Einen weiteren verzweifelten Versuch stellt der Entwurf eines Gesetzes zur so genannten Erleichterung der Haushaltsführung der Kommunen dar. Erleichtern tut die Landesregierung den Kommunen durch dieses Gesetz nur die Aufnahme neuer Schulden. Wenn die Kommunen eine ordentliche Finanzausstattung durch das Land erhielten, wäre dieser Freifahrtsschein in den kommunalen Schuldenturm nicht nötig. Die SPD-Landtagsfraktion lehnt diese Politik des Schuldenverschiebebahnhofs vom Land hin zu den Kommunen kategorisch ab.
Um es kurz zu machen: Durch Sachsen-Anhalt ist kein Ruck gegangen, abgesehen von dem Ruck, der durch den Ministerpräsidenten ging, als er morgens die Zeitung aufgeschlagen und gelesen hatte, was der Herr Finanzminister aus den vertraulichen Beratungen des Koalitionsausschusses berichtet hat.
Meine Damen und Herren! Auch durch Mitteldeutschland sollte im vergangenen Jahr ein Ruck gehen. In der letzten Landtagssitzung haben wir dazu eine Debatte geführt. Der aktuelle Anlass war damals das Begräbnis von Merseburg.
Mittlerweile konnte ich lesen, dass sich gerade eine neue Liaison zwischen Sachsen und Thüringen entwickelt. Dresden, Leipzig und Erfurt sind plötzlich die Wachstumskerne. Halle und Dessau werden gar nicht mehr erwähnt. Wahrscheinlich empfinden die beiden Länder das Land Sachsen-Anhalt nur noch als Klotz am Bein und haben das Interesse an uns verloren.
Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte die Initiative Mitteldeutschland noch allerhöchste Priorität. Geblieben ist davon kaum noch etwas.
Meine Damen und Herren! Auch dieser Haushalt lässt erkennen, dass die Landesregierung beim Setzen von Prioritäten versagt; es sei denn, ihre Priorität ist das Kaputtsparen der Kommunen und Hochschulen. Diese Landesregierung verwaltet Sachsen-Anhalt nur, statt unser Land zu gestalten.
Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat versucht, in den Beratungen zum Haushalt alternative Akzente zu setzen. Wir sind natürlich fast immer überstimmt worden von häufig wenig gesprächsbereiten Abgeordneten der Koalitionsfraktionen.
Ich hoffe trotzdem darauf, dass die Haushaltsberatungen im nächsten Jahr auf einem anderen Niveau als in den letzten Wochen stattfinden werden.
Es ist in den Haushaltsberatungen nicht gelungen, aus einem schlechten Haushalt einen guten Haushalt zu machen.
Was der Landtag heute endgültig beschließen wird - ich war häufiger im Finanzausschuss als Sie, Herr Gürth -, wird auch nicht besser werden,
weil ich leider annehmen muss, dass die Mehrheit in diesem Hause auch in dieser Sitzung unseren Anträgen nicht folgen wird.
Dennoch werden wir als SPD-Fraktion noch heute eine Reihe von Vorschlägen unterbreiten, die geeignet sind, das Land im Jahr 2004 ein wenig sozialer, kommunal-, bildungs- und wirtschaftsfreundlicher zu gestalten.
(Beifall bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Das glaubt doch kein Mensch! - Herr Borgwardt, CDU: Wie soll denn das gehen?)
Wir tun dies in dem Bewusstsein, dass Sie diese Vorschläge heute wahrscheinlich mehrheitlich ablehnen, um
Das haben wir doch bei der Gebietsreform jetzt durch. Vielleicht ersparen Sie uns und vor allem dem Land dieses Zeitfenster, indem Sie schon heute auf den einen oder anderen Vorschlag eingehen.
Unser Änderungsantrag zum Haushaltsplanentwurf 2004 liegt Ihnen als Drucksache vor. Ich möchte deshalb nicht jeden einzelnen Antrag noch einmal vorstellen. Wir haben uns bei der Erstellung der Anträge davon leiten lassen, dass für uns als SPD die Entwicklung der Kommunen und des Bildungsstandortes Sachsen-Anhalt entscheidend für die Zukunft unseres Landes ist. Deshalb machen wir uns stark für eine weitere Sanierung der Abwasserverbände,
- halten Sie endlich einmal Ihren Mund, Herr Gürth; Sie können sich hinterher melden oder Fragen stellen -
die Förderung von Feuerwehren und Bibliotheken und vieles mehr und lehnen die Kürzungen bei den Hochschulen ab.
