(Zustimmung bei der SPD - Minister Herr Dr. Daeh- re: Mensch, das sind Ihre Beamten! Was machen Sie denn eigentlich? Das werden wir denen ein- mal sagen! Wir werden den Beamten, die Sie ein- gestellt haben, einmal das sagen, was Sie hier eben gesagt haben! - Herr Dr. Püchel, SPD: Das war ein Lob für den Beamten!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2003 können Personen ab 65 Jahren und Personen ab 18 Jahren, die dauerhaft erwerbsgemindert sind, Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz beantragen. Damit wurde eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung eingeführt.
Die Betroffenen sind künftig nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen, weil ihnen ein eigenständiger Lebensstandard durch eine vorrangige Leistung gesichert wird. Rentnerinnen und Rentner erhalten damit eine finanzielle Grundsicherung, die einen Ruhestand in Würde ermöglicht. Das, meine Damen und Herren, ist unser Verständnis von sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe an der Gesellschaft, und darauf sind wir stolz.
Meine Damen und Herren! Träger der Grundsicherung sind die Kreise und die kreisfreien Städte, die diese Leistungen letztlich auch auszahlen. Die Finanzierung der Grundsicherung erfolgt aus Steuermitteln. Der Bund gleicht den Ländern die leistungsbedingten Mehrausgaben, die aufgrund der Besonderheiten der Grundsicherung entstehen, in Höhe von rund 409 Millionen € pro Jahr aus.
Die Weitergabe der Kostenerstattung an die Kommunen erfolgt durch die Länder aufgrund länderinterner Verteilungsschlüssel. Der Bund erstattet den Ländern und da
mit den Kommunen im Rahmen der Grundsicherung die Kosten für den Wegfall des Unterhaltsrückgriffs auf Kinder und Eltern, Kosten für Gutachten bei Erwerbsminderung und die Kosten, die zusätzlich über die Pauschalierung hinausgehen. Die Überprüfung dieses zu erstattenden Betrags und seine Anpassung erfolgen alle zwei Jahre, erstmals zum 31. Dezember 2004.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was hat die SPD-Fraktion nun veranlasst, mit diesem Ihnen vorliegenden Antrag aktiv zu werden? Fast täglich erreichen unsere Fraktion neue Hiobsbotschaften aus den Landkreisen über die Entwicklung der Ausgaben bei der Umsetzung des Grundsicherungsgesetzes.
Bereits im Rahmen der Beratungen zum Haushalt 2003 forderte der Landesgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Herr Dr. Kregel, das Land Sachsen-Anhalt müsse zu seiner finanziellen Verantwortung stehen. Den Haushaltsansatz 2003 für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen habe die Landesregierung wegen der neuen Grundsicherungsleistungen um mehr als 12 Millionen € gesenkt.
Jetzt müssten die Landkreise und die kreisfreien Städte den vom Land eingesparten Betrag finanzieren, obwohl die Landesregierung gleichzeitig die allgemeinen Zuweisungen an die Kommunen kürzen wolle. - So Dr. Kregel im Jahr 2003.
Seitdem ist nunmehr rund ein Jahr vergangen, und im Haushaltplan 2004 findet sich wieder kein erhöhter Ansatz, um den Kommunen die Mehrleistungen auszugleichen.
Im Ergebnis einer Erhebung des Landkreistages des Landes Sachsen-Anhalt wurde festgestellt, dass bis zum 30. Juni 2003 rund 41 000 Anträge auf Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz gestellt worden sind. Anhand der Anträge, über die bisher nur zu einem Bruchteil entschieden worden ist, wird allerdings deutlich, dass bei den Landkreisen ein erheblicher Fehlbetrag entsteht.
Der Landkreistag sieht die Ursache dafür in der vom Land vorgenommenen Kostenverschiebung zulasten der Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe von rund 15 Millionen €.
Ursächlich dabei ist die Tatsache, dass die Landkreise ab 1. Januar 2003 verpflichtet sind, Grundsicherungsleistungen auch an Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Behinderteneinrichtungen zu zahlen. Einen finanziellen Ausgleich gewährt das Land hierfür allerdings nicht, obwohl es bis Ende 2002 als überörtlicher Träger der Sozialhilfe allein dafür finanziell verantwortlich war. Besonders dramatisch ist die Lage in den Landkreisen, die über eine große Zahl von Pflegeplätzen in Behindertenheimen verfügen.
Meine Damen und Herren! Wie dramatisch die Lage in den Landkreisen ist, zeigt uns insbesondere ein Schreiben des Landrates des Saalkreises, das uns vorliegt. Herr Bichoel schreibt den zuständigen Landtagsabgeordneten und stellt den Kostenaufwand dar, der dem Saalkreis für das Jahr 2003 entsteht. Ich möchte aus diesem Schreiben zitieren:
„Für Bürger, die außerhalb von Einrichtungen leben, ist ein Kostenaufwand in Höhe von jährlich 369 000 € zu erbringen. Als Ausgleich hierfür erhält der Landkreis als Träger der Grundsicherung zur Finanzierung Bundesmittel in Höhe von
136 300 € für das Jahr 2003. Trotz sinkender Sozialhilfeausgaben in Einzelfällen verbleibt damit noch ein zusätzlicher Kostenaufwand für den Landkreis in Höhe von ca. 232 700 €.
