Bezüglich des vorliegenden Gesetzentwurfs haben wir keine grundlegenden Bedenken und würden gern auch im Umweltausschuss darüber reden. Von meiner Vorrednerin wurde dieser Ausschuss jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Ich plädiere dafür, den Gesetzentwurf ebenfalls in den Umweltausschuss zu überweisen. Das ist sinnvoll, denn auch die Umweltpolitiker haben mit Landesentwicklung nicht wenig zu tun, meine Damen und Herren.
Danke, Herr Abgeordneter. - Wir werden jetzt in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/1355 eintreten. Einer Überweisung an sich stand nichts im Wege. Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr zu überweisen. Dazu gab es noch einen Antrag auf Überweisung in den Umweltausschuss. Wir stimmen einzeln über die Überweisungsanträge ab.
Wer dem zustimmt, dass der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Einstimmig in den Ausschuss überwiesen.
Wer dem zustimmt, dass der Gesetzentwurf auch in den Umweltausschuss überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen.
Damit ist diese Überweisung abgelehnt worden. Der Gesetzentwurf ist in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr überwiesen worden. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 11 ab.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits in den Investitionserleichterungsgesetzen haben die Koalitionsfraktionen punktuelle Verbesserungen in der Landesbauordnung vorgenommen. Mit den jetzigen Änderungsvorschlägen setzen CDU und FDP diese Bemühungen fort.
Der heutige Gesetzentwurf - ich möchte das vorweg klarstellen - ist nicht etwa ein Ersatz, sondern vielmehr der Auftakt einer noch umfassenderen Reform des Baurechts in Sachsen-Anhalt; denn, meine Damen und Herren, wir wollen die Rechtsangleichung in Mitteldeutschland und wir wollen, dass Bauen in Sachsen-Anhalt einfacher, schneller und kostengünstiger möglich wird. Aber, meine Damen und Herren, wir wollen auch, dass die Landesbauordnung in Zeiten des technischen Fortschritts weiterhin Sicherheit bietet und bauliche Vorhaben weiterhin auf die Akzeptanz der Bürger stoßen.
Zur Erreichung dieses Zieles liegt Ihnen heute ein konkreter Gesetzesvorschlag vor. Die Landtagsfraktionen der CDU und der FDP räumen einer umweltschonenden Energieerzeugung in Sachsen-Anhalt hohe Priorität ein. Dieser Politikansatz bleibt auch in Zukunft die wesent
liche Grundlage für die Nutzung der Windkraft. In allen Sparten regenerativer Energieerzeugung verzeichnen wir Zuwachsraten. Diese Tendenz ist erfreulich. Sachsen-Anhalt wird im Übrigen das Ziel der EU, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln, nicht nur erfüllen, sondern darüber hinausgehen. Produktions- und Forschungskapazitäten wurden und werden weiterhin vom Land gefördert.
Die Koalitionsfraktionen halten es aber unbedingt für erforderlich, dass der geordnete Bau von Windkraftanlagen in ausgewählten Gebieten im Einklang mit einer positiven Grundhaltung der Menschen erfolgt. Unsere Aussage ist klar: Bürgerakzeptanz ist der Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Windkraftnutzung. Windkraftnutzung braucht Bürgerakzeptanz.
Durch den technischen Fortschritt - wir alle wissen es - haben sich die Windkraftanlagen in Form und Leistung stark verändert. Bei der Installation neuer Windkraftleistung stoßen die landesweit 94 Eignungsgebiete an ihre Grenzen. Die geplanten Einschränkungen in der Vergütung von Windstrom im Rahmen einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf Bundesebene sind allein nicht ausreichend, um in Sachsen-Anhalt die Nutzung der Windkraft künftig stärker an die Siedlungs- und Raumstruktur des Landes anzupassen. Deshalb wollen wir mit dem heutigen Gesetzentwurf eine Präzisierung und Änderung vornehmen.
In § 6 Abs. 10 der Bauordnung soll die Tiefe der Abstandsfläche wieder nach der größten Höhe der Anlage bemessen werden. Die größte Höhe errechnet sich aus der Höhe der Rotorachse zuzüglich des Rotorradius.