Investitionen in Bildung und Wissenschaft sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes, meine Damen und Herren.
Wir haben uns weiterhin davon leiten lassen, dass auf dem Weg in die Zukunft alle, auch die Schwachen, mitgenommen werden. In Sachsen-Anhalt darf deshalb auch die Schulsozialarbeit nicht sterben. In Sachsen-Anhalt muss es auch weiterhin ausreichend Beratungsstellen geben. In Sachsen-Anhalt darf die Jugendarbeit nicht leiden.
Meine Damen und Herren! Die SPD spricht sich dafür aus, die Auszahlung der Jugendpauschale wieder in die Verantwortung des Sozialministeriums zu geben und die Pflicht zur Gegenfinanzierung durch die Kommunen wie bisher festzuschreiben.
(Herr Gürth, CDU: Ist das kommunalfreundlich? In Ihrem Antrag steht die Vollfinanzierung der Jugendpauschale! Das ist absolut unseriös!)
Wir können keinen Sinn darin erkennen, warum jetzt das Innenministerium zuständig sein soll, außer vielleicht den, dass es immerhin so aussehen könnte, als sei dem Innenminister die angekündigte Pauschalierung von Fördermitteln wenigstens ansatzweise gelungen. - Das ist aber nicht gelungen. Es hat nicht geklappt. Sie haben komplett versagt.
Meine Damen und Herren! Der Umgang mit der Jugendpauschale stellt überhaupt eine einzigartige Peinlichkeit für diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen dar.
Zuerst verspricht der Ministerpräsident, den Kommunen 100 Millionen € mehr zur freien Verfügung durch Umschichtung von Mitteln aus diversen Fördermitteltöpfen. Dieses Versprechen wird dann noch durch den Herrn Innenminister getoppt; denn der versprach gleich 400 Millionen €. Das aktuelle Haushaltsgesetz, das in diesem Jahr gilt, enthält sogar den gesetzlichen Auftrag zur Umschichtung.
Ansatzweise wurde dieses auch versucht. Ich betone: nur ansatzweise; gelungen ist es nicht. Außerdem wurde an der falschen Stelle begonnen. Ausgerechnet die Jugendpauschale sollte ohne Zweckbindung in das FAG umgeschichtet werden. Noch vor Beginn der Beratungen kamen dann glücklicherweise Signale aus der Koalition, dass dies korrigiert werden müsse.
Im Gleichstellungsausschuss beschlossen die Koalitionäre nach einer Auszeit, dass die Jugendpauschale wieder zweckgebunden sein soll und von den Kommunen auch weiterhin kofinanziert werden muss. Heilige Schwüre wurden geschworen, dass sich daran nichts mehr ändern würde. - Pustekuchen! Im Innenausschuss strichen die Koalitionäre die Kofinanzierung wieder heraus. - Chaos komplett, meine Damen und Herren.
Jetzt ist Herr Gürth ruhig geworden. - Wir haben hierzu eine ganz klare Auffassung. Die zweckgebundene Jugendpauschale hat im FAG nichts zu suchen.
Sie gehört in den Einzelplan des zuständigen Fachministeriums, das mit seiner Kompetenz für den adäquaten Einsatz der Mittel sorgt.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht so, dass ich kein Verständnis für die Schwierigkeiten der Landesregierung bei der Aufstellung des Haushaltsplanes habe. Alle Länder haben mit schwindenden Einnahmen zu kämpfen, müssen Lücken schließen. Doch diese Landesregierung muss sich nicht nur daran, sondern auch an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen. Die hat der Finanzminister bei der Beratung des Nachtragshaushaltes 2002 wie folgt umrissen - ich zitiere -:
„Aber es ist einfach so wichtig, das noch einmal zu betonen: Mit diesem Nachtragshaushalt kehren wir, die Regierung Sachsen-Anhalts, zu den Prinzipien von Bilanzwahrheit und Haushaltsklarheit zurück.“