerzahlen sind nicht zurückgegangen, obwohl die Kommunen, wie gesagt, den weitaus größten Anteil der Förderung der Musikschulen tragen und die Kostensteigerungen in den letzten Jahren ausschließlich selbst haben kompensieren müssen. Daran wird deutlich, dass sich die Kommunen eigentlich längst zur Grundsicherung ihrer Musikschulen bekannt haben.

Die Landesregierung hat sich nun dafür ausgesprochen, einen Teil der Landesmittel zur Förderung der Musikschulen - genauer gesagt 1,5 Millionen € von insgesamt 3,3 Millionen € - über das FAG auszureichen. Der Lan

deszuschuss soll also - um dies ganz deutlich zu sagen - nicht etwa gesenkt werden.

Es kann mithin auch keine Rede davon sein, dass die Landesregierung das Landesinteresse an der Förderung der Musikschulen gemindert sieht. Nicht das Landesinteresse war Gegenstand der Diskussion, sondern die Frage, ob sich dieses Landesinteresse auch in einer anderen Form der Mittelverteilung ausdrücken könnte und sollte, und zwar in einer solchen Form, die die originäre kommunale Zuständigkeit und Verantwortung aufgreift und stärkt.

Im Falle einer solchen partiellen Übertragung der Landesmittel in das FAG wird sich die Landesförderung allerdings mehr denn je auf die Sicherung der Qualität des Musikschulangebots konzentrieren müssen. Zuwendungen des Landes würden dann künftig vor allem für Angebote ausgereicht werden, die aus der Sicht des Landes unabdingbar für eine hochwertige und umfassende musische Bildung erforderlich sind und die über das Eigeninteresse des kommunalen Trägers hinausgehen.

Ich will ein paar Beispiele dafür nennen, etwa die erweiterte Begabtenförderung zur Hochschulvorbereitung.

Wir sind im Moment dabei zu überlegen, ob man eine Institution wie den Landesförderschüler erfinden sollte, der sozusagen als Auszeichnung mit Landesmitteln zusätzlichen Unterricht erhält und auf eine berufliche Laufbahn vorbereitet wird, oder die fächerübergreifende Ausbildung, das Ensemble-Musizieren, die Einbeziehung besonderer Zielgruppen. Das sind alles Aufgaben, die in der Tat finanzielle Aufwendungen erfordern, die vom Träger allein nicht erbracht werden können.

Darüber hinaus wird das Land wie bisher auch musikschulübergreifende Projekte fördern. Dazu gehören unter anderem Wettbewerbe wie „Jugend musiziert“, Leistungsvergleiche der Musikschulen, Konzerttourneen, das Landesjugendmusikfest, das mit 20 Ensembles und rund 100 Solisten im Moment ganz erfolgreich durchs Land tourt, oder überregionale Musikschulorchester.

Der Vorschlag der Landesregierung an den Haushaltsgesetzgeber, die für die Grundförderung der Musikschulen eingesetzten Landesmittel künftig über das FAG abzuwickeln, ist darauf gerichtet, die Verwaltung zu vereinfachen und die finanzielle Eigensteuerung der Kommunen zu erhöhen. Für sich betrachtet handelt es sich übrigens um eine vergleichsweise geringe Summe, die nur im Zusammenhang mit ähnlichen Umsteuerungen Geltung erlangt.

Diese Achtung der kommunalen Selbstverwaltung wurde auch meines Wissens bisher von niemandem in der Diskussion kritisiert; denn das ist ein wichtiges und vernünftiges Ziel. Man wird den Musikschulträgern wohl kaum unterstellen, dass sie nicht bereit wären, die Musikschulen quantitativ und qualitativ mindestens so wie bisher weiterzuführen, meine Damen und Herren, allerdings kann man Zweifel daran haben, und zwar berechtigte, ob sie dazu auch in der Lage sein werden.

Es wäre meines Erachtens falsch, diese Bedenken schnell abzutun. Dies hat übrigens auch das Kabinett in der langen Debatte darüber nicht getan. Es verbindet sich damit nämlich die Sorge, dass die Träger zwar nicht aus eigenem Antrieb die Musikschulausbildung infrage stellen, wohl aber unter Umständen indirekt, beispielsweise durch die Kommunalaufsicht, sich dazu angehalten sehen.