Diese Neuregelung kommt einer Verdoppelung der bisherigen bauaufsichtlichen Abstandsfläche gleich. Aus Sicherheitsgründen soll die Möglichkeit der Einbeziehung von öffentlichen Verkehrs-, Wasser- und Grünflächen in die Abstandsfläche für Windkraftanlagen aufgehoben werden. Die Abstandsflächenregelung „eine volle Höhe der Anlage“ entspricht im Übrigen - um massiver Kritik gleich vorzubeugen - der Rechtslage, die es im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2001 gab.
In § 77 Abs. 3 soll künftig für bauliche Anlagen, die nur befristet genehmigt werden, ausschließlich nur einem Zweck dienen und bei denen üblicherweise kein Folgenutzungsinteresse besteht, eine Rückbauverpflichtung gelten. Dies betrifft dann auch die Windkraftanlagen. Die Baugenehmigung würde dann von einem geeigneten Sicherungsmittel, wie beispielsweise Bürgschaft oder Hinterlegung, abhängig gemacht werden. Damit wird erstmals in Sachsen-Anhalt die Finanzierung der Kosten für den Rückbau von Windkraftanlagen verbindlich geregelt.
Die Gemeinden hätten kein finanzielles Risiko, sie könnten den Rückbau notfalls auch auf dem Wege der Ersatzvornahme durchführen.
Meine Damen und Herren! Wir schützen unsere Kommunen durch die gesetzliche Fixierung einer bereits heute existierenden einzelvertraglichen Praxis. Das ist alles andere als ein Standortnachteil und könnte sogar auch Vorbildcharakter für unsere Nachbarn haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darüber hinaus gibt es das Problem, dass kleinere Windkraftanlagen bis zu 10 m Höhe bausatzartig im Handel bezogen werden und quasi in Eigenleistung vom Bauherren errichtet werden können. Bislang unterliegen diese Windräder keiner bauaufsichtlichen Genehmigung.
Vor dem Hintergrund der Standsicherheit und mit dem Betrieb der Anlagen verbundener Störungen für benachbarte Grundstücke schlagen die Fraktionen der CDU und der FDP auch für Windkraftanlagen, die nicht im Außenbereich, also in bebauten Gebieten, stehen, ein bauaufsichtliches Verfahren vor. Dazu dient die Änderung in § 69 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe d.
Meine Damen und Herren! Im Gesetzentwurf steht eine Stichtagsregelung. Das Stichtagsprinzip soll für Anlagenbetreiber und Produzenten ausreichende Planungssicherheit schaffen. Dies soll auch mit der Übergangsregelung für die Abstandsflächen geschehen.
Die Neuregelungen sollen zum 1. August 2004 in Kraft treten. In den Ausschussberatungen können wir ganz detailliert und konkret über alle Anregungen und Einwände von Planern, Aufstellern und Vertretern aus anderen Bereichen reden und diese dort im Detail erörtern.
Ich möchte Ihnen vorschlagen, dass wir den Gesetzentwurf federführend in den Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr und mitberatend in die Ausschüsse für Wirtschaft und für Umwelt überweisen. - Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter Schröder, für die Einbringung. - Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Für die FDP-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Dr. Schrader sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht hier und heute bei diesem Gesetzentwurf um das Thema Windenergieerzeugung und Bürgerakzeptanz. Herr Schröder ist in seiner Einbringung auf die wesentlichen vorgeschlagenen Änderungen zur Bauordnung ausführlich eingegangen. Das möchte ich nicht wiederholen.
Bei dieser Diskussion über die Windkraft dürfen jedoch wirtschafts- und energiepolitische Aspekte nicht vernachlässigt werden. Deshalb gestatten Sie mir hierzu einige Ausführungen, die damit durchaus im Zusammenhang zu sehen sind; denn das Thema Windkraft ist eine umfassende Diskussion wert.
Durch das Energieeinspeisegesetz - EEG - wird den Einspeisern, den Erzeugern von Windenergie, eine Vergütung oberhalb gültiger Marktpreise gewährt bei einer gleichzeitigen Abnahmeverpflichtung durch die Energieversorgung. Derzeit sprechen wir von einem Gesamtstrompreis von ca. 19 Cent/KWh. Der Erzeugermarktpreis liegt bei 3,8 Cent/kWh. Also nur 20 % von dem Endpreis sind Erzeugerpreis. Die Einspeisevergütung im Jahr 2003 für Windenergie lag bei 8,8 Cent/kWh.