Erheblich problematischer ist es bei dem Personenkreis in Behinderten- und Altenpflegeeinrichtungen. Hierfür war das Land als überörtlicher Sozialhilfeträger ausschließlich zuständig und hatte die finanzielle Verantwortung für diesen Personenkreis, ungeachtet der verwaltungsmäßigen Abwicklung durch den Landkreis. Durch die teilweise Befreiung des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe aus seiner finanziellen Verantwortung zulasten der zuständigen Grundsicherungsträger erfolgt damit eine erhebliche Kostenverschiebung auf die Landkreise und kreisfreien Städte.
Nach bisheriger Einschätzung ergeben sich durch diese Kostenverschiebung für den Landkreis zusätzliche finanzielle Belastungen in Höhe von 843 000 €. Dies entspricht ca. 70 % der Gesamtausgaben des Landkreises im Rahmen seiner Zuständigkeit als Grundsicherungsträger.“
Meine Damen und Herren! Herr Bichoel aus dem Saalkreis beendet sein Schreiben mit der Forderung an die zuständigen halleschen Landtagsabgeordneten mit der Forderung - ich möchte wieder zitieren -:
„Bitte setzen Sie sich deshalb dafür ein, dass die im Rahmen der Grundsicherung beim Land eingesparten finanziellen Mittel bei den Landkreisen und kreisfreien Städten an die Träger der Grundsicherung weitergereicht werden, damit die ohnehin schon äußerst angespannte Haushaltslage nicht unerträglich wird.“
Als Adressaten dieses Schreibens sind Namen angeführt. Ich möchte nur einige der anwesenden Kollegen nennen: Herr Bönisch, Herr El-Khalil, Frau Liebrecht, Herr Sänger, Herr Tullner, Herr Kehl, aber auch der Sozialminister Herr Kley.
Meine Damen und Herren! Die SPD nimmt die Nöte und Sorgen unserer Kommunen sehr ernst und will verhindern, dass die Befürchtungen des Landrates eintreten. Die Haushaltslage der Landkreis, Städte und Gemeinden hat sich seit der Übernahme der Regierung durch FDP und CDU dramatisch verschlechtert und ist letztlich das Ergebnis ihrer verfehlten Haushaltspolitik.
- Ja, das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Die Kommunen mussten unter Ihrer Regierung die tiefsten Kürzungen bei den Kommunalzuweisungen seit Bestehen dieses Landes hinnehmen.
goldene Zeiten bevor. Viele sind Ihren Versprechungen gefolgt und stehen nun vor einem Scherbenhaufen.
Seit nunmehr 19 Monaten regieren Sie dieses Land. Was ist das Ergebnis? Kommunen finanziell handlungsunfähig, niedrigste Investitionsquote, höchste Neuverschuldung, Chaos und Stillstand bei der Kommunalreform.
Meine Damen und Herren! Die Aufzählung ließe sich an dieser Stelle unendlich fortsetzen, würde aber bedauerlicherweise meine Redezeit sprengen. Deshalb möchte ich es an dieser Stelle damit bewenden lassen.
Folge Ihrer verfehlten Politik sind fast flächendeckend unausgeglichene Haushalte bei den Kommunen. Die aufgestellten Konsolidierungsprogramme zeigen in vielen Fällen keinen Ausweg aus dieser Notlage. Ihr Fingerzeig nach Berlin ist ein ritualartiger Reflex, um davon abzulenken, dass es einzig und allein Ihre Schuld ist, wenn sich das Land auf Kosten der Kommunen saniert.
Meine Damen und Herren! Wir wollen noch vor Abschluss der Beratungen über den Haushalt 2004 in den Fachausschüssen die Auswirkungen der Grundsicherung diskutieren und gemeinsam mit Ihnen nach geeigneten Lösungen suchen. Ihr Alternativantrag ist dabei allerdings wenig hilfreich und verschiebt die Problematik auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
Oder wie sollen wir es bewerten, dass Sie dieses Thema erst im ersten Halbjahr 2004 beraten wollen, zu einem Zeitpunkt, wenn die Landkreise ihre Haushalte bereits verabschiedet haben und letztlich alle Messen gesungen sind?
Die Aussage in der Begründung Ihres Antrages - ich möchte aus dieser Begründung zitieren -, „die Fraktionen von CDU und FDP betrachten die von den Kommunen vorgetragenen Belastungen durch das Grundsicherungsgesetz mit Sorge“, ist eine Farce für jeden verantwortlichen Kommunalpolitiker.
Meine Damen und Herren! Wenn man diese Begründung liest, muss man sich fragen, wer eigentlich in diesem Lande regiert. Wenn Sie die Sorgen der Kommunen und der Landkreise wirklich ernst nehmen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Lassen Sie uns in den Ausschüssen eine sachliche Diskussion über die aufgeworfenen Probleme führen, und ich bin mir ganz sicher, dass wir im Sinne der Kommunen zu vernünftigen Lösungen kommen werden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.