Ich hoffe, dass die Musikschulträger mit den neuen Steuerungsmöglichkeiten für die Musikschulen verantwortungsbewusst umgehen und sich zu ihren Musikschulen bekennen. Ich muss den Vorschlag der Landesregierung also verbinden mit dem Appell, dass kein Landkreis Sachsen-Anhalts seine Musikschule infrage stellen möge, nur weil auf diese Weise schnell ein Haushaltsloch zu stopfen wäre. Diese Gefahr dürfen wir in der Tat nicht unterschätzen, meine Damen und Herren. Auch das Drehen an der Schraube der Elternbeteiligungen dürfte auf Grenzen stoßen, auf soziale allemal, von den politischen ganz zu schweigen.

Ich fasse zusammen mit einem einzigen Satz: Stärkung der Autonomie der kommunalen Selbstverwaltung, Verwaltungsvereinfachung Ja, Abstriche an der musikalischen Bildung der jungen Generation im Kultur- und Musikland Sachsen-Anhalt Nein.

(Beifall bei der CDU)

Um sich vor allem über diesen Grundsatz zu vergewissern und vielleicht auch Einigkeit darüber zu erzielen, sollten Sie dem Antrag Ihre Zustimmung geben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Danke, Herr Minister. - Als erster Debattenredner der Fraktionen hat der Abgeordnete Herr Dr. Volk für die FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohl kaum ein anderes Bundesland kann auf eine so reiche Musiktradition zurückblicken wie SachsenAnhalt. Händel in Halle und Telemann in Magdeburg, Johann Sebastian Bach in Köthen, Kurt Weill in Dessau und schließlich Heinrich Schütz in Weißenfels sind nur die bekanntesten von zahlreichen Musikern, die im Gebiet unseres Bundeslandes gelebt und gewirkt haben.

Kulturelle Traditionen sind immer Ansporn und Verpflichtung zugleich. Es gilt, das Erbe vergangener Generationen zu pflegen und weiterzuentwickeln. In zahlreichen Museen und Gedenkstätten wird diese Tradition wachgehalten, wissenschaftlich ausgewertet und anschaulich präsentiert.

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Musik will und muss gespielt werden. Eine stumme Musiktradition ist keine Musiktradition. Orchester und Chöre, aber vor allem die Musikschulen bringen die Tradition zum Klingen.

Nicht allein aus dieser Verantwortung vor der Vergangenheit heraus bilden die Musikschulen einen festen Bestandteil der Bildungslandschaft. Musikalische Grundbildung ist eine, wenn auch viel zu oft unterbewertete, Voraussetzung für eine kulturelle Sozialisation. Das Beherrschen eines Instrumentes und grundlegende Musikkenntnisse bereichern das individuelle und das gesellschaftliche Leben gleichermaßen.

Das im Antrag formulierte Postulat eines steigenden Bedarfs ist sicherlich wünschenswert, geht aber ein wenig an der Realität vorbei; denn auch hier ist wie im Schulbereich die demografische Entwicklung spürbar.

Trotzdem hat Sachsen-Anhalt eine breite Musikschullandschaft mit zahlreichen, vor allen Dingen kommuna

len, Trägern. Diese sind das Element für die Identifikation einer Region mit ihrer Musikschule. Deshalb liegt die Verantwortung für deren Erhalt und Pflege völlig zu Recht bei den kommunalen Entscheidungsträgern.

Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung der Musikschulen in Sachsen-Anhalt im Jahre 1997 werden Musikschulen im Schulgesetz explizit gewürdigt und ihre Bedeutung wird unterstrichen. Gleichzeitig wird in dem entsprechenden Abschnitt das Land verpflichtet, die Arbeit der Musikschulen zu fördern.

Aus meiner Sicht ist diese Verpflichtung auch vor dem Hintergrund des eingangs Gesagten gerechtfertigt. Aber diese steht nicht zur Disposition. Hinterfragt wird die Form der Förderung. Das politische Anliegen, eine Förderung zu optimieren, muss immer bestehen. Darauf haben die Geförderten ebenso Anspruch wie die Steuerzahler. Wir sehen wohl, dass eine zweckgebundene Förderung den Empfänger bevormundet. Die Landesregierung, die den Kommunen einen Großteil der Mittel nicht mehr zweckgebunden, sondern über die allgemeinen Finanzzuweisungen zur Verfügung stellt, macht damit einen Schritt zu mehr kommunaler Freiheit und Selbständigkeit und handelt ordnungspolitisch richtig.