Das heißt: Windenergieerzeuger erhalten eine Zusatzvergütung von 5 Cent/kWh. Diese Vergütung ist sehr rentabel und der eigentliche Grund, die eigentliche Ur
Die Stromerzeugung aus Windkraft ist dargebotsabhängig. Das heißt, bei Flaute und bei Sturm gibt es keine Energieerzeugung aus Windkraft. Entweder drehen sich die Räder nicht oder der Wind bläst zu stark, dann schalten sie sich automatisch ab. Der Strom aus Windkraft ist außerdem nur wenig speicherfähig. Das ist ein wesentlicher Nachteil. Das bedeutet, dass durch die konventionelle Energieerzeugung eine Grundlast vorgehalten werden muss. Wir sparen damit kein einziges konventionelles Kraftwerk ein. Andererseits müssen bei Windspitzenzeiten konventionelle Kraftwerke heruntergefahren werden.
Durch Umlage der Einspeisevergütung auf den Endverbraucher und Umlage der enormen Aufwendungen für Ausbau und Neubau der Leitungen ergeben sich höhere Energiepreise. Wir sprechen im Moment von 0,5 Cent/kWh durch das EEG - Wind - und von 1 Cent/KWh durch den Leitungsneubau, wobei vermerkt werden muss: Die EEG-Erhöhung wird auf Gesamtdeutschland umgelegt, während die Kosten für den Leitungsbau nur regional umgelegt werden.
Das bedeutet: Wir haben in Kürze eine Strompreiserhöhung von 2 Cent/kWh durch Mehrbelastungen aus Windenergieerzeugung zu tragen. Das bedeutet andererseits Wettbewerbsnachteile für den Standort Deutschland und auch regional für uns dort, wo sehr viel Windenergie erzeugt wird.
In Sachsen-Anhalt - das ist jetzt die andere Seite der Medaille - hat sich die Herstellung von Windkraftanlagen zu einer richtigen Wirtschaftsbranche entwickelt. Wir reden mittlerweile von 3 000 Beschäftigten.
Damit eines klar wird: Die Potenziale und Chancen für die Produktion dieser Windenergieanlagen und für Forschung und Entwicklung werden natürlich weiterhin genutzt und massiv gefördert, insbesondere wenn es um die Speicherkapazitäten geht. Das ist eine klare Position der Koalitionsfraktionen; daran lässt sich nicht rütteln. Aber die Anzahl der zu errichtenden Anlagen im Land Sachsen-Anhalt ist an ihre Grenzen gestoßen. Daraus folgt auch für die Wirtschaft eine stärkere Exportorientierungsnotwendigkeit.
Landesweit existieren 94 Eignungsgebiete, die in aufwändigen Abwägungsverfahren festgelegt wurden. Hierbei hatten die Gemeinden damals einen entscheidenden Einfluss, was oftmals nicht richtig eingeschätzt wurde. Derzeit befindet sich jede zehnte Windkraftanlage Deutschlands in Sachsen-Anhalt. Durch immer größere und leistungsfähigere Anlagen - man spricht im Moment schon von diesen „blinkenden, bewegten Horizonten“ - gibt es eine massive Beeinflussung des Landschaftsbildes.
Die Akzeptanz in der Bevölkerung nimmt ab. Aus diesem Grunde sehen die Koalitionsfraktionen einen erheblichen Handlungsbedarf, um die Nutzung der Windkraft zukunftsfähig zu erhalten. Insbesondere kommt es darauf an, dass sich die zukünftig aufzustellenden Anlagen stärker an die Siedlungs- und Raumstruktur anpassen. Deshalb der Vorschlag - Herr Schröder hat es ausgeführt - zur Änderung der Bauordnung, mit dem wir größere Abstandsflächen und eine Rückbausicherheit erreichen wollen.
(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, von Mi- nister Herrn Dr. Daehre und von Minister Herrn Dr. Rehberger)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderung der Landesbauordnung sollte unter dem Aspekt der Angleichung an die Musterbauordnung erfolgen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren der Bauwirtschaft nicht nur im mitteldeutschen Raum, sondern in der Bundesrepublik überhaupt.