Aber Freiheit und Verantwortung gehören untrennbar zusammen. Hierbei drängt sich die Frage auf: Wie viel Freiheit haben unsere Kommunen, wenn Schuldenlasten drücken? Können sie die Verantwortung übernehmen oder besteht die Gefahr, dass sie sich eben dieser entziehen und kurzsichtig scheinbar elementare Bedürfnisse befriedigen?

Deshalb werden wir in der Haushaltsdiskussion ein Instrumentarium suchen und hoffentlich definieren, das auch weiterhin eine zielgenaue Förderung im Musikschulbereich möglich macht.

Meine Fraktion hält die Berichterstattung im Ausschuss für sinnvoll und will den vorliegenden Antrag überweisen.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Dr. Volk. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nunmehr dem Abgeordneten Herrn Reck das Wort.

(Herr Reck, SPD, zieht sein Jackett an und geht gemessenen Schrittes zum Rednerpult - Heiter- keit bei und Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ich bin immer wieder froh, dass Sie sich freuen, wenn ich nach vorn gehe.

(Beifall bei der CDU - Heiterkeit bei allen Fraktio- nen)

Ich will zu dem Antrag der PDS-Fraktion vier Punkte ausführen.

Erstens. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Ich glaube, man muss über ihn direkt abstimmen, weil er ja eine Berichterstattung im Ausschuss beinhaltet. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen. Er ist sachgerecht und zur rechten Zeit gestellt worden.

Zweitens. Zum Stellenwert der musischen Erziehung will ich in meinem Redebeitrag nichts sagen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf zwei Grußworte, die kürz

lich bei der Verleihung der Zelter-Plakette in Halle vom Bundespräsidenten und von Minister Olbertz gehalten worden sind. Sie waren so aussagekräftig und so bedeutsam, dass ich nur jedem empfehlen kann, diese Grußworte einmal zu lesen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will drittens etwas sagen zu der veränderten Zuweisungspraxis, und ich will etwas zu meinem Zwischenruf „Heuchelei!“ von vorhin sagen, der gefallen ist, als Kollege Scharf der Kollegin Grimm-Benne bei der Aussprache zur Großen Anfrage eine Frage bezüglich einer veränderten Zuweisung gestellt hat.

Es soll in Zukunft also so sein, dass in bestimmten Bereichen zweckgebundene Zuweisungen durch pauschale Zuweisungen abgelöst werden sollen, und zwar nicht nur im Musikschulbereich, sondern auch in anderen Bereichen. Man begründet das damit, dass man die kommunale Selbstverwaltung stärken wolle. Die Verantwortung der Kommunalpolitiker dürfe nicht unter den Scheffel gestellt werden und es sei doch wohl richtig - so sagt man -, dass man vor Ort am besten entscheiden könne, wofür die Mittel eingesetzt werden, die man hat. Das ist so gut und so richtig. Bis zu diesem Punkt kann man diesem Anliegen auch zustimmen. Es ist der richtige Weg, das so zu tun.

Ich komme jetzt zu meinem Vorwurf der Heuchelei. Wer das möchte - wie Sie -, aber die Rahmenbedingungen für die Kommunen so setzt, dass finanzielle Spielräume nicht mehr möglich sind, und gleichzeitig in diesem Verfahren weniger Geld pauschal weitergibt, als vorher zweckgebunden vorhanden gewesen ist,

(Frau Feußner, CDU: Das behaupten Sie! Das wollen wir ja gar nicht machen! Das stimmt über- haupt nicht! - Herr Tullner, CDU: Weniger?)

- ich komme gleich noch dazu - und die Kommunalverwaltung anweist, die Spielräume, die vorhanden sind, so eng zu fassen, dass die Abgeordneten vor Ort, die Gemeinderäte, die Stadträte, die Mitglieder des Kreistages, gar keine Möglichkeit mehr haben zu entscheiden, ob sie eine freiwillige Aufgabe wahrnehmen wollen oder nicht,

(Zustimmung bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Das stimmt auch nicht!)

der heuchelt; denn derjenige, liebe Frau Feußner, täuscht nämlich Spielräume vor, die auf der anderen Seite schon eingeschränkt oder abgeschafft worden sind, und das ist für mich Heuchelei.